ERSTES BUCH DIE LEHRE VOM SEIN



Womit muss der Anfang der Wissenschaft gemacht werden ?


In neueren Zeiten erst ist das Bewußtsein entstanden,
daß es eine Schwierigkeit sei, einen Anfang in der Philosophie zu finden,
und der Grund dieser Schwierigkeit sowie die Möglichkeit, sie zu lösen,
ist vielfältig besprochen worden.

Der Anfang der Philosophie muss
entweder ein Vermitteltes oder Unmittelbares sein,
und es ist leicht zu zeigen,
daß er weder das eine noch das andere sein könne;
somit findet die eine oder die andere Weise des Anfangens ihre Widerlegung.


Das Prinzip einer Philosophie drückt wohl auch einen Anfang aus,
aber nicht sowohl einen subjektiven als objektiven, den Anfang aller Dinge.

Das Prinzip ist ein irgendwie bestimmter Inhalt:
das Wasser, das Eine, Nus, Idee, - Substanz, Monade usf.;
oder wenn es sich auf die Natur des Erkennens bezieht
und damit mehr nur ein Kriterium als eine objektive Bestimmung sein soll
- Denken, Anschauen, Empfinden, Ich, die Subjektivität selbst -,
so ist es hier gleichfalls die Inhaltsbestimmung,
auf welche das Interesse geht.

Das Anfangen als solches dagegen bleibt
als ein Subjektives in dem Sinne einer zufälligen Art und Weise,
den Vortrag einzuleiten, unbeachtet und gleichgültig,
somit auch das Bedürfnis der Frage, womit anzufangen sei,
unbedeutend gegen das Bedürfnis des Prinzips,
als in welchem allein das Interesse der Sache zu liegen scheint,
das Interesse, was das Wahre, was der absolute Grund von allem sei.


Aber die moderne Verlegenheit um den Anfang
geht aus einem weiteren Bedürfnisse hervor,
welches diejenigen noch nicht kennen,
denen es dogmatisch um das Erweisen des Prinzips zu tun ist
oder skeptisch um das Finden eines subjektiven Kriteriums
gegen dogmatisches Philosophieren,
und welches diejenigen ganz verleugnen,
die wie aus der Pistole ((S65)) aus ihrer inneren Offenbarung,
aus Glauben, intellektueller Anschauung usw.. anfangen
und der Methode und Logik überhoben sein wollten.


Wenn das früher abstrakte Denken
zunächst nur für das Prinzip als Inhalt sich interessiert,
aber im Fortgange der Bildung auf die andere Seite,
auf das Benehmen des Erkennens zu achten getrieben ist,
so wird auch das subjektive Tun
als wesentliches Moment der objektiven Wahrheit erfaßt,
und das Bedürfnis führt sich herbei,
daß die Methode mit dem Inhalt, die Form mit dem Prinzip vereint sei.

So soll das Prinzip auch Anfang
und das, was das Prius für das Denken ist,
auch das Erste im Gange des Denkens sein.


Es ist hier nur zu betrachten, wie der logische Anfang erscheint;
die beiden Seiten, nach denen er genommen werden kann, sind schon genannt,
entweder als Resultat auf vermittelte
oder als eigentlicher Anfang auf unmittelbare Weise.

Die in der Bildung der Zeit so wichtig erscheinende Frage,
ob das Wissen der Wahrheit ein unmittelbares,
schlechthin anfangendes Wissen, ein Glauben,
oder aber ein vermitteltes Wissen sei, ist an diesem Orte nicht zu erörtern.

Insofern solche Betrachtung vorläufig angestellt werden kann,
ist dies anderwärts
(in meiner Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften,
3. Ausgabe [1830] im »Vorbegriff«, § 61 ff.) geschehen.

Hier mag daraus nur dies angeführt werden,
daß es Nichts gibt, nichts im Himmel oder in der Natur
oder im Geiste oder wo es sei,
was nicht ebenso die Unmittelbarkeit enthält als die Vermittlung,
so daß sich diese beiden Bestimmungen als ungetrennt und untrennbar
und jener Gegensatz sich als ein Nichtiges zeigt.

Was aber die wissenschaftliche Erörterung betrifft,
so ist es jeder logische Satz,
in welchem die Bestimmungen der Unmittelbarkeit und der Vermittlung
und also die Erörterung ihres Gegensatzes und ihrer Wahrheit vorkommt.

Insofern dieser Gegensatz in Beziehung auf Denken, Wissen, Erkennen
die konkretere Gestalt von unmittelbarem oder vermitteltem Wissen erhält,
wird die Natur des Erkennens überhaupt
sowohl innerhalb ((S66)) der Wissenschaft der Logik betrachtet,
als dasselbe in seiner weiteren konkreten Form
in die Wissenschaft vom Geiste und in die Phänomenologie desselben fällt.

Vor der Wissenschaft aber schon über das Erkennen ins reine kommen wollen,
heißt verlangen, daß es außerhalb derselben erörtert werden sollte;
außerhalb der Wissenschaft läßt sich dies
wenigstens nicht auf wissenschaftliche Weise,
um die es hier allein zu tun ist, bewerkstelligen.


Logisch ist der Anfang, indem er im Element des frei für sich seienden Denkens,
im reinen Wissen gemacht werden soll.

Vermittelt ist er hiermit dadurch,
daß das reine Wissen die letzte, absolute Wahrheit des Bewußtseins ist.

Es ist in der Einleitung bemerkt,
daß die Phänomenologie des Geistes die Wissenschaft des Bewußtseins,
die Darstellung davon ist, daß das Bewußtsein den Begriff der Wissenschaft,
d. i. das reine Wissen, zum Resultate hat.

Die Logik hat insofern die Wissenschaft des erscheinenden Geistes
zu ihrer Voraussetzung, welche die Notwendigkeit und damit
den Beweis der Wahrheit des Standpunkts, der das reine Wissen ist,
wie dessen Vermittlung überhaupt enthält und aufzeigt.

In dieser Wissenschaft des erscheinenden Geistes
wird von dem empirischen, sinnlichen Bewußtsein ausgegangen,
und dieses ist das eigentliche unmittelbare Wissen;
daselbst wird erörtert, was an diesem unmittelbaren Wissen ist.

Anderes Bewußtsein, wie der Glaube an göttliche Wahrheiten,
innere Erfahrung, Wissen durch innere Offenbarung usf.,
zeigt sich bei geringer Überlegung sehr uneigentlich
als unmittelbares Wissen aufgeführt zu werden.

In jener Abhandlung ist das unmittelbare Bewußtsein
auch das in der Wissenschaft Erste und Unmittelbare, somit die Voraussetzung;
in der Logik aber ist dasjenige die Voraussetzung,
was aus jener Betrachtung sich als das Resultat erwiesen hatte,
- die Idee als reines Wissen.

Die Logik ist die reine Wissenschaft,
d. i. das reine Wissen in dem ganzen Umfange seiner Entwicklung.

Diese Idee aber hat sich in jenem Resultate dahin bestimmt,
die zur Wahrheit gewordene Gewißheit zu sein, die Gewißheit, ((S67))
die nach der einen Seite dem Gegenstande nicht mehr gegenüber ist,
sondern ihn innerlich gemacht hat, ihn als sich selbst weiß,
- und die auf der andern Seite das Wissen von sich
als von einem, das dem Gegenständlichen gegenüber
und nur dessen Vernichtung sei, aufgegeben [hat],
dieser Subjektivität entäußert und Einheit mit seiner Entäußerung ist.


Daß nun von dieser Bestimmung des reinen Wissens aus
der Anfang seiner Wissenschaft immanent bleibe,
ist nichts zu tun, als das zu betrachten
oder vielmehr mit Beiseitsetzung aller Reflexionen,
aller Meinungen, die man sonst hat,
nur aufzunehmen, was vorhanden ist.


Das reine Wissen, als in diese Einheit zusammengegangen,
hat alle Beziehung auf ein Anderes und auf Vermittlung aufgehoben;
es ist das Unterschiedslose;
dieses Unterschiedslose hört somit selbst auf, Wissen zu sein;
es ist nur einfache Unmittelbarkeit vorhanden.


Die einfache Unmittelbarkeit ist selbst ein Reflexionsausdruck
und bezieht sich auf den Unterschied von dem Vermittelten.

In ihrem wahren Ausdrucke ist daher diese einfache Unmittelbarkeit
das reine Sein.

Wie das reine Wissen nichts heißen soll
als das Wissen als solches, ganz abstrakt,
so soll auch reines Sein nichts heißen als das Sein überhaupt;
Sein, sonst nichts, ohne alle weitere Bestimmung und Erfüllung.


Hier ist das Sein das Anfangende, als durch Vermittlung,
und zwar durch sie, welche zugleich Aufheben ihrer selbst ist,
entstanden dargestellt;
mit der Voraussetzung des reinen Wissens
als Resultats des endlichen Wissens, des Bewußtseins.

Soll aber keine Voraussetzung gemacht,
der Anfang selbst unmittelbar genommen werden,
so bestimmt er sich nur dadurch,
daß es der Anfang der Logik, des Denkens für sich, sein soll.

Nur der Entschluß, den man auch für eine Willkür ansehen kann,
nämlich daß man das Denken als solches betrachten wolle, ist vorhanden.

So muss der Anfang absoluter oder, was hier gleichbedeutend ist,
abstrakter Anfang ((68) sein;
er darf so nichts voraussetzen,
muss durch nichts vermittelt sein noch einen Grund haben;
er soll vielmehr selbst Grund der ganzen Wissenschaft sein.

Er muss daher schlechthin ein Unmittelbares sein
oder vielmehr nur das Unmittelbare selbst.

Wie er nicht gegen Anderes eine Bestimmung haben kann,
so kann er auch keine in sich, keinen Inhalt enthalten,
denn dergleichen wäre Unterscheidung
und Beziehung von Verschiedenem aufeinander, somit eine Vermittlung.

Der Anfang ist also das reine Sein.


Nach dieser einfachen Darlegung dessen,
was zunächst nur zu diesem selbst Allereinfachsten,
dem logischen Anfang gehört
können noch folgende weitere Reflexionen beigebracht werden;
doch können sie nicht sowohl zur Erläuterung und Bestätigung jener Darlegung,
die für sich fertig ist, dienen sollen,
als sie vielmehr nur durch Vorstellungen und Reflexionen veranlaßt werden,
die uns zum voraus in den Weg kommen können,
jedoch, wie alle anderen vorangehenden Vorurteile,
in der Wissenschaft selbst ihre Erledigung finden müssen,
und daher eigentlich zur Geduld hierauf zu verweisen wäre.


Die Einsicht, daß das Absolut-Wahre ein Resultat sein müsse,
und umgekehrt, daß ein Resultat ein erstes Wahres voraussetzt,
das aber, weil es Erstes ist, objektiv betrachtet nicht notwendig
und nach der subjektiven Seite nicht erkannt ist,
- hat in neueren Zeiten den Gedanken hervorgebracht, daß die Philosophie
nur mit einem hypothetischen und problematischen Wahren anfangen
und das Philosophieren daher zuerst nur ein Suchen sein könne,
eine Ansicht, welche Reinhold in den späteren Zeiten seines Philosophierens
vielfach urgiert hat und der man die Gerechtigkeit widerfahren lassen muss,
daß ihr ein wahrhaftes Interesse zugrunde liegt,
welches die spekulative Natur des philosophischen Anfangs betrifft.

Die Auseinandersetzung dieser ((S69)) Ansicht
ist zugleich eine Veranlassung,
ein vorläufiges Verständnis über den Sinn
des logischen Fortschreitens überhaupt einzuleiten;
denn jene Ansicht schließt die Rücksicht auf das Fortgehen sogleich in sich.

Und zwar stellt sie es so vor, daß das Vorwärtsschreiten in der Philosophie
vielmehr ein Rückwärtsgehen und Begründen sei,
durch welches erst sich ergebe, daß das, womit angefangen wurde,
nicht bloß ein willkürlich Angenommenes,
sondern in der Tat teils das Wahre, teils das erste Wahre sei.


Man muss zugeben, daß es eine wesentliche Betrachtung ist
- die sich innerhalb der Logik selbst näher ergeben wird -,
daß das Vorwärtsgehen ein Rückgang in den Grund,
zu dem Ursprünglichen und Wahrhaften ist,
von dem das, womit der Anfang gemacht wurde, abhängt
und in der Tat hervorgebracht wird.

- So wird das Bewußtsein auf seinem Wege
von der Unmittelbarkeit aus, mit der es anfängt,
zum absoluten Wissen als seiner innersten Wahrheit zurückgeführt.

Dies Letzte, der Grund, ist denn auch dasjenige,
aus welchem das Erste hervorgeht, das zuerst als Unmittelbares auftrat.

- So wird noch mehr der absolute Geist,
der als die konkrete und letzte höchste Wahrheit alles Seins sich ergibt,
erkannt, als am Ende der Entwicklung sich mit Freiheit entäußernd
und sich zur Gestalt eines unmittelbaren Seins entlassend,
- zur Schöpfung einer Welt sich entschließend,
welche alles das enthält, was in die Entwicklung,
die jenem Resultate vorangegangen, fiel
und das durch diese umgekehrte Stellung mit seinem Anfang
in ein von dem Resultate als dem Prinzip Abhängiges verwandelt wird.

Das Wesentliche für die Wissenschaft ist nicht so sehr,
daß ein rein Unmittelbares der Anfang sei,
sondern daß das Ganze derselben ein Kreislauf in sich selbst ist,
worin das Erste auch das Letzte und das Letzte auch das Erste wird.


Daher ergibt sich auf der andern Seite als ebenso notwendig,
dasjenige, in welches die Bewegung als in seinen Grund zurückgeht,
als Resultat zu betrachten.

Nach dieser Rücksicht ist das Erste ebensosehr der Grund
und das Letzte ein Abgeleitetes; ((S70))
indem von dem Ersten ausgegangen
und durch richtige Folgerungen auf das Letzte
als auf den Grund gekommen wird, ist dieser Resultat.

Der Fortgang ferner von dem, was den Anfang macht,
ist nur als eine weitere Bestimmung desselben zu betrachten,
so daß das Anfangende allem Folgenden zugrunde liegen bleibt
und nicht daraus verschwindet.

Das Fortgehen besteht nicht darin, daß nur ein Anderes abgeleitet
oder daß in ein wahrhaft Anderes übergegangen würde;
- und insofern dies Übergehen vorkommt,
so hebt es sich ebensosehr wieder auf.

So ist der Anfang der Philosophie
die in allen folgenden Entwicklungen gegenwärtige und sich erhaltende Grundlage,
das seinen weiteren Bestimmungen durchaus immanent Bleibende.


Durch diesen Fortgang denn verliert der Anfang das,
was er in dieser Bestimmtheit,
ein Unmittelbares und Abstraktes überhaupt zu sein, Einseitiges hat;
er wird ein Vermitteltes,
und die Linie der wissenschaftlichen Fortbewegung
macht sich damit zu einem Kreise.

- Zugleich ergibt sich, daß das, was den Anfang macht,
indem es darin das noch Unentwickelte, Inhaltslose ist,
im Anfange noch nicht wahrhaft erkannt wird
und daß erst die Wissenschaft, und zwar in ihrer ganzen Entwicklung,
seine vollendete, inhaltsvolle und erst wahrhaft begründete Erkenntnis ist.


Darum aber, weil das Resultat erst als der absolute Grund hervortritt,
ist das Fortschreiten dieses Erkennens nicht etwas Provisorisches
noch ein problematisches und hypothetisches,
sondern es muss durch die Natur der Sache und des Inhaltes
selbst bestimmt sein.

Weder ist jener Anfang etwas Willkürliches und nur einstweilen Angenommenes
noch ein als willkürlich Erscheinendes und bittweise Vorausgesetztes,
von dem sich aber doch in der Folge zeige,
daß man recht daran getan habe, es zum Anfange zu machen;
nicht wie bei den Konstruktionen,
die man zum Behuf des Beweises eines geometrischen Satzes
zu machen angewiesen wird, es der Fall ist,
daß von ihnen es sich erst hinterher an den Beweisen ergibt,
daß man wohlgetan habe, gerade diese Linien zu ((S71)) ziehen
und dann in den Beweisen selbst
mit der Vergleichung dieser Linien oder Winkel anzufangen;
für sich an diesem Linienziehen oder Vergleichen begreift es sich nicht.


So ist vorhin der Grund, warum in der reinen Wissenschaft
vom reinen Sein angefangen wird, unmittelbar an ihr selbst angegeben worden.

Dies reine Sein ist die Einheit, in die das reine Wissen zurückgeht,
oder wenn dieses selbst noch als Form
von seiner Einheit unterschieden gehalten werden soll,
so ist es auch der Inhalt desselben.

Dies ist die Seite, nach welcher dies reine Sein, dies Absolut-Unmittelbare,
ebenso absolut Vermitteltes ist.

Aber es muss ebenso wesentlich nur in der Einseitigkeit,
das Rein-Unmittelbare zu sein, genommen werden,
eben weil es hier als der Anfang ist.

Insofern es nicht diese reine Unbestimmtheit, insofern es bestimmt wäre,
würde es als Vermitteltes, schon Weitergeführtes genommen;
ein Bestimmtes enthält ein Anderes zu einem Ersten.

Es liegt also in der Natur des Anfangs selbst,
daß er das Sein sei und sonst nichts.

Es bedarf daher keiner sonstigen Vorbereitungen,
um in die Philosophie hineinzukommen,
noch anderweitiger Reflexionen und Anknüpfungspunkte.


Daß der Anfang Anfang der Philosophie ist,
daraus kann eigentlich auch keine nähere Bestimmung
oder ein positiver Inhalt für denselben genommen werden.

Denn die Philosophie ist hier im Anfange,
wo die Sache selbst noch nicht vorhanden ist,
ein leeres Wort oder irgendeine angenommene ungerechtfertigte Vorstellung.

Das reine Wissen gibt nur diese negative Bestimmung,
daß er der abstrakte Anfang sein soll.

Insofern das reine Sein als Inhalt des reinen Wissens genommen wird,
so hat dieses von seinem Inhalte zurückzutreten,
ihn für sich selbst gewähren zu lassen und nicht weiter zu bestimmen.

- Oder indem das reine Sein als die Einheit zu betrachten ist,
in die das Wissen auf seiner höchsten Spitze der Einigung
mit dem Objekte zusammengefallen,
so ist das Wissen in diese Einheit verschwunden
und hat keinen Unterschied von ihr
und somit keine Bestimmung für sie übriggelassen.

- Auch sonst ist nicht etwas oder ((S72)) irgendein Inhalt vorhanden,
der gebraucht werden könnte, um damit den bestimmteren Anfang zu machen.


Aber auch die bisher als Anfang angenommene Bestimmung des Seins
könnte weggelassen werden,
so daß nur gefordert würde, daß ein reiner Anfang gemacht werde.

Dann ist nichts vorhanden als der Anfang selbst,
und es wäre zu sehen, was er ist.

- Diese Stellung könnte zugleich
als ein Vorschlag zur Güte an diejenigen gemacht werden,
welche teils damit, daß mit dem Sein angefangen werde,
aus welchen Reflexionen es sei, sich nicht beruhigen
und noch weniger mit dem Erfolge, den das Sein hat, in das Nichts überzugehen,
teils [es] überhaupt nicht anders wissen, als daß in einer Wissenschaft
mit der Voraussetzung einer Vorstellung angefangen werde
- einer Vorstellung, welche hierauf analysiert werde,
so daß nun das Ergebnis solcher Analyse
den ersten bestimmten Begriff in der Wissenschaft abgebe.

Indem wir auch dies Verfahren beobachteten,
so hätten wir keinen besonderen Gegenstand,
weil der Anfang, als des Denkens, ganz abstrakt, ganz allgemein,
ganz Form ohne allen Inhalt sein soll;
wir hätten somit gar nichts als die Vorstellung
von einem bloßen Anfang als solchem.

Es ist also nur zu sehen, was wir in dieser Vorstellung haben.


Es ist noch Nichts, und es soll Etwas werden.

Der Anfang ist nicht das reine Nichts,
sondern ein Nichts, von dem Etwas ausgehen soll;
das Sein ist also auch schon im Anfang enthalten.

Der Anfang enthält also beides, Sein und Nichts;
ist die Einheit von Sein und Nichts,
- oder ist Nichtsein, das zugleich Sein, und Sein, das zugleich Nichtsein ist.


Ferner: Sein und Nichts sind im Anfang als unterschieden vorhanden;
denn er weist auf etwas anderes hin;
- er ist ein Nichtsein, das auf das Sein als auf ein Anderes bezogen ist;
das Anfangende ist noch nicht;
es geht erst dem Sein zu.

Der Anfang enthält also das Sein als ein solches,
das sich von dem Nichtsein entfernt oder es aufhebt,
als ein ihm Entgegengesetztes.


Ferner aber ist das, was anfängt, schon;
ebensosehr aber ist ((S73)) es auch noch nicht.

Die Entgegengesetzten, Sein und Nichtsein,
sind also in ihm in unmittelbarer Vereinigung;
oder er ist ihre ununterschiedene Einheit.


Die Analyse des Anfangs gäbe somit
den Begriff der Einheit des Seins und des Nichtseins
- oder, in reflektierterer Form,
der Einheit des Unterschieden- und des Nichtunterschiedenseins
- oder der Identität der Identität und Nichtidentität.

Dieser Begriff könnte als die erste, reinste,
d. i. abstrakteste Definition des Absoluten angesehen werden,
- wie er dies in der Tat sein würde,
wenn es überhaupt um die Form von Definitionen
und um den Namen des Absoluten zu tun wäre.

In diesem Sinne würden, wie jener abstrakte Begriff die erste,
so alle weiteren Bestimmungen und Entwicklungen
nur bestimmtere und reichere Definitionen dieses Absoluten sein.

Aber die, welche mit dem Sein als Anfang darum nicht zufrieden sind,
weil es in Nichts übergeht und daraus die Einheit des Seins und Nichts entsteht,
mögen zusehen, ob sie mit diesem Anfange,
der mit der Vorstellung des Anfangs anfängt,
und mit deren Analyse, die wohl richtig sein wird,
aber gleichfalls auf die Einheit des Seins und Nichts führt,
zufriedener sein mögen als damit, daß das Sein zum Anfange gemacht wird.


Es ist aber noch eine weitere Betrachtung über dieses Verfahren zu machen.

Jene Analyse setzt die Vorstellung des Anfangs als bekannt voraus;
es ist so nach dem Beispiele anderer Wissenschaften verfahren worden.

Diese setzen ihren Gegenstand voraus und nehmen bittweise an,
daß jedermann dieselbe Vorstellung von ihm habe
und darin ungefähr dieselben Bestimmungen finden möge,
die sie durch Analyse, Vergleichung und sonstiges Räsonnement
von ihm da- und dorther beibringen und angeben.

Das aber, was den absoluten Anfang macht,
muss gleichfalls ein sonst Bekanntes sein;
wenn es nun ein Konkretes, somit in sich mannigfaltig Bestimmtes ist,
so ist diese Beziehung, die es in sich ist, als etwas Bekanntes vorausgesetzt;
sie ist damit als etwas Unmittelbares angegeben, was sie aber nicht ist;
denn sie ist nur ((S74)) Beziehung als von Unterschiedenen,
enthält somit die Vermittlung in sich.

Ferner tritt am Konkreten die Zufälligkeit und Willkür der Analyse
und des verschiedenen Bestimmens ein.

Welche Bestimmungen herausgebracht werden, hängt von dem ab,
was jeder in seiner unmittelbaren zufälligen Vorstellung vorfindet.

Die in einem Konkreten, einer synthetischen Einheit enthaltene Beziehung
ist eine notwendige nur, insofern sie nicht vorgefunden,
sondern durch die eigene Bewegung der Momente,
in diese Einheit zurückzugehen, hervorgebracht ist,
- eine Bewegung, die das Gegenteil des analytischen Verfahrens ist,
eines der Sache selbst äußerlichen, in das Subjekt fallenden Tuns.


Hierin ist auch das Nähere enthalten,
daß das, womit der Anfang zu machen ist,
nicht ein Konkretes, nicht ein solches sein kann,
das eine Beziehung innerhalb seiner selbst enthält.

Denn ein solches setzt ein Vermitteln und Herübergehen
von einem Ersten zu einem Anderen innerhalb seiner voraus,
wovon das einfachgewordene Konkrete das Resultat wäre.

Aber der Anfang soll nicht selbst schon ein Erstes und ein Anderes sein;
ein solches, das ein Erstes und ein Anderes in sich ist,
enthält bereits ein Fortgegangensein.

Was den Anfang macht, der Anfang selbst,
ist daher als ein Nichtanalysierbares,
in seiner einfachen unerfüllten Unmittelbarkeit,
also als Sein, als das ganz Leere zu nehmen.


Wenn man etwa, gegen die Betrachtung des abstrakten Anfangs ungeduldig,
sagen wollte, es solle nicht mit dem Anfange angefangen werden,
sondern geradezu mit der Sache,
so ist diese Sache nichts als jenes leere Sein;
denn was die Sache sei, dies ist es, was sich eben erst
im Verlaufe der Wissenschaft ergeben soll,
was nicht vor ihr als bekannt vorausgesetzt werden kann.


Welche Form sonst genommen werde,
um einen anderen Anfang zu haben als das leere Sein,
so leidet er an den angeführten Mängeln.

Diejenigen, welche mit diesem Anfange unzufrieden bleiben,
mögen sich zu der Aufgabe auffordern, es anders anzufangen,
um dabei diese Mängel zu vermeiden. ((S75))


Ein origineller Anfang der Philosophie aber
kann nicht ganz unerwähnt gelassen werden,
der sich in neuerer Zeit berühmt gemacht hat,
der Anfang mit Ich.

Er kam teils aus der Reflexion,
daß aus dem ersten Wahren alles Folgende abgeleitet werden müsse,
teils aus dem Bedürfnisse,
daß das erste Wahre ein Bekanntes
und noch mehr ein unmittelbar Gewisses sei.

Dieser Anfang ist im allgemeinen nicht eine solche Vorstellung,
die zufällig ist
und in einem Subjekte so, in einem anderen anders beschaffen sein kann.

Denn Ich, dies unmittelbare Selbstbewußtsein,
erscheint zunächst selbst teils als ein Unmittelbares,
teils als ein in einem viel höheren Sinne Bekanntes als eine sonstige Vorstellung;
etwas sonst Bekanntes gehört zwar dem Ich an,
aber ist noch ein von ihm unterschiedener, damit sogleich zufälliger Inhalt;
Ich hingegen ist die einfache Gewißheit seiner selbst.

Aber Ich überhaupt ist auch zugleich ein Konkretes,
oder Ich ist vielmehr das Konkreteste,
- das Bewußtsein seiner als unendlich mannigfaltiger Welt.

Daß Ich Anfang und Grund der Philosophie sei,
dazu wird die Absonderung dieses Konkreten erfordert,
- der absolute Akt, wodurch Ich von sich selbst gereinigt wird
und als abstraktes Ich in sein Bewußtsein tritt.

Allein dies reine Ich ist nun nicht ein unmittelbares,
noch das bekannte, das gewöhnliche Ich unseres Bewußtseins,
woran unmittelbar und für jeden die Wissenschaft angeknüpft werden sollte.

Jener Akt wäre eigentlich nichts anderes
als die Erhebung auf den Standpunkt des reinen Wissens, auf welchem
der Unterschied des Subjektiven und Objektiven verschwunden ist.

Aber wie diese Erhebung so unmittelbar gefordert ist,
ist sie ein subjektives Postulat;
um als wahrhafte Forderung sich zu erweisen,
müßte die Fortbewegung des konkreten Ichs
vom unmittelbaren Bewußtsein zum reinen Wissen an ihm selbst,
durch seine eigene Notwendigkeit, aufgezeigt und dargestellt worden sein.

Ohne diese objektive Bewegung erscheint das reine Wissen,
auch als die intellektuelle Anschauung bestimmt,
als ein willkürlicher Standpunkt
oder selbst als einer der empirischen ((S76)) Zustände des Bewußtseins,
in Rücksicht dessen es darauf ankommt,
ob ihn der eine in sich vorfinde oder hervorbringen könne,
ein anderer aber nicht.

Insofern aber dies reine Ich das wesentliche reine Wissen sein muss
und das reine Wissen aber nur durch den absoluten Akt der Selbsterhebung
im individuellen Bewußtsein gesetzt wird
und nicht unmittelbar in ihm vorhanden ist,
geht gerade der Vorteil verloren,
der aus diesem Anfange der Philosophie entspringen soll,
daß er nämlich etwas schlechthin Bekanntes sei,
was jeder unmittelbar in sich finde
und daran die weitere Reflexion anknüpfen könne;
jenes reine Ich ist vielmehr in seiner abstrakten Wesenheit
etwas dem gewöhnlichen Bewußtsein Unbekanntes,
etwas, das es nicht darin vorfindet.

Damit tritt vielmehr der Nachteil der Täuschung ein, daß von etwas Bekanntem,
dem Ich des empirischen Selbstbewußtseins die Rede sein solle,
indem in der Tat von etwas diesem Bewußtsein Fernem die Rede ist.

Die Bestimmung des reinen Wissens als Ich
führt die fortdauernde Rückerinnerung an das subjektive Ich mit sich,
dessen Schranken vergessen werden sollen,
und erhält die Vorstellung gegenwärtig,
als ob die Sätze und Verhältnisse,
die sich in der weiteren Entwicklung vom Ich ergeben,
im gewöhnlichen Bewußtsein, da es ja das sei, von dem sie behauptet werden,
vorkommen und darin vorgefunden werden können.

Diese Verwechslung bringt statt unmittelbarer Klarheit
vielmehr nur eine um so grellere Verwirrung
und gänzliche Desorientierung hervor;
nach außen hat sie vollends die gröbsten Mißverständnisse veranlaßt.


Was ferner die subjektive Bestimmtheit des Ich überhaupt betrifft,
so benimmt wohl das reine Wissen dem Ich seine beschränkte Bedeutung,
an einem Objekte seinen unüberwindlichen Gegensatz zu haben.

Aus diesem Grunde wäre es aber wenigstens überflüssig,
noch diese subjektive Haltung
und die Bestimmung des reinen Wesens als Ich beizubehalten.

Allein diese Bestimmung führt nicht nur
jene störende Zweideutigkeit mit sich,
sondern sie bleibt auch, näher betrachtet, ((S77)) ein subjektives Ich.

Die wirkliche Entwicklung der Wissenschaft, die vom Ich ausgeht,
zeigt es, daß das Objekt darin die perennierende Bestimmung
eines Anderen für das Ich hat und behält,
daß also das Ich, von dem ausgegangen wird, nicht das reine Wissen,
das den Gegensatz des Bewußtseins in Wahrheit überwunden hat,
sondern noch in der Erscheinung befangen ist.


Es hierbei noch die wesentliche Bemerkung zu machen,
daß, wenn an sich wohl Ich als das reine Wissen
oder als intellektuelle Anschauung bestimmt
und als Anfang behauptet werden könnte,
es in der Wissenschaft nicht um das zu tun ist,
was an sich oder innerlich vorhanden sei,
sondern um das Dasein des Innerlichen im Denken
und um die Bestimmtheit, die ein solches in diesem Dasein hat.

Was aber von der intellektuellen Anschauung oder
- wenn ihr Gegenstand das Ewige, das Göttliche, das Absolute genannt wird -
was vom Ewigen oder Absoluten im Anfange der Wissenschaft da ist,
dies kann nichts anderes sein als erste, unmittelbare, einfache Bestimmung.

Welcher reichere Name ihm gegeben werde,
als das bloße Sein ausdrückt, so kann nur in Betracht kommen,
wie solches Absolute in das denkende Wissen
und in das Aussprechen dieses Wissens eintritt.

Die intellektuelle Anschauung ist wohl die gewaltsame Zurückweisung
des Vermittelns und der beweisenden-, äußerlichen Reflexion.

Was sie aber mehr ausspricht als einfache Unmittelbarkeit,
ist ein Konkretes, ein in sich verschiedene Bestimmungen Enthaltendes.

Das Aussprechen und die Darstellung eines solchen jedoch ist,
wie schon bemerkt, eine vermittelnde Bewegung,
die von einer der Bestimmungen anfängt und zu der anderen fortgeht,
wenn diese auch zur ersten zurückgeht;
- es ist eine Bewegung,
die zugleich nicht willkürlich oder assertorisch sein darf.

Von was daher in solcher Darstellung angefangen wird,
ist nicht das Konkrete selbst, sondern nur das einfache Unmittelbare,
von dem die ((S78)) Bewegung ausgeht.

außerdem fehlt, wenn ein Konkretes zum Anfange gemacht wird, der Beweis,
dessen die Verbindung der im Konkreten enthaltenen Bestimmungen bedarf.

Wenn also im Ausdrucke des Absoluten oder Ewigen oder Gottes
(und das unbestrittenste Recht hätte Gott,
daß mit ihm der Anfang gemacht werde),
wenn in deren Anschauung oder Gedanken mehr liegt als im reinen Sein,
so soll das, was darin liegt, ins Wissen als denkendes, nicht vorstellendes,
erst hervortreten;
das, was darin liegt, sei so reich, als es wolle,
so ist die Bestimmung, die ins Wissen zuerst hervortritt,
ein Einfaches, denn nur im Einfachen ist nicht mehr als der reine Anfang;
nur das Unmittelbare ist einfach,
denn nur im Unmittelbaren ist noch nicht ein Fortgegangensein
von einem zu einem anderen.

Was somit über das Sein ausgesprochen oder enthalten sein soll
in den reicheren Formen des Vorstellens von Absolutem oder Gott,
dies ist im Anfange nur leeres Wort und nur Sein;
dies Einfache, das sonst keine weitere Bedeutung hat,
dies Leere ist also schlechthin der Anfang der Philosophie.


Diese Einsicht ist selbst so einfach, daß dieser Anfang als solcher
keiner Vorbereitung noch weiteren Einleitung bedarf;
und diese Vorläufigkeit von Räsonnement über ihn
konnte nicht die Absicht haben, ihn herbeizuführen,
als vielmehr alle Vorläufigkeit zu entfernen.




Allgemeine Einteilung des Seins


Das Sein ist zuerst gegen Anderes überhaupt bestimmt;
Zweitens ist es sich innerhalb seiner selbst bestimmend;
Drittens, indem diese Vorläufigkeit des Einteilens weggeworfen ist,
ist es die abstrakte Unbestimmtheit und Unmittelbarkeit,
in der es der Anfang sein muss.


Nach der ersten Bestimmung teilt das Sein sich gegen das ((S79)) Wesen ab,
indem es weiterhin in seiner Entwicklung
seine Totalität nur als eine Sphäre des Begriffs erweist
und ihr als Moment eine andere Sphäre gegenüberstellt.


Nach der zweiten ist es die Sphäre, innerhalb welcher die Bestimmungen
und die ganze Bewegung seiner Reflexion fällt.

Das Sein wird sich darin in den drei Bestimmungen setzen:

I. als Bestimmtheit als solche; Qualität;
II. als aufgehobene Bestimmtheit; größe, Quantität;
III. als qualitativ bestimmte Quantität; Maß.


Diese Einteilung ist hier,
wie in der Einleitung von diesen Einteilungen überhaupt erinnert worden,
eine vorläufige Anführung;
ihre Bestimmungen haben erst aus der Bewegung des Seins selbst zu entstehen,
sich dadurch zu definieren und zu rechtfertigen.

Über die Abweichung dieser Einteilung
von der gewöhnlichen Aufführung der Kategorien,
nämlich als Quantität, Qualität, Relation und Modalität,
was übrigens bei Kant nur die Titel für seine Kategorien sein sollen,
in der Tat aber selbst - nur allgemeinere - Kategorien sind,
ist hier nichts zu erinnern, da die ganze Ausführung
das überhaupt von der gewöhnlichen Ordnung und Bedeutung der Kategorien
Abweichende zeigen wird.


Nur dies kann etwa bemerkt werden,
daß sonst die Bestimmung der Quantität vor der Qualität aufgeführt wird,
und dies - wie das meiste - ohne weiteren Grund.

Es ist bereits gezeigt worden,
daß der Anfang sich mit dem Sein als solchem macht,
daher mit dem qualitativen Sein.

Aus der Vergleichung der Qualität mit der Quantität erhellt leicht,
daß jene die der Natur nach erste ist.

Denn die Quantität ist die schon negativ gewordene Qualität;
die größe ist die Bestimmtheit, die nicht mehr mit dem Sein eins,
sondern schon von ihm unterschieden,
die aufgehobene, gleichgültig gewordene Qualität ist.

Sie schließt die Veränderlichkeit des Seins ein,
ohne daß die Sache selbst, das Sein, dessen Bestimmung sie ist,
durch sie verändert werde;
dahingegen die qualitative Bestimmtheit mit ihrem Sein eins ist,
nicht darüber ((S80)) hinausgeht noch innerhalb desselben steht,
sondern dessen unmittelbare Beschränktheit ist.

Die Qualität ist daher als die unmittelbare Bestimmtheit, die erste
und mit ihr der Anfang zu machen.


Das Maß ist eine Relation, aber nicht die Relation überhaupt,
sondern bestimmt der Qualität und Quantität zueinander;
die Kategorien, die Kant unter der Relation befaßt,
werden ganz anderwärts ihre Stelle nehmen.

Das Maß kann auch für eine Modalität, wenn man will, angesehen werden;
aber indem bei Kant diese nicht mehr eine Bestimmung des Inhalts ausmachen,
sondern nur die Beziehung desselben
auf das Denken, auf das Subjektive, angehen soll,
so ist dies eine ganz heterogene, hierher nicht gehörige Beziehung.


Die dritte Bestimmung des Seins fällt innerhalb des Abschnittes der Qualität,
indem es sich als abstrakte Unmittelbarkeit zu einer einzelnen Bestimmtheit
gegen seine anderen innerhalb seiner Sphäre herabsetzt. ((S81))




Erster Abschnitt
Bestimmtheit (Qualität)



Das Sein ist das unbestimmte Unmittelbare;
es ist frei von der Bestimmtheit gegen das Wesen
sowie noch von jeder, die es innerhalb seiner selbst erhalten kann.

Dies reflexionslose Sein ist das Sein,
wie es unmittelbar nur an ihm selber ist.


Weil es unbestimmt ist, ist es qualitätsloses Sein;
aber an sich kommt ihm der Charakter der Unbestimmtheit
nur im Gegensatze gegen das Bestimmte oder Qualitative zu.

Dem Sein überhaupt tritt aber das bestimmte Sein als solches gegenüber;
damit aber macht seine Unbestimmtheit selbst seine Qualität aus.

Es wird sich daher zeigen, daß das erste Sein an sich bestimmtes [ist],
und hiermit Zweitens, daß es in das Dasein übergeht, Dasein ist;
daß aber dieses als endliches Sein sich aufhebt
und in die unendliche Beziehung des Seins auf sich selbst,
Drittens in das Fürsichsein übergeht.




Erstes Kapitel: Sein
A. SEIN


Sein, reines Sein, - ohne alle weitere Bestimmung.

In seiner unbestimmten Unmittelbarkeit ist es nur sich selbst gleich
und auch nicht ungleich gegen Anderes,
hat keine Verschiedenheit innerhalb seiner noch nach außen.

Durch irgendeine Bestimmung oder Inhalt,
der in ihm unterschieden
oder wodurch es als unterschieden von einem Anderen gesetzt würde,
würde es nicht in seiner Reinheit festgehalten.

Es ist die reine Unbestimmtheit und Leere. [? Leerheit]

- Es ist nichts in ihm anzuschauen,
wenn von Anschauen hier gesprochen werden kann;
oder es ist nur dies reine, leere Anschauen selbst.

Es ((S82)) ist ebensowenig etwas in ihm zu denken,
oder es ist ebenso nur dies leere Denken.

Das Sein, das unbestimmte Unmittelbare ist in der Tat Nichts
und nicht mehr noch weniger als Nichts.




B. NICHTS


Nichts, das reine Nichts;
es ist einfache Gleichheit mit sich selbst,
vollkommene Leerheit, Bestimmungs- und Inhaltslosigkeit;
Ununterschiedenheit in ihm selbst.

- Insofern Anschauen oder Denken hier erwähnt werden kann,
so gilt es als ein Unterschied,
ob etwas oder nichts angeschaut oder gedacht wird.

Nichts Anschauen oder Denken hat also eine Bedeutung;
beide werden unterschieden,
so ist (existiert) Nichts in unserem Anschauen oder Denken;
oder vielmehr ist es das leere Anschauen und Denken selbst
und dasselbe leere Anschauen oder Denken als das reine Sein.

- Nichts ist somit dieselbe Bestimmung oder vielmehr Bestimmungslosigkeit
und damit überhaupt dasselbe, was das reine Sein ist.




C. WERDEN
a. Einheit des Seins und Nichts



Das reine Sein und das reine Nichts ist also dasselbe.

Was die Wahrheit ist, ist weder das Sein noch das Nichts,
sondern daß das Sein in Nichts und das Nichts in Sein
- nicht übergeht, sondern übergegangen ist.

Aber ebensosehr ist die Wahrheit nicht ihre Ununterschiedenheit,
sondern daß sie nicht dasselbe, daß sie absolut unterschieden,
aber ebenso ungetrennt und untrennbar sind
und unmittelbar jedes in seinem Gegenteil verschwindet.

Ihre Wahrheit ist also diese Bewegung
des unmittelbaren Verschwindens des einen in dem anderen: das Werden;
eine Bewegung, worin beide unterschieden sind,
aber durch einen Unterschied, der sich ebenso unmittelbar aufgelöst hat. ((S83))


Anmerkung 1:
Der Gegensatz von Sein und Nichts in der Vorstellung


Nichts pflegt dem Etwas entgegengesetzt zu werden;
Etwas aber ist schon ein bestimmtes Seiendes,
das sich von anderem Etwas unterscheidet;
so ist also auch das dem Etwas entgegengesetzte Nichts,
das Nichts von irgend Etwas, ein bestimmtes Nichts.

Hier aber ist das Nichts in seiner unbestimmten Einfachheit zu nehmen.

- Wollte man es für richtiger halten,
daß statt des Nichts dem Sein das Nichtsein entgegengesetzt würde,
so wäre in Rücksicht auf das Resultat nichts dawider zu haben,
denn im Nichtsein ist die Beziehung auf das Sein enthalten;
es ist beides, Sein und die Negation desselben, in einem ausgesprochen,
das Nichts, wie es im Werden ist.

Aber es ist zunächst nicht um die Form der Entgegensetzung,
d. i. zugleich der Beziehung zu tun,
sondern um die abstrakte, unmittelbare Negation,
das Nichts rein für sich, die beziehungslose Verneinung,
- was man, wenn man will, auch durch das bloße Nicht ausdrücken könnte.


Den einfachen Gedanken des reinen Seins haben die Eleaten zuerst,
vorzüglich Parmenides als das Absolute und als einzige Wahrheit,
und, in den übergebliebenen Fragmenten von ihm,
mit der reinen Begeisterung des Denkens,
das zum ersten Male sich in seiner absoluten Abstraktion erfaßt,
ausgesprochen:
nur das Sein ist, und das Nichts ist gar nicht.

- In orientalischen Systemen, wesentlich im Buddhismus,
ist bekanntlich das Nichts, das Leere, das absolute Prinzip.

- Der tiefsinnige Heraklit hob gegen jene einfache und einseitige Abstraktion
den höheren totalen Begriff des Werdens hervor und sagte:
das Sein ist sowenig als das Nichts,
oder auch: Alles fließt, das heißt: Alles ist Werden.

- Die populären, besonders orientalischen Sprüche,
daß alles, was ist, den Keim seines Vergehens in seiner Geburt selbst habe,
der Tod umgekehrt der Eingang in neues Leben sei,
drücken im Grunde dieselbe Einigung des Seins und Nichts aus.

Aber diese Ausdrücke haben ein Substrat, an dem der Übergang ((S84)) geschieht;
Sein und Nichts werden in der Zeit auseinandergehalten,
als in ihr abwechselnd vorgestellt, nicht aber in ihrer Abstraktion gedacht,
und daher auch nicht so, daß sie an und für sich dasselbe sind.


»Ex nihilo nihil fit« ist einer der Sätze,
denen in der Metaphysik große Bedeutung zugeschrieben wurde.

Es ist darin entweder nur die gehaltlose Tautologie zu sehen: Nichts ist Nichts;
oder wenn das Werden wirkliche Bedeutung darin haben sollte,
so ist vielmehr, indem nur Nichts aus Nichts wird,
in der Tat kein Werden darin vorhanden, denn Nichts bleibt darin Nichts.

Das Werden enthält, daß Nichts nicht Nichts bleibe,
sondern in sein Anderes, in das Sein übergehe.

- Wenn die spätere, vornehmlich christliche Metaphysik
den Satz, aus Nichts werde Nichts, verwarf,
so behauptete sie einen Übergang von Nichts in Sein;
so synthetisch oder bloß vorstellend sie auch diesen Satz nahm,
so ist doch auch in der unvollkommensten Vereinigung ein Punkt enthalten,
worin Sein und Nichts zusammentreffen
und ihre Unterschiedenheit verschwindet.

- Seine eigentliche Wichtigkeit hat der Satz
»Aus Nichts wird Nichts, Nichts ist eben Nichts«
durch seinen Gegensatz gegen das Werden überhaupt
und damit auch gegen die Erschaffung der Welt aus Nichts.

Diejenigen, welche den Satz »Nichts ist eben Nichts«,
sogar sich dafür ereifernd, behaupten, sind bewußtlos darüber,
daß sie damit dem abstrakten Pantheismus der Eleaten,
der Sache nach auch dem spinozistischen, beipflichten.

Die philosophische Ansicht,
welcher »Sein ist nur Sein, Nichts ist nur Nichts« als Prinzip gilt,
verdient den Namen Identitätssystem;
diese abstrakte Identität ist das Wesen des Pantheismus.


Wenn das Resultat, daß Sein und Nichts dasselbe ist,
für sich auffällt oder paradox scheint,
so ist hierauf nicht weiter zu achten;
es wäre sich vielmehr über jene Verwunderung zu verwundern,
die sich so neu in der Philosophie zeigt und vergißt,
daß in dieser Wissenschaft ganz andere Bestimmungen vorkommen
als im gewöhnlichen Bewußtsein
und im ((S85)) sogenannten gemeinen Menschenverstande,
der nicht gerade der gesunde,
sondern auch der zu Abstraktionen und zu dem Glauben
oder vielmehr Aberglauben an Abstraktionen heraufgebildete Verstand ist.

Es wäre nicht schwer, diese Einheit von Sein und Nichts in jedem Beispiele,
in jedem Wirklichen oder Gedanken aufzuzeigen.

Es muss dasselbe, was oben von der Unmittelbarkeit und Vermittlung
(welche letztere eine Beziehung aufeinander, damit Negation enthält),
vom Sein und Nichts gesagt werden,
daß es nirgend im Himmel und auf Erden etwas gebe,
was nicht beides, Sein und Nichts, in sich enthielte.

Freilich, da hierbei von einem irgend Etwas und Wirklichem die Rede wird,
so sind darin jene Bestimmungen nicht mehr in der vollkommenen Unwahrheit,
in der sie als Sein und Nichts sind, vorhanden,
sondern in einer weiteren Bestimmung,
und werden z. B. als Positives und Negatives aufgefaßt,
jenes das gesetzte, reflektierte Sein, dieses das gesetzte, reflektierte Nichts;
aber Positives und Negatives enthalten
jenes das Sein, dieses das Nichts als ihre abstrakte Grundlage.

- So in Gott selbst enthält die Qualität, Tätigkeit, Schöpfung, Macht usf.
wesentlich die Bestimmung des Negativen,
- sie sind ein Hervorbringen eines Anderen. [? !]

Aber eine empirische Erläuterung von jener Behauptung durch Beispiele
wäre hier ganz und gar überflüssig.

Da nunmehr diese Einheit von Sein und Nichts als erste Wahrheit
ein für allemal zugrunde liegt
und das Element von allem Folgenden ausmacht,
so sind außer dem Werden selbst alle ferneren logischen Bestimmungen:
Dasein, Qualität, überhaupt alle Begriffe der Philosophie,
Beispiele dieser Einheit.

- Aber der sich so nennende gemeine oder gesunde Menschenverstand
mag auf den Versuch hingewiesen werden,
insofern er die Ungetrenntheit des Seins und Nichts verwirft,
sich ein Beispiel ausfindig zu machen,
worin eins vom anderen
(Etwas von Grenze, Schranke,
oder das Unendliche, Gott, wie soeben erwähnt, von Tätigkeit)
getrennt zu finden sei.

Nur die leeren Gedankendinge, Sein und Nichts selbst
sind diese Getrennten, und sie sind es, die ((S86)) der Wahrheit,
der Ungetrenntheit beider, die allenthalben vor uns ist,
von jenem Verstande vorgezogen werden.


Man kann nicht die Absicht haben wollen, den Verwirrungen,
in welche sich das gewöhnliche Bewußtsein
bei einem solchen logischen Satze versetzt,
nach allen Seiten hin begegnen zu wollen,
denn sie sind unerschöpflich.

Es können nur einige erwähnt werden.

Ein Grund solcher Verwirrungen ist unter anderen,
daß das Bewußtsein zu solchem abstrakten logischen Satze
Vorstellungen von einem konkreten Etwas mitbringt und vergißt,
daß von einem solchen nicht die Rede ist,
sondern nur von den reinen Abstraktionen des Seins und Nichts,
und daß diese allein festzuhalten sind.


Sein und Nichtsein ist dasselbe;
also ist es dasselbe, ob ich bin oder nicht bin,
ob dieses Haus ist oder nicht ist,
ob diese hundert Taler in meinem Vermögenszustand sind oder nicht.

- Dieser Schluß oder Anwendung jenes Satzes verändert dessen Sinn vollkommen.

Der Satz enthält die reinen Abstraktionen des Seins und Nichts;
die Anwendung aber
macht ein bestimmtes Sein und bestimmtes Nichts daraus.
 
Allein vom bestimmten Sein ist, wie gesagt, hier nicht die Rede.

Ein bestimmtes, ein endliches Sein ist ein solches, das sich auf anderes bezieht;
es ist ein Inhalt, der im Verhältnisse der Notwendigkeit
mit anderem Inhalte, mit der ganzen Welt steht.

In Rücksicht des wechselbestimmenden Zusammenhangs des Ganzen
konnte die Metaphysik die - im Grunde tautologische - Behauptung machen,
daß, wenn ein Stäubchen zerstört würde, das ganze Universum zusammenstürzte.

In den Instanzen, die gegen den in Rede stehenden Satz gemacht werden,
erscheint etwas als nicht gleichgültig, ob es sei oder nicht sei,
nicht um des Seins oder Nichtseins willen,
sondern seines Inhalts willen, der es mit anderem zusammenhängt.

Wenn ein bestimmter Inhalt,
irgendein bestimmtes Dasein vorausgesetzt wird,
so ist dies Dasein, weil es bestimmtes ist,
in mannigfaltiger Beziehung auf anderen Inhalt;
es ist für dasselbe nicht gleichgültig,
ob ein gewisser anderer Inhalt, mit dem es in Beziehung steht, ((S87))
ist oder nicht ist;
denn nur durch solche Beziehung ist es wesentlich das, was es ist.

Dasselbe ist der Fall in dem Vorstellen
(indem wir das Nichtsein in dem bestimmteren Sinne des Vorstellens
gegen die Wirklichkeit nehmen),
in dessen Zusammenhange das Sein oder die Abwesenheit eines Inhalts,
der als bestimmt mit anderem in Beziehung vorgestellt wird,
nicht gleichgültig ist.


Diese Betrachtung enthält dasselbe,
was ein Hauptmoment in der Kantischen Kritik
des ontologischen Beweises vom Dasein Gottes ausmacht,
auf welche jedoch hier nur in betreff des in ihr vorkommenden Unterschieds
von Sein und Nichts überhaupt und von bestimmtem Sein oder Nichtsein
Rücksicht genommen wird.

- Bekanntlich wurde in jenem sogenannten Beweise
der Begriff eines Wesens vorausgesetzt,
dem alle Realitäten zukommen, somit auch die Existenz,
die gleichfalls als eine der Realitäten angenommen wurde.

Die Kantische Kritik hielt sich vornehmlich daran,
daß die Existenz oder das Sein (was hier für gleichbedeutend gilt)
keine Eigenschaft oder kein reales Prädikat sei,
d. h. nicht ein Begriff von etwas,
was zu dem Begriffe eines Dinges hinzukommen könne. °

- Kant will damit sagen, daß Sein keine Inhaltsbestimmung sei.

Also enthalte, fährt er fort, das Mögliche nicht mehr als das Wirkliche;
hundert wirkliche Taler enthalten nicht das mindeste mehr als hundert mögliche;
- nämlich jene haben keine andere Inhaltsbestimmung als diese.

Für diesen als isoliert betrachteten Inhalt ist es in der Tat gleichgültig,
zu sein oder nicht zu sein;
es liegt in ihm kein Unterschied des Seins oder Nichtseins,
dieser Unterschied berührt ihn überhaupt gar nicht;
die hundert Taler werden nicht weniger, wenn sie nicht sind,
und nicht mehr, wenn sie sind.

Ein Unterschied muss erst anderswoher kommen.

- »Aber«, erinnert Kant, »in meinem Vermögenszustande
ist mehr bei hundert wirklichen Talern
als bei dem bloßen Begriff derselben (d. i. ihrer Möglichkeit). ((S88))

Denn der Gegenstand ist bei der Wirklichkeit
nicht bloß in meinem Begriff analytisch enthalten,
sondern kommt zu meinem Begriffe
(der eine Bestimmung meines Zustandes ist) synthetisch hinzu,
ohne daß durch dieses Sein außer meinem Begriffe
diese gedachten hundert Taler selbst im mindesten vermehrt werden.«


Es werden hier zweierlei Zustände,
    um bei den Kantischen Ausdrücken,
    die nicht ohne verworrene Schwerfälligkeit sind, zu bleiben,
vorausgesetzt:
der eine, welchen Kant den Begriff nennt,
darunter die Vorstellung zu verstehen ist,
und ein anderer, der Vermögenszustand.

Für den einen wie für den anderen, das Vermögen wie das Vorstellen,
sind hundert Taler eine Inhaltsbestimmung,
oder sie kommen zu einem solchen, wie Kant sich ausdrückt,
synthetisch hinzu;
ich als Besitzer von hundert Talern oder als Nichtbesitzer derselben,
oder auch ich als mir hundert Taler vorstellend oder sie nicht vorstellend,
ist allerdings ein verschiedener Inhalt.

Allgemeiner gefaßt:

Die Abstraktionen von Sein und Nichts hören beide auf,
Abstraktionen zu sein, indem sie einen bestimmten Inhalt erhalten;
Sein ist dann Realität, das bestimmte Sein von 100 Talern,
das Nichts Negation, das bestimmte Nichtsein von denselben.

Diese Inhaltsbestimmung selbst, die hundert Taler,
auch abstrakt für sich gefaßt,
ist in dem einen unverändert dasselbe, was in dem anderen.

Indem aber ferner das Sein als Vermögenszustand genommen wird,
treten die hundert Taler in Beziehung zu einem Zustand,
und für diesen ist solche Bestimmtheit, die sie sind, nicht gleichgültig;
ihr Sein oder Nichtsein ist nur Veränderung;
sie sind in die Sphäre des Daseins versetzt.

Wenn daher gegen die Einheit des Seins und Nichts urgiert wird,
es sei doch nicht gleichgültig,
ob dies und jenes (die 100 Taler) sei oder nicht sei,
so ist es eine Täuschung,
daß wir den Unterschied bloß aufs Sein und Nichtsein hinausschieben,
ob ich die hundert Taler habe oder nicht habe,
- eine Täuschung, die, wie gezeigt, auf der einseitigen Abstraktion beruht,
welche das bestimmte Dasein,
das in solchen Beispielen ((S89)) vorhanden ist, wegläßt
und bloß das Sein und Nichtsein festhält,
wie sie umgekehrt das abstrakte Sein und Nichts, das aufgefaßt werden soll,
in ein bestimmtes Sein und Nichts, in ein Dasein, verwandelt.

Erst das Dasein enthält den realen Unterschied von Sein und Nichts,
nämlich ein Etwas und ein Anderes.

- Dieser reale Unterschied schwebt der Vorstellung vor,
statt des abstrakten Seins und reinen Nichts und ihrem nur gemeinten Unterschiede.


Wie Kant sich ausdrückt,
so kommt >durch die Existenz etwas in den Kontext der gesamten Erfahrung<,
>wir bekommen dadurch einen Gegenstand der Wahrnehmung mehr,
aber unser Begriff von dem Gegenstande wird dadurch nicht vermehrt<.

- Dies heißt, wie aus dem Erläuterten hervorgeht, so viel:
durch die Existenz, wesentlich darum, weil Etwas bestimmte Existenz ist,
ist es in dem Zusammenhang mit Anderem
und unter anderem auch mit einem Wahrnehmenden.

- Der Begriff der hundert Taler, sagt Kant,
werde nicht durch das Wahrnehmen vermehrt.

Der Begriff heißt hier
die vorhin bemerkten isoliert vorgestellten hundert Taler.

In dieser isolierten Weise sind sie zwar ein empirischer Inhalt,
aber abgeschnitten, ohne Zusammenhang und Bestimmtheit gegen Anderes;
die Form der Identität mit sich benimmt ihnen die Beziehung auf Anderes
und macht sie gleichgültig, ob sie wahrgenommen seien oder nicht.

Aber dieser sogenannte Begriff der hundert Taler ist ein falscher Begriff;
die Form der einfachen Beziehung auf sich
gehört solchem begrenzten, endlichen Inhalt nicht selbst;
es ist eine ihm vom subjektiven Verstande angetane und geliehene Form;
hundert Taler sind nicht ein sich auf sich Beziehendes,
sondern ein Veränderliches und Vergängliches.


Das Denken oder Vorstellen,
dem nur ein bestimmtes Sein, das Dasein, vorschwebt,
ist zu dem erwähnten Anfange der Wissenschaft zurückzuweisen,
welchen Parmenides gemacht hat,
der sein Vorstellen und damit auch das Vorstellen der Folgezeit
zu dem reinen Gedanken, dem Sein als solchem, geläutert und erhoben
und damit das Element der Wissenschaft ((S90)) erschaffen hat.

- Was das Erste in der Wissenschaft ist,
hat sich müssen geschichtlich als das Erste zeigen.

Und das eleatische Eine oder Sein
haben wir für das Erste des Wissens vom Gedanken anzusehen;
das Wasser und dergleichen materielle Prinzipien
sollen wohl das Allgemeine sein,
aber sind als Materien nicht reine Gedanken;
die Zahlen sind weder der erste einfache noch der bei sich bleibende,
sondern der sich selbst ganz äußerliche Gedanke.


Die Zurückweisung vom besonderen endlichen Sein
zum Sein als solchem in seiner ganz abstrakten Allgemeinheit
ist wie als die allererste theoretische,
so auch sogar praktische Forderung anzusehen.

Wenn nämlich ein Aufhebens von den hundert Talern gemacht wird,
    daß es in meinem Vermögenszustand einen Unterschied mache,
    ob ich sie habe oder nicht,
noch mehr, ob Ich sei oder nicht, ob Anderes sei oder nicht,
so kann
    - ohne zu erwähnen, daß es Vermögenszustände geben wird,
    für die solcher Besitz von hundert Talern gleichgültig sein wird -
daran erinnert werden, daß der Mensch sich
zu dieser abstrakten Allgemeinheit in seiner Gesinnung erheben soll,
in welcher es ihm in der Tat gleichgültig sei,
ob die hundert Taler,
    sie mögen ein quantitatives Verhältnis
    zu seinem Vermögenszustand haben, welches sie wollen,
seien oder ob sie nicht seien,
ebensosehr als es ihm gleichgültig sei, ob er sei oder nicht,
    d. i. im endlichen Leben sei oder nicht
    (denn ein Zustand, bestimmtes Sein ist gemeint) usf.
- selbst si fractus illabatur orbis, impavidum ferient ruinae,
[? “Wenn der Weltbau krachend einstürzt,treffen die Trümmer noch einen Helden”]
hat ein Römer gesagt °,
und der Christ soll sich noch mehr in dieser Gleichgültigkeit befinden.


Es ist noch die unmittelbare Verbindung anzumerken,
in welcher die Erhebung
über die hundert Taler und die endlichen Dinge überhaupt
mit dem ontologischen Beweise
und der angeführten Kantischen Kritik desselben steht.

Diese Kritik hat sich durch ihr populäres Beispiel
allgemein plausibel ((S91)) gemacht;
wer weiß nicht, daß hundert wirkliche Taler verschieden sind
von hundert bloß möglichen Talern?
daß sie einen Unterschied in meinem Vermögenszustand ausmachen?

Weil sich so an den hundert Talern diese Verschiedenheit hervortut,
so ist der Begriff, d. h. die Inhaltsbestimmtheit als leere Möglichkeit,
und das Sein verschieden voneinander;
also ist auch Gottes Begriff von seinem Sein verschieden,
und sowenig ich aus der Möglichkeit der hundert Taler
ihre Wirklichkeit herausbringen kann,
ebensowenig kann ich aus dem Begriffe Gottes seine Existenz >>herausklauben<<;
aus diesem Herausklauben aber der Existenz Gottes aus seinem Begriffe
soll der ontologische Beweis bestehen.

Wenn es nun allerdings seine Richtigkeit hat,
daß [der] Begriff vom Sein verschieden ist,
so ist noch mehr Gott verschieden von den hundert Talern
und den anderen endlichen Dingen.

Es ist die Definition der endlichen Dinge,
daß in ihnen Begriff und Sein verschieden,
Begriff und Realität, Seele und Leib trennbar,
sie damit vergänglich und sterblich sind;
die abstrakte Definition Gottes ist dagegen eben dies,
daß sein Begriff und sein Sein ungetrennt und untrennbar sind.

Die wahrhafte Kritik der Kategorien und der Vernunft ist gerade diese,
das Erkennen über diesen Unterschied zu verständigen
und dasselbe abzuhalten, die Bestimmungen und Verhältnisse des Endlichen
auf Gott anzuwenden.


Anmerkung 2:
Mangelhaftigkeit des Ausdrucks:
Einheit, Identität des Seins und Nichts


Es ist weiter ein anderer Grund anzuführen, welcher zu dem Widerwillen
gegen den Satz über Sein und Nichts behilflich ist;
dieser Grund ist, daß der Ausdruck des Resultats,
das sich aus der Betrachtung des Seins und des Nichts ergibt,
durch den Satz >>Sein und Nichts ist eins und dasselbe«
unvollkommen ist.

Der Akzent wird vorzugsweise auf das Eins-und-dasselbe-sein gelegt,
wie im Urteile überhaupt,
als in welchem das Prädikat erst es aussagt, was das Subjekt ist.

Der Sinn scheint daher zu sein, daß der Unterschied ((S92)) geleugnet werde,
der doch zugleich im Satze unmittelbar vorkommt;
denn er spricht die beiden Bestimmungen, Sein und Nichts, aus
und enthält sie als unterschiedene.

- Es kann zugleich nicht gemeint sein, daß von ihnen abstrahiert
und nur die Einheit festgehalten werden soll.

Dieser Sinn gäbe sich selbst für einseitig,
da das, wovon abstrahiert werden soll, gleichwohl im Satze vorhanden ist
und genannt wird.

- Insofern nun der Satz »Sein und Nichts ist dasselbe«
die Identität dieser Bestimmungen ausspricht,
aber in der Tat ebenso sie beide als unterschieden enthält,
widerspricht er sich in sich selbst und löst sich auf.

Halten wir dies näher fest, so ist also hier ein Satz gesetzt,
der, näher betrachtet, die Bewegung hat, durch sich selbst zu verschwinden.

Damit aber geschieht an ihm selbst das,
was seinen eigentlichen Inhalt ausmachen soll, nämlich das Werden.


Der Satz enthält somit das Resultat, er ist dieses an sich selbst.

Der Umstand aber, auf den hier aufmerksam zu machen ist,
ist der Mangel, daß das Resultat nicht selbst im Satze ausgedrückt ist;
es ist eine äußere Reflexion, welche es in ihm erkennt.

- Es muss hierüber sogleich im Anfange
diese allgemeine Bemerkung gemacht werden,
daß der Satz, in Form eines Urteils, nicht geschickt ist,
spekulative Wahrheiten auszudrücken;
die Bekanntschaft mit diesem Umstande wäre geeignet,
viele Mißverständnisse spekulativer Wahrheiten zu beseitigen.

Das Urteil ist eine identische Beziehung zwischen Subjekt und Prädikat;
es wird dabei davon abstrahiert,
daß das Subjekt noch mehrere Bestimmtheiten hat als die des Prädikats,
sowie davon, daß das Prädikat weiter ist als das Subjekt.

Ist nun aber der Inhalt spekulativ,
so ist auch das Nichtidentische des Subjekts und Prädikats
wesentliches Moment, aber dies ist im Urteile nicht ausgedrückt.

Das paradoxe und bizarre Licht, in dem vieles der neueren Philosophie
den mit dem spekulativen Denken nicht Vertrauten erscheint,
fällt vielfältig in die Form des einfachen Urteils,
wenn sie für den Ausdruck spekulativer Resultate gebraucht wird. ((S93))


Der Mangel wird zum Behuf, die spekulative Wahrheit auszudrücken,
zunächst so ergänzt, daß der entgegengesetzte Satz hinzugefügt wird,
der Satz »Sein und Nichts ist nicht dasselbe«,
der oben gleichfalls ausgesprochen ist.

Allein so entsteht der weitere Mangel, daß diese Sätze unverbunden sind,
somit den Inhalt nur in der Antinomie darstellen,
während doch ihr Inhalt sich auf ein und dasselbe bezieht
und die Bestimmungen, die in den zwei Sätzen ausgedrückt sind,
schlechthin vereinigt sein sollen,
- eine Vereinigung, welche dann nur als eine Unruhe zugleich Unverträglicher,
als eine Bewegung ausgesprochen werden kann.

Das gewöhnlichste Unrecht, welches spekulativem Gehalte angetan wird,
ist, ihn einseitig zu machen,
d. i. den einen der Sätze nur, in die er aufgelöst werden kann, herauszuheben.

Es kann dann nicht geleugnet werden, daß dieser Satz behauptet wird;
so richtig die Angabe ist, so falsch ist sie,
denn wenn einmal ein Satz aus dem Spekulativen genommen ist,
so müßte wenigstens ebensosehr der andere gleichfalls beachtet
und angegeben werden.

- Es ist hierbei noch das sozusagen unglückliche Wort »Einheit«
besonders zu erwähnen;
die Einheit bezeichnet noch mehr als die Identität eine subjektive Reflexion;
sie wird vornehmlich als die Beziehung genommen,
welche aus der Vergleichung, der äußerlichen Reflexion entspringt.

Insofern diese in zwei verschiedenen Gegenständen dasselbe findet,
ist eine Einheit so vorhanden,
daß dabei die vollkommene Gleichgültigkeit der Gegenstände selbst,
    die verglichen werden,
gegen diese Einheit vorausgesetzt wird,
so daß dies Vergleichen und die Einheit
die Gegenstände selbst nichts angeht
und ein ihnen äußerliches Tun und Bestimmen ist.

Die Einheit drückt daher die ganz abstrakte Dieselbigkeit aus
und lautet um so härter und auffallender,
je mehr die, von denen sie ausgesprochen wird,
sich schlechthin unterschieden zeigen.

Für Einheit würde daher insofern besser
nur Ungetrenntheit und Untrennbarkeit gesagt;
aber damit ist das Affirmative der Beziehung des Ganzen
nicht ausgedrückt. ((S94))


So ist das ganze, wahre Resultat, das sich hier ergeben hat, das Werden,
welches nicht bloß
die einseitige oder abstrakte Einheit des Seins und Nichts ist.

Sondern es besteht in dieser Bewegung,
daß das reine Sein unmittelbar und einfach ist,
daß es darum ebensosehr das reine Nichts ist,
daß der Unterschied derselben ° ist,
aber ebensosehr sich aufhebt und nicht ist.

Das Resultat behauptet also
den Unterschied des Seins und des Nichts ebensosehr,
aber als einen nur gemeinten.


Man meint, das Sein sei vielmehr das schlechthin Andere, als das Nichts ist,
und es ist nichts klarer als ihr absoluter Unterschied,
und es scheint nichts leichter, als ihn angeben zu können.

Es ist aber ebenso leicht, sich zu überzeugen,
daß dies unmöglich, daß er unsagbar ist.

Die, welche auf dem Unterschiede von Sein und Nichts beharren wollen,
mögen sich auffordern, anzugeben, worin er besteht.

Hätte Sein und Nichts irgendeine Bestimmtheit,
wodurch sie sich unterschieden,
so wären sie, wie erinnert worden, bestimmtes Sein und bestimmtes Nichts,
nicht das reine Sein und das reine Nichts, wie sie es hier noch sind.

Ihr Unterschied ist daher völlig leer,
jedes der beiden ist auf gleiche Weise das Unbestimmte;
er besteht daher nicht an ihnen selbst,
sondern nur in einem Dritten, im Meinen.

Aber das Meinen ist eine Form des Subjektiven,
das nicht in diese Reihe der Darstellung gehört.

Das Dritte aber, worin Sein und Nichts ihr Bestehen haben,
muss auch hier vorkommen;
und es ist auch hier vorgekommen, es ist das Werden.

In ihm sind sie als Unterschiedene;
Werden ist nur, insofern sie unterschieden sind.

Dies Dritte ist ein Anderes als sie;
- sie bestehen nur in einem Anderen,
dies heißt gleichfalls, sie bestehen nicht für sich.

Das Werden ist das Bestehen des Seins sosehr als des Nichtseins;
oder ihr Bestehen ist nur ihr Sein in Einem;
gerade dies ihr Bestehen ist es, was ihren Unterschied ebensosehr aufhebt.


Die Aufforderung, den Unterschied von Sein und Nichts ((S95)) anzugeben,
schließt auch die in sich, zu sagen, was denn Sein und was Nichts ist.

Die sich dagegen sträuben,
das eine wie das andere nur als ein Übergehen ineinander zu erkennen,
und vom Sein und vom Nichts dies oder das behaupten,
mögen angeben, von was sie sprechen,
d. i. eine Definition vom Sein und Nichts aufstellen
und aufzeigen, daß sie richtig ist.

Ohne dieser ersten Forderung der alten Wissenschaft genügt zu haben,
deren logische Regeln sie sonst gelten lassen und anwenden,
sind alle jene Behauptungen über das Sein und Nichts
nur Versicherungen, wissenschaftliche Ungültigkeiten.

Wenn man sonst gesagt hat, die Existenz,
    insofern man diese zunächst für gleichbedeutend mit Sein hält,
sei die Ergänzung zur Möglichkeit,
so ist damit eine andere Bestimmung, die Möglichkeit, vorausgesetzt,
das Sein nicht in seiner Unmittelbarkeit,
sogar als nicht selbständig, als bedingt ausgesprochen.

Für das Sein, welches vermittelt ist,
werden wir den Ausdruck Existenz aufbehalten.

Aber man stellt sich wohl das Sein vor
- etwa unter dem Bilde des reinen Lichts,
als die Klarheit ungetrübten Sehens,
das Nichts aber als die reine Nacht -
und knüpft ihren Unterschied an diese wohlbekannte sinnliche Verschiedenheit.

In der Tat aber, wenn man auch dies Sehen sich genauer vorstellt,
so kann man leicht gewahr werden,
daß man in der absoluten Klarheit soviel und sowenig sieht
als in der absoluten Finsternis,
daß das eine Sehen so gut als das andere,
reines Sehen, Sehen von Nichts ist.

Reines Licht und reine Finsternis sind zwei Leeren, welche dasselbe sind.

Erst in dem bestimmten Lichte
- und das Licht wird durch die Finsternis bestimmt -,
also im getrübten Lichte,
ebenso erst in der bestimmten Finsternis
- und die Finsternis wird durch das Licht bestimmt -,
in der erhellten Finsternis kann etwas unterschieden werden,
weil erst das getrübte Licht und die erhellte Finsternis
den Unterschied an ihnen selbst haben
und damit bestimmtes Sein, Dasein sind. ((S96))


Anmerkung 3:
Das Isolieren dieser Abstraktionen



Die Einheit, deren Momente, Sein und Nichts, als untrennbare sind,
ist von ihnen selbst zugleich verschieden,
so ein Drittes gegen sie,
welches in seiner eigentümlichsten Form das Werden ist.

Übergehen ist dasselbe als Werden,
nur daß in jenem die beiden,
    von deren einem zum anderen übergegangen wird,
mehr als außereinander ruhend
und das Übergehen als zwischen ihnen geschehend vorgestellt wird.

Wo und wie nun vom Sein oder Nichts die Rede wird,
muss dieses Dritte vorhanden sein;
denn jene bestehen nicht für sich,
sondern sind nur im Werden, in diesem Dritten.

Aber dieses Dritte hat vielfache empirische Gestalten,
welche von der Abstraktion beiseite gestellt oder vernachlässigt werden,
um jene ihre Produkte, das Sein und das Nichts, jedes für sich festzuhalten
und sie gegen das Übergehen geschützt zu zeigen.

Gegen solches einfache Verhalten der Abstraktion
ist ebenso einfach nur an die empirische Existenz zu erinnern,
in der jene Abstraktion selbst nur Etwas ist, ein Dasein hat.
 
Oder es sind sonst Reflexionsformen,
durch welche die Trennung der Untrennbaren fixiert werden soll.

An solcher Bestimmung ist an und für sich das Gegenteil ihrer selbst vorhanden,
und ohne auf die Natur der Sache zurückzugehen und an diese zu appellieren,
ist jene Reflexionsbestimmung an ihr selbst dadurch zu konfundieren,
daß sie genommen wird, wie sie sich gibt,
und ihr Anderes an ihr selbst aufgezeigt wird.

Es würde eine vergebliche Mühe sein,
alle Wendungen und Einfälle der Reflexion und ihres Räsonnements
gleichsam einfangen zu wollen,
um ihr die Auswege und Absprünge,
womit sie sich ihren Widerspruch gegen sich selbst verdeckt,
zu benehmen und unmöglich zu machen.

Darum enthalte ich mich auch,
gegen vielfache sich so nennende Einwürfe und Widerlegungen,
    welche dagegen, daß weder Sein noch Nichts etwas Wahrhaftes,
    sondern nur das Werden ihre Wahrheit ist, aufgebracht worden sind,
Rücksicht zu nehmen;
die Gedankenbildung, die dazu gehört,
die ((S97)) Nichtigkeit jener Widerlegungen einzusehen
oder vielmehr solche Einfälle sich selbst zu vertreiben,
wird nur durch die kritische Erkenntnis der Verstandesformen bewirkt;
aber die, welche am ergiebigsten an dergleichen Einwürfen sind,
fallen sogleich über die ersten Sätze mit ihren Reflexionen her,
ohne durch das weitere Studium der Logik
sich zum Bewußtsein über die Natur dieser kruden [? groben] Reflexionen
zu verhelfen oder verholfen zu haben.


Es sollen einige der Erscheinungen betrachtet werden, die sich daran ergeben,
wenn das Sein und das Nichts voneinander isoliert
und eins außer dem Bereiche des anderen gesetzt wird,
so daß hiermit das Übergehen negiert ist.

Parmenides hielt das Sein fest und war am konsequentesten,
indem er zugleich vom Nichts sagte, daß es gar nicht ist;
nur das Sein ist.

Das Sein so ganz für sich ist das Unbestimmte,
hat also keine Beziehung auf Anderes;
es scheint daher, daß von diesem Anfang aus
nicht weiter fortgegangen werden könne, nämlich aus ihm selbst,
und ein Fortgang nur dadurch geschehen könne,
daß von außen etwas Fremdes daran geknüpft würde.

Der Fortgang, daß das Sein dasselbe ist als das Nichts,
erscheint somit als ein zweiter, absoluter Anfang,
- ein Übergehen, das für sich ist und äußerlich zu dem Sein hinzutrete.

Sein wäre überhaupt nicht der absolute Anfang,
wenn es eine Bestimmtheit hätte;
alsdann hinge es von einem Anderen ab
und wäre nicht unmittelbar, nicht der Anfang.

Ist es aber unbestimmt und damit wahrer Anfang,
so hat es auch nichts, wodurch es sich zu einem Anderen überleitet,
es ist zugleich das Ende.

Es kann ebensowenig etwas aus demselben hervorbrechen,
als etwas in dasselbe einbrechen kann;
bei Parmenides wie bei Spinoza
soll von dem Sein oder der absoluten Substanz
nicht fortgegangen werden zu dem Negativen, Endlichen.

Wird nun dennoch fortgegangen,
was, wie bemerkt, von dem beziehungs- hiermit fortgangslosen Sein aus
nur auf äußerliche Weise geschehen kann,
so ist dieser Fortgang ein zweiter, neuer Anfang.

So ist Fichtes absolutester, unbedingter Grundsatz: ((S98))
A = A Setzen;
der zweite ist Entgegensetzen;
dieser soll zum Teil bedingt,
zum Teil unbedingt (somit der Widerspruch in sich) sein.

Es ist dies ein Fortgehen der äußeren Reflexion,
welches ebensowohl das, womit es als einem Absoluten anfängt,
wieder verneint
- das Entgegensetzen ist die Negation der ersten Identität -,
als es sein zweites Unbedingtes
sogleich ausdrücklich zugleich zu einem Bedingten macht.

Wenn aber überhaupt eine Berechtigung wäre fortzugehen,
d. i. den ersten Anfang aufzuheben,
so müßte es in diesem Ersten selbst liegen,
daß ein Anderes sich darauf beziehen könnte;
es müßte also ein Bestimmtes sein.

Allein für ein solches gibt sich das Sein
oder auch die absolute Substanz nicht aus; im Gegenteil.

Es ist das Unmittelbare, das noch schlechthin Unbestimmte.


Die beredtesten, vielleicht vergessenen Schilderungen über die Unmöglichkeit,
    von einem Abstrakten zu einem Ferneren
    und zu einer Vereinigung beider zu kommen,
macht Jacobi im Interesse seiner Polemik
gegen die Kantische Synthesis des Selbstbewußtseins a priori
in seiner Abhandlung
    Über das Unternehmen des Kritizismus,
    die Vernunft zu Verstande zu bringen (Werke, III. Bd. [Leipzig1816]).

Er stellt (S. 113) die Aufgabe so, daß in einem Reinen,
sei es des Bewußtseins, des Raums oder der Zeit,
das Entstehen oder Hervorbringen einer Synthesis aufgezeigt werde.

»Der Raum sei Eines, die Zeit sei Eines, das Bewußtsein sei Eines . . .
Sagt nur an, wie sich euch eines von diesen drei Einen
in ihm selbst rein vermannigfaltigt, . . .
jedes ist nur Eines und kein Anderes;
eine Einerleiheit, eine Der-Die-Das-Selbigkeit!
ohne Derheit, Dieheit, Dasheit;
denn diese schlummern mit den Der, Die, Das
noch im unendlichen = o des Unbestimmten,
woraus alles und jedes Bestimmte auch erst hervorgehen soll!

Was bringt . . . in jene drei Unendlichkeiten . . . Endlichkeit;
was befruchtet Raum und Zeit a priori mit Zahl und Maß
und verwandelt sie in ein reines Mannigfaltiges;
was bringt die reine Spontaneität (Ich) zur Oszillation . . . ?

Wie kommt sein reiner Vokal zum Mitlauter ((S99)),
oder vielmehr wie setzt sein lautloses ununterbrochenes Blasen,
sich selbst unterbrechend, ab,
um wenigstens eine Art von Selbstlaut, einen Akzent zu gewinnen?«

- Man sieht, Jakobi hat sehr bestimmt das Unwesen der Abstraktion,
    es sei nun sogenannter absoluter, d. i. nur abstrakter Raum
    oder ebensolche Zeit oder ebensolches reines Bewußtsein, Ich,
erkannt;
er beharrt darin zu dem Behuf,
die Unmöglichkeit eines Fortganges zu Anderem,
    der Bedingung einer Synthesis,
und zur Synthesis selbst zu behaupten.

Die Synthesis, welche das Interesse ausmacht, muss nicht
als eine Verknüpfung von äußerlich schon vorhandenen Bestimmungen
genommen werden,
- teils ist es selbst um die Erzeugung eines Zweiten zu einem Ersten,
eines Bestimmten zum unbestimmten Anfänglichen zu tun,
teils aber um die immanente Synthesis, Synthesis a priori,
- an und für sich seiende Einheit der Unterschiedenen.

Werden ist diese immanente Synthesis des Seins und Nichts;
aber weil der Synthesis
der Sinn von einem äußerlichen Zusammenbringen
äußerlich gegeneinander Vorhandener am nächsten liegt,
ist mit Recht der Name Synthesis, synthetische Einheit
außer Gebrauch gesetzt worden.

- Jacobi fragt, wie kommt der reine Vokal des Ich zum Mitlauter,
was bringt Bestimmtheit in die Unbestimmtheit?

Das Was? wäre leicht beantwortet,
und von Kant ist diese Frage auf seine Weise beantwortet worden;
aber die Frage nach dem Wie?
heißt: auf welche Art und Weise, nach welchem Verhältnis und dergleichen,
und verlangt so die Angabe einer besonderen Kategorie;
aber von Art und Weise, Verstandeskategorien
kann hierbei nicht die Rede sein.

Die Frage nach dem Wie? gehört selbst zu den üblen Manieren der Reflexion,
welche nach der Begreiflichkeit fragt,
aber dabei ihre festen Kategorien voraussetzt
und damit zum voraus gegen die Beantwortung dessen, nach was sie fragt,
sich gewaffnet weiß.

Den höheren Sinn einer Frage nach der Notwendigkeit der Synthese
hat sie bei Jacobi auch nicht,
denn er bleibt, wie gesagt, fest in den Abstraktionen beharren,
für die Behauptung der Unmöglichkeit der Synthese. ((S100))

Insbesondere anschaulich beschreibt er (S. 147) die Prozedur,
zur Abstraktion des Raumes zu gelangen.

>>Ich muss . . . für solange rein zu vergessen suchen,
daß ich je irgend etwas sah, hörte, rührte und berührte,
mich selbst ausdrücklich nicht ausgenommen.

Rein, rein, rein vergessen muss ich alle Bewegung
und mir gerade dies Vergessen, weil es das Schwerste ist,
am angelegentlichsten sein lassen.

Alles überhaupt muss ich, so wie ich es weggedacht habe,
auch ganz und vollkommen weggeschafft sein lassen
und gar nichts übrigbehalten
als die mit Gewalt stehengebliebene Anschauung allein
des unendlichen unveränderlichen Raums.

Ich darf mich daher auch nicht selbst
als etwas von ihm Unterschiedenes
und gleichwohl mit ihm Verbundenes wieder in ihn hineindenken;
ich darf mich nicht von ihm bloß umgeben und durchdringen lassen,
sondern ich muss ganz übergehen in ihn, eins mit ihm werden,
mich in ihn verwandeln;
ich muss von mir selbst nichts übriglassen
als diese meine Anschauung selbst,
um sie als eine wahrhaft selbständige, unabhängige,
einig und alleinige Vorstellung zu betrachten.«


Bei dieser ganz abstrakten Reinheit der Kontinuität,
d. i. Unbestimmtheit und Leerheit des Vorstellens
ist es gleichgültig, diese Abstraktion
Raum zu nennen oder reines Anschauen, reines Denken;
- es ist Alles dasselbe, was der Inder
    - wenn er äußerlich bewegungslos
    und ebenso in Empfindung, Vorstellung Phantasie, Begierde usf. regungslos
    jahrelang nur auf die Spitze seiner Nase sieht,
    nur Om, Om, Om innerlich in sich oder gar nichts spricht -
Brahma nennt.

Dieses dumpfe, leere Bewußtsein ist, als Bewußtsein aufgefaßt, das Sein.


In diesem Leeren, sagt nun Jacobi weiter,
widerfahre ihm das Gegenteil von dem,
was Kantischer Versicherung gemäß ihm widerfahren sollte;
er finde sich nicht als ein Vieles und Mannigfaltiges,
vielmehr als Eines ohne alle Vielheit und Mannigfaltigkeit;
ja, »ich bin die Unmöglichkeit selbst,
bin die Vernichtung alles Mannigfaltigen und Vielen, . . . kann aus meinem
reinen, schlechterdings einfachen, unveränderlichen ((S101)) Wesen
auch nicht das mindeste von jenem wiederherstellen
oder in mich hineingespenstern . . .

So offenbart sich (in dieser Reinheit) . . . alles außer- und Nebeneinandersein,
alle auf diesem außer- und Nebeneinandersein allein beruhende
Mannigfaltigkeit und Vielheit als ein rein Unmögliches.«


Diese Unmöglichkeit heißt nichts anderes als die Tautologie:
ich halte an der abstrakten Einheit fest
und schließe alle Vielheit und Mannigfaltigkeit aus,
halte mich im Unterschiedslosen und Unbestimmten
und sehe weg von allem Unterschiedenen und Bestimmten.

Die Kantische Synthesis a priori des Selbstbewußtseins,
d. i. die Tätigkeit dieser Einheit, sich zu dirimieren
und in dieser Diremtion sich selbst zu erhalten,
verdünnt sich Jacobi zu derselben Abstraktion.

Jene »Synthesis an sich«, das »ursprüngliche Urteilen«,
macht er [S. 125] einseitig zu »der Kopula an sich,
- ein Ist, Ist, Ist, ohne Anfang und Ende und ohne Was, Wer und Welche.

Dieses ins Unendliche fortgehende Wiederholen der Wiederholung
ist die alleinige Geschäftigkeit, Funktion und Produktion
der allerreinsten Synthesis;
sie selbst ist das bloße, reine, absolute Wiederholen selbst«.

Oder in der Tat,
da kein Absatz, d. i. keine Negation, Unterscheiden darin ist,
so sie nicht ein Wiederholen,
sondern nur das ununterschiedene einfache Sein.

- Aber ist dies denn noch Synthesis, wenn Jacobi gerade das wegläßt,
wodurch die Einheit synthetische Einheit ist?


Zunächst, wenn Jacobi sich so
in dem absoluten, d. h. abstrakten Raum, Zeit, auch Bewußtsein festsetzt,
ist zu sagen, daß er sich auf diese Weise
in etwas empirisch Falsches versetzt und festhält;
es gibt, d. h. empirisch vorhanden ist kein Raum und Zeit,
die ein unbegrenztes Räumliches und Zeitliches wären,
nicht in ihrer Kontinuität
von mannigfaltig begrenztem Dasein und Veränderung erfüllt wären,
so daß diese Grenzen und Veränderungen ungetrennt und untrennbar
der Räumlichkeit und Zeitlichkeit angehören;
ebenso ist das Bewußtsein
mit bestimmtem Empfinden, Vorstellen, ((S102)) Begehren usf. erfüllt;
es existiert nicht getrennt ° von irgendeinem besonderen Inhalt.

- Das empirische Übergehen versteht sich ohnehin von selbst;
das Bewußtsein kann sich wohl den leeren Raum, leere Zeit
und das leere Bewußtsein selbst oder das reine Sein
zum Gegenstand und Inhalt machen;
aber es bleibt nicht dabei, sondern geht nicht nur,
sondern drängt sich aus solcher Leerheit hinaus
zu einem besseren, d. i. auf irgendeine Weise konkreteren Inhalt,
und so schlecht ein Inhalt sonst sei,
so ist er insofern besser und wahrer;
eben ein solcher Inhalt ist ein synthetischer überhaupt;
synthetisch in allgemeinerem Sinne genommen.

So bekommt Parmenides mit dem Scheine und der Meinung,
    dem Gegenteil des Seins und der Wahrheit,
zu tun;
so Spinoza mit den Attributen, den Modis, der Ausdehnung, Bewegung,
dem Verstande, Willen usf.

Die Synthesis enthält und zeigt die Unwahrheit jener Abstraktionen;
in ihr sind sie in Einheit mit ihrem Anderen,
also nicht als für sich bestehende, nicht als absolute,
sondern schlechthin als relative.


Das Aufzeigen der empirischen Nichtigkeit des leeren Raums usf.
aber ist es nicht, um das es zu tun ist.

Das Bewußtsein kann sich abstrahierend
allerdings auch mit jenem Unbestimmten erfüllen,
und die festgehaltenen Abstraktionen
sind die Gedanken von reinem Raum, Zeit,
reinem Bewußtsein, reinem Sein.

Der Gedanke des reinem Raums usf., d. i. der reine Raum usf. an ihm selbst
soll als nichtig aufgezeigt werden,
d.i. daß er als solcher schon sein Gegenteil,
daß an ihm selbst schon sein Gegenteil in ihn eingedrungen,
er schon für sich das Herausgegangensein aus sich selbst,
Bestimmtheit sei.


Dies ergibt sich aber unmittelbar an ihnen.

Sie sind, was Jacobi reichlich beschreibt, Resultate der Abstraktion,
sind ausdrücklich als Unbestimmte bestimmt,
was - um zu seiner einfachsten Form zurückzugehen - das Sein ist.

Eben diese ((S103)) Unbestimmtheit ist aber das,
was die Bestimmtheit desselben ausmacht;
denn die Unbestimmtheit ist der Bestimmtheit entgegengesetzt;
sie ist somit als Entgegengesetztes selbst das Bestimmte oder Negative,
und zwar das reine, ganz abstrakt Negative.

Diese Unbestimmtheit oder abstrakte Negation,
welche so das Sein an ihm selbst hat, ist es,
was die äußere wie die innere Reflexion ausspricht,
indem sie es dem Nichts gleichsetzt,
es für ein leeres Gedankending, für Nichts erklärt.

- Oder, kann man sich ausdrücken, weil das Sein das Bestimmungslose ist,
ist es nicht die (affirmative) Bestimmtheit, die es ist,
nicht Sein, sondern Nichts.
 

In der reinen Reflexion des Anfangs,
wie er in dieser Logik mit dem Sein als solchem gemacht wird,
ist der Übergang noch verborgen;
weil das Sein nur als unmittelbar gesetzt ist,
bricht das Nichts an ihm nur unmittelbar hervor.

Aber alle folgenden Bestimmungen, wie gleich das Dasein, sind konkreter;
es ist an diesem das schon gesetzt,
was den Widerspruch jener Abstraktionen
und daher ihr Übergehen enthält und hervorbringt.

Beim Sein als jenem Einfachen, Unmittelbaren wird die Erinnerung,
    daß es Resultat der vollkommenen Abstraktion,
    also schon von daher abstrakte Negativität, Nichts ist,
hinter der Wissenschaft zurückgelassen,
welche innerhalb ihrer selbst, ausdrücklich vom Wesen aus,
jene einseitige Unmittelbarkeit als eine vermittelte darstellen wird,
wo das Sein als Existenz und das Vermittelnde dieses Seins, der Grund,
gesetzt ist.


Mit jener Erinnerung läßt sich der Übergang vom Sein in Nichts
als etwas selbst Leichtes und Triviales so vorstellen
    oder auch, wie man es nennt, erklären und begreiflich machen,
daß freilich das Sein, welches zum Anfang der Wissenschaft gemacht worden,
Nichts sei,
denn man könne von allem abstrahieren,
und wenn von allem abstrahiert worden, so bleibe Nichts übrig.

Aber, kann man fortfahren, somit sei der Anfang nicht ein Affirmatives,
nicht Sein, sondern eben Nichts, und Nichts sei dann auch das Ende,
wenigstens sosehr als das unmittelbare Sein und selbst noch ((S104)) vielmehr.

Das Kürzeste ist, solches Räsonieren gewähren zu lassen und zuzusehen,
wie denn die Resultate beschaffen sind, auf welche es pocht.

Daß hiernach das Nichts das Resultat jenes Räsonnements wäre
und nun der Anfang mit Nichts (wie in chinesischer [?] Philosophie)
gemacht werden sollte,
so wäre darum nicht die Hand umzukehren,
denn ehe man sie umkehrte,
hätte sich ebensosehr dies Nichts in Sein verkehrt (s. oben: B. Nichts).

Aber ferner, wenn jene Abstraktion von allem,
welches Alles denn doch Seiendes ist,
vorausgesetzt wäre, so ist sie genauer zu nehmen;
das Resultat der Abstraktion von allem Seienden
ist zunächst abstraktes Sein, Sein überhaupt;
wie im kosmologischen Beweise vom Dasein Gottes
aus dem zufälligen Sein der Welt, über welches sich darin erhoben wird,
noch das Sein mit hinaufgebracht,
das Sein zum unendlichen Sein bestimmt wird.

Es kann aber allerdings auch von diesem reinen Sein abstrahiert,
das Sein noch zu dem Allen, wovon bereits abstrahiert worden,
geschlagen werden;
dann bleibt Nichts.

Man kann nun, wenn man das Denken des Nichts,
d. i. sein Umschlagen in Sein
vergessen will oder nichts davon wüßte,
im Stile jenes Könnens fortfahren;
es kann nämlich (gottlob!) auch vom Nichts abstrahiert werden
(wie denn auch die Schöpfung der Welt eine Abstraktion vom Nichts ist),
und dann bleibt nicht Nichts, denn eben von diesem wird abstrahiert,
sondern man ist so wieder im Sein angekommen.

- Dies Können gibt ein äußerliches Spiel des Abstrahierens,
wobei das Abstrahieren selbst nur das einseitige Tun des Negativen ist.

Zunächst liegt in diesem Können selbst,
daß ihm das Sein so gleichgültig ist als das Nichts
und daß, sosehr jedes von beiden verschwindet,
ebensosehr jedes auch entsteht;
aber ebenso gleichgültig ist es,
ob vom Tun des Nichts oder dem Nichts ausgegangen wird;
das Tun des Nichts, d. i. das bloße Abstrahieren
ist nicht mehr noch weniger etwas Wahrhaftes als das bloße Nichts.


Die Dialektik, nach welcher Platon das Eine im Parmenides behandelt,
ist gleichfalls mehr für eine Dialektik der äußeren ((S105)) Reflexion zu achten.

Das Sein und das Eine sind beides eleatische Formen, die dasselbe sind.

Aber sie sind auch zu unterscheiden;
so nimmt sie Platon in jenem Dialoge.

Nachdem er von dem Einen die mancherlei Bestimmungen
von Ganzem und Teilen, in sich selbst, in einem Anderen [zu] sein usf.,
von Figur, Zeit usf. entfernt,
so ist das Resultat, daß dem Einen das Sein nicht zukomme,
denn anders komme einem Etwas das Sein nicht zu
als nach einer jener Weisen (Steph. 141 e).

Hierauf behandelt Platon den Satz: »das Eine ist« ;
und es ist bei ihm nachzusehen, wie von diesem Satze aus
der Übergang zu dem Nichtsein des Einen bewerkstelligt wird;
es geschieht durch die Vergleichung
der beiden Bestimmungen des vorausgesetzten Satzes: »das Eine ist«;
er enthält das Eine und das Sein,
und »das Eine ist« enthält mehr, als wenn man nur sagt: »das Eine«.

Darin, daß sie verschieden sind,
wird das Moment der Negation, das der Satz enthält, aufgezeigt.

Es erhellt, daß dieser Weg eine Voraussetzung hat
und eine äußere Reflexion ist.


Wie hier das Eine mit dem Sein in Verbindung gesetzt ist,
so wird das Sein, welches abstrakt für sich festgehalten werden soll,
am einfachsten, ohne sich in das Denken einzulassen,
in einer Verbindung aufgezeigt,
die das Gegenteil dessen enthält, was behauptet werden soll.

Das Sein, wie es unmittelbar ist, genommen gehört einem Subjekte an,
ist ein ausgesprochenes, hat ein empirisches Dasein überhaupt
und steht damit im Boden der Schranke und des Negativen.

In welchen Ausdrücken oder Wendungen der Verstand sich fasse,
wenn er sich gegen die Einheit des Seins und Nichts sträubt
und sich auf das, was unmittelbar vorhanden sei, beruft,
wird er eben in dieser Erfahrung selbst nichts als bestimmtes Sein,
Sein mit einer Schranke oder Negation,
- jene Einheit finden, die er verwirft.

Die Behauptung des unmittelbaren Seins reduziert sich so
auf eine empirische Existenz, deren Aufzeigen sie nicht verwerfen kann,
weil es die Unmittelbarkeit außerhalb des Denkens ist,
an die sie sich halten will.


Dasselbe ist der Fall mit dem Nichts, nur auf entgegengesetzte ((S106)) Weise,
und diese Reflexion ist bekannt und oft genug über dasselbe gemacht worden.

Das Nichts zeigt sich in seiner Unmittelbarkeit genommen als seiend;
denn seiner Natur nach ist es dasselbe als das Sein.

Das Nichts wird gedacht, vorgestellt,
es wird von ihm gesprochen, es ist also;
das Nichts hat an dem Denken, Vorstellen, Sprechen usf. sein Sein.

Dies Sein ist aber ferner auch von ihm unterschieden;
es wird daher gesagt, daß das Nichts zwar im Denken, Vorstellen ist,
aber daß darum nicht es ist, nicht ihm als solchem das Sein zukomme,
daß nur Denken oder Vorstellen dieses Sein ist.

Bei diesem Unterscheiden ist ebensosehr nicht zu leugnen,
daß das Nichts in Beziehung auf ein Sein steht;
aber in der Beziehung, ob sie gleich auch den Unterschied enthält,
ist eine Einheit mit dem Sein vorhanden.

Auf welche Weise das Nichts ausgesprochen oder aufgezeigt werde,
zeigt es sich in Verbindung oder, wenn man will, Berührung mit einem Sein,
ungetrennt von einem Sein, eben in einem Dasein.


Indem aber so das Nichts in einem Dasein aufgezeigt wird,
pflegt noch dieser Unterschied desselben vom Sein vorzuschweben,
daß das Dasein des Nichts durchaus nichts ihm selbst Zukommendes sei,
daß es nicht das Sein für sich selbst an ihm habe,
es nicht das Sein als solches sei;
das Nichts sei nur Abwesenheit des Seins,
die Finsternis so nur Abwesenheit des Lichts,
die Kälte nur Abwesenheit der Wärme usf.

Finsternis habe nur Bedeutung in Beziehung auf das Auge,
in äußerer Vergleichung mit dem Positiven, dem Lichte,
ebenso Kälte sei nur etwas in unserer Empfindung;
Licht, Wärme wie Sein hingegen seien für sich das Objektive, Reale, Wirksame,
von schlechthin anderer Qualität und Würde als jene Negativen, als Nichts.

Man kann es häufig als eine sehr wichtige Reflexion
und bedeutende Erkenntnis aufgeführt finden,
daß Finsternis nur Abwesenheit des Lichts,
Kälte nur Abwesenheit der Wärme sei.

Über diese scharfsinnige Reflexion kann in diesem Felde
von empirischen Gegenständen empirisch bemerkt werden,
daß die ((S107)) Finsternis sich im Lichte allerdings wirksam zeigt,
indem sie dasselbe zur Farbe bestimmt
und ihm selbst dadurch erst Sichtbarkeit erteilt,
indem, wie früher gesagt, im reinen Lichte ebensowenig gesehen wird
als in der reinen Finsternis.

Die Sichtbarkeit ist aber Wirksamkeit im Auge,
an der jenes Negative ebensoviel Anteil hat
als das für das Reale, Positive geltende Licht;
ebenso gibt sich die Kälte dem Wasser, unserer Empfindung usf.
genugsam zu erkennen,
und wenn wir ihr sogenannte objektive Realität absprechen,
so ist damit durchaus nichts gegen sie gewonnen.

Aber ferner wäre zu rügen,
daß hier gleichfalls wie oben von einem Negativen
von bestimmtem Inhalte gesprochen wird,
nicht beim Nichts selbst stehengeblieben wird,
dem das Sein an leerer Abstraktion nicht nachsteht
noch etwas voraus hat.

- Allein Kälte, Finsternis und dergleichen bestimmte Negationen
sind sogleich für sich zu nehmen,
und es ist zu sehen, was damit in Rücksicht ihrer allgemeinen Bestimmung,
nach der sie hierher gebracht werden, gesetzt ist.

Sie sollen nicht das Nichts überhaupt,
sondern das Nichts vom Licht, Wärme usf.,
von etwas Bestimmtem, einem Inhalte sein;
so sind sie bestimmte, inhaltige Nichts, wenn man so sagen kann.

Aber eine Bestimmtheit ist, wie noch weiterhin vorkommt, selbst eine Negation;
so sind sie negative Nichts;
aber ein negatives Nichts ist etwas Affirmatives.

Das Umschlagen des Nichts durch seine Bestimmtheit
(die vorhin als ein Dasein im Subjekte, oder in sonst was es sei, erschien)
in ein Affirmatives
erscheint dem Bewußtsein, das in der Verstandesabstraktion feststeht,
als das Paradoxeste;
so einfach die Einsicht ist, oder auch wegen ihrer Einfachheit selbst
erscheint die Einsicht, daß die Negation der Negation Positives ist,
als etwas Triviales,
auf welches der stolze Verstand daher nicht zu achten brauche,
obgleich die Sache ihre Richtigkeit habe,
- und sie hat nicht nur diese Richtigkeit,
sondern um der Allgemeinheit solcher Bestimmungen willen
ihre unendliche Ausdehnung und allgemeine Anwendung,
so daß wohl darauf zu achten wäre. ((S108))


Noch kann über die Bestimmung
des Übergangs von Sein und Nichts ineinander bemerkt werden,
daß derselbe ebenso ohne weitere Reflexionsbestimmung aufzufassen ist.

Er ist unmittelbar und ganz abstrakt,
um der Abstraktion der übergehenden Momente willen,
d. i. indem an diesen Momenten
noch nicht die Bestimmtheit des anderen gesetzt ist,
vermittels dessen sie übergingen;
das Nichts ist am Sein noch nicht gesetzt,
obzwar Sein wesentlich Nichts ist und umgekehrt.

Es ist daher unzulässig, weiters bestimmte Vermittlungen hier anzuwenden
und Sein und Nichts in irgendeinem Verhältnisse zu fassen,
- jenes Übergehen ist noch kein Verhältnis.

Es ist also unstatthaft zu sagen:
»Das Nichts ist der Grund vom Sein<< oder »Sein ist der Grund von Nichts«,
>>das Nichts [ist] Ursache vom Sein« usf.;
oder »es kann nur unter der Bedingung in das Nichts übergegangen werden,
daß etwas ist, oder in das Sein nur unter der Bedingung des Nichtseins.«

Die Art der Beziehung kann nicht weiter bestimmt sein,
ohne daß zugleich die bezogenen Seiten weiter bestimmt würden.

Der Zusammenhang von Grund und Folge usf.
hat nicht mehr das bloße Sein und Nichts zu den Seiten, die er verbindet,
sondern ausdrücklich Sein, das Grund ist,
und etwas, das zwar nur ein Gesetztes, nicht Selbständiges sei,
das aber nicht das abstrakte Nichts ist.


Anmerkung 4:
Unbegreiflichkeit des Anfangs



Es geht aus dem Bisherigen hervor,
welche Bewandtnis es mit der Dialektik gegen den Anfang der Welt,
auch deren Untergang hat,
wodurch die Ewigkeit der Materie erwiesen werden sollte,
d. i. mit der Dialektik gegen das Werden,
Entstehen oder Vergehen überhaupt.

- Die Kantische Antinomie
über die Endlichkeit oder Unendlichkeit der Welt in Raum und Zeit
wird unten bei dem Begriffe der quantitativen Unendlichkeit
näher betrachtet werden.

- Jene einfache gewöhnliche Dialektik beruht
auf dem Festhalten des Gegensatzes von Sein und Nichts.

Es wird auf folgende Art ((S109)) bewiesen,
daß kein Anfang der Welt oder von Etwas möglich sei:


Es kann nichts anfangen, weder insofern etwas ist, noch insofern es nicht ist;
denn insofern es ist, fängt es nicht erst an;
insofern es aber nicht ist, fängt es auch nicht an.

- Wenn die Welt oder Etwas angefangen haben sollte,
so hätte sie im Nichts angefangen,
aber im Nichts oder das Nichts ist nicht Anfang;
denn Anfang schließt ein Sein in sich, aber das Nichts enthält kein Sein.

Nichts ist nur Nichts.

In einem Grunde, Ursache usw., wenn das Nichts so bestimmt wird,
ist eine Affirmation, Sein enthalten.

- Aus demselben Grunde kann auch Etwas nicht aufhören.

Denn so müßte das Sein das Nichts enthalten;
Sein aber ist nur Sein, nicht das Gegenteil seiner selbst.


Es erhellt, daß hierin gegen das Werden,
oder Anfangen und Aufhören, diese Einheit des Seins und Nichts,
nichts vorgebracht wird, als sie assertorisch zu leugnen
und dem Sein und Nichts, jedem getrennt von dem anderen,
Wahrheit zuzuschreiben.

- Diese Dialektik ist jedoch wenigstens konsequenter
als das reflektierende Vorstellen.

Ihm gilt es für vollkommene Wahrheit,
daß Sein und Nichts nur getrennt seien;
auf der andern Seite aber läßt es ein Anfangen und Aufhören
als ebenso wahrhafte Bestimmungen gelten;
in diesen aber nimmt es die Ungetrenntheit des Seins und Nichts
faktisch an.


Bei der Voraussetzung der absoluten Geschiedenheit des Seins vom Nichts
ist - was man so oft hört - der Anfang oder das Werden
allerdings etwas Unbegreifliches;
denn man macht eine Voraussetzung,
welche den Anfang oder das Werden aufhebt, das man doch wieder zugibt,
und dieser Widerspruch, den man selbst setzt
und dessen Auflösung [man ] unmöglich macht,
heißt das Unbegreifliche.
 

Das Angeführte ist auch dieselbe Dialektik,
die der Verstand gegen den Begriff braucht,
den die höhere Analysis von den unendlich-kleinen Größen gibt.

Von diesem Begriffe wird weiter unten ausführlicher gehandelt.

- Diese Größen sind ((S110)) als solche bestimmt worden
die in ihrem Verschwinden sind, nicht vor ihrem Verschwinden,
denn alsdann sind sie endliche Größen
- nicht nach ihrem Verschwinden, denn alsdann sind sie nichts.

Gegen diesen reinen Begriff ist eingewendet und immer wiederholt worden,
daß solche Größen entweder Etwas seien oder Nichts;
daß es keinen Mittelzustand
(Zustand ist hier ein unpassender, barbarischer Ausdruck)
zwischen Sein und Nichtsein gebe.

- Es ist hierbei gleichfalls die absolute Trennung des Seins und Nichts angenommen.

Dagegen ist aber gezeigt worden,
daß Sein und Nichts in der Tat dasselbe sind
oder, um in jener Sprache zu sprechen, daß es gar nichts gibt,
das nicht ein Mittelzustand zwischen Sein und Nichts ist.

Die Mathematik hat ihre glänzendsten Erfolge
der Annahme jener Bestimmung, welcher der Verstand widerspricht,
zu danken.


Das angeführte Räsonnement, das die falsche Voraussetzung
der absoluten Getrenntheit des Seins und Nichtseins macht
und bei derselben stehenbleibt,
ist nicht Dialektik, sondern Sophisterei zu nennen.

Denn Sophisterei ist ein Räsonnement aus einer grundlosen Voraussetzung,
die man ohne Kritik und unbesonnen gelten läßt;
Dialektik aber nennen wir die höhere vernünftige Bewegung,
in welche solche schlechthin getrennt Scheinende
durch sich selbst durch das was sie sind, ineinander übergehen,
die Voraussetzung [ihrer Getrenntheit] sich aufhebt.

Es ist die dialektische immanente Natur des Seins und Nichts selbst,
daß sie ihre Einheit, das Werden, als ihre Wahrheit zeigen.




b. Momente des Werdens



Das Werden, Entstehen und Vergehen,
ist die Ungetrenntheit des Seins und Nichts;
nicht die Einheit, welche vom ((S111)) Sein und Nichts abstrahiert,
sondern als Einheit des Seins und Nichts ist es diese bestimmte Einheit
oder [die,] in welcher sowohl Sein als Nichts ist.

Aber indem Sein und Nichts jedes ungetrennt von seinem Anderen ist,
ist es nicht.

Sie sind also in dieser Einheit,
aber als Verschwindende, nur als Aufgehobene.

Sie sinken von ihrer zunächst vorgestellten Selbständigkeit
zu Momenten herab,
noch unterschiedenen, aber zugleich aufgehobenen.


Nach dieser ihrer Unterschiedenheit sie aufgefaßt,
ist jedes in derselben als Einheit mit dem anderen.

Das Werden enthält also Sein und Nichts als zwei solche Einheiten,
deren jede selbst Einheit des Seins und Nichts ist;
die eine das Sein als unmittelbar und als Beziehung auf das Nichts;
die andere das Nichts als unmittelbar und als Beziehung auf das Sein:
die Bestimmungen sind in ungleichem Werte in diesen Einheiten.


Das Werden ist auf diese Weise in gedoppelter Bestimmung;
in der einen ist das Nichts als unmittelbar, d.h. sie ist anfangend vom Nichts,
das sich auf das Sein bezieht, d.h. in dasselbe übergeht,
in der anderen ist das Sein als unmittelbar, d.i. sie ist anfangend vom Sein,
das in das Nichts übergeht,
- Entstehen und Vergehen.


Beide sind dasselbe, Werden,
und auch als diese so unterschiedenen Richtungen
durchdringen und paralysieren sie sich gegenseitig.

Die eine ist Vergehen;
Sein geht in Nichts über,
aber Nichts ist ebensosehr das Gegenteil seiner selbst,
Übergehen in Sein, Entstehen.

Dies Entstehen ist die andere Richtung;
Nichts geht in Sein über,
aber Sein hebt ebensosehr sich selbst auf
und ist vielmehr das Übergehen in Nichts, ist Vergehen.

- Sie heben sich nicht gegenseitig, nicht das eine äußerlich das andere auf,
sondern jedes hebt sich an sich selbst auf
und ist an ihm selbst das Gegenteil seiner. ((S112))




c. Aufheben des Werdens



Das Gleichgewicht, worein sich Entstehen und Vergehen setzen,
ist zunächst das Werden selbst.

Aber dieses geht ebenso in ruhige Einheit zusammen.

Sein und Nichts sind in ihm nur als Verschwindende;
aber das Werden als solches ist nur durch die Unterschiedenheit derselben.

Ihr Verschwinden ist daher das Verschwinden des Werdens
oder Verschwinden des Verschwindens selbst.

Das Werden ist eine haltungslose Unruhe,
die in ein ruhiges Resultat zusammensinkt.


Dies könnte auch so ausgedrückt werden:

Das Werden ist das Verschwinden von Sein in Nichts
und von Nichts in Sein und das Verschwinden von Sein und Nichts überhaupt;
aber es beruht zugleich auf dem Unterschiede derselben.

Es widerspricht sich also in sich selbst,
weil es solches in sich vereint, das sich entgegengesetzt ist;
eine solche Vereinigung aber zerstört sich.


Dies Resultat ist das Verschwundensein, aber nicht als Nichts;
so wäre es nur ein Rückfall in die eine der schon aufgehobenen Bestimmungen,
nicht Resultat des Nichts und des Seins.

Es ist die zur ruhigen Einfachheit gewordene Einheit des Seins und Nichts.

Die ruhige Einfachheit aber ist Sein,
jedoch ebenso nicht mehr für sich, sondern als Bestimmung des Ganzen.


Das Werden so [als] Übergehen in die Einheit des Seins und Nichts,
welche als seiend ist oder die Gestalt der einseitigen
unmittelbaren Einheit dieser Momente hat, ist das Dasein.

 


Anmerkung:
Der Ausdruck: Aufheben



Aufheben und das Aufgehobene (das Ideelle)
ist einer der wichtigsten Begriffe der Philosophie,
eine Grundbestimmung, die schlechthin allenthalben wiederkehrt,
deren Sinn bestimmt aufzufassen
und besonders vom Nichts zu unterscheiden ist.

- Was sich aufhebt, wird dadurch nicht zu Nichts.

Nichts ist das Unmittelbare;
ein Aufgehobenes dagegen ist ein Vermitteltes,
es ist das Nichtseiende,
aber als ((S113)) Resultat, das von einem Sein ausgegangen ist;
es hat daher die Bestimmtheit, aus der es herkommt, noch an sich.


Aufheben hat in der Sprache den gedoppelten Sinn,
daß es soviel als aufbewahren, erhalten bedeutet
und zugleich soviel als aufhören lassen, ein Ende machen.

Das Aufbewahren selbst schließt schon das Negative in sich,
daß etwas seiner Unmittelbarkeit
und damit einem den äußerlichen Einwirkungen offenen Dasein
entnommen wird, um es zu erhalten.

- So ist das Aufgehobene ein zugleich Aufbewahrtes,
das nur seine Unmittelbarkeit verloren hat,
aber darum nicht vernichtet ist.

- Die angegebenen zwei Bestimmungen des Aufhebens
können lexikalisch als zwei Bedeutungen dieses Wortes aufgeführt werden.

Auffallend müßte es aber dabei sein, daß eine Sprache dazu gekommen ist,
ein und dasselbe Wort für zwei entgegengesetzte Bestimmungen zu gebrauchen.

Für das spekulative Denken ist es erfreulich, in der Sprache Wörter zu finden,
welche eine spekulative Bedeutung an ihnen selbst haben;
die deutsche Sprache hat mehrere dergleichen.

Der Doppelsinn des lateinischen tollere
(der durch den Ciceronianischen Witz
»tollendum esse Octavium« berühmt geworden)
geht nicht so weit, die affirmative Bestimmung geht nur bis zum Emporheben.

Etwas ist nur insofern aufgehoben,
als es in die Einheit mit seinem Entgegengesetzten getreten ist;
in dieser näheren Bestimmung als ein Reflektiertes
kann es passend Moment genannt werden.

Gewicht und Entfernung von einem Punkt heißen beim Hebel
dessen mechanische Momente,
um der Dieselbigkeit ihrer Wirkung willen
bei aller sonstigen Verschiedenheit eines Reellen, wie das ein Gewicht ist,
und eines Ideellen, der bloßen räumlichen Bestimmung, der Linie; [?Strecke]
s. Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften, 3 . Ausgabe [ 1 8 3o ], § 261 Anm.

- Noch öfter wird die Bemerkung sich aufdrängen,
daß die philosophische Kunstsprache für reflektierte Bestimmungen
lateinische Ausdrücke gebraucht,
entweder weil die Muttersprache keine Ausdrücke dafür hat
oder, wenn sie deren hat wie hier,
weil ihr Ausdruck mehr ((S114)) an das Unmittelbare,
die fremde Sprache aber mehr an das Reflektierte erinnert.


Der nähere Sinn und Ausdruck,
den Sein und Nichts, indem sie nunmehr Momente sind,
erhalten,
hat sich bei der Betrachtung des Daseins als der Einheit,
    in der sie aufbewahrt sind,
zu ergeben.

Sein ist Sein und Nichts ist Nichts nur in ihrer Unterschiedenheit voneinander;
in ihrer Wahrheit aber, in ihrer Einheit
sind sie als diese Bestimmungen verschwunden und sind nun etwas anderes.

Sein und Nichts sind dasselbe;
darum weil sie dasselbe sind, sind sie nicht mehr Sein und Nichts
und haben eine verschiedene Bestimmung;
im Werden waren sie Entstehen und Vergehen;
im Dasein als einer anders bestimmten Einheit
sind sie wieder anders bestimmte Momente.

Diese Einheit bleibt nun ihre Grundlage,
aus der sie nicht mehr zur abstrakten Bedeutung von Sein und Nichts heraustreten.




Zweites Kapitel:
Das Dasein


Dasein ist bestimmtes Sein;
seine Bestimmtheit ist seiende Bestimmtheit, Qualität.

Durch seine Qualität ist Etwas gegen ein Anderes,
ist veränderlich und endlich,
nicht nur gegen ein Anderes,
sondern an ihm schlechthin negativ bestimmt.

Diese seine Negation dem endlichen Etwas zunächst gegenüber ist das Unendliche;
der abstrakte Gegensatz, in welchem diese Bestimmungen erscheinen,
löst sich in die gegensatzlose Unendlichkeit, in das Fürsichsein auf.


Die Abhandlung des Daseins hat so die drei Abteilungen:

A. das Dasein als solches,
B. Etwas und Anderes, die Endlichkeit,
C. die qualitative Unendlichkeit. ((S115))



A. DASEIN ALS SOLCHES


 
An dem Dasein
a) als solchem ist zunächst seine Bestimmtheit
b) als Qualität zu unterscheiden.

Diese aber ist sowohl in der einen
als in der anderen Bestimmung des Daseins zu nehmen,
als Realität und als Negation.

Aber in diesen Bestimmtheiten ist Dasein ebensosehr in sich reflektiert;
und als solches gesetzt ist es
c) Etwas, Daseiendes.



a. Dasein überhaupt



Aus dem Werden geht das Dasein hervor.

Das Dasein ist das einfache Einssein des Seins und Nichts.

Es hat um dieser Einfachheit willen die Form von einem Unmittelbaren.

Seine Vermittlung, das Werden, liegt hinter ihm;
sie hat sich aufgehoben, und das Dasein erscheint daher als ein Erstes,
von dem ausgegangen werde.

Es ist zunächst in der einseitigen Bestimmung des Seins;
die andere, die es enthält, das Nichts,
wird sich gleichfalls an ihm hervortuen, gegen jene.


Es ist nicht bloßes Sein, sondern Dasein;
etymologisch genommen: Sein an einem gewissen Orte;
aber die Raumvorstellung gehört nicht hierher.

Dasein ist, nach seinem Werden, überhaupt Sein mit einem Nichtsein,
so daß dies Nichtsein in einfache Einheit mit dem Sein aufgenommen ist.

Das Nichtsein so in das Sein aufgenommen,
daß das konkrete Ganze in der Form des Seins, der Unmittelbarkeit ist,
macht die Bestimmtheit als solche aus. [? Gs+ zu qn+? ]


Das Ganze ist gleichfalls in der Form, d. i. Bestimmtheit des Seins
- denn Sein hat im Werden sich gleichfalls nur ein Moment zu sein gezeigt -
ein aufgehobenes, negativ-bestimmtes;
aber so ist es für uns in unserer Reflexion, noch nicht gesetzt an ihm selbst.

Aber die Bestimmtheit des Daseins als solche ist die gesetzte,
die auch im Ausdruck “Dasein” ((S116)) liegt.

- Beides ist immer sehr wohl voneinander zu unterscheiden;
das nur, was gesetzt ist an einem Begriffe,
gehört in die entwickelnde Betrachtung desselben, zu seinem Inhalte.

Die noch nicht an ihm selbst gesetzte Bestimmtheit aber gehört unserer Reflexion,
sie betreffe nun die Natur des Begriffs selbst
oder sie sei äußere Vergleichung;
eine Bestimmtheit der letzteren Art bemerklich zu machen,
kann nur zur Erläuterung oder Vorausandeutung des Ganges dienen,
der in der Entwicklung selbst sich darstellen wird.

Daß das Ganze, die Einheit des Seins und des Nichts,
in der einseitigen Bestimmtheit des Seins sei,
ist eine äußerliche Reflexion;
in der Negation aber, im Etwas und Anderen usf.
wird sie dazu kommen, als gesetzte zu sein.

- Es hat hier auf den angegebenen Unterschied
aufmerksam gemacht werden sollen;
über alles aber, was die Reflexion sich erlauben kann zu bemerken,
Rechenschaft zu geben, würde in die Weitläufigkeit führen,
das zu antizipieren, was sich an der Sache selbst ergeben muss.

Wenn dergleichen Reflexionen dienen können,
die Übersicht und damit das Verständnis zu erleichtern,
so führen sie wohl auch den Nachteil herbei, als unberechtigte Behauptungen,
Gründe und Grundlagen für das Weitere auszusehen.

Man soll sie daher für nichts mehr nehmen, als was sie sein sollen,
und sie von dem unterscheiden,
was ein Moment im Fortgange der Sache selbst ist.


Das Dasein entspricht dem Sein der vorigen Sphäre;
das Sein jedoch ist das Unbestimmte,
es ergeben sich deswegen keine Bestimmungen an demselben.

Aber das Dasein ist ein bestimmtes Sein, ein konkretes;
es tun sich daher sogleich mehrere Bestimmungen,
unterschiedene Verhältnisse seiner Momente an ihm auf.




b. Qualität [Realität und Negation]



Um der Unmittelbarkeit willen, in der im Dasein Sein und Nichts eins sind,
gehen sie nicht übereinander hinaus;
soweit das Dasein seiend ist, soweit ist es Nichtsein, ist es bestimmt. ((S117))

Das Sein ist nicht das Allgemeine,
die Bestimmtheit nicht das Besondere.

Die Bestimmtheit hat sich noch nicht vom Sein abgelöst;
zwar wird sie sich auch nicht mehr von ihm ablösen,
denn das nunmehr zum Grunde liegende Wahre
ist die Einheit des Nichtseins mit dem Sein;
auf ihr als dem Grunde ergeben sich alle ferneren Bestimmungen.

Aber die Beziehung, in der hier die Bestimmtheit mit dem Sein steht,
ist die unmittelbare Einheit beider,
so daß noch keine Unterscheidung derselben gesetzt ist.


Die Bestimmtheit so für sich isoliert, als seiende Bestimmtheit,
ist die Qualität, - ein ganz Einfaches, Unmittelbares.

Die Bestimmtheit überhaupt ist das Allgemeinere,
das ebensosehr auch das Quantitative
wie weiter Bestimmte sein kann.

Um dieser Einfachheit willen ist von der Qualität als solcher
weiter nichts zu sagen.


Aber das Dasein, in welchem ebensowohl das Nichts als das Sein enthalten,
ist selbst der Maßstab für die Einseitigkeit der Qualität
als nur unmittelbarer oder seiender Bestimmtheit.

Sie ist ebensosehr in der Bestimmung des Nichts zu setzen,
womit dann die unmittelbare oder die seiende Bestimmtheit
als eine unterschiedene, reflektierte gesetzt wird;
das Nichts so als das Bestimmte einer Bestimmtheit
ist ebenso ein Reflektiertes, eine Verneinung.

Die Qualität, so daß sie unterschieden als seiende gelte, ist die Realität;
sie als mit einer Verneinung behaftet, Negation überhaupt,
[ist] gleichfalls eine Qualität, aber die für einen Mangel gilt,
sich weiterhin als Grenze, Schranke bestimmt.


Beide sind ein Dasein;
aber in der Realität als Qualität mit dem Akzente, eine seiende zu sein,
ist es versteckt, daß sie die Bestimmtheit, also auch die Negation enthält;
die Realität gilt daher nur als etwas Positives,
aus welchem Verneinung, Beschränktheit, Mangel ausgeschlossen sei.

Die Negation als bloßer Mangel genommen wäre, was Nichts ist;
aber sie ist ein Dasein, eine Qualität,
nur mit einem Nichtsein bestimmt. ((S118))




Anmerkung:
Realität und Negation



Realität kann ein vieldeutiges Wort zu sein scheinen,
weil es von verschiedenen, ja entgegengesetzten Bestimmungen
gebraucht wird.

Im philosophischen Sinne wird etwa
von bloß empirischer Realität als einem wertlosen Dasein gesprochen.

Wenn aber von Gedanken, Begriffen, Theorien gesagt wird,
sie haben keine Realität,
so heißt dies, daß ihnen keine Wirklichkeit zukomme;
an sich oder im Begriffe
könne die Idee einer Platonischen Republik z. B. wohl wahr sein.

Der Idee wird hier ihr Wert nicht abgesprochen
und sie neben der Realität auch belassen.

Aber gegen sogenannte bloße Ideen, gegen bloße Begriffe
gilt das Reelle als das allein Wahrhafte.

- Der Sinn, in welchem das eine Mal dem äußerlichen Dasein
die Entscheidung über die Wahrheit eines Inhalts zugeschrieben wird,
ist ebenso einseitig,
als wenn die Idee, das Wesen oder auch die innere Empfindung
als gleichgültig gegen das äußerliche Dasein vorgestellt
und gar für um so vortrefflicher gehalten wird,
je mehr es von der Realität entfernt sei.


Bei dem Ausdrucke »Realität«
ist der sonstige metaphysische Begriff von Gott,
der vornehmlich dem sogenannten ontologischen Beweise vom Dasein Gottes
zugrunde gelegt wurde, zu erwähnen.

Gott wurde als der Inbegriff aller Realitäten bestimmt
und von diesem Inbegriffe gesagt,
daß er keinen Widerspruch in sich enthalte,
daß keine der Realitäten die andere aufhebe;
denn eine Realität sei nur als eine Vollkommenheit,
als ein Affirmatives zu nehmen,
das keine Negation enthalte.

Somit seien die Realitäten
sich nicht entgegengesetzt und widersprechen sich nicht.


Bei diesem Begriffe der Realität wird angenommen,
daß sie dann noch bleibe, wenn alle Negation weggedacht werde;
damit wird aber alle Bestimmtheit derselben aufgehoben.

Die Realität ist Qualität, Dasein;
damit enthält sie das Moment des Negativen
und ist allein dadurch das Bestimmte, das sie ist.

Im sogenannten eminenten Sinne oder ((S119)) als unendliche
    - in der gewöhnlichen Bedeutung des Wortes -,
    wie sie genommen werden soll,
wird sie ins Bestimmungslose erweitert und verliert ihre Bedeutung.

Die Güte Gottes soll nicht Güte im gewöhnlichen
sondern im eminenten Sinne,
nicht verschieden von der Gerechtigkeit sondern durch sie temperiert sein
(ein Leibnizischer Vermittlungsausdruck),
so wie umgekehrt die Gerechtigkeit durch die Güte;
so ist weder Güte mehr Güte noch Gerechtigkeit mehr Gerechtigkeit.

Die Macht solle durch die Weisheit temperiert sein,
aber so ist sie nicht Macht als solche,
denn sie wäre jener unterworfen,
- die Weisheit solle zur Macht erweitert sein,
aber so verschwindet sie als den Zweck und Maß bestimmende Weisheit.

Der wahre Begriff des Unendlichen und dessen absolute Einheit,
    der sich später ergeben wird,
ist nicht als ein Temperieren, gegenseitiges Beschränken oder Vermischen
zu fassen, als welches
eine oberflächliche, in unbestimmtem Nebel gehaltene Beziehung ist,
mit der sich nur begriffloses Vorstellen begnügen kann.

- Die Realität, wie sie in jener Definition Gottes
als bestimmte Qualität genommen wird,
über ihre Bestimmtheit hinausgeführt,
hört auf, Realität zu sein;
sie wird zum abstrakten Sein;
Gott als das rein Reale in allem Realen oder als Inbegriff aller Realitäten
ist dasselbe Bestimmungs- und Gehaltlose,
was das leere Absolute, in dem alles eins ist.

Wird dagegen die Realität in ihrer Bestimmtheit genommen,
so wird, da sie wesentlich das Moment des Negativen enthält,
der Inbegriff aller Realitäten ebensosehr
zu einem Inbegriff aller Negationen,
dem Inbegriff aller Widersprüche,
zunächst etwa zur absoluten Macht, in der alles Bestimmte absorbiert ist;
aber da sie selbst nur ist,
insofern sie noch ein von ihr nicht Aufgehobenes sich gegenüber hat,
so wird sie,
    indem sie zur ausgeführten, schrankenlosen Macht erweitert gedacht wird,
zum abstrakten Nichts.

Jenes Reale in allem Realen, das Sein in allem Dasein,
welches den Begriff Gottes ausdrücken soll,
ist nichts anderes als das abstrakte Sein, dasselbe, was das Nichts ist. ((S120))


Die Bestimmtheit ist die Negation als affirmativ gesetzt,
- ist der Satz des Spinoza: Omnis determinatio est negatio.

Dieser Satz ist von unendlicher Wichtigkeit;
nur ist die Negation als solche die formlose Abstraktion;
der spekulativen Philosophie muss aber nicht schuld gegeben werden,
daß ihr die Negation oder das Nichts ein Letztes sei;
dies ist es ihr sowenig als die Realität das Wahrhafte.


Von diesem Satze, daß die Bestimmtheit Negation ist,
ist die Einheit der Spinozistischen Substanz
- oder daß nur eine Substanz ist - die notwendige Konsequenz.

Denken und Sein oder Ausdehnung,
die zwei Bestimmungen, die Spinoza nämlich vor sich hat,
musste er in dieser Einheit in eins setzen;
denn als bestimmte Realitäten sind sie Negationen,
deren Unendlichkeit ihre Einheit ist;
nach Spinozas Definition, wovon weiter unten,
ist die Unendlichkeit von Etwas seine Affirmation.

Er begriff sie daher als Attribute,
d. h. als solche, die nicht ein besonderes Bestehen,
ein Anundfürsichsein haben,
sondern nur als aufgehobene, als Momente sind;
oder vielmehr sind sie ihm nicht einmal Momente,
denn die Substanz ist das in ihr selbst ganz Bestimmungslose,
und die Attribute sind, wie auch die Modi, Unterscheidungen,
die ein äußerer Verstand macht.

- Ebenso kann die Substantialität der Individuen
nicht gegen jenen Satz bestehen.

Das Individuum ist Beziehung auf sich dadurch,
daß es allem anderen Grenzen setzt;
aber diese Grenzen sind damit auch Grenzen seiner selbst,
    Beziehungen auf Anderes,
es hat sein Dasein nicht in ihm selbst.

Das Individuum ist wohl mehr als nur das nach allen Seiten beschränkte,
aber dies Mehr gehört in eine andere Sphäre des Begriffs;
in der Metaphysik des Seins ist es ein schlechthin Bestimmtes;
und daß ein solches, daß das Endliche als solches an und für sich sei,
dagegen macht sich die Bestimmtheit wesentlich als Negation geltend
und reißt es in dieselbe negative Bewegung des Verstandes,
welche alles in der abstrakten Einheit, der Substanz, verschwinden läßt.


Die Negation steht unmittelbar der Realität gegenüber: ((S121))
weiterhin, in der eigentlichen Sphäre der reflektierten Bestimmungen,
wird sie dem Positiven entgegengesetzt,
welches die auf die Negation reflektierende Realität ist,
- die Realität, an der das Negative scheint,
das in der Realität als solcher noch versteckt ist.


Die Qualität ist erst in der Rücksicht vornehmlich Eigenschaft,
als sie in einer äußerlichen Beziehung sich als immanente Bestimmung zeigt.

Unter Eigenschaften, z. B. von Kräutern, versteht man Bestimmungen,
die einem Etwas nicht nur überhaupt eigen sind,
sondern insofern es sich dadurch in der Beziehung auf andere
auf eine eigentümliche Weise erhält,
die fremden in ihm gesetzten Einwirkungen nicht in sich gewähren läßt,
sondern seine eigenen Bestimmungen in dem Anderen
- ob es dies zwar nicht von sich abhält - geltend macht.

Die mehr ruhenden Bestimmtheiten, z. B. Figur, Gestalt,
nennt man dagegen nicht wohl Eigenschaften, auch etwa nicht Qualitäten,
insofern sie als veränderlich, mit dem Sein nicht identisch vorgestellt werden.


Die Qualierung oder Inqualierung, ein Ausdruck der Jakob Böhmischen,
einer in die Tiefe, aber in eine trübe Tiefe gehenden Philosophie, bedeutet
die Bewegung einer Qualität (der sauren, herben, feurigen usf.) in ihr selbst,
insofern sie in ihrer negativen Natur (in ihrer Qual)
sich aus Anderem setzt und befestigt,
überhaupt die Unruhe ihrer an ihr selbst ist,
nach der sie nur im Kampfe sich hervorbringt und erhält.




c. Etwas [Daseiendes]


An dem Dasein ist seine Bestimmtheit als Qualität unterschieden worden;
an dieser als daseiender ist der Unterschied
- der Realität und der Negation.

Sosehr nun diese Unterschiede an dem Dasein vorhanden sind,
sosehr sind sie auch nichtig und aufgehoben.

Die Realität enthält selbst die Negation, ist Dasein,
nicht unbestimmtes, abstraktes Sein.

Ebenso ist die Negation Dasein,
nicht das abstrakt sein sollende Nichts,
sondern hier gesetzt, wie es an sich ist, als ((S122)) seiend,
dem Dasein angehörig.

So ist die Qualität überhaupt nicht vom Dasein getrennt,
welches nur bestimmtes, qualitatives Sein ist.


Dieses Aufheben der Unterscheidung
ist mehr als ein bloßes Zurücknehmen
und äußeres Wiederweglassen derselben
oder als ein einfaches Zurückkehren zum einfachen Anfange,
dem Dasein als solchem.

Der Unterschied kann nicht weggelassen werden; denn er ist.

Das Faktische, was also vorhanden ist,
ist das Dasein überhaupt,
Unterschied an ihm
und das Aufheben dieses Unterschiedes;
das Dasein nicht als unterschiedlos, wie anfangs,
sondern als wieder sich selbst gleich, durch Aufheben des Unterschieds,
die Einfachheit des Daseins vermittelt durch dieses Aufheben.

Dies Aufgehobensein des Unterschieds ist die eigene Bestimmtheit des Daseins;
so ist es Insichsein;
das Dasein ist Daseiendes, Etwas.


Das Etwas ist die erste Negation der Negation,
als einfache seiende Beziehung auf sich.

Dasein, Leben, Denken usf. bestimmt sich wesentlich zum
Daseienden, Lebendigen, Denkenden (Ich) usf.

Diese Bestimmung ist von der höchsten Wichtigkeit,
um nicht bei dem Dasein, Leben, Denken usf.,
auch nicht bei der Gottheit (statt Gottes)
als Allgemeinheiten stehenzubleiben.

Etwas gilt der Vorstellung mit Recht als ein Reelles.

Jedoch ist Etwas noch eine sehr oberflächliche Bestimmung;
wie Realität und Negation,
das Dasein und dessen Bestimmtheit zwar nicht mehr die leeren
- Sein und Nichts -,
aber ganz abstrakte Bestimmungen sind.

Deswegen sind sie auch die geläufigsten Ausdrücke,
und die philosophisch nicht gebildete Reflexion gebraucht sie am meisten,
gießt ihre Unterscheidungen darein
und meint daran etwas recht gut und fest Bestimmtes zu haben.

- Das Negative des Negativen ist als Etwas nur der Anfang des Subjekts;
- das Insichsein nur erst ganz unbestimmt.

Es bestimmt sich fernerhin zunächst als Fürsichseiendes und so fort,
bis es erst im Begriff die konkrete Intensität des Subjekts erhält.

Allen diesen Bestimmungen liegt die negative ((S123)) Einheit mit sich zugrunde.

Aber dabei ist die Negation als erste, als Negation überhaupt
wohl zu unterscheiden von der zweiten, der Negation der Negation,
welche die konkrete, absolute Negativität,
wie jene erste dagegen nur die abstrakte Negativität ist.


Etwas ist seiend als die Negation der Negation;
denn diese ist das Wiederherstellen der einfachen Beziehung auf sich;
- aber ebenso ist damit Etwas die Vermittlung seiner mit sich selbst.

Schon in dem Einfachen des Etwas,
dann noch bestimmter im Fürsichsein, Subjekt usf.
ist die Vermittlung seiner mit sich selbst vorhanden,
bereits auch im Werden nur die ganz abstrakte Vermittlung;
die Vermittlung mit sich ist im Etwas gesetzt,
insofern es als einfaches Identisches bestimmt ist.

- Auf das Vorhandensein der Vermittlung überhaupt kann
gegen das Prinzip der behaupteten bloßen Unmittelbarkeit des Wissens,
von welcher die Vermittlung ausgeschlossen sein solle,
aufmerksam gemacht werden;
aber es bedarf weiterhin nicht,
besonders auf das Moment der Vermittlung aufmerksam zu machen;
denn es befindet sich überall und allenthalben,
in jedem Begriffe.        


Diese Vermittlung mit sich, die Etwas an sich ist,
hat, nur als Negation der Negation genommen,
keine konkreten Bestimmungen zu ihren Seiten;
so fällt sie in die einfache Einheit zusammen, welche Sein ist.

Etwas ist und ist denn auch Daseiendes;
es ist an sich ferner auch Werden,
das aber nicht mehr nur Sein und Nichts zu seinen Momenten hat.

Das eine derselben, das Sein,
ist nun Dasein und weiter Daseiendes.

Das zweite ist ebenso ein Daseiendes,
aber als Negatives des Etwas bestimmt,
- ein Anderes.

Das Etwas als Werden ist ein Übergehen, dessen Momente selbst Etwas sind
und das darum Veränderung ist;
- ein bereits konkret gewordenes Werden.

- Das Etwas aber verändert sich zunächst nur in seinem Begriffe;
es ist noch nicht so als vermittelnd und vermittelt gesetzt;
zunächst nur als sich in seiner Beziehung auf sich einfach erhaltend,
und das Negative seiner als ein ebenso Qualitatives,
nur ein Anderes überhaupt. ((S124))




B. DIE ENDLICHKEIT


a) Etwas und Anderes;
sie sind zunächst gleichgültig gegeneinander;
ein Anderes ist auch ein unmittelbar Daseiendes, ein Etwas;
die Negation fällt so außer beiden.

Etwas ist an sich gegen sein Sein-für-Anderes.

Aber die Bestimmtheit gehört auch seinem Ansich an und ist
b) dessen Bestimmung, welche ebensosehr in Beschaffenheit übergeht,
die, mit jener identisch, das immanente und zugleich negierte Sein-für-Anderes,
die Grenze des Etwas ausmacht, welche
c) die immanente Bestimmung des Etwas selbst
und dieses somit das Endliche ist.


In der ersten Abteilung, worin das Dasein überhaupt betrachtet wurde,
hatte dieses, als zunächst aufgenommen, die Bestimmung des Seienden.

Die Momente seiner Entwicklung, Qualität und Etwas,
sind darum ebenso affirmativer Bestimmung.

In dieser Abteilung hingegen
entwickelt sich die negative Bestimmung, die im Dasein liegt,
welche dort nur erst Negation überhaupt, erste Negation war,
nun aber zu dem Punkte des Insichseins des Etwas,
zur Negation der Negation bestimmt ist.




a. Etwas und ein Anderes


1. Etwas und Anderes sind beide erstens Daseiende oder Etwas.

Zweitens ist ebenso jedes ein Anderes.

Es ist gleichgültig, welches zuerst und bloß darum Etwas genannt wird
(im Lateinischen, wenn sie in einem Satze vorkommen,
heißen beide aliud, oder »Einer den Anderen« alius alium;
bei einer Gegenseitigkeit ist der Ausdruck alter alterum analog).

Wenn wir ein Dasein A nennen, das andere aber B,
so ist zunächst B als das Andere bestimmt.

Aber A ist ebensosehr das Andere des B.

Beide sind auf gleiche Weise Andere.

Um den Unterschied und das als affirmativ zu nehmende Etwas
zu ((S125)) fixieren, dient das Dieses.

Aber Dieses spricht eben es aus,
daß dies Unterscheiden und Herausheben des einen Etwas
ein subjektives, außerhalb des Etwas selbst fallendes Bezeichnen ist.

In dieses äußerliche Monstrieren fällt die ganze Bestimmtheit;
selbst der Ausdruck Dieses enthält keinen Unterschied;
alle und jede Etwas sind geradesogut Diese, als sie auch Andere sind.

Man meint, durch »Dieses« etwas vollkommen Bestimmtes auszudrücken;
es wird übersehen, daß die Sprache, als Werk des Verstandes,
nur Allgemeines ausspricht,
außer in dem Namen eines einzelnen Gegenstandes;
der individuelle Name ist aber ein Sinnloses in dem Sinne,
daß er nicht ein Allgemeines ausdrückt,
und erscheint als ein bloß Gesetztes, Willkürliches aus demselben Grunde,
wie denn auch Einzelnamen willkürlich angenommen, gegeben
oder ebenso verändert werden können.


Es erscheint somit das Anderssein
als eine dem so bestimmten Dasein fremde Bestimmung
oder das Andere außer dem einen Dasein;
teils, daß ein Dasein erst durch das Vergleichen eines Dritten,
teils, daß es nur um des Anderen willen, das außer ihm ist,
als Anderes bestimmt werde, aber nicht für sich so sei.

Zugleich, wie bemerkt worden,
bestimmt sich jedes Dasein, auch für die Vorstellung,
ebensosehr als ein anderes Dasein,
so daß nicht ein Dasein bleibt, das nur als ein Dasein bestimmt,
das nicht außerhalb eines Daseins, also nicht selbst ein Anderes wäre.


Beide sind sowohl als Etwas als auch als Anderes bestimmt, hiermit dasselbe,
und es ist noch kein Unterschied derselben vorhanden.

Diese Dieselbigkeit der Bestimmungen fällt aber ebenso
nur in die äußere Reflexion, in die Vergleichung beider;
aber wie das Andere zunächst gesetzt ist,
so ist dasselbe für sich zwar in Beziehung auf das Etwas,
aber auch für sich außerhalb desselben.


Drittens ist daher das Andere zu nehmen
als isoliert, in Beziehung auf sich selbst;
abstrakt als das Andere;
XXX des Platon,
der es als eines der Momente der Totalität dem Einen entgegensetzt
und dem Anderen auf diese Weise eine ((S126)) eigene Natur zuschreibt.

So ist das Andere, allein als solches gefaßt, nicht das Andere von Etwas,
sondern das Andere an ihm selbst, d. i. das Andere seiner selbst.

- Solches seiner Bestimmung nach Andere ist die physische Natur;
sie ist das Andere des Geistes;
diese ihre Bestimmung ist so zunächst eine bloße Relativität,
wodurch nicht eine Qualität der Natur selbst,
sondern nur eine ihr äußerliche Beziehung ausgedrückt wird.

Aber indem der Geist das wahrhafte Etwas
und die Natur daher an ihr selbst nur das ist, was sie gegen den Geist ist,
so ist, insofern sie für sich genommen wird, ihre Qualität eben dies,
das Andere an ihr selbst, das außer-sich-Seiende
(in den Bestimmungen des Raums, der Zeit, der Materie) zu sein.


Das Andere für sich ist das Andere an ihm selbst,
hiermit das Andere seiner selbst, so das Andere des Anderen,
- also das in sich schlechthin Ungleiche, sich Negierende, das sich Verändernde.

Aber ebenso bleibt es identisch mit sich,
denn dasjenige, in welches es sich veränderte, ist das Andere,
das sonst weiter keine Bestimmung hat;
aber das sich Verändernde ist auf keine verschiedene Weise,
sondern auf dieselbe, ein Anderes zu sein, bestimmt;
es geht daher in demselben nur mit sich zusammen.

So ist es gesetzt als in sich Reflektiertes mit Aufheben des Andersseins,
mit sich identisches Etwas,
von dem hiermit das Anderssein, das zugleich Moment desselben ist,
ein Unterschiedenes, ihm nicht als Etwas selbst zukommendes ist.


2. Etwas erhält sich in seinem Nichtdasein;
es ist wesentlich eins mit ihm und wesentlich nicht eins mit ihm.

Es steht also in Beziehung auf sein Anderssein;
es ist nicht rein sein Anderssein.

Das Anderssein ist zugleich in ihm enthalten und zugleich noch davon getrennt;
es ist Sein-für-Anderes.


Dasein als solches ist Unmittelbares, Beziehungsloses;
oder es ist in der Bestimmung des Seins.

Aber Dasein als das Nichtsein in sich schließend ist bestimmtes,
in sich verneintes Sein
und dann zunächst Anderes,
- aber weil es sich in seiner Verneinung zugleich auch erhält, nur Sein-für-Anderes. ((S127))


Es erhält sich in seinem Nichtdasein und ist Sein,
aber nicht Sein überhaupt,
sondern als Beziehung auf sich, gegen seine Beziehung auf Anderes,
als Gleichheit mit sich gegen seine Ungleichheit.

Ein solches Sein ist Ansichsein.


Sein-für-Anderes und Ansichsein machen die zwei Momente des Etwas aus.

Es sind zwei Paare von Bestimmungen, die hier vorkommen:
1. Etwas und Anderes;
2. Sein-für-Anderes und Ansichsein.

Die ersteren enthalten die Beziehungslosigkeit ihrer Bestimmtheit;
Etwas und Anderes fallen auseinander.

Aber ihre Wahrheit ist ihre Beziehung;
das Sein-für-Anderes und das Ansichsein sind daher
jene Bestimmungen als Momente eines und desselben gesetzt,
als Bestimmungen, welche Beziehungen sind
und in ihrer Einheit, in der Einheit des Daseins bleiben.

Jedes selbst enthält damit an ihm zugleich auch
sein von ihm verschiedenes Moment.


Sein und Nichts in ihrer Einheit, welche Dasein ist,
sind nicht mehr als Sein und Nichts,
- dies sind sie nur außer ihrer Einheit;
so in ihrer unruhigen Einheit, im Werden, sind sie Entstehen und Vergehen.

- Sein im Etwas ist Ansichsein.

Sein, die Beziehung auf sich, die Gleichheit mit sich,
ist jetzt nicht mehr unmittelbar,
sondern Beziehung auf sich nur als Nichtsein des Andersseins
(als in sich reflektiertes Dasein).

- Ebenso ist Nichtsein als Moment des Etwas
in dieser Einheit des Seins und Nichtseins
nicht Nichtdasein überhaupt, sondern Anderes
und bestimmter nach der Unterscheidung des Seins von ihm
zugleich Beziehung auf sein Nichtdasein, Sein-für-Anderes.


Somit ist Ansichsein erstlich negative Beziehung auf das Nichtdasein,
es hat das Anderssein außer ihm und ist demselben entgegen:
insofern Etwas an sich ist,
ist es dem Anderssein und dem Sein-für-Anderes entnommen.

Aber zweitens hat es das Nichtsein auch selbst an ihm;
denn es selbst ist das Nichtsein des Seins-für-Anderes.


Das Sein-für-Anderes aber ist erstlich
Negation der einfachen Beziehung des Seins auf sich,
die zunächst Dasein und Etwas ((S128)) sein soll;
insofern Etwas in einem Anderen oder für ein Anderes ist,
entbehrt es des eigenen Seins.

Aber zweitens ist es nicht das Nichtdasein als reines Nichts;
es ist Nichtdasein, das auf das Ansichsein
als auf sein in sich reflektiertes Sein hinweist,
so wie umgekehrt das Ansichsein auf das Sein-für-Anderes hinweist.


3. Beide Momente sind Bestimmungen eines und desselben,
nämlich des Etwas.

Ansich ist Etwas, insofern es aus dem Sein-für-Anderes heraus,
in sich zurückgekehrt ist.

Etwas hat aber auch eine Bestimmung oder Umstand an sich
(hier fällt der Akzent auf an) oder an ihm,
insofern dieser Umstand äußerlich an ihm, ein Sein-für-Anderes ist.


Dies führt zu einer weiteren Bestimmung.

Ansichsein und Sein-für-Anderes sind zunächst verschieden;
aber daß Etwas dasselbe, was es an sich ist, auch an ihm hat,
und umgekehrt, was es als Sein-für-Anderes ist, auch an sich ist,
- dies ist die Identität des Ansichseins und Seins-für-Anderes,
nach der Bestimmung,
daß das Etwas selbst ein und dasselbe beider Momente ist,
sie also ungetrennt in ihm sind.

- Es ergibt sich formell diese Identität schon in der Sphäre des Daseins,
aber ausdrücklicher in der Betrachtung des Wesens
und dann des Verhältnisses der Innerlichkeit und Äußerlichkeit,
und am bestimmtesten in der Betrachtung der Idee
als der Einheit des Begriffs und der Wirklichkeit.

- Man meint, mit dem Ansich etwas Hohes zu sagen, wie mit dem Inneren;
was aber Etwas nur an sich ist, ist auch nur an ihm;
»an sich« ist eine nur abstrakte, damit selbst äußerliche Bestimmung.

Die Ausdrücke »es ist nichts an ihm« oder »es ist etwas daran«
enthalten, obgleich etwa[s] dunkel, daß das, was an einem ist,
auch zu seinem Ansichsein, seinem inneren wahrhaften Werte gehöre.


Es kann bemerkt werden, daß sich hier der Sinn des Dings-an-sich ergibt,
das eine sehr einfache Abstraktion ist,
aber eine Zeitlang eine sehr wichtige Bestimmung,
gleichsam etwas Vornehmes,
so wie der Satz, daß wir nicht wissen, was die Dinge an sich sind,
eine vielgeltende Weisheit war.

- Die ((S129)) Dinge heißen an-sich,
insofern von allem Sein-für-Anderes abstrahiert wird,
das heißt überhaupt, insofern sie ohne alle Bestimmung,
als Nichtse gedacht werden.

In diesem Sinn kann man freilich nicht wissen, was das Ding an-sich ist.


Denn die Frage Was? verlangt, daß Bestimmungen angegeben werden;
indem aber die Dinge, von denen sie anzugeben verlangt würde,
zugleich Dinge-an-sich sein sollen, das heißt eben ohne Bestimmung,
so ist in die Frage gedankenloserweise
die Unmöglichkeit der Beantwortung gelegt,
oder man macht nur eine widersinnige Antwort.

- Das Ding-an-sich ist dasselbe, was jenes Absolute,
von dem man nichts weiß, als daß Alles eins in ihm ist.

Man weiß daher sehr wohl, was an diesen Dingen-an-sich ist;
sie sind als solche nichts als wahrheitslose, leere Abstraktionen.

Was aber das Ding-an-sich in Wahrheit ist, was wahrhaft an sich ist,
davon ist die Logik die Darstellung,
wobei aber unter Ansich etwas Besseres als die Abstraktion verstanden wird,
nämlich was etwas in seinem Begriffe ist;
dieser aber ist konkret in sich, als Begriff überhaupt begreiflich
und als bestimmt und Zusammenhang seiner Bestimmungen in sich erkennbar.


Das Ansichsein hat zunächst das Sein-für-Anderes
zu seinem gegenüberstehenden Momente;
aber es wird demselben auch das Gesetztsein gegenübergestellt;
in diesem Ausdruck liegt zwar auch das Sein-für-Anderes,
aber er enthält bestimmt die bereits geschehene Zurückbeugung dessen,
was nicht an sich ist, in das, was sein Ansichsein, worin es positiv ist.

Das Ansichsein ist gewöhnlich als eine abstrakte Weise,
den Begriff auszudrücken, zu nehmen;
Setzen fällt eigentlich erst in die Sphäre des Wesens, der objektiven Reflexion;
der Grund setzt das, was durch ihn begründet wird;
die Ursache noch mehr bringt eine Wirkung hervor,
ein Dasein, dessen Selbständigkeit unmittelbar negiert ist
und das den Sinn an ihm hat,
in einem Anderen seine Sache, sein Sein zu haben.

In der Sphäre des Seins geht das Dasein aus dem Werden nur hervor,
oder mit dem Etwas ist ein Anderes,
mit dem Endlichen das Unendliche gesetzt,
aber das Endliche bringt ((S130)) das Unendliche nicht hervor,
setzt dasselbe nicht.

In der Sphäre des Seins ist das Sichbestimmen des Begriffs
selbst nur erst an sich, - so heißt es ein Übergehen;
auch die reflektierenden Bestimmungen des Seins,
wie Etwas und Anderes oder das Endliche und Unendliche,
ob sie gleich wesentlich aufeinander hinweisen
oder als Sein-für-Anderes sind,
gelten als qualitative für sich bestehend;
das Andere ist, das Endliche gilt ebenso
als unmittelbar seiend und für sich feststehend wie das Unendliche;
ihr Sinn erscheint als vollendet auch ohne ihr Anderes.

Das Positive und Negative hingegen, Ursache und Wirkung,
sosehr sie auch als isoliert seiend genommen werden,
haben zugleich keinen Sinn ohne einander;
es ist an ihnen selbst ihr Scheinen ineinander,
das Scheinen seines Anderen in jedem, vorhanden.

- In den verschiedenen Kreisen der Bestimmung
und besonders im Fortgange der Exposition
oder näher im Fortgange des Begriffs zu seiner Exposition
ist es eine Hauptsache, dies immer wohl zu unterscheiden,
was noch an sich und was gesetzt ist,
wie die Bestimmungen als im Begriffe
und wie sie als gesetzt oder als seiend-für-Anderes sind.

Es ist dies ein Unterschied, der nur der dialektischen Entwicklung angehört,
den das metaphysische Philosophieren, worunter auch das kritische gehört,
nicht kennt;
die Definitionen der Metaphysik
wie ihre Voraussetzungen, Unterscheidungen und Folgerungen
wollen nur Seiendes und zwar Ansichseiendes behaupten und hervorbringen.


Das Sein-für-Anderes ist in der Einheit des Etwas mit sich,
identisch mit seinem Ansich;
das Sein-für-Anderes ist so am Etwas.

Die so in sich reflektierte Bestimmtheit ist damit wieder einfache seiende,
somit wieder eine Qualität, - die Bestimmung.




b. Bestimmung, Beschaffenheit und Grenze
[Bestimmtheit als solche]


Das Ansich,
in welches das Etwas aus seinem Sein-für-Anderes in sich reflektiert ist,
ist nicht mehr abstraktes Ansich, ((S131))
sondern als Negation seines Seins-für-Anderes durch dieses vermittelt,
welches so sein Moment ist.

Es ist nicht nur die unmittelbare Identität des Etwas mit sich,
sondern die, durch welche das Etwas das, was es an sich ist,
auch an ihm ist;
das Sein-für-Anderes ist an ihm,
weil das Ansich das Aufheben desselben ist, aus demselben in sich ist;
aber ebensosehr auch schon, weil es abstrakt,
also wesentlich mit Negation, mit Sein-für-Anderes behaftet ist.

Es ist hier nicht nur Qualität und Realität, seiende Bestimmtheit,
sondern an-sich-seiende Bestimmtheit vorhanden,
und die Entwicklung ist,
sie als diese in sich reflektierte Bestimmtheit zu setzen.




[Bestimmung]


1. Die Qualität, die das Ansich im einfachen Etwas
wesentlich in Einheit mit dessen anderem Momente, dem An-ihm-Sein ist,
kann seine Bestimmung genannt werden, insofern dieses Wort
in genauer Bedeutung von Bestimmtheit überhaupt unterschieden wird.

Die Bestimmung ist die affirmative Bestimmtheit
als das Ansichsein, dem das Etwas in seinem Dasein
gegen seine Verwicklung mit Anderem, wovon es bestimmt würde,
gemäß bleibt, sich in seiner Gleichheit mit sich erhält,
sie in seinem Sein-für-Anderes geltend macht.

Es erfüllt seine Bestimmung, insofern die weitere Bestimmtheit,
welche zunächst durch sein Verhalten zu Anderem mannigfaltig erwächst,
seinem Ansichsein gemäß, seine Fülle wird.

Die Bestimmung enthält dies, daß, was etwas an sich ist, auch an ihm sei.


Die Bestimmung des Menschen ist die denkende Vernunft:

Denken überhaupt ist seine einfache Bestimmtheit,
er ist durch dieselbe von dem Tiere unterschieden;
er ist Denken an sich, insofern dasselbe auch von seinem Sein-für-Anderes,
    seiner eigenen Natürlichkeit und Sinnlichkeit,
    wodurch er unmittelbar mit Anderem zusammenhängt,
unterschieden ist.

Aber das Denken ist auch an ihm;
der Mensch selbst ist Denken, er ist da als denkend,
es ist seine Existenz und Wirklichkeit;
und ferner, indem es in seinem Dasein und sein Dasein im Denken ist,
ist es konkret, ist mit Inhalt und Erfüllung zu nehmen,
es ist denkende Vernunft,
und so ist es ((S132)) Bestimmung des Menschen.

Aber selbst diese Bestimmung ist wieder nur an sich als ein Sollen,
d. i. sie mit der Erfüllung, die ihrem Ansich einverleibt ist,
in der Form des Ansich überhaupt
gegen das ihr nicht einverleibte Dasein, das zugleich noch als
äußerlich gegenüberstehende, unmittelbare Sinnlichkeit und Natur ist.




[Beschaffenheit]


2. Die Erfüllung des Ansichseins mit Bestimmtheit
ist auch unterschieden von der Bestimmtheit,
die nur Sein-für-Anderes ist und außer der Bestimmung bleibt.

Denn im Felde des Qualitativen
bleibt den Unterschieden in ihrem Aufgehobensein
auch das unmittelbare, qualitative Sein gegeneinander.


Das, was das Etwas an ihm hat,
teilt sich so und ist nach dieser Seite äußerliches Dasein des Etwas,
das auch sein Dasein ist, aber nicht seinem Ansichsein angehört.

- Die Bestimmtheit ist so Beschaffenheit.


So oder anders beschaffen ist Etwas
als in äußerem Einfluß und Verhältnissen begriffen.

Diese äußerliche Beziehung, von der die Beschaffenheit abhängt,
und das Bestimmtwerden durch ein Anderes
erscheint als etwas Zufälliges.

Aber es ist Qualität des Etwas, dieser Äußerlichkeit preisgegeben zu sein
und eine Beschaffenheit zu haben.


Insofern Etwas sich verändert, so fällt die Veränderung in die Beschaffenheit;
sie ist am Etwas das, was ein Anderes wird.

Es selbst erhält sich in der Veränderung,
welche nur diese unstete Oberfläche seines Andersseins,
nicht seine Bestimmung trifft.


Bestimmung und Beschaffenheit sind so voneinander unterschieden;
Etwas ist seiner Bestimmung nach gleichgültig gegen seine Beschaffenheit.

Das aber, was Etwas an ihm hat,
ist die sie beide verbindende Mitte dieses Schlusses.

Das Am-Etwas-Sein zeigte sich aber vielmehr,
in jene beiden Extreme zu zerfallen.

Die einfache Mitte ist die Bestimmtheit als solche;
ihrer Identität gehört sowohl Bestimmung als Beschaffenheit an.

Aber die Bestimmung geht für sich selbst in ((S133)) Beschaffenheit
und diese in jene über.


Dies liegt im Bisherigen; der Zusammenhang ist näher dieser:

Insofern das, was Etwas an sich ist, auch an ihm ist,
ist es mit Sein-für-Anderes behaftet;
die Bestimmung ist damit als solche offen dem Verhältnis zu Anderem.

Die Bestimmtheit ist zugleich Moment,
enthält aber zugleich den qualitativen Unterschied,
vom Ansichsein verschieden, das Negative des Etwas,
ein anderes Dasein zu sein.

Die so das Andere in sich fassende Bestimmtheit,
mit dem Ansichsein vereinigt,
bringt das Anderssein in das Ansichsein oder in die Bestimmung hinein,
welche dadurch zur Beschaffenheit herabgesetzt ist.

- Umgekehrt das Sein-für-Anderes
als Beschaffenheit isoliert und für sich gesetzt, ist es an ihm dasselbe,
was das Andere als solches, das Andere an ihm selbst, d. i. seiner selbst ist;
so ist es aber sich auf sich beziehendes Dasein,
so Ansichsein mit einer Bestimmtheit, also Bestimmung.

- Es hängt hiermit, insofern beide auch außereinanderzuhalten sind,
die Beschaffenheit,
    die in einem Äußerlichen, einem Anderen überhaupt gegründet erscheint,
auch von der Bestimmung ab,
und das fremde Bestimmen ist durch die eigene,
immanente des Etwas zugleich bestimmt.

Aber ferner gehört die Beschaffenheit zu dem, was das Etwas an sich ist:
mit seiner Beschaffenheit ändert sich Etwas.


Diese Änderung des Etwas ist nicht mehr
die erste Veränderung des Etwas bloß nach seinem Sein-für-Anderes;
jene erste war nur die an sich seiende, dem inneren Begriffe angehörige Veränderung;
die Veränderung ist nunmehr auch die am Etwas gesetzte.

- Das Etwas selbst ist weiter bestimmt
und die Negation als ihm immanent gesetzt, als sein entwickeltes Insichsein.


Zunächst ist das Übergehen der Bestimmung und Beschaffenheit ineinander
das Aufheben ihres Unterschiedes;
damit ist das Dasein oder Etwas überhaupt gesetzt,
und indem es aus jenem Unterschiede resultiert,
    der das qualitative Anderssein ebenso in sich befaßt,
sind Zwei Etwas,
    aber nicht nur Andere gegeneinander überhaupt,
    so daß diese Negation noch ((S134)) abstrakt wäre
    und nur in die Vergleichung fiele,
    sondern sie ist nunmehr als den Etwas immanent.

Sie sind als daseiend gleichgültig gegeneinander,
aber diese ihre Affirmation ist nicht mehr unmittelbare,
jedes bezieht sich auf sich selbst vermittels des Aufhebens des Andersseins,
welches in der Bestimmung in das Ansichsein reflektiert ist.


Etwas verhält sich so aus sich selbst zum Anderen,
weil das Anderssein als sein eigenes Moment in ihm gesetzt ist;
sein Insichsein befaßt die Negation in sich,
vermittels derer überhaupt es nun sein affirmatives Dasein hat.

Aber von diesem ist das Andere auch qualitativ unterschieden,
es ist hiermit außer dem Etwas gesetzt.

Die Negation seines Anderen ist nur die Qualität des Etwas,
denn als dieses Aufheben seines Anderen ist es Etwas.

Damit tritt erst eigentlich das Andere einem Dasein selbst gegenüber;
dem ersten Etwas ist das Andere nur äußerlich gegenüber,
oder aber, indem sie in der Tat schlechthin,
d. i. ihrem Begriffe nach zusammenhängen,
ist ihr Zusammenhang dieser,
daß das Dasein in Anderssein, Etwas in Anderes übergegangen,
Etwas sosehr als das Andere ein Anderes ist.

Insofern nun das Insichsein das Nichtsein des Andersseins [ist],
welches in ihm enthalten, aber zugleich als seiend unterschieden [ist],
ist das Etwas selbst die Negation, das Aufhören eines Anderen an ihm;
es ist als sich negativ dagegen verhaltend und sich damit erhaltend gesetzt;
- dies Andere, das Insichsein des Etwas als Negation der Negation
ist sein Ansichsein,
und zugleich ist dies Aufheben als einfache Negation an ihm,
nämlich als seine Negation des ihm äußerlichen anderen Etwas.

Es ist eine Bestimmtheit derselben, welche sowohl
mit dem Insichsein der Etwas identisch [ist], als Negation der Negation,
als auch, indem diese Negationen als andere Etwas gegeneinander sind,
sie aus ihnen selbst zusammenschließt
und ebenso voneinander, jedes das Andere negierend, abscheidet, - die Grenze.




[Grenze]


3. Sein-für-Anderes ist unbestimmte, affirmative Gemeinschaft
von Etwas mit seinem Anderen;
in der Grenze hebt ((S135)) sich das Nichtsein-für-Anderes hervor,
die qualitative Negation des Anderen,
welches dadurch von dem in sich reflektierten Etwas abgehalten wird.

Die Entwicklung dieses Begriffs ist zu sehen,
welche sich aber vielmehr als Verwicklung und Widerspruch zeigt.

Dieser ist sogleich darin vorhanden,
daß die Grenze als in sich reflektierte Negation des Etwas
die Momente des Etwas und des Anderen in ihr ideell enthält,
und diese als unterschiedene Momente zugleich
in der Sphäre des Daseins als reell, qualitativ unterschieden gesetzt sind.




[Grenze als Nichtsein des Anderen]


a) Etwas also ist unmittelbares sich auf sich beziehendes Dasein
und hat eine Grenze zunächst als gegen Anderes:
sie ist das Nichtsein des Anderen, nicht des Etwas selbst;
es begrenzt in ihr sein Anderes.

- Aber das Andere ist selbst ein Etwas überhaupt -;
die Grenze also, welche das Etwas gegen das Andere hat,
ist auch Grenze des Anderen als Etwas, Grenze desselben,
wodurch es das erste Etwas als sein Anderes von sich abhält,
oder ist ein Nichtsein jenes Etwas;
so ist sie nicht nur Nichtsein des Anderen,
sondern des einen wie des anderen Etwas,
somit des Etwas überhaupt.


Aber sie ist wesentlich ebenso das Nichtsein des Anderen,
so ist Etwas zugleich durch seine Grenze.

Indem Etwas begrenzend ist,
wird es zwar dazu herabgesetzt, selbst begrenzt zu sein;
aber seine Grenze ist, als Aufhören des Anderen an ihm,
zugleich selbst nur das Sein des Etwas;
dieses ist durch sie das, was es ist, hat in ihr seine Qualität.

- Dies Verhältnis ist die äußere Erscheinung dessen,
daß die Grenze einfache Negation oder die erste Negation,
das Andere aber zugleich die Negation der Negation,
das Insichsein des Etwas ist.


Etwas ist also als unmittelbares Dasein die Grenze gegen anderes Etwas,
aber es hat sie an ihm selbst
und ist Etwas durch die Vermittlung derselben,
die ebensosehr sein Nichtsein ist.

Sie ist die Vermittlung,
wodurch Etwas und Anderes sowohl ist als nicht ist. ((S136))




[Grenze als Mitte]


ß) Insofern nun Etwas in seiner Grenze ist und nicht ist
und diese Momente ein unmittelbarer, qualitativer Unterschied sind,
so fällt das Nichtdasein und das Dasein des Etwas außereinander.

Etwas hat sein Dasein außer (oder, wie man es sich auch vorstellt, innerhalb)
seiner Grenze;
ebenso ist auch das Andere, weil es Etwas ist, außerhalb derselben.

Sie ist die Mitte zwischen beiden, in der sie aufhören.

Sie haben das Dasein jenseits voneinander und von ihrer Grenze;
die Grenze als das Nichtsein eines jeden ist das Andere von beiden.


Nach dieser Verschiedenheit des Etwas von seiner Grenze
erscheint die Linie als Linie nur außerhalb ihrer Grenze, des Punktes;
die Fläche als Fläche außerhalb der Linie;
der Körper als Körper nur außerhalb seiner begrenzenden Fläche.

- Dies ist die Seite, von welcher die Grenze zunächst in die Vorstellung
- das Außersichsein des Begriffes - fällt,
als vornehmlich auch in den räumlichen Gegenständen genommen wird.




[Grenze als Prinzip]


y) Ferner aber ist das Etwas, wie es außer der Grenze ist,
das unbegrenzte Etwas, nur das Dasein überhaupt.

So ist es nicht von seinem Anderen unterschieden;
es ist nur Dasein, hat also mit seinem Anderen dieselbe Bestimmung,
jedes ist nur Etwas überhaupt, oder jedes ist Anderes;
beide sind so dasselbe.

Aber dies ihr zunächst unmittelbares Dasein
ist nun gesetzt mit der Bestimmtheit als Grenze,
in welcher beide sind, was sie sind, unterschieden voneinander.

Sie ist aber ebenso ihre gemeinschaftliche Unterschiedenheit,
die Einheit und Unterschiedenheit derselben, wie das Dasein.

Diese doppelte Identität beider, das Dasein und die Grenze, enthält dies,
daß das Etwas sein Dasein nur in der Grenze hat
und daß,
    indem die Grenze und das unmittelbare Dasein
    beide zugleich das Negative voneinander sind,
das Etwas, welches nur in seiner Grenze ist,
ebensosehr sich von sich selbst trennt
und über sich hinaus auf sein Nichtsein weist
und dies ((S137)) als sein Sein ausspricht
und so in dasselbe übergeht.

Um dies auf das vorige Beispiel anzuwenden,
so ist die eine Bestimmung,
daß Etwas das, was es ist, nur in seiner Grenze ist.

- So ist also der Punkt nicht nur so Grenze der Linie,
daß diese in ihm nur aufhört und sie als Dasein außer ihm ist,
- die Linie nicht nur so Grenze der Fläche, daß diese in der Linie nur aufhört,
ebenso die Fläche als Grenze des Körpers.

Sondern im Punkte fängt die Linie auch an;
er ist ihr absoluter Anfang;
auch insofern sie als nach ihren beiden Seiten unbegrenzt
oder, wie man es ausdrückt, als ins Unendliche verlängert vorgestellt wird,
macht der Punkt ihr Element aus,
wie die Linie das Element der Fläche,
die Fläche das des Körpers.

Diese Grenzen sind Prinzip dessen, das sie begrenzen;
wie das Eins, z. B. als Hundertstes, Grenze ist,
aber auch Element des ganzen Hundert.


Die andere Bestimmung ist
die Unruhe des Etwas in seiner Grenze, in der es immanent ist,
der Widerspruch zu sein, der es über sich selbst hinausschickt.

So ist der Punkt diese Dialektik seiner selbst, zur Linie zu werden,
die Linie die Dialektik, zur Fläche,
die Fläche die, zum totalen Raume zu werden.

Von Linie, Fläche und ganzem Raum wird eine zweite Definition so gegeben,
daß durch die Bewegung des Punktes die Linie,
durch die Bewegung der Linie die Fläche entsteht usf.

Diese Bewegung des Punktes, der Linie usf.
wird aber als etwas Zufälliges oder nur so Vorgestelltes angesehen.

Dies ist jedoch eigentlich darin zurückgenommen,
daß die Bestimmungen, aus denen Linie usf. entstehen sollen,
ihre Elemente und Prinzipien seien,
und diese sind nichts anderes als zugleich ihre Grenzen;
das Entstehen wird so nicht für zufällig oder nur so vorgestellt betrachtet.

Daß Punkt, Linie, Fläche, für sich, sich widersprechend,
Anfänge sind, welche selbst sich von sich abstoßen,
und der Punkt somit aus sich durch seinen Begriff in die Linie übergeht,
sich an sich bewegt und sie entstehen macht usf.,
- liegt in dem Begriffe der dem Etwas immanenten Grenze.

Die Anwendung jedoch selbst gehört in die Betrachtung des Raums;
um ((S138)) sie hier anzudeuten,
so ist der Punkt die ganz abstrakte Grenze, aber in einem Dasein;
dieses ist noch ganz unbestimmt genommen,
es ist der sogenannte absolute, d. h. abstrakte Raum,
das schlechthin kontinuierliche Außereinandersein.

Damit, daß die Grenze nicht abstrakte Negation, sondern in diesem Dasein,
daß sie räumliche Bestimmtheit ist, ist der Punkt räumlich,
der Widerspruch der abstrakten Negation und der Kontinuität
und damit das Übergehen und Übergegangensein in Linie usf.,
wie es denn keinen Punkt gibt, wie auch nicht eine Linie und Fläche.


Etwas mit seiner immanenten Grenze gesetzt
als der Widerspruch seiner selbst,
durch den es über sich hinausgewiesen und getrieben wird, ist das Endliche.




c. Die Endlichkeit [Das Endliche]


Das Dasein ist bestimmt;
Etwas hat eine Qualität und ist in ihr nicht nur bestimmt, sondern begrenzt;
seine Qualität ist seine Grenze,
mit welcher behaftet es zunächst affirmatives, ruhiges Dasein bleibt.

Aber diese Negation entwickelt, so daß der Gegensatz
seines Daseins und der Negation als ihm immanenter Grenze
selbst das Insichsein des Etwas
und dieses somit nur Werden an ihm selbst sei,
macht seine Endlichkeit aus.


Wenn wir von den Dingen sagen, sie sind endlich,
so wird darunter verstanden, daß sie nicht nur eine Bestimmtheit haben,
    die Qualität nicht nur als Realität und ansichseiende Bestimmung,
daß sie nicht bloß begrenzt sind -,
    sie haben so noch Dasein außer ihrer Grenze -,
sondern daß vielmehr das Nichtsein ihre Natur, ihr Sein ausmacht.

Die endlichen Dinge sind,
aber ihre Beziehung auf sich selbst ist,
daß sie als negativ sich auf sich selbst beziehen,
eben in dieser Beziehung auf sich selbst
sich über sich, über ihr Sein, hinauszuschicken.

Sie sind, aber die Wahrheit dieses Seins ist ihr Ende.

Das Endliche verändert sich nicht nur, wie Etwas überhaupt,
sondern es vergeht,
und es ist nicht bloß möglich, ((S139)) daß es vergeht,
so daß es sein könnte, ohne zu vergehen.

Sondern das Sein der endlichen Dinge als solches ist,
den Keim des Vergehens als ihr Insichsein zu haben;
die Stunde ihrer Geburt ist die Stunde ihres Todes.




a. Die Unmittelbarkeit der Endlichkeit



Der Gedanke an die Endlichkeit der Dinge führt diese Trauer mit sich,
weil sie die auf die Spitze getriebene qualitative Negation ist,
in der Einfachheit solcher Bestimmung
ihnen nicht mehr ein affirmatives Sein
unterschieden von ihrer Bestimmung zum Untergange
gelassen ist.

Die Endlichkeit ist um dieser qualitativen Einfachheit der Negation,
    die zum abstrakten Gegensatze des Nichts und Vergehens
    gegen das Sein zurückgegangen ist,
die hartnäckigste Kategorie des Verstandes;
die Negation überhaupt, Beschaffenheit, Grenze
vertragen sich mit ihrem Anderen, dem Dasein;
auch das abstrakte Nichts wird für sich als Abstraktion aufgegeben;
aber Endlichkeit ist die als an sich fixierte Negation
und steht daher seinem Affirmativen schroff gegenüber.

Das Endliche läßt sich so in Fluss wohl bringen,
es ist selbst dies, zu seinem Ende bestimmt zu sein,
aber nur zu seinem Ende;
- es ist vielmehr das Verweigern,
sich zu seinem Affirmativen, dem Unendlichen
hin affirmativ bringen, mit ihm sich verbinden zu lassen;
es ist also untrennbar von seinem Nichts gesetzt
und alle Versöhnung mit seinem Anderen, dem Affirmativen,
dadurch abgeschnitten.

Die Bestimmung der endlichen Dinge ist nicht eine weitere als ihr Ende.

Der Verstand verharrt in dieser Trauer der Endlichkeit,
indem er das Nichtsein zur Bestimmung der Dinge,
es zugleich unvergänglich und absolut macht.

Ihre Vergänglichkeit könnte nur in ihrem Anderen, dem Affirmativen, vergehen;
so trennte sich ihre Endlichkeit von ihnen ab;
aber sie ist ihre unveränderliche, d. i. nicht in ihr Anderes,
d. i. nicht in ihr Affirmatives übergehende Qualität;
so ist sie ewig.


Dies ist eine sehr wichtige Betrachtung;
daß aber das Endliche absolut sei,
solchen Standpunkt wird sich freilich
irgendeine ((S140)) Philosophie oder Ansicht oder der Verstand
nicht aufbürden lassen wollen;
vielmehr ist das Gegenteil
ausdrücklich in der Behauptung des Endlichen vorhanden;
das Endliche ist das Beschränkte, Vergängliche;
das Endliche ist nur das Endliche, nicht das Unvergängliche;
dies liegt unmittelbar in seiner Bestimmung und Ausdruck.

Aber es kommt darauf an, ob in der Ansicht
beim Sein der Endlichkeit beharrt wird, die Vergänglichkeit bestehen bleibt,
oder ob die Vergänglichkeit und das Vergehen vergeht.

Daß dies aber nicht geschieht,
ist das Faktum eben in derjenigen Ansicht des Endlichen,
welche das Vergehen zum Letzten des Endlichen macht.

Es ist die ausdrückliche Behauptung,
daß das Endliche mit dem Unendlichen unverträglich und unvereinbar sei,
das Endliche dem Unendlichen schlechthin entgegengesetzt sei.

Dem Unendlichen ist Sein, absolutes Sein zugeschrieben;
ihm gegenüber bleibt so das Endliche festgehalten als das Negative desselben;
unvereinbar mit dem Unendlichen bleibt es absolut auf seiner eigenen Seite;
Affirmation erhielte es vom Affirmativen, dem Unendlichen,
und verginge so;
aber eine Vereinigung mit demselben ist das,
was für das Unmögliche erklärt wird.

Soll es nicht beharren dem Unendlichen gegenüber, sondern vergehen,
so ist, wie vorhin gesagt, eben sein Vergehen das Letzte,
nicht das Affirmative, welches nur das Vergehen des Vergehens sein würde.

Sollte aber das Endliche nicht im Affirmativen vergehen,
sondern sein Ende als das Nichts gefaßt werden,
so wären wir wieder bei jenem ersten, abstrakten Nichts,
das selbst längst vergangen ist.


Bei diesem Nichts jedoch, welches nur Nichts sein soll und dem zugleich
eine Existenz im Denken, Vorstellen oder Sprechen zugegeben wird,
kommt derselbe Widerspruch vor,
als soeben bei dem Endlichen angegeben worden,
nur daß er dort nur vorkommt, aber in der Endlichkeit ausdrücklich ist.

Dort erscheint er als subjektiv, hier wird behauptet,
das Endliche stehe perennierend dem Unendlichen entgegen,
das an sich Nichtige sei, und es sei als an sich Nichtiges.

Dies ist ((S141)) zum Bewußtsein zu bringen;
und die Entwicklung des Endlichen zeigt,
daß es an ihm als dieser Widerspruch in sich zusammenfällt,
aber ihn dahin wirklich auflöst,
nicht daß es nur vergänglich ist und vergeht,
sondern daß das Vergehen, das Nichts, nicht das Letzte ist, sondern vergeht.




ß. Die Schranke und das Sollen



Dieser Widerspruch ist zwar abstrakt sogleich darin vorhanden,
daß das Etwas endlich ist oder daß das Endliche ist.

Aber Etwas oder das Sein ist nicht mehr abstrakt gesetzt,
sondern in sich reflektiert und entwickelt als Insichsein,
das eine Bestimmung und Beschaffenheit an ihm hat,
und noch bestimmter, daß es eine Grenze an ihm hat, welche,
    als das dem Etwas Immanente und die Qualität seines Insichseins ausmachend,
die Endlichkeit ist.

In diesem Begriffe des endlichen Etwas ist zu sehen,
was für Momente enthalten sind.


Bestimmung und Beschaffenheit
ergaben sich als Seiten für die äußerliche Reflexion;
jene enthielt aber schon das Anderssein als dem Ansich des Etwas angehörig;
die Äußerlichkeit des Andersseins
ist einerseits in der eigenen Innerlichkeit des Etwas,
andererseits bleibt sie als Äußerlichkeit unterschieden davon,
sie ist noch Äußerlichkeit als solche, aber an dem Etwas.

Indem aber ferner das Anderssein als Grenze,
selbst als Negation der Negation, bestimmt ist,
so ist das dem Etwas immanente Anderssein
als die Beziehung der beiden Seiten gesetzt,
und die Einheit des Etwas mit sich,
    dem sowohl die Bestimmung als die Beschaffenheit angehört,
[ist] seine gegen sich selbst gekehrte Beziehung,
die seine immanente Grenze in ihm negierende Beziehung
seiner an sich seienden Bestimmung darauf.

Das mit sich identische Insichsein
bezieht sich so auf sich selbst als sein eigenes Nichtsein,
aber als Negation der Negation, als dasselbe negierend,
das zugleich Dasein in ihm behält, denn es ist die Qualität seines Insichseins.

Die eigene Grenze des Etwas,
so von ihm als ein Negatives, das zugleich wesentlich ist, gesetzt, ((S142))
ist nicht nur Grenze als solche, sondern Schranke.

Aber die Schranke ist nicht allein das als negiert Gesetzte;
die Negation ist zweischneidig,
indem das von ihr als negiert Gesetzte die Grenze ist;
diese nämlich ist überhaupt das Gemeinschaftliche des Etwas und des Anderen,
auch Bestimmtheit des Ansichseins der Bestimmung als solcher.

Dieses Ansichsein hiermit ist als die negative Beziehung
auf seine von ihm auch unterschiedene Grenze, auf sich als Schranke,
Sollen.


Daß die Grenze, die am Etwas überhaupt ist, Schranke sei,
muss es zugleich in sich selbst über sie hinaus gehen,
sich an ihm selbst auf sie als auf ein Nichtseiendes beziehen.

Das Dasein des Etwas liegt ruhig gleichgültig gleichsam neben seiner Grenze.

Etwas geht aber über seine Grenze nur hinaus,
insofern es deren Aufgehobensein, das gegen sie negative Ansichsein ist.

Und indem sie in der Bestimmung selbst als Schranke ist,
geht Etwas damit über sich selbst hinaus.


Das Sollen enthält also die verdoppelte Bestimmung,
einmal sie als an sich seiende Bestimmung gegen die Negation,
das andere Mal aber dieselbe als ein Nichtsein,
das als Schranke von ihr unterschieden,
aber zugleich selbst ansichseiende Bestimmung ist.


Das Endliche hat sich so
als die Beziehung seiner Bestimmung auf seine Grenze bestimmt;
jene ist in dieser Beziehung Sollen, diese ist Schranke.

Beide sind so Momente des Endlichen, somit beide selbst endlich,
sowohl das Sollen als die Schranke.

Aber nur die Schranke ist als das Endliche gesetzt;
das Sollen ist nur an sich, somit für uns, beschränkt.

Durch seine Beziehung auf die ihm selbst schon immanente Grenze
ist es beschränkt,
aber diese seine Beschränkung ist in das Ansichsein eingehüllt,
denn nach seinem Dasein, d. i. nach seiner Bestimmtheit gegen die Schranke
ist es als das Ansichsein gesetzt.


Was sein soll, ist und ist zugleich nicht.

Wenn es wäre, so sollte es nicht bloß sein.

Also das Sollen hat wesentlich eine Schranke.

Diese Schranke ist nicht ein Fremdes;
das, was nur ((S143)) sein soll, ist die Bestimmung,
die nun gesetzt ist, wie sie in der Tat ist,
nämlich zugleich nur eine Bestimmtheit.


Das Ansichsein des Etwas in seiner Bestimmung
setzt sich also zum Sollen herab dadurch,
daß dasselbe, was sein Ansichsein ausmacht,
in einer und derselben Rücksicht als Nichtsein ist;
und zwar so, daß im Insichsein, der Negation der Negation,
jenes Ansichsein als die eine Negation (das Negierende)
Einheit mit der anderen ist,
die zugleich als qualitativ andere Grenze ist,
wodurch jene Einheit als Beziehung auf sie ist.

Die Schranke des Endlichen ist nicht ein Äußeres,
sondern seine eigene Bestimmung ist auch seine Schranke;
und diese ist sowohl sie selbst als auch Sollen;
sie ist das Gemeinschaftliche beider
oder vielmehr das, worin beide identisch sind.


Als Sollen geht nun aber ferner das Endliche über seine Schranke hinaus;
dieselbe Bestimmtheit, welche seine Negation ist,
ist auch aufgehoben und ist so sein Ansichsein;
seine Grenze ist auch nicht seine Grenze.


Als Sollen ist somit Etwas über seine Schranke erhaben,
umgekehrt aber hat es nur als Sollen seine Schranke.

Beides ist untrennbar.

Etwas hat insofern eine Schranke,
als es in seiner Bestimmung die Negation hat,
und die Bestimmung ist auch das Aufgehobensein der Schranke.



Anmerkung: Das Sollen



Das Sollen hat neuerlich eine große Rolle in der Philosophie,
vornehmlich in Beziehung auf Moralität,
und metaphysisch überhaupt auch
als der letzte und absolute Begriff von der Identität des Ansichseins
oder der Beziehung auf sich selbst
und der Bestimmtheit oder der Grenze gespielt.


Du kannst, weil du sollst - dieser Ausdruck, der viel sagen sollte,
liegt im Begriffe des Sollens.

Denn das Sollen ist das Hinaussein über die Schranke;
die Grenze ist in demselben aufgehoben,
das Ansichsein des Sollens ist so identische Beziehung auf sich,
somit die Abstraktion des Könnens.

- Aber umgekehrt ist es ebenso richtig:
Du kannst nicht, eben weil ((S144)) du sollst.

Denn im Sollen liegt ebensosehr die Schranke als Schranke;
jener Formalismus der Möglichkeit hat an ihr eine Realität,
ein qualitatives Anderssein sich gegenüber,
und die Beziehung beider aufeinander ist der Widerspruch,
somit das Nicht-Können oder vielmehr die Unmöglichkeit.


Im Sollen beginnt das Hinausgehen über die Endlichkeit, die Unendlichkeit.

Das Sollen ist dasjenige,
was sich in weiterer Entwicklung nach jener Unmöglichkeit
als der Progreß ins Unendliche darstellt.


In Ansehung der Form der Schranke und des Sollens
können zwei Vorurteile näher gerügt werden.

Es pflegt zuerst viel auf die Schranken des Denkens,
der Vernunft usf. gehalten zu werden, und es wird behauptet,
es könne über die Schranke nicht hinausgegangen werden.

In dieser Behauptung liegt die Bewußtlosigkeit,
daß darin selbst, daß etwas als Schranke bestimmt ist,
darüber bereits hinausgegangen ist.

Denn eine Bestimmtheit, Grenze ist als Schranke nur bestimmt
im Gegensatz gegen sein Anderes überhaupt als gegen sein Unbeschränktes;
das Andere einer Schranke ist eben das Hinaus über dieselbe.

Der Stein, das Metall ist nicht über seine Schranke hinaus,
darum weil sie für ihn nicht Schranke ist.

Wenn jedoch bei solchen allgemeinen Sätzen des verständigen Denkens,
daß über die Schranke nicht hinausgegangen werden könne,
das Denken sich nicht anwenden will,
um zu sehen, was im Begriffe liegt,
so kann an die Wirklichkeit verwiesen werden,
wo denn solche Sätze sich als das Unwirklichste zeigen.

Dadurch eben, daß das Denken etwas Höheres als die Wirklichkeit sein,
von ihr sich entfernt in höheren Regionen halten soll,
dasselbe also selbst als ein Sollen bestimmt ist,
geht es einerseits nicht zum Begriffe fort
und geschieht ihm andererseits, daß es sich ebenso unwahr
gegen die Wirklichkeit als gegen den Begriff verhält.

- Weil der Stein nicht denkt, nicht einmal empfindet,
ist seine Beschränktheit für ihn keine Schranke,
d. h. in ihm nicht eine Negation für die Empfindung, Vorstellung, Denken usf.,
die er nicht hat.

Aber auch selbst der Stein ist ((S145)) als Etwas
in seine Bestimmung oder sein Ansichsein und sein Dasein unterschieden,
und insofern geht auch er über seine Schranke hinaus;
der Begriff, der er an sich ist, enthält die Identität mit seinem Anderen.

Ist er eine säurungsfähige Basis, so ist er oxydierbar, neutralisierbar usf.

In der Oxydation, Neutralisation usf. hebt sich seine Schranke,
nur als Basis da zu sein, auf;
er geht darüber hinaus,
so wie die Säure ihre Schranke, als Säure zu sein, aufhebt,
und es ist in ihr wie in der kaustischen Basis so sehr das Sollen,
über ihre Schranke hinauszugehen, vorhanden,
daß sie nur mit Gewalt
als - wasserlose, d. i. rein nicht neutrale - Säure und kaustische Basis
festgehalten werden können.


Enthält aber eine Existenz den Begriff nicht bloß als abstraktes Ansichsein,
sondern als für sich seiende Totalität,
als Trieb, als Leben, Empfindung, Vorstellen usf.,
so vollbringt sie selbst aus ihr dies,
über die Schranke hinaus zu sein und hinauszugehen.

Die Pflanze geht über die Schranke, als Keim zu sein,
ebenso über die, als Blüte, als Frucht, als Blatt zu sein, hinaus;
der Keim wird entfaltete Pflanze, die Blüte verblüht usf.

Das Empfindende in der Schranke des Hungers, Durstes usf.
ist der Trieb, über diese Schranke hinauszugehen,
und vollführt dies Hinausgehen.

Es empfindet Schmerz,
und das Vorrecht empfindender Natur ist, Schmerz zu empfinden;
es ist eine Negation in seinem Selbst,
und sie ist als eine Schranke in seinem Gefühle bestimmt,
eben weil das Empfindende das Gefühl seiner Selbst hat,
welches die Totalität ist, die über jene Bestimmtheit hinaus ist.

Wäre es nicht darüber hinaus, so empfände es dieselbe nicht als seine Negation
und hätte keinen Schmerz.

- Die Vernunft aber, das Denken,
sollte nicht über die Schranke hinausgehen können,
- sie, die das Allgemeine [ist],
das für sich über die, d. i. über alle Besonderheit hinaus ist,
nur das Hinausgehen über die Schranke ist.

- Freilich ist nicht jedes Hinausgehen und Hinaussein über die Schranke
eine wahrhafte Befreiung von ((S146)) derselben, wahrhafte Affirmation;
schon das Sollen selbst ist ein solches unvollkommenes Hinausgehen
und die Abstraktion überhaupt.

Aber das Hinweisen auf das ganz abstrakte Allgemeine reicht aus
gegen die ebenso abstrakte Versicherung,
es könne nicht über die Schranke hinausgegangen werden,
oder schon das Hinweisen auf das Unendliche überhaupt
gegen die Versicherung,
daß nicht über das Endliche hinausgegangen werden könne.


Es kann hierbei ein sinnreich scheinender Einfall Leibnizens erwähnt werden:
wenn ein Magnet Bewußtsein hätte, so würde derselbe
seine Richtung nach Norden für eine Bestimmung seines Willens,
ein Gesetz seiner Freiheit ansehen.

Vielmehr, wenn er Bewußtsein, damit Willen und Freiheit hätte,
wäre er denkend;
somit würde der Raum für ihn als allgemeiner,
alle Richtung enthaltender und damit die eine Richtung nach Norden
vielmehr als eine Schranke für seine Freiheit sein,
sosehr als es für den Menschen eine Schranke,
auf einer Stelle festgehalten zu werden,
für die Pflanze aber nicht ist.


Das Sollen andererseits ist das Hinausgehen über die Schranke,
aber ein selbst nur endliches Hinausgehen.

Es hat daher seine Stelle und sein Gelten im Felde der Endlichkeit,
wo es das Ansichsein gegen das Beschränkte festhält
und es als die Regel und das Wesentliche gegen das Nichtige behauptet.

Die Pflicht ist ein Sollen gegen den besonderen Willen,
gegen die selbstsüchtige Begierde und das willkürliche Interesse gekehrt;
dem Willen, insofern er in seiner Beweglichkeit
sich vom Wahrhaften isolieren kann,
wird dieses als ein Sollen vorgehalten.

Diejenigen, welche das Sollen der Moral so hoch halten
und darin, daß das Sollen nicht als Letztes und Wahrhaftes anerkannt wird,
meinen, daß die Moralität zerstört werden solle,
sowie die Räsoneurs,
deren Verstand sich die unaufhörliche Befriedigung gibt,
gegen alles, was da ist, ein Sollen
und somit ein Besserwissen vorbringen zu können,
die sich das Sollen darum ebensowenig wollen rauben lassen,
sehen nicht, daß für die Endlichkeit ((S147)) ihrer Kreise
das Sollen vollkommen anerkannt wird.

- Aber in der Wirklichkeit selbst steht es nicht so traurig
um Vernünftigkeit und Gesetz, daß sie nur sein sollten
- dabei bleibt nur das Abstraktum des Ansichseins [stehen] -,
sowenig, als daß das Sollen an ihm selbst perennierend
und, was dasselbe ist, die Endlichkeit absolut wäre.

Die Kantische und Fichtesche Philosophie
gibt als den höchsten Punkt der Auflösung der Widersprüche der Vernunft
das Sollen an, was aber vielmehr nur der Standpunkt des Beharrens
in der Endlichkeit und damit im Widerspruche ist.




y. Übergang des Endlichen in das Unendliche



Das Sollen für sich enthält die Schranke und die Schranke das Sollen.

Ihre Beziehung aufeinander ist das Endliche selbst,
das sie beide in seinem Insichsein enthält.

Diese Momente seiner Bestimmung sind sich qualitativ entgegengesetzt;
die Schranke ist bestimmt als das Negative des Sollens
und das Sollen ebenso als das Negative der Schranke.

Das Endliche ist so der Widerspruch seiner in sich;
es hebt sich auf, vergeht.

Aber dies sein Resultat, das Negative überhaupt, ist
1. seine Bestimmung selbst;
denn es ist das Negative des Negativen.

So ist das Endliche in dem Vergehen nicht vergangen;
es ist zunächst nur ein anderes Endliches geworden,
welches aber ebenso das Vergehen
als Übergehen in ein anderes Endliches ist, und so fort etwa ins Unendliche.

Aber 2. näher dies Resultat betrachtet,
so hat das Endliche in seinem Vergehen, dieser Negation seiner selbst,
sein Ansichsein erreicht, es ist darin mit sich selbst zusammengegangen.

Jedes seiner Momente enthält eben dies Resultat;
das Sollen geht über die Schranke, d. i. über sich selbst hinaus;
über es hinaus aber oder sein Anderes ist nur die Schranke selbst.

Die Schranke aber weist über sich selbst unmittelbar hinaus
zu seinem Anderen, welches das Sollen ist;
dieses aber ist dieselbe Entzweiung
des Ansichseins und des Daseins wie die Schranke, ist dasselbe;
über sich hinaus geht sie daher ebenso nur mit sich zusammen.

Diese Identität ((S148)) mit sich, die Negation der Negation,
ist affirmatives Sein,
so das Andere des Endlichen,
als welches die erste Negation zu seiner Bestimmtheit haben soll;
- jenes Andere ist das Unendliche.




C. DIE UNENDLICHKEIT



Das Unendliche in seinem einfachen Begriff
kann zunächst als eine neue Definition des Absoluten angesehen werden;
es ist als die bestimmungslose Beziehung-auf-sich gesetzt
als Sein und Werden.

Die Formen des Daseins fallen aus in der Reihe der Bestimmungen,
die für Definitionen des Absoluten angesehen werden können,
da die Formen jener Sphäre für sich
unmittelbar nur als Bestimmtheiten, als endliche überhaupt, gesetzt sind.

Das Unendliche aber gilt schlechthin für absolut,
da es ausdrücklich als Negation des Endlichen bestimmt ist,
hiermit auf die Beschränktheit, derer das Sein und Werden,
wenn sie auch an ihnen keine Beschränktheit haben oder zeigen,
doch etwa fähig sein könnten,
im Unendlichen ausdrücklich Beziehung genommen
und eine solche an ihm negiert ist.


Damit aber selbst ist das Unendliche nicht schon in der Tat
der Beschränktheit und Endlichkeit entnommen;
die Hauptsache ist, den wahrhaften Begriff der Unendlichkeit
von der schlechten Unendlichkeit,
das Unendliche der Vernunft von dem Unendlichen des Verstandes
zu unterscheiden;
doch letzteres ist das verendlichte Unendliche,
und es wird sich ergeben, daß,
eben indem das Unendliche vom Endlichen
rein und entfernt gehalten werden soll,
es nur verendlicht wird.


Das Unendliche ist
a) in einfacher Bestimmung das Affirmative als Negation des Endlichen;
b) es ist aber damit in Wechselbestimmung mit dem Endlichen
und ist das abstrakte, einseitige Unendliche;
c) das Sichaufheben dieses Unendlichen wie des Endlichen als ein Prozeß
- ist das wahrhafte Unendliche. ((S149))




a. Das Unendliche überhaupt



Das Unendliche ist die Negation der Negation, das Affirmative,
das Sein, das sich aus der Beschränktheit wieder hergestellt hat.

Das Unendliche ist,
und in intensiverem Sinn als das erste unmittelbare Sein;
es ist das wahrhafte Sein, die Erhebung aus der Schranke.

Bei dem Namen des Unendlichen
geht dem Gemüt und dem Geiste sein Licht auf,
denn er ist darin nicht nur abstrakt bei sich,
sondern erhebt sich zu sich selbst,
zum Lichte seines Denkens, seiner Allgemeinheit, seiner Freiheit.


Zuerst hat sich für den Begriff des Unendlichen ergeben,
daß das Dasein in seinem Ansichsein sich als Endliches bestimmt
und über die Schranke hinausgeht.

Es ist die Natur des Endlichen selbst, über sich hinauszugehen,
seine Negation zu negieren und unendlich zu werden.

Das Unendliche steht somit nicht als ein für sich Fertiges über dem Endlichen,
so daß das Endliche außer oder unter jenem sein Bleiben hätte und behielte.

Noch gehen wir nur als eine subjektive Vernunft
über das Endliche ins Unendliche hinaus.

Wie wenn man sagt, daß das Unendliche der Vernunftbegriff sei
und wir uns durch die Vernunft über das Zeitliche erheben,
so läßt man dies ganz unbeschadet des Endlichen geschehen,
welches jene ihm äußerlich bleibende Erhebung nichts angeht.

Insofern aber das Endliche selbst in die Unendlichkeit erhoben wird,
ist es ebensowenig eine fremde Gewalt, welche ihm dies antut,
sondern es ist dies seine Natur, sich auf sich als Schranke,
    sowohl als Schranke als solche wie als Sollen,
zu beziehen und über dieselbe hinauszugehen
oder vielmehr als Beziehung-auf-sich sie negiert zu haben
und über sie hinaus zu sein.

Nicht im Aufheben der Endlichkeit überhaupt wird die Unendlichkeit überhaupt,
sondern das Endliche ist nur dies, selbst durch seine Natur dazu zu werden.

Die Unendlichkeit ist seine affirmative Bestimmung,
das, was es wahrhaft an sich ist.


So ist das Endliche im Unendlichen verschwunden,
und was ist, ist nur das Unendliche. ((S150))




b. Wechselbestimmung des Endlichen und Unendlichen [schlechte Unendlichkeit]


Das Unendliche ist;
in dieser Unmittelbarkeit ist es zugleich
die Negation eines Anderen, des Endlichen.

So als seiend und zugleich als Nichtsein eines Anderen
ist es in die Kategorie des Etwas als eines bestimmten überhaupt, näher
- weil es das in sich reflektierte,
vermittels des Aufhebens der Bestimmtheit überhaupt
resultierende Dasein, hiermit
als das von seiner Bestimmtheit unterschiedene Dasein gesetzt ist -
in die Kategorie des Etwas mit einer Grenze zurückgefallen.

Das Endliche steht nach dieser Bestimmtheit
dem Unendlichen als reales Dasein gegenüber;
so stehen sie in qualitativer Beziehung als außereinander bleibende;
das unmittelbare Sein des Unendlichen
erweckt das Sein seiner Negation, des Endlichen wieder,
das zunächst im Unendlichen verschwunden schien.

Aber das Unendliche und Endliche sind nicht nur
in diesen Kategorien der Beziehung;
die beiden Seiten sind weiter bestimmt,
als bloß Andere gegeneinander zu sein.

Die Endlichkeit ist nämlich die als Schranke gesetzte Schranke,
es ist das Dasein mit der Bestimmung gesetzt,
in sein Ansichsein überzugehen, unendlich zu werden.

Die Unendlichkeit ist das Nichts des Endlichen,
dessen Ansichsein und Sollen, aber dieses zugleich als in sich reflektiert,
das ausgeführte Sollen,
nur sich auf sich beziehendes, ganz affirmatives Sein.

In der Unendlichkeit ist die Befriedigung vorhanden,
daß alle Bestimmtheit, Veränderung,
alle Schranke und mit ihr das Sollen selbst verschwunden,
als aufgehoben, das Nichts des Endlichen gesetzt ist.

Als diese Negation des Endlichen ist das Ansichsein bestimmt,
welches so als Negation der Negation in sich affirmativ ist.

Diese Affirmation jedoch ist
als qualitativ unmittelbare Beziehung auf sich, Sein ;
hierdurch ist das Unendliche auf die Kategorie zurückgeführt,
daß es ((S151)) das Endliche als ein Anderes sich gegenüber hat;
seine negative Natur ist als die seiende,
hiermit erste und unmittelbare Negation gesetzt.

Das Unendliche ist auf diese Weise
mit dem Gegensatze gegen das Endliche behaftet,
welches, als Anderes, das bestimmte, reale Dasein zugleich bleibt,
obschon es in seinem Ansichsein, dem Unendlichen,
zugleich als aufgehoben gesetzt ist;
dieses ist das Nicht-Endliche,
- ein Sein in der Bestimmtheit der Negation.

Gegen das Endliche, den Kreis der seienden Bestimmtheiten, der Realitäten,
ist das Unendliche das unbestimmte Leere, das Jenseits des Endlichen,
welches sein Ansichsein nicht an seinem Dasein, das ein bestimmtes ist, hat.


So das Unendliche gegen das Endliche
in qualitativer Beziehung von Anderen zueinander gesetzt,
ist es das Schlecht-Unendliche, das Unendliche des Verstandes zu nennen,
dem es für die höchste, für die absolute Wahrheit gilt;
ihn zum Bewußtsein darüber zu bringen, daß,
    indem er seine Befriedigung
    in der Versöhnung der Wahrheit erreicht zu haben meint,
er in dem unversöhnten, unaufgelösten, absoluten Widerspruche sich befindet,
müßten die Widersprüche bewirken, in die er nach allen Seiten verfällt,
sowie er sich auf die Anwendung und Explikation
dieser seiner Kategorien einläßt.


Dieser Widerspruch ist sogleich darin vorhanden,
daß dem Unendlichen das Endliche als Dasein gegenüberbleibt;
es sind damit zwei Bestimmtheiten;
es gibt zwei Welten, eine unendliche und eine endliche,
und in ihrer Beziehung ist das Unendliche nur Grenze des Endlichen
und ist damit nur ein bestimmtes, selbst endliches Unendliches.


Dieser Widerspruch entwickelt seinen Inhalt zu ausdrücklicheren Formen.

- Das Endliche ist das reale Dasein, welches so verbleibt,
auch indem zu seinem Nichtsein, dem Unendlichen, übergegangen wird;
- dieses hat, wie gezeigt,
nur die erste, unmittelbare Negation zu seiner Bestimmtheit gegen das Endliche,
so wie dieses gegen jene Negation als Negiertes
nur die Bedeutung eines Anderen hat und daher ((S152)) noch Etwas ist.

Wenn somit der sich aus dieser endlichen Welt erhebende Verstand
zu seinem Höchsten, dem Unendlichen, aufsteigt,
so bleibt ihm diese endliche Welt als ein Diesseits stehen,
so daß das Unendliche nur über dem Endlichen gesetzt, von diesem abgesondert
und eben damit das Endliche von dem Unendlichen abgesondert wird,
- beide an einen verschiedenen Platz gestellt:
das Endliche als das hiesige Dasein,
das Unendliche aber, zwar das Ansich des Endlichen,
doch als ein Jenseits in die trübe, unerreichbare Ferne,
außerhalb welcher jenes sich befinde und dableibe.


So abgesondert sind sie ebenso wesentlich
eben durch die sie abscheidende Negation aufeinander bezogen.

Diese sie, die in sich reflektierten Etwas, beziehende Negation
ist die gegenseitige Grenze des Einen gegen das Andere, und zwar so,
daß jedes derselben sie nicht bloß gegen das Andere an ihm hat,
sondern die Negation ist ihr Ansichsein,
jedes hat die Grenze so an ihm selbst für sich,
in seiner Absonderung von dem Anderen.

Die Grenze ist aber als die erste Negation, so sind beide begrenzte,
endliche an sich selbst.

Jedoch ist jedes auch als sich auf sich affirmativ beziehend
die Negation seiner Grenze;
so stößt es sie als sein Nichtsein unmittelbar von sich ab,
und qualitativ davon getrennt setzt es sie als ein anderes Sein außer ihm,
das Endliche sein Nichtsein als dies Unendliche,
dieses ebenso das Endliche.

Daß von dem Endlichen zum Unendlichen notwendig,
d. h. durch die Bestimmung des Endlichen übergegangen
und es als zum Ansichsein erhoben werde,
wird leicht zugegeben,
indem das Endliche zwar als bestehendes Dasein,
aber zugleich auch als das an sich nichtige,
also sich nach seiner Bestimmung auflösende bestimmt ist,
das Unendliche aber zwar
als mit Negation und Grenze behaftet bestimmt ist,
aber zugleich auch als das Ansichseiende,
so daß diese Abstraktion der sich auf sich beziehenden Affirmation
seine Bestimmung ausmache,
nach dieser hiermit das endliche Dasein nicht in ihr liege.

Aber es ist gezeigt worden, daß das Unendliche selbst
nur vermittels der Negation, als Negation der Negation,
zum affirmativen ((S153)) Sein resultiert
und daß diese seine Affirmation,
    als nur einfaches, qualitatives Sein genommen,
die in ihm enthaltene Negation
zur einfachen unmittelbaren Negation
und damit zur Bestimmtheit und Grenze herabsetzt,
welches [? welche] dann ebenso als widersprechend seinem Ansichsein,
aus ihm ausgeschlossen,
als nicht das Seinige, vielmehr seinem Ansichsein Entgegengesetzte,
[? als] das Endliche, gesetzt wird.

Indem so jedes an ihm selbst
und aus seiner Bestimmung das Setzen seines Anderen ist,
sind sie untrennbar.

Aber diese ihre Einheit ist in dem qualitativen Anderssein derselben verborgen,
sie ist die innerliche, die nur zugrunde liegt.


Dadurch ist die Weise der Erscheinung dieser Einheit bestimmt;
im Dasein gesetzt ist sie als ein Umschlagen
oder Übergehen des Endlichen zum Unendlichen und umgekehrt;
so daß das Unendliche an dem Endlichen und das Endliche an dem Unendlichen,
das Andere an dem Anderen, nur hervortrete,
d. h. jedes ein eigenes unmittelbares Entstehen an dem Anderen
und ihre Beziehung nur eine äußerliche sei.


Der Prozeß ihres Übergehens hat folgende ausführliche Gestalt.

Es wird über das Endliche hinausgegangen in das Unendliche.

Dies Hinausgehen erscheint als ein äußerliches Tun.

In diesem dem Endlichen jenseitigen Leeren, was entsteht?

Was ist das Positive darin?

Um der Untrennbarkeit des Unendlichen und Endlichen willen
(oder weil dies auf seiner Seite stehende Unendliche selbst beschränkt ist)
entsteht die Grenze;
das Unendliche ist verschwunden, sein Anderes, das Endliche, ist eingetreten.

Aber dies Eintreten des Endlichen erscheint
als ein dem Unendlichen äußerliches Geschehen
und die neue Grenze als ein solches,
das nicht aus dem Unendlichen selbst entstehe,
sondern ebenso vorgefunden werde.

Es ist damit der Rückfall in die vorherige,
vergebens aufgehobene Bestimmung vorhanden.

Diese neue Grenze aber ist selbst nur ein solches,
das aufzuheben oder über das hinauszugehen ist.

Somit ist wieder das Leere, das Nichts entstanden,
in welchem ebenso jene Bestimmtheit, eine neue Grenze,
angetroffen wird - und so fort ins Unendliche. ((S154))


Es ist die Wechselbestimmung des Endlichen und Unendlichen vorhanden;
das Endliche ist endlich nur in der Beziehung auf das Sollen
oder auf das Unendliche,
und das Unendliche ist nur unendlich in Beziehung auf das Endliche.

Sie sind untrennbar und zugleich schlechthin Andere gegeneinander;
jedes hat das Andere seiner an ihm selbst;
so ist jedes die Einheit seiner und seines Anderen
und ist in seiner Bestimmtheit Dasein,
das nicht zu sein, was es selbst und was sein Anderes ist.


Diese sich selbst und seine Negation negierende Wechselbestimmung
ist es, welche als der Progreß ins Unendliche auftritt,
der in so vielen Gestalten und Anwendungen als ein Letztes gilt,
über das nicht mehr hinausgegangen wird,
sondern angekommen bei jenem »und so fort ins Unendliche«
pflegt der Gedanke sein Ende erreicht zu haben.

- Dieser Progreß tritt allenthalben ein,
wo relative Bestimmungen bis zu ihrer Entgegensetzung getrieben sind,
so daß sie in untrennbarer Einheit sind
und doch jeder gegen die andere ein selbständiges Dasein zugeschrieben wird.

Dieser Progreß ist daher der Widerspruch, der nicht aufgelöst ist,
sondern immer nur als vorhanden ausgesprochen wird.


Es ist ein abstraktes Hinausgehen vorhanden, das unvollständig bleibt,
indem über dies Hinausgehen nicht selbst hinausgegangen wird.

Es ist das Unendliche vorhanden;
über dasselbe wird allerdings hinausgegangen,
denn es wird eine neue Grenze gesetzt,
aber damit eben wird vielmehr nur zum Endlichen zurückgekehrt.

Diese schlechte Unendlichkeit ist an sich dasselbe,
was das perennierende Sollen;
sie ist zwar die Negation des Endlichen,
aber sie vermag sich nicht in Wahrheit davon zu befreien;
dies tritt an ihr selbst wieder hervor als ihr Anderes,
weil dies Unendliche nur ist als in Beziehung auf das ihm andere Endliche.

Der Progreß ins Unendliche ist daher nur die sich wiederholende Einerleiheit,
eine und dieselbe langweilige Abwechslung dieses Endlichen und Unendlichen.


Die Unendlichkeit des unendlichen Progresses
bleibt mit ((S155)) dem Endlichen als solchem behaftet,
ist dadurch begrenzt und selbst endlich.

Somit wäre es aber in der Tat
als die Einheit des Endlichen und Unendlichen gesetzt.

Aber auf diese Einheit wird nicht reflektiert.

Sie ist es jedoch nur, welche im Endlichen das Unendliche
und im Unendlichen das Endliche hervorruft,
sie ist sozusagen die Triebfeder des unendlichen Progresses.

Er ist das Äußere jener Einheit, bei welchem die Vorstellung stehenbleibt,
bei jener perennierenden Wiederholung eines und desselben Abwechselns,
der leeren Unruhe des Weitergehens über die Grenze hinaus zur Unendlichkeit,
das in diesem Unendlichen eine neue Grenze findet,
auf derselben aber sich sowenig halten kann als in dem Unendlichen.

Dieses Unendliche hat die feste Determination eines Jenseits,
das nicht erreicht werden kann, darum weil es nicht erreicht werden soll,
weil von der Bestimmtheit des Jenseits, der seienden Negation
nicht abgelassen wird.

Es hat nach dieser Bestimmung das Endliche als ein Diesseits sich gegenüber,
das sich ebensowenig ins Unendliche erheben kann,
darum weil es diese Determination eines Anderen,
hiermit [eines] ein Perennierendes,
sich in seinem Jenseits wieder, und zwar als davon verschieden,
erzeugenden Daseins hat.




c. Die affirmative Unendlichkeit



In dem aufgezeigten herüber- und hinübergehenden
Wechselbestimmen des Endlichen und Unendlichen
ist die Wahrheit derselben an sich schon vorhanden,
und es bedarf nur des Aufnehmens dessen, was vorhanden ist.

Dies Herüber- und Hinübergehen
macht die äußere Realisation des Begriffes aus;
es ist in ihr das, aber äußerlich, außereinanderfallend gesetzt,
was der Begriff enthält;
es bedarf nur der ((S156)) Vergleichung dieser verschiedenen Momente,
in welcher die Einheit sich ergibt, die den Begriff selbst gibt;
- die Einheit des Unendlichen und Endlichen ist,
wie schon oft bemerkt hier aber vornehmlich in Erinnerung zu bringen ist,
der schiefe Ausdruck für die Einheit, wie sie selbst wahrhaft ist;
aber auch das Entfernen dieser schiefen Bestimmung
muss in jener vor uns liegenden Äußerung des Begriffes vorhanden sein.


Nach ihrer nächsten, nur unmittelbaren Bestimmung genommen,
so ist das Unendliche nur als das Hinausgehen über das Endliche;
es ist seiner Bestimmung nach die Negation des Endlichen;
so ist das Endliche nur als das, worüber hinausgegangen werden muss,
die Negation seiner an ihm selbst, welche die Unendlichkeit ist.

In jedem liegt hiermit die Bestimmtheit des Anderen,
die nach der Meinung des unendlichen Progresses
voneinander ausgeschlossen sein sollen
und nur abwechselnd aufeinander folgen;
es kann keines gesetzt und gefaßt werden ohne das andere,
das Unendliche nicht ohne das Endliche, dieses nicht ohne das Unendliche.

Wenn gesagt wird, was das Unendliche ist, nämlich die Negation des Endlichen,
so wird das Endliche selbst mit ausgesprochen;
es kann zur Bestimmung des Unendlichen nicht entbehrt werden.

Man bedarf nur zu wissen, was man sagt,
um die Bestimmung des Endlichen im Unendlichen zu finden.

Vom Endlichen seinerseits wird sogleich zugegeben,
daß es das Nichtige ist,
aber eben seine Nichtigkeit ist die Unendlichkeit,
von der es ebenso untrennbar ist.

- In diesem Auffassen können sie
nach ihrer Beziehung auf ihr Anderes genommen zu sein scheinen.

Werden sie hiermit beziehungslos genommen,
so daß sie nur durch das “Und” verbunden seien,
so stehen sie als selbständig, jedes nur an ihm selbst seiend, einander gegenüber.

Es ist zu sehen, wie sie in solcher Weise beschaffen sind.

Das Unendliche, so gestellt, ist eines der beiden;
aber als nur eines der beiden ist es selbst endlich,
es ist nicht das Ganze, sondern nur die eine Seite;
es hat an dem Gegenüberstehenden seine Grenze;
es ist so das endliche ((S157)) Unendliche.

Es sind nur zwei Endliche vorhanden.

Eben darin, daß es so vom Endlichen abgesondert,
damit als Einseitiges gestellt wird,
liegt seine Endlichkeit, also seine Einheit mit dem Endlichen.

- Das Endliche seinerseits, als für sich vom Unendlichen entfernt gestellt,
ist diese Beziehung auf sich,
in der seine Relativität, Abhängigkeit, seine Vergänglichkeit entfernt ist;
es ist dieselbe Selbständigkeit und Affirmation seiner,
welche das Unendliche sein soll.


Beide Betrachtungsweisen, die zunächst eine verschiedene Bestimmtheit
zu ihrem Ausgangspunkte zu haben scheinen,
insofern die erstere nur als Beziehung des Unendlichen und Endlichen aufeinander,
eines jeden auf sein Anderes,
und die zweite sie in ihrer völligen Absonderung voneinander halten soll,
geben ein und dasselbe Resultat;
das Unendliche und Endliche nach der Beziehung beider aufeinander,
    die ihnen äußerlich wäre, aber die ihnen wesentlich,
    ohne die keines ist, was es ist,
enthält so sein Anderes in seiner eigenen Bestimmung,
ebensosehr als jedes für sich genommen, an ihm selbst betrachtet,
sein Anderes in ihm als sein eigenes Moment liegen hat.


Dies gibt denn die - verrufene - Einheit des Endlichen und Unendlichen,
die Einheit, die selbst das Unendliche ist,
welches sich selbst und die Endlichkeit in sich begreift,
- also das Unendliche in einem andern Sinne als in dem,
wonach das Endliche von ihm abgetrennt
und auf die andere Seite gestellt ist.

Indem sie nun auch unterschieden werden müssen,
ist jedes, wie vorhin gezeigt, selbst an ihm die Einheit beider;
so ergeben sich zwei solche Einheiten.

Das Gemeinschaftliche, die Einheit beider Bestimmtheiten,
setzt als Einheit sie zunächst als negierte,
da jedes das sein soll, was es ist in ihrer Unterschiedenheit;
in ihrer Einheit verlieren sie also ihre qualitative Natur;
- eine wichtige Reflexion gegen die Vorstellung,
die sich nicht davon losmachen will,
in der Einheit des Unendlichen und Endlichen
sie nach ((S158)) der Qualität,
    welche sie als außereinander genommen haben sollen,
festzuhalten,
und daher in jener Einheit nichts als den Widerspruch,
nicht auch die Auflösung desselben
    durch die Negation der qualitativen Bestimmtheit beider
sieht;
so wird die zunächst einfache, allgemeine Einheit
des Unendlichen und Endlichen verfälscht.


Ferner aber, indem sie nun auch als unterschieden zu nehmen sind,
so ist die Einheit des Unendlichen,
die jedes dieser Momente selbst ist,
in jedem derselben auf verschiedene Weise bestimmt.

Das seiner Bestimmung nach Unendliche
hat die von ihm unterschiedene Endlichkeit an ihm,
jenes ist das Ansich in dieser Einheit,
und diese ist nur Bestimmtheit, Grenze an ihm;
allein es ist eine Grenze,
welche das schlechthin Andere desselben, sein Gegenteil ist;
seine Bestimmung, welche das Ansichsein als solches ist,
wird durch den Beischlag einer Qualität solcher Art verdorben;
es ist so ein verendlichtes Unendliches.

Auf gleiche Weise,
indem das Endliche als solches nur das Nicht-Ansichsein ist,
aber nach jener Einheit gleichfalls sein Gegenteil an ihm hat,
wird es über seinen Wert, und zwar sozusagen unendlich erhoben;
es wird als das verunendlichte Endliche gesetzt.


Auf gleiche Weise wie vorhin die einfache,
so wird vom Verstande auch die gedoppelte Einheit
des Unendlichen und Endlichen verfälscht.

Dies geschieht hier ebenso dadurch,
daß in der einen der beiden Einheiten das Unendliche
als nicht negiertes, vielmehr als das Ansichsein angenommen wird,
an welches also nicht die Bestimmtheit und Schranke gesetzt werden soll;
es werde dadurch das Ansichsein herabgesetzt und verdorben.

Umgekehrt wird das Endliche gleichfalls
als das nicht Negierte, obgleich an sich Nichtige, festgehalten,
so daß es in seiner Verbindung mit dem Unendlichen
zu dem, was es nicht sei, erhoben
und dadurch gegen seine nicht verschwundene,
vielmehr perennierende Bestimmung verunendlicht werde. ((S159))


Die Verfälschung, die der Verstand
mit dem Endlichen und Unendlichen vornimmt,
ihre Beziehung aufeinander als qualitative Verschiedenheit festzuhalten,
sie in ihrer Bestimmung als getrennt, und zwar absolut getrennt zu behaupten,
gründet sich auf das Vergessen dessen,
was für ihn selbst der Begriff dieser Momente ist.

Nach diesem ist die Einheit des Endlichen und Unendlichen
nicht ein äußerliches Zusammenbringen derselben
noch eine ungehörige, ihrer Bestimmung zuwiderlaufende Verbindung,
    in welcher an sich getrennte und entgegengesetzte,
    gegeneinander Selbständige, Seiende,
    somit Unverträgliche verknüpft würden,
sondern jedes ist an ihm selbst diese Einheit,
und dies nur als Aufheben seiner selbst,
worin keines vor dem anderen einen Vorzug
des Ansichseins und affirmativen Daseins hätte.

Wie früher gezeigt, ist die Endlichkeit nur als Hinausgehen über sich;
es ist also in ihr die Unendlichkeit, das Andere ihrer selbst, enthalten.

Ebenso ist die Unendlichkeit nur als Hinausgehen über das Endliche;
sie enthält also wesentlich ihr Anderes
und ist somit an ihr das Andere ihrer selbst.

Das Endliche wird nicht vom Unendlichen
als einer außer ihm vorhandenen Macht aufgehoben,
sondern es ist seine Unendlichkeit, sich selbst aufzuheben.


Dies Aufheben ist somit nicht die Veränderung oder das Anderssein überhaupt,
nicht das Aufheben von Etwas.

Das, worin sich das Endliche aufhebt,
ist das Unendliche als das Negieren der Endlichkeit;
aber diese ist längst selbst nur das Dasein als ein Nichtsein bestimmt.

Es ist also nur die Negation, die sich in der Negation aufhebt.

So ist ihrerseits die Unendlichkeit als das Negative der Endlichkeit
    und damit der Bestimmtheit überhaupt,
als das leere Jenseits bestimmt;
sein Sichaufheben im Endlichen ist ein Zurückkehren aus der leeren Flucht,
Negation des Jenseits, das ein Negatives an ihm selbst ist.


Was also vorhanden ist, ist in beiden dieselbe Negation der Negation.

Aber diese ist an sich Beziehung auf sich selbst, die Affirmation,
aber als Rückkehr zu sich selbst,
d. i. durch ((S160)) die Vermittlung, welche die Negation der Negation ist.

Diese Bestimmungen sind es, die wesentlich ins Auge zu fassen sind;
das Zweite aber ist, daß sie im unendlichen Progresse auch gesetzt sind
und wie sie in ihm gesetzt sind,
- nämlich noch nicht in ihrer letzten Wahrheit.


Es werden darin erstens beide, sowohl das Unendliche als das Endliche, negiert,
- es wird über beide auf gleiche Weise hinausgegangen;
zweitens werden sie auch als unterschiedene, jedes nach dem anderen,
als für sich positive gesetzt.

Wir fassen so diese zwei Bestimmungen vergleichend heraus,
wie wir in der Vergleichung, einem äußeren Vergleichen,
die zwei Betrachtungsweisen
- des Endlichen und Unendlichen in ihrer Beziehung
und ihrer jedes für sich genommen -
getrennt haben.

Aber der unendliche Progreß spricht mehr aus,
es ist in ihm auch der Zusammenhang der auch Unterschiedenen gesetzt,
jedoch zunächst nur noch als Übergang und Abwechslung;
es ist nur in einer einfachen Reflexion von uns zu sehen,
was in der Tat darin vorhanden ist.


Zunächst kann die Negation des Endlichen und Unendlichen,
die im unendlichen Progresse gesetzt ist, als einfach,
somit als auseinander, nur aufeinander folgend genommen werden.

Vom Endlichen angefangen, so wird über die Grenze hinausgegangen,
das Endliche negiert.

Nun ist also das Jenseits desselben, das Unendliche, vorhanden,
aber in diesem entsteht wieder die Grenze;
so ist das Hinausgehen über das Unendliche vorhanden.

Dies zweifache Aufheben ist jedoch
teils überhaupt nur als ein äußerliches Geschehen und Abwechseln der Momente,
teils noch nicht als eine Einheit gesetzt;
jedes dieser Hinaus ist ein eigener Ansatz, ein neuer Akt,
so daß sie so auseinanderfallen.

- Es ist aber auch ferner im unendlichen Progresse deren Beziehung vorhanden.

Es ist erstlich das Endliche;
dann wird darüber hinausgegangen,
dies Negative oder Jenseits des Endlichen ist das Unendliche;
drittens wird über diese Negation wieder hinausgegangen,
es entsteht eine neue Grenze, wieder ein Endliches.

- Dies ist die vollständige, sich selbst schließende Bewegung,
die bei ((S161)) dem angekommen, das den Anfang machte;
es entsteht dasselbe, von dem ausgegangen worden war,
d. i. das Endliche ist wiederhergestellt;
dasselbe ist also mit sich selbst zusammengegangen,
hat nur sich in seinem Jenseits wiedergefunden.


Derselbe Fall ist in Ansehung des Unendlichen vorhanden.

Im Unendlichen, dem Jenseits der Grenze, entsteht nur eine neue,
welche dasselbe Schicksal hat, als Endliches negiert werden zu müssen.

Was so wieder vorhanden ist, ist dasselbe Unendliche,
das vorhin in der neuen Grenze verschwand;
das Unendliche ist daher durch sein Aufheben, durch die neue Grenze hindurch,
nicht weiter hinausgeschoben,
weder von dem Endlichen entfernt worden
- denn dieses ist nur dies, in das Unendliche überzugehen -
noch von sich selbst, denn es ist bei sich angekommen.


So ist beides, das Endliche und das Unendliche,
diese Bewegung, zu sich durch seine Negation zurückzukehren;
sie sind nur als Vermittlung in sich,
und das Affirmative beider enthält die Negation beider
und ist die Negation der Negation.

- Sie sind so Resultat,
hiermit nicht das, was sie in der Bestimmung ihres Anfangs sind;
- nicht das Endliche ein Dasein seinerseits
und das Unendliche ein Dasein oder Ansichsein jenseits des Daseins,
d. i. des als endlich bestimmten.

Gegen die Einheit des Endlichen und Unendlichen
sträubt sich der Verstand nur darum so sehr,
weil er die Schranke und das Endliche wie das Ansichsein
als perennierend voraussetzt;
damit übersieht er die Negation beider,
die im unendlichen Progresse faktisch vorhanden ist,
wie ebenso, daß sie darin nur als Momente eines Ganzen vorkommen
und daß sie nur vermittels ihres Gegenteils,
aber wesentlich ebenso vermittels des Aufhebens ihres Gegenteils hervortreten.


Wenn zunächst die Rückkehr in sich
ebensowohl als Rückkehr des Endlichen zu sich
wie als die des Unendlichen zu sich betrachtet wurde,
so zeigt sich in diesem Resultate selbst eine Unrichtigkeit,
die mit der soeben gerügten Schiefheit ((S162)) zusammenhängt;
das Endliche ist das eine Mal,
das Unendliche das andere Mal als Ausgangspunkt genommen,
und nur dadurch entstehen zwei Resultate.

Es ist aber völlig gleichgültig, welches als Anfang genommen werde;
damit fällt der Unterschied für sich hinweg,
der die Zweiheit der Resultate hervorbrachte.

Dies ist in der nach beiden Seiten unbegrenzten Linie des unendlichen Progresses
gleichfalls gesetzt,
worin jedes der Momente mit gleichem abwechselnden Vorkommen vorhanden
und es ganz äußerlich ist, in welche Stelle gegriffen
und [welches] als Anfang genommen werde.

- Sie sind in demselben unterschieden,
aber auf gleiche Weise das eine nur das Moment des anderen.

Indem sie beide, das Endliche und das Unendliche,
selbst Momente des Progresses sind,
sind sie gemeinschaftlich das Endliche,
und indem sie ebenso gemeinschaftlich in ihm und im Resultate negiert sind,
so heißt dieses Resultat als Negation jener Endlichkeit beider
mit Wahrheit das Unendliche.

Ihr Unterschied ist so der Doppelsinn, den beide haben.

Das Endliche hat den Doppelsinn,
erstens nur das Endliche gegen das Unendliche zu sein, das ihm gegenübersteht,
und zweitens das Endliche und das ihm gegenüberstehende Unendliche
zugleich zu sein.

Auch das Unendliche hat den Doppelsinn,
eines jener beiden Momente zu sein - so ist es das Schlecht-Unendliche -
und das Unendliche zu sein,
in welchem jene beiden, es selbst und sein Anderes, nur Momente sind.

Wie also das Unendliche in der Tat vorhanden ist,
ist [einerseits,] der Prozeß zu sein,
in welchem es sich herabsetzt, nur eine seiner Bestimmungen,
dem Endlichen gegenüber und damit selbst nur eines der Endlichen zu sein,
und [andererseits,] diesen Unterschied seiner von sich selbst
zur Affirmation seiner aufzuheben
und durch diese Vermittlung als wahrhaft Unendliches zu sein.


Diese Bestimmung des wahrhaft Unendlichen
kann nicht in die schon gerügte Formel
einer Einheit des Endlichen und Unendlichen gefaßt werden;
die Einheit ist abstrakte bewegungslose ((S163)) Sichselbstgleichheit,
und die Momente sind ebenso als unbewegte Seiende.

Das Unendliche aber ist, wie seine beiden Momente,
vielmehr wesentlich nur als Werden,
aber das nun in seinen Momenten weiter bestimmte Werden.

Dieses hat zunächst das abstrakte Sein und Nichts zu seinen Bestimmungen;
als Veränderung Daseiende, Etwas und Anderes;
nun als Unendliches, Endliches und Unendliches, selbst als Werdende.


Dieses Unendliche als In-sich-Zurückgekehrtsein,
Beziehung seiner auf sich selbst, ist Sein,
aber nicht bestimmungsloses, abstraktes Sein,
denn es ist gesetzt als negierend die Negation;
es ist somit auch Dasein,
denn es enthält die Negation überhaupt, somit die Bestimmtheit.

Es ist und ist da, präsent, gegenwärtig.

Nur das Schlecht-Unendliche ist das Jenseits,
weil es nur die Negation des als real gesetzten Endlichen ist,
- so ist es die abstrakte, erste Negation;
nur als negativ bestimmt, hat es nicht die Affirmation des Daseins in ihm;
festgehalten als nur Negatives, soll es sogar nicht da, soll unerreichbar sein.

Diese Unerreichbarkeit ist aber nicht seine Hoheit, sondern sein Mangel,
welcher seinen letzten Grund darin hat,
daß das Endliche als solches als seiend festgehalten wird.

Das Unwahre ist das Unerreichbare;
und es ist einzusehen, daß solches Unendliche das Unwahre ist.

- Das Bild des Progresses ins Unendliche ist die gerade Linie,
an deren beiden Grenzen nur das Unendliche [ist]
und immer nur ist, wo sie - und sie ist Dasein - nicht ist,
und die zu diesem ihrem Nichtdasein, d. i. ins Unbestimmte hinausgeht;
als wahrhafte Unendlichkeit, in sich zurückgebogen,
wird deren Bild der Kreis, die sich erreicht habende Linie,
die geschlossen und ganz gegenwärtig ist,
ohne Anfangspunkt und Ende.


Die wahrhafte Unendlichkeit so überhaupt als Dasein,
das als affirmativ gegen die abstrakte Negation gesetzt ist,
ist die Realität in höherem Sinn als die früher einfach bestimmte;
sie hat hier einen konkreten Inhalt erhalten.

Das Endliche ist nicht das Reale, sondern das Unendliche.

So ((S164)) wird die Realität weiter als das Wesen,
der Begriff, die Idee usf. bestimmt.

Es ist jedoch überflüssig,
solche frühere, abstraktere Kategorie wie die Realität
bei dem Konkreteren zu wiederholen
und sie für konkretere Bestimmungen, als jene an ihnen selbst sind,
zu gebrauchen.

Solches Wiederholen, wie zu sagen,
daß das Wesen oder daß die Idee das Reale sei,
hat seine Veranlassung darin,
daß dem ungebildeten Denken die abstraktesten Kategorien,
wie Sein, Dasein, Realität, Endlichkeit, die geläufigsten sind.


Hier hat die Zurückrufung der Kategorie der Realität
ihre bestimmtere Veranlassung,
indem die Negation, gegen welche sie das Affirmative ist,
hier die Negation der Negation [ist];
damit ist sie selbst jener Realität, die das endliche Dasein ist, gegenübergesetzt.

- Die Negation ist so als Idealität ° bestimmt;
das Ideelle ° ist das Endliche, wie es im wahrhaften Unendlichen ist,
- als eine Bestimmung, Inhalt, der unterschieden,
aber nicht selbständig seiend, sondern als Moment ist.

° Fuß
Das Ideale hat eine weiter bestimmte Bedeutung
(des Schönen und was dahin zieht) als das Ideelle;
hierher gehört jene noch nicht;
es wird deswegen der Ausdruck “ideell”gebraucht.

Bei der Realität findet dieser Unterschied im Sprachgebrauch
wohl nicht statt;
das Reelle und Reale wird ungefähr gleichbedeutend gesagt;
die Schattierung beider Ausdrücke etwa gegeneinander
hat kein Interesse.
EndeFuß

Die Idealität hat diese konkretere Bedeutung,
welche durch Negation des endlichen Daseins nicht vollständig ausgedrückt ist.

- In Beziehung auf Realität und Idealität wird aber
der Gegensatz des Endlichen und Unendlichen so gefaßt,
daß das Endliche für das Reale gilt,
das Unendliche aber für das Ideelle gilt,
wie auch weiterhin der Begriff als ein Ideelles, und zwar als ein nur Ideelles,
das Dasein überhaupt dagegen als das Reale betrachtet wird.

Auf solche Weise hilft es freilich nichts,
für die angegebene konkrete Bestimmung der Negation
den eigenen Ausdruck des Ideellen zu haben;
es wird in jenem ((S165)) Gegensatze
wieder zu der Einseitigkeit des abstrakten Negativen,
die dem Schlecht-Unendlichen zukommt, zurückgegangen
und bei dem affirmativen Dasein des Endlichen beharrt.


Der Übergang



Die Idealität kann die Qualität der Unendlichkeit genannt werden;
aber sie ist wesentlich der Prozeß des Werdens
und damit ein Übergang, wie des Werdens in Dasein,
der nun anzugeben ist.

Als Aufheben der Endlichkeit, d. i. der Endlichkeit als solcher
und ebensosehr der ihr nur gegenüberstehenden, nur negativen Unendlichkeit
ist diese Rückkehr in sich, Beziehung auf sich selbst, Sein.

Da in diesem Sein Negation ist, ist es Dasein,
aber da sie ferner wesentlich
Negation der Negation, die sich auf sich beziehende Negation ist,
ist sie das Dasein, welches Fürsichsein genannt wird.



Anmerkung 1: Der unendliche Progreß



Das Unendliche - nach dem gewöhnlichen Sinne der schlechten Unendlichkeit -
und der Progreß ins Unendliche, wie das Sollen,
sind der Ausdruck eines Widerspruchs,
der sich selbst für die Auflösung und für das Letzte gibt.

Dies Unendliche ist eine erste Erhebung des sinnlichen Vorstellens
über das Endliche in den Gedanken,
der aber nur den Inhalt von Nichts,
dem ausdrücklich als nichtseiend Gesetzten, hat,
- eine Flucht über das Beschränkte, die sich nicht in sich sammelt
und das Negative nicht zum Positiven zurückzubringen weiß.

Diese unvollendete Reflexion hat die beiden Bestimmungen
des wahrhaft Unendlichen
- den Gegensatz des Endlichen und Unendlichen
und die Einheit des Endlichen und Unendlichen -
vollständig vor sich,
aber bringt diese beiden Gedanken nicht zusammen;
der eine führt untrennbar den anderen herbei,
aber sie läßt sie nur abwechseln.

Die Darstellung dieser Abwechslung, der unendliche Progreß,
tritt allenthalben ein, wo in dem Widerspruche
der ((S166)) Einheit zweier Bestimmungen und des Gegensatzes derselben
verharrt wird.

Das Endliche ist das Aufheben seiner selbst,
es schließt seine Negation, die Unendlichkeit, in sich, - die Einheit beider;
es wird hinaus über das Endliche
zum Unendlichen als dem Jenseits desselben gegangen, - Trennung beider;
aber über das Unendliche hinaus ist ein anderes Endliches:
das Hinaus, das Unendliche, enthält die Endlichkeit, - Einheit beider;
aber dies Endliche ist auch ein Negatives des Unendlichen, - Trennung beider usf.

- So ist im Kausalitätsverhältnis Ursache und Wirkung untrennbar;
eine Ursache, die keine Wirkung haben. sollte, ist nicht Ursache,
wie die Wirkung, die keine Ursache hätte, nicht mehr Wirkung.

Dies Verhältnis gibt daher den unendlichen Progreß von Ursachen und Wirkungen;
etwas ist als Ursache bestimmt,
aber sie hat als ein Endliches
(und endlich ist sie eben eigentlich wegen ihrer Trennung von der Wirkung)
selbst eine Ursache, d. h. sie ist auch Wirkung,
somit ist dasselbe, was als Ursache bestimmt wurde, auch als Wirkung bestimmt,
- Einheit der Ursache und der Wirkung;
das nun als Wirkung Bestimmte hat von neuem eine Ursache,
d. i. die Ursache ist von ihrer Wirkung zu trennen
und als ein verschiedenes Etwas zu setzen;
diese neue Ursache ist aber selbst nur eine Wirkung,
- Einheit der Ursache und Wirkung;
sie hat ein Anderes zu ihrer Ursache,
- Trennung beider Bestimmungen usf. ins Unendliche.


Dem Progreß kann so die eigentümlichere Form gegeben werden:

Es wird die Behauptung gemacht,
das Endliche und Unendliche sind eine Einheit;
diese falsche Behauptung muss durch die entgegengesetzte berichtigt werden:
sie sind schlechthin verschieden und sich entgegengesetzt;
diese ist wieder dahin zu berichtigen,
daß sie untrennbar sind, in der einen Bestimmung die andere liegt,
durch die Behauptung ihrer Einheit, und so fort ins Unendliche.

- Es ist eine leichte Forderung,
welche, um die Natur des Unendlichen einzusehen, gemacht wird,
das Bewußtsein zu haben,
daß der unendliche Progreß, das entwickelte Unendliche des Verstandes ((S167)),
die Beschaffenheit hat, die Abwechslung der beiden Bestimmungen,
der Einheit und der Trennung beider Momente zu sein,
und dann das fernere Bewußtsein zu haben,
daß diese Einheit und diese Trennung selbst untrennbar sind.


Die Auflösung dieses Widerspruches ist nicht die Anerkennung
der gleichen Richtigkeit und der gleichen Unrichtigkeit beider Behauptungen
- dies ist nur eine andere Gestalt des bleibenden Widerspruches -,
sondern die Idealität beider,
als in welcher sie in ihrem Unterschiede, als gegenseitige Negationen,
nur Momente sind;
jene eintönige Abwechslung ist faktisch
sowohl die Negation der Einheit als der Trennung derselben.

In ihr ist ebenso faktisch das oben Aufgezeigte vorhanden,
daß das Endliche über sich hinaus in das Unendliche fällt,
aber ebenso über dasselbe hinaus sich selbst wieder erzeugt findet,
hiermit darin nur mit sich zusammengeht wie das Unendliche gleichfalls;
so daß dieselbe Negation der Negation sich zur Affirmation resultiert,
welches Resultat sich damit als ihre Wahrheit und Ursprünglichkeit erweist.

In diesem Sein hiermit als der Idealität der Unterschiedenen
ist der Widerspruch nicht abstrakt verschwunden,
sondern aufgelöst und versöhnt,
und die Gedanken sind nicht nur vollständig,
sondern sie sind auch zusammengebracht.

Die Natur des spekulativen Denkens zeigt sich hieran
als einem ausgeführten Beispiele in ihrer bestimmten Weise;
sie besteht allein in dem Auffassen
der entgegengesetzten Momente in ihrer Einheit.

Indem jedes, und zwar faktisch, sich an ihm zeigt,
sein Gegenteil an ihm selbst zu haben
und in diesem mit sich zusammenzugehen,
so ist die affirmative Wahrheit diese sich in sich bewegende Einheit,
das Zusammenfassen beider Gedanken, ihre Unendlichkeit,
- die Beziehung auf sich selbst,
nicht die unmittelbare, sondern die unendliche.


Das Wesen der Philosophie ist häufig von solchen,
die mit dem Denken schon vertrauter sind,
in die Aufgabe gesetzt worden, zu beantworten,
wie das Unendliche aus sich heraus ((S168)) und zur Endlichkeit komme.

- Dies, meint man, sei nicht begreiflich zu machen.

Das Unendliche, bei dessen Begriff wir angekommen sind,
wird sich im Fortgange dieser Darstellung weiter bestimmen
und an ihm in aller Mannigfaltigkeit der Formen das Geforderte zeigen,
wie es, wenn man sich so ausdrücken will, zur Endlichkeit komme.

Hier betrachten wir diese Frage nur in ihrer Unmittelbarkeit
und in Rücksicht des vorhin betrachteten Sinnes,
den das Unendliche zu haben pflegt.


Von der Beantwortung dieser Frage soll es überhaupt abhängen,
ob es eine Philosophie gebe,
und indem man es hierauf noch ankommen lassen zu wollen vorgibt,
glaubt man zugleich an der Frage selbst eine Art von Vexierfrage,
einen unüberwindlichen Talisman zu besitzen,
durch den man gegen die Beantwortung
und damit gegen die Philosophie und das Ankommen bei derselben
fest und gesichert sei.

Auch bei anderen Gegenständen
setzt es eine Bildung voraus, um zu fragen zu verstehen,
noch mehr aber bei philosophischen Gegenständen,
um eine andere Antwort zu erhalten als die,
daß die Frage nichts tauge.

- Es pflegt bei solchen Fragen die Billigkeit in Anspruch genommen zu werden,
daß es auf die Worte nicht ankomme,
sondern in einer oder anderen Weise des Ausdruckes verständlich sei,
worauf es ankomme.

Ausdrücke sinnlicher Vorstellung, wie herausgehen und dergleichen,
die bei der Frage gebraucht werden,
erwecken den Verdacht,
daß sie aus dem Boden des gewöhnlichen Vorstellens stamme
und für die Beantwortung auch Vorstellungen,
die im gemeinen Leben gangbar sind,
und die Gestalt eines sinnlichen Gleichnisses erwartet werden.


Wenn statt des Unendlichen das Sein überhaupt genommen wird,
so scheint das Bestimmen des Seins, eine Negation oder Endlichkeit an ihm,
leichter begreiflich.

Sein ist zwar selbst das Unbestimmte,
aber es ist nicht unmittelbar an ihm ausgedrückt ((S169)),
daß es das Gegenteil des Bestimmten sei.

Das Unendliche hingegen enthält dies ausgedrückt;
es ist das Nicht-Endliche.

Die Einheit des Endlichen und Unendlichen
scheint somit unmittelbar ausgeschlossen;
die unvollendete Reflexion ist darum am hartnäckigsten gegen diese Einheit.


Es ist aber gezeigt worden, und es erhellt,
    ohne weiter in die Bestimmung des Endlichen und Unendlichen einzugehen,
unmittelbar, daß das Unendliche in dem Sinne,
in dem es von jenem Reflektieren genommen wird
- nämlich als dem Endlichen gegenüberstehend -,
darum, weil es ihm gegenübersteht, an ihm sein Anderes hat,
daher schon begrenzt und selbst endlich, das Schlecht-Unendliche ist.

Die Antwort auf die Frage, wie das Unendliche endlich werde,
ist somit diese, daß es nicht ein Unendliches gibt,
das vorerst unendlich ist und das nachher erst endlich zu werden,
zur Endlichkeit herauszugehen nötig habe,
sondern es ist für sich selbst schon ebensosehr endlich als unendlich.

Indem die Frage annimmt,
daß das Unendliche einerseits für sich und daß das Endliche,
    das aus ihm heraus in die Trennung gegangen
    (oder wo es hergekommen sein möchte),
abgesondert von ihm, wahrhaft real sei,
so wäre vielmehr zu sagen, diese Trennung sei unbegreiflich .

Weder solches Endliches noch solches Unendliches hat Wahrheit;
das Unwahre aber ist unbegreiflich.

Man muss aber ebenso sagen, sie seien begreiflich;
die Betrachtung derselben, auch wie sie in der Vorstellung sind,
daß in dem einen die Bestimmung des anderen liegt,
die einfache Einsicht in diese ihre Untrennbarkeit haben,
heißt sie begreifen;
diese Untrennbarkeit ist ihr Begriff.

- In der Selbständigkeit jenes Unendlichen und Endlichen dagegen
stellt jene Frage einen unwahren Inhalt auf
und enthält in sich schon eine unwahre Beziehung desselben.

Darum ist nicht auf sie zu antworten,
sondern vielmehr sind die falschen Voraussetzungen, die sie enthält,
d. i. die Frage selbst zu negieren.

Durch die Frage nach der Wahrheit jenes Unendlichen und Endlichen
wird der Standpunkt verändert,
und diese Veränderung wird die Verlegenheit,
welche die ((S170)) erste Frage hervorbringen sollte,
auf sie zurückbringen;
jene unsere Frage ist der Reflexion, aus der die erste Frage stammt, neu,
da solches Reflektieren nicht das spekulative Interesse enthält,
welches, für sich und ehe es Bestimmungen bezieht, darauf geht zu erkennen,
ob dieselben, wie sie vorausgesetzt werden, etwas Wahres seien.

Insofern aber die Unwahrheit jenes abstrakten Unendlichen
und des ebenso auf seiner Seite stehenbleiben sollenden Endlichen
erkannt ist,
so ist über das Herausgehen des Endlichen aus dem Unendlichen zu sagen,
das Unendliche gehe zur Endlichkeit heraus,
darum weil es keine Wahrheit, kein Bestehen an ihm,
    wie es als abstrakte Einheit gefaßt ist,
hat;
so umgekehrt geht das Endliche aus demselben Grunde
seiner Nichtigkeit in das Unendliche hinein.

Oder vielmehr ist zu sagen,
daß das Unendliche ewig zur Endlichkeit herausgegangen,
daß es schlechthin nicht ist, sowenig als das reine Sein,
allein für sich, ohne sein Anderes an ihm selbst zu haben.


Jene Frage, wie das Unendliche zum Endlichen herausgehe,
kann noch die weitere Voraussetzung enthalten,
daß das Unendliche an sich das Endliche in sich schließe,
somit an sich die Einheit seiner selbst und seines Anderen sei,
so daß die Schwierigkeit sich wesentlich auf das Trennen bezieht,
als welches der vorausgesetzten Einheit beider entgegensieht.

In dieser Voraussetzung hat der Gegensatz, an welchem festgehalten wird,
nur eine andere Gestalt;
die Einheit und das Unterscheiden werden voneinander getrennt und isoliert.

Wenn aber jene nicht als die abstrakte unbestimmte Einheit,
sondern schon wie in jener Voraussetzung
als die bestimmte Einheit des Endlichen und Unendlichen genommen wird,
so ist die Unterscheidung beider bereits darin auch vorhanden
- eine Unterscheidung, die so zugleich nicht ein Loslassen derselben
zu getrennter Selbständigkeit ist,
sondern sie als ideelle in der Einheit läßt.

Diese Einheit des Unendlichen und Endlichen und deren Unterscheidung
sind dasselbe Untrennbare als die Endlichkeit und Unendlichkeit.


Anmerkung 2: Der Idealismus



Der Satz, daß das Endliche ideell ist, macht den Idealismus aus.

Der Idealismus der Philosophie besteht in nichts anderem als darin,
das Endliche nicht als ein wahrhaft Seiendes anzuerkennen.

Jede Philosophie ist wesentlich Idealismus
oder hat denselben wenigstens zu ihrem Prinzip,
und die Frage ist dann nur, inwiefern dasselbe wirklich durchgeführt ist.

Die Philosophie ist es sosehr als die Religion;
denn die Religion anerkennt die Endlichkeit
ebensowenig als ein wahrhaftes Sein, als ein Letztes, Absolutes,
oder als ein Nicht-Gesetztes, Unerschaffenes, Ewiges.

Der Gegensatz von idealistischer und realistischer Philosophie
ist daher ohne Bedeutung.

Eine Philosophie, welche dem endlichen Dasein als solchem
wahrhaftes, letztes, absolutes Sein zuschriebe,
verdiente den Namen Philosophie nicht;
Prinzipien älterer oder neuerer Philosophien,
das Wasser oder die Materie oder die Atome,
sind Gedanken, Allgemeine, Ideelle,
nicht Dinge, wie sie sich unmittelbar vorfinden,
d. i. in sinnlicher Einzelheit, selbst jenes Thaletische Wasser nicht;
denn obgleich auch das empirische Wasser,
ist es außerdem zugleich das Ansich oder Wesen aller anderen Dinge,
und diese sind nicht selbständige, in sich gegründete,
sondern aus einem Anderen, dem Wasser, gesetzte, d. i. ideelle.

Indem vorhin das Prinzip das Allgemeine, das Ideelle genannt worden,
wie noch mehr der Begriff, die Idee, der Geist Ideelles zu nennen ist
und dann wiederum die einzelnen sinnlichen Dinge
als ideell im Prinzip, im Begriffe, noch mehr im Geiste als aufgehoben sind,
so ist dabei auf dieselbe Doppelseite vorläufig aufmerksam zu machen,
die bei dem Unendlichen sich gezeigt hat,
nämlich daß das eine Mal das Ideelle das Konkrete, Wahrhaftseiende ist,
das andere Mal aber ebensosehr
seine Momente das Ideelle, in ihm Aufgehobene sind,
in der Tat aber nur das eine konkrete Ganze ist,
von dem die Momente untrennbar sind.


Bei dem Ideellen wird vornehmlich die Form der Vorstellung ((S172)) gemeint
und das, was in meiner Vorstellung überhaupt
oder im Begriffe, in der Idee, in der Einbildung usf. ist, ideell genannt,
so daß Ideelles überhaupt auch für Einbildungen gilt,
- Vorstellungen, die nicht nur vom Reellen unterschieden,
sondern wesentlich nicht reell sein sollen.

In der Tat ist der Geist der eigentliche Idealist überhaupt;
in ihm, schon wie er empfindend, vorstellend,
noch mehr insofern er denkend und begreifend ist,
ist der Inhalt nicht als sogenanntes reales Dasein;
in der Einfachheit des Ich ist solches äußerliches Sein nur aufgehoben,
es ist für mich, es ist ideell in mir.

Dieser subjektive Idealismus,
er sei als der bewußtlose Idealismus des Bewußtseins überhaupt
oder bewußt als Prinzip ausgesprochen und aufgestellt,
geht nur auf die Form der Vorstellung, nach der ein Inhalt der meinige ist; diese Form wird im systematischen

Idealismus der Subjektivität als die einzig wahrhafte, die ausschließende
gegen die Form der Objektivität oder Realität,
des äußerlichen Daseins jenes Inhalts behauptet.

Solcher Idealismus ist formell,
indem er den Inhalt des Vorstellens oder Denkens nicht beachtet,
welcher im Vorstellen oder Denken dabei
ganz in seiner Endlichkeit bleiben kann.

Es ist mit solchem Idealismus nichts verloren,
ebensowohl weil die Realität solchen endlichen Inhalts,
das mit Endlichkeit erfüllte Dasein erhalten ist,
als, insofern davon abstrahiert wird,
an sich an solchem Inhalt nichts gelegen sein soll;
und es ist nichts mit ihm gewonnen, eben weil nichts verloren ist,
weil Ich, die Vorstellung, der Geist
mit demselben Inhalt der Endlichkeit erfüllt bleibt.

Der Gegensatz der Form von Subjektivität und Objektivität
ist allerdings eine der Endlichkeiten;
aber der Inhalt, wie er in die Empfindung, Anschauung
oder auch in das abstraktere Element der Vorstellung, des Denkens
aufgenommen wird,
enthält die Endlichkeiten in Fülle,
welche mit dem ausschließen jener nur einen Weise der Endlichkeit,
    der Form von Subjektivem und Objektivem,
noch gar nicht weggebracht, noch weniger von selbst weggefallen sind.




Drittes Kapitel: Das Fürsichsein


Im Fürsichsein ist das qualitative Sein vollendet;
es ist das unendliche Sein.

Das Sein des Anfangs ist bestimmungslos.

Das Dasein ist das aufgehobene, aber nur unmittelbar aufgehobene Sein;
es enthält so zunächst nur die erste, selbst unmittelbare Negation;
das Sein ist zwar gleichfalls erhalten,
und beide [? S+ u. Ng+] im Dasein in einfacher Einheit vereint,
aber eben darum an sich einander noch ungleich,
und ihre Einheit noch nicht gesetzt.

Das Dasein ist darum die Sphäre der Differenz, des Dualismus,
das Feld der Endlichkeit.

Die Bestimmtheit ist Bestimmtheit als solche,
ein relatives, nicht absolutes Bestimmtsein.

Im Fürsichsein ist der Unterschied zwischen dem Sein
und der Bestimmtheit oder Negation gesetzt und ausgeglichen;
Qualität, Anderssein, Grenze, wie Realität, Ansichsein, Sollen usf.
sind die unvollkommenen Einbildungen der Negation in das Sein,
als in welchen die Differenz beider noch zugrunde liegt.

Indem aber in der Endlichkeit die Negation in die Unendlichkeit,
in die gesetzte Negation der Negation, übergegangen,
ist sie einfache Beziehung auf sich,
also an ihr selbst die Ausgleichung mit dem Sein,
- absolutes Bestimmtsein.


Das Fürsichsein ist erstens unmittelbar Fürsichseiendes, Eins.

Zweitens geht das Eins in die Vielheit der Eins über, - Repulsion;
welches Anderssein des Eins sich in der Idealität desselben aufhebt, - Attraktion.

Drittens die Wechselbestimmung der Repulsion und Attraktion,
in welcher sie in das Gleichgewicht zusammensinken,
und die Qualität, die sich im Fürsichsein auf ihre Spitze trieb,
in Quantität übergeht.




A. DAS FÜRSICHSEIN ALS SOLCHES



Der allgemeine Begriff des Fürsichseins hat sich ergeben.

Es käme nur darauf an, nachzuweisen, daß jenem Begriffe ((S174))
die Vorstellung entspricht, die wir mit dem Ausdrucke Fürsichsein verbinden,
um berechtigt zu sein, denselben für jenen Begriff zu gebrauchen.

Und so scheint es wohl;
wir sagen, daß etwas für sich ist, insofern als es das Anderssein,
seine Beziehung und Gemeinschaft mit Anderem aufhebt,
sie zurückgestoßen, davon abstrahiert hat.

Das Andere ist in ihm nur als ein Aufgehobenes, als sein Moment;
das Fürsichsein besteht darin,
über die Schranke, über sein Anderssein so hinausgegangen zu sein,
daß es als diese Negation die unendliche Rückkehr in sich ist.

- Das Bewußtsein enthält schon als solches
an sich die Bestimmung des Fürsichseins,
indem es einen Gegenstand, den es empfindet, anschaut usf.,
sich vorstellt, d. i. dessen Inhalt in ihm hat,
der auf die Weise als Ideelles ist;
es ist in seinem Anschauen selbst,
überhaupt in seiner Verwicklung mit dem Negativen seiner, mit dem Anderen,
bei sich selbst.

Das Fürsichsein ist das polemische, negative Verhalten
gegen das begrenzende Andere
und durch diese Negation desselben In-sich-Reflektiertsein,
ob schon neben dieser Rückkehr des Bewußtseins in sich
und der Idealität des Gegenstandes
auch noch die Realität desselben erhalten ist,
indem er zugleich als ein äußeres Dasein gewußt wird.

Das Bewußtsein ist so erscheinend oder der Dualismus,
einerseits von einem ihm anderen, äußerlichen Gegenstande zu wissen
und andererseits für sich zu sein, denselben in ihm ideell zu haben,
nicht nur bei solchem Anderen, sondern darin auch bei sich selbst zu sein.

Das Selbstbewußtsein dagegen ist das Fürsichsein als vollbracht und gesetzt;
jene Seite der Beziehung auf ein Anderes, einen äußeren Gegenstand ist entfernt.

Das Selbstbewußtsein ist so das nächste Beispiel der Präsenz der Unendlichkeit,
- einer freilich immer abstrakten Unendlichkeit,
die jedoch zugleich von ganz anders konkreter Bestimmung ist
als das Fürsichsein überhaupt,
dessen Unendlichkeit noch ganz nur qualitative Bestimmtheit hat.((S175))




a. Dasein und Fürsichsein



Das Fürsichsein ist, wie schon erinnert ist,
die in das einfache Sein zusammengesunkene Unendlichkeit;
es ist Dasein, insofern die negative Natur der Unendlichkeit,
    welche Negation der Negation ist,
in der nunmehr gesetzten Form der Unmittelbarkeit des Seins,
nur als Negation überhaupt, als einfache qualitative Bestimmtheit ist.

Das Sein in solcher Bestimmtheit, in der es Dasein ist,
ist aber sogleich vom Fürsichsein selbst auch unterschieden,
welches nur Fürsichsein, insofern seine Bestimmtheit jene unendliche ist;
jedoch ist das Dasein zugleich Moment des Fürsichseins selbst;
denn dieses enthält allerdings auch das mit der Negation behaftete Sein.

So ist die Bestimmtheit, welche am Dasein als solchem
ein Anderes und Sein-für-Anderes ist,
in die unendliche Einheit des Fürsichseins zurückgebogen,
und das Moment des Daseins ist im Fürsichsein als Sein-für-Eines vorhanden.




b. Sein-für-Eines



Dies Moment drückt aus, wie das Endliche
in seiner Einheit mit dem Unendlichen oder als Ideelles ist.

Das Fürsichsein hat die Negation nicht an ihm
als eine Bestimmtheit oder Grenze
und damit auch nicht als Beziehung auf ein von ihm anderes Dasein.

Indem nun dies Moment [? der Ng+] als Sein-für-Eines bezeichnet worden,
ist noch nichts vorhanden, für welches es wäre,
- das Eine nicht, dessen Moment es wäre.

Es ist in der Tat dergleichen noch nicht im Fürsichsein fixiert;
das, für welches Etwas (und [es] ist hier kein Etwas) wäre,
was die andere Seite überhaupt sein sollte,
ist gleicherweise Moment, selbst nur Sein-für-Eines, noch nicht Eines.

- Somit ist noch eine Ununterschiedenheit zweier Seiten,
die im Sein-für-Eines vorschweben können, vorhanden;
nur ein Sein-für-Anderes,
und weil es nur ein Sein-für-Anderes ist, ist dieses auch nur Sein-für-Eines;
es ist nur die eine Idealität dessen,
für welches oder in welchem eine Bestimmung als Moment, ((S176))
und dessen, was Moment in ihm sein sollte.
[? vgl. Doppelseite des Ideellen in Anm.: Der Idealismus]

So machen Für-Eines-Sein und das Fürsichsein
keine wahrhaften Bestimmtheiten gegeneinander aus.

Insofern der Unterschied auf einen Augenblick angenommen
und hier von einem Fürsichseienden gesprochen wird,
so ist es das Fürsichseiende, als Aufgehobensein des Andersseins, selbst,
welches sich auf sich als auf das aufgehobene Andere bezieht,
also für Eines ist;
es bezieht sich in seinem Anderen nur auf sich.

Das Ideelle ist notwendig für Eines, aber es ist nicht für ein Anderes;
das Eine, für welches es ist, ist nur es selbst.

- Ich also, der Geist überhaupt oder Gott sind Ideelle, weil sie unendlich sind;
aber sie sind ideell nicht - als für-sich-seiende -
verschieden von dem, das für Eines ist.

Denn so wären sie nur unmittelbare oder näher Dasein und ein Sein-für-Anderes,
weil das, welches für sie wäre, nicht sie selbst, sondern ein Anderes wäre,
wenn das Moment, für Eines zu sein, nicht ihnen zukommen sollte.

Gott ist daher für sich, insofern er selbst das ist, das für ihn ist.

Fürsichsein und Für-Eines-Sein
sind also nicht verschiedene Bedeutungen der Idealität,
sondern sind wesentliche, untrennbare Momente derselben.



Anmerkung: Ausdruck: Was für eines?



Der zunächst als sonderbar erscheinende Ausdruck unserer Sprache
für die Frage nach der Qualität, was für ein Ding etwas sei,
hebt das hier betrachtete Moment in seiner Reflexion-in-sich heraus.

Dieser Ausdruck ist in seinem Ursprung idealistisch,
indem er nicht fragt, was dies Ding A für ein anderes Ding B sei,
nicht, was dieser Mensch für einen anderen Menschen sei,
- sondern was dies für ein Ding, für ein Mensch ist,
so daß dies Sein-für-Eines zugleich zurückgenommen
ist in dies Ding, in diesen Menschen selbst,
daß dasjenige, welches ist, und das, für welches es ist,
ein und ((S177)) dasselbe ist,
- eine Identität, als welche auch die Idealität betrachtet werden muss.


Die Idealität kommt zunächst den aufgehobenen Bestimmungen zu,
als unterschieden von dem, worin sie aufgehoben sind,
das dagegen als das Reelle genommen werden kann.

So aber ist das Ideelle wieder eines der Momente und das Reale das andere;
die Idealität aber ist dies,
daß beide Bestimmungen gleicherweise nur für Eines sind
und nur für Eines gelten,
welche eine Idealität somit ununterschieden Realität ist.

In diesem Sinn ist das Selbstbewußtsein, der Geist, Gott das Ideelle,
als unendliche Beziehung rein auf sich,
- Ich ist für Ich, beide sind dasselbe, Ich ist zweimal genannt,
aber so von den Zweien ist jedes nur für Eines, ideell;
der Geist ist nur für den Geist, Gott nur für Gott,
und nur diese Einheit ist Gott, Gott als Geist.

- Das Selbstbewußtsein aber tritt als Bewußtsein
in den Unterschied seiner und eines Anderen
- oder seiner Idealität, in der es vorstellend ist,
und seiner Realität, indem seine Vorstellung einen bestimmten Inhalt hat,
der noch die Seite hat, als das unaufgehobene Negative,
als Dasein gewußt zu werden.

Jedoch den Gedanken, Geist, Gott nur ein Ideelles zu nennen,
setzt den Standpunkt voraus,
auf welchem das endliche Dasein als das Reale gilt
und das Ideelle oder das Sein-für-Eines nur einen einseitigen Sinn hat.


In einer vorhergehenden Anmerkung [S.17 2]
ist das Prinzip des Idealismus angegeben und gesagt worden,
daß es bei einer Philosophie alsdann näher darauf ankomme,
inwiefern das Prinzip durchgeführt ist.

Über die Art dieser Durchführung kann in Beziehung auf die Kategorie,
bei der wir stehen, noch eine weitere Bemerkung gemacht werden.

Diese Durchführung hängt zunächst davon ab, ob neben dem Fürsichsein
nicht noch das endliche Dasein selbständig bestehen bleibt,
außerdem aber, ob in dem Unendlichen schon selbst das Moment für Eines,
ein Verhalten des Ideellen zu sich als Ideellem, gesetzt sei.

So ist das eleatische Sein oder die spinozische Substanz
nur die abstrakte Negation aller ((S178)) Bestimmtheit,
ohne daß in ihr selbst die Idealität gesetzt wäre;
- bei Spinoza ist, wie weiter unten erwähnt werden wird,
die Unendlichkeit nur die absolute Affirmation eines Dinges,
somit nur die unbewegte Einheit;
die Substanz kommt daher nicht einmal zur Bestimmung des Fürsichseins,
viel weniger des Subjekts und des Geistes.

Der Idealismus des edlen Malebranche ist in sich explizierter;
er enthält folgende Grundgedanken:
da Gott alle ewigen Wahrheiten, die Ideen und Vollkommenheiten
aller Dinge in sich schließt, so daß sie nur die seinigen sind,
so sehen wir sie nur in ihm;
Gott erweckt in uns unsere Empfindungen von den Gegenständen
durch eine Aktion, die nichts Sinnliches hat, wobei wir uns einbilden,
daß wir vom Gegenstande nicht nur dessen Idee, die dessen Wesen vorstellt,
sondern auch die Empfindung von dem Dasein desselben erlangen
(De la recherche de la Verite, Eclaircissements sur la nature des idees etc. [Paris 1 674 ] ).

Wie also die ewigen Wahrheiten und Ideen (Wesenheiten) der Dinge,
so ist ihr Dasein - in Gott - ideell, nicht ein wirkliches Dasein;
obgleich als unsere Gegenstände, sind sie nur für Eines.

Dies Moment des explizierten und konkreten Idealismus,
das im Spinozismus mangelt, ist hier vorhanden,
indem die absolute Idealität als Wissen bestimmt ist.

So rein und tief dieser Idealismus ist,
so enthalten jene Verhältnisse teils noch viel für den Gedanken Unbestimmtes,
teils aber ist deren Inhalt sogleich ganz konkret
(die Sünde und die Erlösung usf. treten sogleich in sie ein);
die logische Bestimmung der Unendlichkeit, die dessen Grundlage sein müßte,
ist nicht für sich ausgeführt
und so jener erhabene und erfüllte Idealismus
wohl das Produkt eines reinen spekulativen Geistes, aber noch nicht
eines reinen spekulativen, allein wahrhaft begründenden Denkens.


Der Leibnizische Idealismus
liegt mehr innerhalb der Grenze des abstrakten Begriffes.

- Das Leibnizische vorstellende Wesen, die Monade, ist wesentlich Ideelles.

Das Vorstellen ist ein Fürsichsein,
in welchem die Bestimmtheiten nicht Grenzen und damit nicht ein Dasein,
sondern nur Momente sind. ((S179))

Vorstellen ist zwar gleichfalls eine konkretere Bestimmung,
aber hat hier keine weitere Bedeutung als die der Idealität;
denn auch das Bewußtseinslose überhaupt
ist bei Leibniz Vorstellendes, Perzipierendes.

Es ist in diesem Systeme also das Anderssein aufgehoben;
Geist und Körper oder die Monaden überhaupt sind nicht Andere füreinander,
sie begrenzen sich nicht, haben keine Einwirkung aufeinander;
es fallen überhaupt alle Verhältnisse weg,
welchen ein Dasein zum Grunde liegt.

Die Mannigfaltigkeit ist nur eine ideelle und innere,
die Monade bleibt darin nur auf sich selbst bezogen,
die Veränderungen entwickeln sich innerhalb ihrer
und sind keine Beziehungen derselben auf andere.

Was nach der realen Bestimmung
als daseiende Beziehung der Monaden aufeinander genommen wird,
ist ein unabhängiges, nur simultanes Werden,
in das Fürsichsein einer jeden eingeschlossen.

- Daß es mehrere Monaden gibt,
daß sie damit auch als Andere bestimmt werden,
geht die Monaden selbst nichts an;
es ist dies die außer ihnen fallende Reflexion eines Dritten;
sie sind nicht an ihnen selbst Andere gegeneinander;
das Fürsichsein ist rein ohne das Daneben eines Daseins gehalten.

- Allein hierin liegt zugleich das Unvollendete dieses Systems.

Die Monaden sind nur an sich oder in Gott, als der Monade der Monaden,
oder auch im Systeme, so Vorstellende [sind].

Das Anderssein ist gleichfalls vorhanden;
es falle wohin es wolle, in die Vorstellung selbst,
oder wie das Dritte bestimmt werde, welches sie als Andere, als Viele betrachtet.

Die Vielheit ihres Daseins ist nur ausgeschlossen, und zwar nur momentan,
die Monaden nur durch die Abstraktion als solche gesetzt,
welche Nicht-Andere seien.

Wenn es ein Drittes ist, welches ihr Anderssein setzt,
so ist es auch ein Drittes, welches ihr Anderssein aufhebt;
aber diese ganze Bewegung, welche sie zu ideellen macht, fällt außer ihnen.

Indem aber daran erinnert werden kann, daß diese Bewegung des Gedankens
selbst doch nur innerhalb einer vorstellenden Monade falle,
so ist zugleich zu erinnern, daß eben der Inhalt solchen Denkens
in sich selbst sich äußerlich ((S180)) ist.

Es wird von der Einheit der absoluten Idealität (der Monade der Monade)
unmittelbar, unbegriffen (durch die Vorstellung des Erschaffens)
zur Kategorie der abstrakten (beziehungslosen) Vielheit des Daseins übergegangen
und von dieser ebenso abstrakt zurück zu jener Einheit.

Die Idealität, das Vorstellen überhaupt, bleibt etwas Formelles,
wie gleichfalls das zum Bewußtsein gesteigerte Vorstellen.

Wie in dem oben angeführten Einfalle Leibnizens von der Magnetnadel,
die, wenn sie ein Bewußtsein hätte, ihre Richtung nach Norden
für eine Bestimmung ihrer Freiheit ansehen würde,
das Bewußtsein nur als einseitige Form,
welche gegen ihre Bestimmung und Inhalt gleichgültig sei,
gedacht wird,
so ist die Idealität in den Monaden
eine der Vielheit äußerlich bleibende Form.

Die Idealität soll ihnen immanent, ihre Natur Vorstellen sein;
aber ihr Verhalten ist einerseits ihre Harmonie, die nicht in ihr Dasein fällt,
sie ist daher prästabiliert;
andererseits ist dieses ihr Dasein nicht als Sein-für-Anderes,
noch weiter als Idealität gefaßt,
sondern nur als abstrakte Vielheit bestimmt;
die Idealität der Vielheit und die weitere Bestimmung derselben zur Harmonie
wird nicht dieser Vielheit selbst immanent und angehörig.


Anderer Idealismus, wie zum Beispiel der Kantische und Fichtesche,
kommt nicht über das Sollen oder den unendlichen Progreß hinaus
und bleibt im Dualismus des Daseins und des Fürsichseins.

In diesen Systemen tritt das Ding-an-sich oder der unendliche Anstoß
zwar unmittelbar in das Ich und wird nur ein Für-dasselbe;
aber er geht von einem freien Anderssein aus,
das als negatives Ansichsein perenniert.

Das Ich wird daher wohl als das Ideelle, als für sich seiend,
als unendliche Beziehung-auf-sich bestimmt;
aber das Für-Eines-Sein ist nicht vollendet zum Verschwinden jenes Jenseitigen
oder der Richtung nach dem Jenseits. ((S181))




c. Eins



Das Fürsichsein ist die einfache Einheit
seiner selbst und seines Moments, des Seins-für-Eines.

Es ist nur eine Bestimmung vorhanden,
die Beziehung-auf-sich-selbst des Aufhebens.

Die Momente des Fürsichseins sind in Unterschiedslosigkeit zusammengesunken,
welche Unmittelbarkeit oder Sein ist,
aber eine Unmittelbarkeit, die sich auf das Negieren gründet, [?]
das als ihre Bestimmung gesetzt ist.

Das Fürsichsein ist so Fürsichseiendes und,
indem in dieser Unmittelbarkeit seine innere Bedeutung verschwindet,
die ganz abstrakte Grenze seiner selbst,
- das Eins.


Es kann zum voraus auf die Schwierigkeit,
welche in der nachfolgenden Darstellung der Entwicklung des Eins liegt,
und auf den Grund dieser Schwierigkeit aufmerksam gemacht werden.

Die Momente, welche den Begriff des Eins als Fürsichsein ausmachen,
treten darin auseinander; sie sind
1. Negation überhaupt,
2. zwei Negationen
3. somit Zweier, die dasselbe sind,
4. die schlechthin entgegengesetzt sind;
5. Beziehung auf sich, Identität als solche,
6. negative Beziehung und doch auf sich selbst.

Diese Momente treten hier dadurch auseinander,
daß die Form der Unmittelbarkeit, des Seins,
am Fürsichsein als Fürsichseiendem hereinkommt;
durch diese Unmittelbarkeit
wird jedes Moment als eine eigene, seiende Bestimmung gesetzt;
und doch sind sie ebenso untrennbar.

Somit muss von jeder Bestimmung ebenso ihr Gegenteil gesagt werden;
dieser Widerspruch ist es,
der, bei der abstrakten Beschaffenheit der Momente,
die Schwierigkeit ausmacht.




B. EINS UND VIELES



Das Eins ist die einfache Beziehung des Fürsichseins auf sich selbst,
in der seine Momente in sich zusammengefallen sind,
in der es daher die Form der Unmittelbarkeit hat
und seine Momente daher nun daseiende werden. ((S182))


Als Beziehung des Negativen auf sich ist das Eins Bestimmen,
- und als Beziehung auf sich ist es unendliches Selbstbestimmen.

Aber um der nunmehrigen Unmittelbarkeit willen
sind diese Unterschiede nicht mehr nur als Momente
einer und derselben Selbstbestimmung,
sondern zugleich als Seiende gesetzt.

Die Idealität des Fürsichseins als Totalität
schlägt so fürs erste in die Realität um,
und zwar in die festeste, abstrakteste, als Eins.

Das Fürsichsein ist im Eins die gesetzte Einheit des Seins und Daseins,
als die absolute Vereinigung
der Beziehung auf Anderes und der Beziehung auf sich;
aber dann tritt auch die Bestimmtheit des Seins
gegen die Bestimmung der unendlichen Negation,
gegen die Selbstbestimmung ein,
so daß, was Eins an sich ist, es nun nur an ihm ist
und damit das Negative ein als von ihm unterschiedenes Anderes.

Was sich als von ihm unterschieden vorhanden zeigt,
ist sein eigenes Selbstbestimmen;
dessen Einheit mit sich, so als unterschieden von sich,
ist zur Beziehung herabgesetzt
und als negative Einheit Negation seiner selbst als eines Anderen,
ausschließen des Eins als eines Anderen aus sich, dem Eins.




a. Das Eins an ihm selbst



An ihm selbst ist das Eins überhaupt;
dies sein Sein ist kein Dasein,
keine Bestimmtheit als Beziehung auf Anderes, keine Beschaffenheit;
es ist dies, diesen Kreis von Kategorien negiert zu haben.

Das Eins ist somit keines Anderswerdens fähig;
es ist unveränderlich.


Es ist unbestimmt, jedoch nicht mehr wie das Sein;
seine Unbestimmtheit
ist die Bestimmtheit, welche Beziehung auf sich selbst ist,
absolutes Bestimmtsein;
gesetztes Insichsein.

Als nach seinem Begriffe sich auf sich beziehende Negation
hat es den Unterschied in ihm,
- eine Richtung von sich ab hinaus auf Anderes,
die aber unmittelbar umgewendet,
    weil nach diesem Momente des Selbstbestimmens
    kein Anderes ist, auf das sie gehe,
und die in sich zurückgekehrt ist. ((S183))


In dieser einfachen Unmittelbarkeit
ist die Vermittlung des Daseins und der Idealität selbst
und damit alle Verschiedenheit und Mannigfaltigkeit verschwunden.

Es ist nichts in ihm;
dies Nichts, die Abstraktion der Beziehung auf sich selbst,
ist hier unterschieden von dem Insichsein selbst,
es ist ein Gesetztes,
weil dies Insichsein nicht mehr das Einfache des Etwas ist,
sondern die Bestimmung hat, als Vermittlung konkret zu sein;
als abstrakt aber ist es [? Insichsein, Nichts] zwar identisch mit Eins,
aber verschieden von dessen Bestimmung.

So dies Nichts gesetzt als in Einem, ist das Nichts als Leeres.

- Das Leere ist so die Qualität des Eins in seiner Unmittelbarkeit.




b. Das Eins und das Leere



Das Eins ist das Leere
als die abstrakte Beziehung der Negation auf sich selbst.

Aber von der einfachen Unmittelbarkeit,
dem auch affirmativen Sein des Eins,
ist das Leere als das Nichts schlechthin verschieden,
und indem sie in einer Beziehung, des Eins selbst nämlich, stehen,
ist ihre Verschiedenheit gesetzt;
verschieden aber vom Seienden ist das Nichts als Leeres
außer dem seienden Eins.


Das Fürsichsein,
indem es sich auf diese Weise als das Eins und das Leere bestimmt,
hat wieder ein Dasein erlangt.

- Das Eins und das Leere haben die negative Beziehung auf sich
zu ihrem gemeinschaftlichen, einfachen Boden.

Die Momente des Fürsichseins treten aus dieser Einheit, werden sich Äußerliche;
indem durch die einfache Einheit der Momente
die Bestimmung des Seins hereinkommt,
so setzt sie sich selbst zu einer Seite, damit zum Dasein herab,
und darin stellt sich ihre andere Bestimmung, die Negation überhaupt,
gleichfalls als Dasein des Nichts, als das Leere gegenüber.



Anmerkung: Die Atomistik



Das Eins in dieser Form von Dasein ist die Stufe der Kategorie,
die bei den Alten als das atomistische Prinzip vorgekommen ((S184)) ist,
nach welchem das Wesen der Dinge ist - das Atome und das Leere (XXX).

Die Abstraktion, zu dieser Form gediehen,
hat eine größere Bestimmtheit gewonnen
als das Sein des Parmenides und das Werden des Heraklit.

So hoch sie sich stellt,
indem sie diese einfache Bestimmtheit des Eins und des Leeren
zum Prinzip aller Dinge macht,
die unendliche Mannigfaltigkeit der Welt
auf diesen einfachen Gegensatz zurückführt
und sie aus ihm zu erkennen sich erkühnt,
ebenso leicht ist es für das vorstellende Reflektieren,
sich hier Atome und daneben das Leere vorzustellen.

Es ist daher kein Wunder,
daß das atomistische Prinzip sich jederzeit erhalten hat;
das gleich triviale und äußerliche Verhältnis der Zusammensetzung,
das noch hinzukommen muss,
um zum Scheine eines Konkreten und einer Mannigfaltigkeit zu gelangen,
ist ebenso populär als die Atome selbst und das Leere.

Das Eins und das Leere ist das Fürsichsein,
das höchste qualitative Insichsein zur völligen Äußerlichkeit herabgesunken;
die Unmittelbarkeit oder das Sein des Eins,
weil es die Negation alles Andersseins ist,
ist gesetzt, nicht mehr bestimmbar und veränderlich zu sein;
für dessen absolute Sprödigkeit bleibt also
alle Bestimmung, Mannigfaltigkeit, Verknüpfung
schlechthin äußerliche Beziehung.


In dieser Äußerlichkeit ist jedoch das atomistische Prinzip
nicht bei den ersten Denkern desselben geblieben,
sondern es hatte außer seiner Abstraktion
auch eine spekulative Bestimmung darin,
daß das Leere als der Quell der Bewegung erkannt worden ist;
was eine ganz andere Beziehung des Atomen und des Leeren ist
als das bloße Nebeneinander
und die Gleichgültigkeit dieser beiden Bestimmungen gegeneinander.

Daß das Leere der Quell der Bewegung ist, hat nicht den geringfügigen Sinn,
daß sich Etwas nur in ein Leeres hineinbewegen könne
und nicht in einen schon erfüllten Raum,
denn in einem solchen fände es keinen Platz mehr offen;
in welchem Verstande das Leere nur die Voraussetzung oder Bedingung,
nicht der Grund der Bewegung wäre,
so ((S185)) wie auch die Bewegung selbst als vorhanden vorausgesetzt
und das Wesentliche, ein Grund derselben, vergessen ist.

Die Ansicht, daß das Leere den Grund der Bewegung ausmache,
enthält den tieferen Gedanken, daß im Negativen überhaupt
der Grund des Werdens, der Unruhe der Selbstbewegung liegt;
in welchem Sinne aber das Negative
als die wahrhafte Negativität des Unendlichen zu nehmen ist.

- Das Leere ist Grund der Bewegung
nur als die negative Beziehung des Eins auf sein Negatives, auf das Eins,
d. i. auf sich selbst, das jedoch als Daseiendes gesetzt ist.

Sonst aber sind weitere Bestimmungen der Alten
über eine Gestalt, Stellung der Atome, die Richtung ihrer Bewegung
willkürlich und äußerlich genug
und stehen dabei in direktem Widerspruch
mit der Grundbestimmung des Atomen.

An den Atomen, dem Prinzip der höchsten Äußerlichkeit
und damit der höchsten Begrifflosigkeit,
leidet die Physik in den Molekülen, Partikeln
ebensosehr als die Staatswissenschaft,
die von dem einzelnen Willen der Individuen ausgeht.




c. Viele Eins; Repulsion



Das Eins und das Leere
macht das Fürsichsein in seinem nächsten Dasein aus.

Jedes dieser Momente hat zu seiner Bestimmung die Negation
und ist zugleich als ein Dasein gesetzt.

Nach jener ist das Eins und das Leere die Beziehung
der Negation auf die Negation als eines Anderen auf sein Anderes;
das Eins ist die Negation in der Bestimmung des Seins,
das Leere die Negation in der Bestimmung des Nichtseins.

Aber das Eins ist wesentlich nur Beziehung auf sich als beziehende Negation,
d. h. ist selbst dasjenige, was das Leere außer ihm sein soll.

Beide sind aber auch gesetzt als ein affirmatives Dasein,
das eine als das Fürsichsein als solches,
das andere als unbestimmtes Dasein überhaupt,
und [beide] sich aufeinander als auf ein anderes Dasein beziehend.

Das Fürsichsein des Eins ist jedoch wesentlich
die Idealität des ((S186)) Daseins und des Anderen;
es bezieht sich nicht als auf ein Anderes, sondern nur auf sich.

Indem aber das Fürsichsein als Eins,
als für sich Seiendes, als unmittelbar Vorhandenes fixiert ist,
ist seine negative Beziehung auf sich zugleich Beziehung auf ein Seiendes;
und da sie ebensosehr negativ ist, bleibt das, worauf es sich bezieht,
als ein Dasein und ein Anderes bestimmt;
als wesentlich Beziehung auf sich selbst ist das Andere
nicht die unbestimmte Negation, als Leeres, sondern ist gleichfalls Eins.

Das Eins ist somit Werden zu vielen Eins.


Eigentlich ist dies aber nicht sowohl ein Werden;
denn Werden ist ein Übergehen von Sein in Nichts;
Eins hingegen wird nur zu Eins.

Eins, das Bezogene, enthält das Negative als Beziehung,
hat dasselbe also an ihm selbst.

Statt des Werdens ist also
erstens die eigene immanente Beziehung des Eins vorhanden;
und zweitens, insofern sie negativ und das Eins seiendes zugleich ist,
so stößt das Eins sich selbst von sich ab.

Die negative Beziehung des Eins auf sich ist Repulsion.


Diese Repulsion, so als das Setzen der vielen Eins, aber durch Eins selbst,
ist das eigene Außersichkommen des Eins,
aber zu solchen außer ihm, die selbst nur Eins sind.

Es ist dies die Repulsion dem Begriffe nach, die an sich seiende.

Die zweite Repulsion ist davon unterschieden
und ist die der Vorstellung der äußeren Reflexion zunächst vorschwebende,
als nicht das Erzeugen der Eins,
sondern nur als gegenseitiges Abhalten vorausgesetzter,
schon vorhandener Eins.

Es ist dann zu sehen, wie jene an sich seiende Repulsion
zur zweiten, der äußerlichen, sich bestimmt.


Zunächst ist festzusetzen,
welche Bestimmungen die vielen Eins als solche haben.

Das Werden zu Vielen oder Produziertwerden der Vielen
verschwindet unmittelbar als Gesetztwerden;
die Produzierten sind Eins,
nicht für Anderes, sondern beziehen sich unendlich auf sich selbst.

Das Eins stößt nur sich von sich selbst ab,
wird also nicht, sondern es ist schon;
das als das Repellierte vorgestellt wird,
ist gleichfalls ((S187)) ein Eins, ein Seiendes;
Repellieren und Repelliertwerden kommt beiden auf gleiche Weise zu
und macht keinen Unterschied.


Die Eins sind so vorausgesetzte gegeneinander;
- gesetzte: durch die Repulsion des Eins von sich selbst;
voraus: gesetzt als nicht gesetzt;
ihr Gesetztsein ist aufgehoben,
sie sind Seiende gegeneinander, als sich nur auf sich beziehende.


Die Vielheit erscheint somit nicht als ein Anderssein,
sondern als eine dem Eins vollkommen äußere Bestimmung.

Eins, indem es sich selbst repelliert, bleibt Beziehung auf sich
wie das, das zunächst als repelliert genommen wird.

Daß die Eins andere gegeneinander,
in die Bestimmtheit der Vielheit zusammengefaßt sind,
geht also die Eins nichts an.

Wäre die Vielheit eine Beziehung der Eins selbst aufeinander,
so begrenzten sie einander
und hätten ein Sein-für-Anderes affirmativ an ihnen.

Ihre Beziehung
- und diese haben sie durch ihre an sich seiende Einheit -,
wie sie hier gesetzt ist, ist als keine bestimmt;
sie ist wieder das vorhingesetzte Leere.

Es ist ihre aber ihnen äußerliche Grenze,
in der sie nicht füreinander sein sollen.

Die Grenze ist das, worin die Begrenzten ebensosehr sind als nicht sind;
aber das Leere ist als das reine Nichtsein bestimmt,
und nur dies macht ihre Grenze aus.


Die Repulsion des Eins von sich selbst ist die Explikation dessen,
was das Eins an sich ist;
die Unendlichkeit aber als auseinander gelegt
ist hier die außer sich gekommene Unendlichkeit;
außer sich gekommen ist sie durch die Unmittelbarkeit des Unendlichen,
des Eins.

Sie ist ein ebenso einfaches Beziehen des Eins auf Eins
als vielmehr die absolute Beziehungslosigkeit des Eins;
jenes nach der einfachen affirmativen Beziehung des Eins auf sich,
dieses nach eben derselben als negativen.

Oder die Vielheit des Eins ist das eigene Setzen des Eins;
das Eins ist nichts als die negative Beziehung des Eins auf sich,
und diese Beziehung, also das Eins selbst, ist das viele Eins.

Aber ebenso ist die Vielheit dem Eins schlechthin äußerlich;
denn das Eins ist eben das Aufheben ((S188)) des Andersseins,
die Repulsion ist seine Beziehung auf sich
und einfache Gleichheit mit sich selbst.

Die Vielheit der Eins ist die Unendlichkeit,
als unbefangen sich hervorbringender Widerspruch.



Anmerkung: Leibnizische Monade



Es ist vorhin des Leibnizischen Idealismus erwähnt worden.

Es kann hier hinzugesetzt werden,
daß derselbe von der vorstellenden Monade aus,
die als fürsichseiende bestimmt ist,
nur bis zu der soeben betrachteten Repulsion fortging,
und zwar nur zu der Vielheit als solcher,
in der die Eins jedes nur für sich,
gleichgültig gegen das Dasein und Fürsich-Sein Anderer ist
oder überhaupt Andere gar nicht für das Eins sind.

Die Monade ist für sich die ganze abgeschlossene Welt;
es bedarf keine der anderen;
aber diese innere Mannigfaltigkeit, die sie in ihrem Vorstellen hat,
ändert in ihrer Bestimmung, für sich zu sein, nichts.

Der Leibnizische Idealismus nimmt die Vielheit
unmittelbar als eine gegebene auf
und begreift sie nicht als eine Repulsion der Monade;
er hat daher die Vielheit nur nach der Seite ihrer abstrakten Äußerlichkeit.

Die Atomistik hat den Begriff der Idealität nicht;
sie faßt das Eins nicht als ein solches,
das in ihm selbst die beiden Momente
des Fürsichseins und des Für-es-Seins enthält, also als Ideelles,
sondern nur als einfach, trocken Fürsichseiendes.

Aber sie geht über die bloß gleichgültige Vielheit hinaus;
die Atome kommen in eine weitere Bestimmung gegeneinander,
wenn auch eigentlich auf inkonsequente Weise;
dahingegen in jener gleichgültigen Unabhängigkeit der Monaden
die Vielheit als starre Grundbestimmung bleibt,
so daß ihre Beziehung nur in die Monade der Monaden
oder in den betrachtenden Philosophen fällt. ((S189))




C. REPULSION UND ATTRAKTION
a. ausschließen des Eins


Die vielen Eins sind Seiende;
ihr Dasein oder Beziehung aufeinander ist Nicht-Beziehung,
sie ist ihnen äußerlich, - das abstrakte Leere.

Aber sie selbst sind diese negative Beziehung auf sich
nun als auf seiende Andere,
- der aufgezeigte Widerspruch, die Unendlichkeit,
gesetzt in Unmittelbarkeit des Seins.

Hiermit findet nun die Repulsion das unmittelbar vor,
was von ihr repelliert ist.

Sie ist in dieser Bestimmung ausschließen;
das Eins repelliert nur die vielen von ihm unerzeugten,
nichtgesetzten Eins von sich.

Dies Repellieren ist, gegenseitig oder allseitig,
- relativ, durch das Sein der Eins beschränkt.


Die Vielheit ist zunächst nicht gesetztes Anderssein,
die Grenze nur das Leere, nur das, worin die Eins nicht sind.

Aber sie sind auch in der Grenze;
sie sind im Leeren, oder ihre Repulsion ist ihre gemeinsame Beziehung.


Diese gegenseitige Repulsion ist das gesetzte Dasein der vielen Eins;
sie ist nicht ihr Fürsichsein,
nach dem sie nur in einem Dritten als Vieles unterschieden wären,
sondern ihr eigenes sie erhaltendes Unterscheiden.

- Sie negieren sich gegenseitig,
setzen einander als solche, die nur für Eines sind.

Aber sie negieren ebensosehr zugleich dies, nur für Eines zu sein;
sie repellieren diese ihre Idealität und sind.

- So sind die Momente getrennt,
die in der Idealität schlechthin vereinigt sind.

Das Eins ist in seinem Fürsichsein auch für Eines,
aber dies Eine, für welches es ist, ist es selbst;
sein Unterscheiden von sich ist unmittelbar aufgehoben.

Aber in der Vielheit hat das unterschiedene Eins ein Sein;
das Sein-für-Eines, wie es in dem ausschließen bestimmt ist,
ist daher ein Sein-für-Anderes.

Jedes wird so von einem Anderen repelliert, aufgehoben
und zu einem gemacht, das nicht für sich, sondern für Eines,
und zwar ein anderes Eins ist.


Das Fürsichsein der vielen Eins zeigt sich hiernach
als ihre ((S190)) Selbsterhaltung
durch die Vermittlung ihrer Repulsion gegeneinander,
in der sie sich gegenseitig aufheben
und die anderen als ein bloßes Sein-für-Anderes setzen;
aber zugleich besteht sie [? Repulsion] darin, diese Idealität zu repellieren
und die Eins zu setzen, nicht für ein Anderes zu sein.

Diese Selbsterhaltung der Eins durch ihre negative Beziehung aufeinander
ist aber vielmehr ihre Auflösung.


Die Eins sind nicht nur,
sondern sie erhalten sich durch ihr gegenseitiges ausschließen.

Erstens ist nun das,
wodurch sie festen Halt ihrer Verschiedenheit
gegen ihr Negiertwerden haben sollten,
ihr Sein, und zwar ihr Ansichsein gegen ihre Beziehung auf Anderes;
dies Ansichsein ist, daß sie Eins sind.

Aber dies sind Alle;
sie sind in ihrem Ansichsein dasselbe,
statt darin den festen Punkt ihrer Verschiedenheit zu haben.

Zweitens ihr Dasein und ihr Verhalten zueinander,
d. i. ihr Sich-selbst-als-Eins-Setzen,
ist das gegenseitige Negieren;
dies ist aber gleichfalls eine und dieselbe Bestimmung aller,
durch welche sie sich also vielmehr als identisch setzen,
- wie dadurch, daß sie an sich dasselbe sind,
ihre als durch Andere zu setzende Idealität ihre eigene ist,
welche sie also ebensowenig repellieren.

- Sie sind hiermit ihrem Sein und Setzen nach nur eine affirmative Einheit.


Diese Betrachtung der Eins, daß sie nach ihren beiden Bestimmungen,
    sowohl insofern sie sind als insofern sie sich aufeinander beziehen,
sich nur als ein und dasselbe und ihre Ununterscheidbarkeit zeigen,
ist unsere Vergleichung.

- Es ist aber auch zu sehen,
was in ihrer Beziehung aufeinander selbst gesetzt an ihnen ist.

- Sie sind, dies ist in dieser Beziehung vorausgesetzt,
- und sind nur, insofern sie sich gegenseitig negieren
und diese ihre Idealität, ihr Negiertsein zugleich von sich selbst abhalten,
d. i. das gegenseitige Negieren negieren.

Aber sie sind nur, insofern sie negieren;
so wird, indem dies ihr Negieren negiert wird, ihr Sein negiert.

Zwar, indem sie sind, würden sie durch dies Negieren nicht negiert,
es ist nur ein Äußerliches für sie;
dies Negieren des Anderen prallt an ihnen ab
und trifft nur berührend ihre ((S191)) Oberfläche.

Allein nur durch das Negieren der Anderen kehren sie in sich selbst zurück;
sie sind nur als diese Vermittlung,
diese ihre Rückkehr ist ihre Selbsterhaltung und ihr Fürsichsein.

Indem ihr Negieren nichts effektuiert,
durch den Widerstand, den die Seienden als solche oder als negierend leisten,
so kehren sie nicht in sich zurück, erhalten sich nicht und sind nicht.


Vorhin wurde die Betrachtung gemacht,
daß die Eins dasselbe, jedes derselben Eins ist wie das Andere.

Dies ist nicht nur unser Beziehen, ein äußerliches Zusammenbringen,
sondern die Repulsion ist selbst Beziehen;
das die Eins ausschließende Eins bezieht sich selbst auf sie, die Eins,
d. h. auf sich selbst.

Das negative Verhalten der Eins zueinander
ist somit nur ein Mit-sich-Zusammengehen.

Diese Identität, in welche ihr Reppellieren übergeht,
ist das Aufheben ihrer Verschiedenheit und Äußerlichkeit,
die sie vielmehr gegeneinander als Ausschließende behaupten sollten.


Dies Sich-in-ein-Eines-Setzen der vielen Eins ist die Attraktion.



Anmerkung:
Satz der Einheit des Eins und des Vielen



Die Selbständigkeit, auf die Spitze des fürsichseienden Eins getrieben,
ist die abstrakte, formelle Selbständigkeit, die sich selbst zerstört,
der höchste, hartnäckigste Irrtum, der sich für die höchste Wahrheit nimmt,
- in konkreteren Formen als abstrakte Freiheit, als reines Ich,
und dann weiter als das Böse erscheinend.

Es ist die Freiheit, die sich so vergreift,
ihr Wesen in diese Abstraktion zu setzen,
und in diesem Beisichsein sich schmeichelt, sich rein zu gewinnen.

Diese Selbständigkeit ist bestimmter der Irrtum,
das als negativ anzusehen und sich gegen das als negativ zu verhalten,
was ihr eigenes Wesen ist.

Sie ist so das negative Verhalten gegen sich selbst,
welches, indem es sein eigenes Sein gewinnen will, dasselbe zerstört,
und dies sein Tun ist nur die Manifestation der Nichtigkeit dieses Tuns.

Die Versöhnung ist die Anerkennung dessen,
gegen welches das negative ((S192)) Verhalten geht,
vielmehr als seines Wesens,
und ist nur als Ablassen von der Negativität seines Fürsichseins,
statt an ihm festzuhalten.


Es ist ein alter Satz,
daß das Eine Vieles und insbesondere daß das Viele Eines ist.

Es ist hierüber die Bemerkung zu wiederholen,
daß die Wahrheit des Eins und des Vielen in Sätzen ausgedrückt
in einer unangemessenen Form erscheint,
daß diese Wahrheit nur als ein Werden, als ein Prozeß, Repulsion und Attraktion,
nicht als das Sein, wie es in einem Satze als ruhige Einheit gesetzt ist,
zu fassen und auszudrücken ist.

Es ist oben der Dialektik Platons im Parmenides
über die Ableitung des Vielen aus dem Eins,
nämlich aus dem Satze >>Eines ist<<, erwähnt und erinnert worden.

Die innere Dialektik des Begriffes ist angegeben worden;
am leichtesten ist die Dialektik des Satzes, daß Vieles Eines ist,
als äußerliche Reflexion zu fassen;
und äußerlich darf sie hier sein,
insofern auch der Gegenstand, die Vielen, das einander Äußerliche ist.

Diese Vergleichung der Vielen miteinander ergibt sogleich,
daß Eines schlechthin nur bestimmt ist wie das Andere;
jedes ist Eins, jedes ist Eins der Vielen, ist ausschließend die anderen,
- so daß sie schlechthin nur dasselbe sind,
schlechthin nur eine Bestimmung vorhanden ist.

Es ist dies das Faktum, und es ist nur darum zu tun,
dies einfache Faktum aufzufassen.

Die Hartnäckigkeit des Verstandes weigert sich
nur darum gegen dieses Auffassen,
weil ihm auch der Unterschied, und zwar mit Recht, vorschwebt;
aber dieser bleibt um jenes Faktums willen so wenig aus,
als gewiß jenes Faktum ungeachtet des Unterschiedes existiert.

Man könnte den Verstand damit für das schlichte Auffassen
des Faktums des Unterschiedes gleichsam trösten,
daß der Unterschied auch wieder eintreten werde.




b. Das eine Eins der Attraktion



Die Repulsion ist die Selbstzersplitterung des Eins zunächst in Viele,
deren negatives Verhalten ohnmächtig ist,
weil sie ((S193)) einander als Seiende voraussetzen;
sie ist nur das Sollen der Idealität;
diese aber wird realisiert in der Attraktion.

Die Repulsion geht in Attraktion über, die vielen Eins in ein Eins.

Beide, Repulsion und Attraktion, sind zunächst unterschieden,
jene als die Realität der Eins, diese als deren gesetzte Idealität.

Die Attraktion bezieht sich auf diese Weise auf die Repulsion,
daß sie diese zur Voraussetzung hat.

Die Repulsion liefert die Materie für die Attraktion.

Wenn keine Eins wären, so wäre nichts zu attrahieren;
die Vorstellung fortdauernder Attraktion, der Konsumtion der Eins,
setzt ein ebenso fortdauerndes Erzeugen der Eins voraus;
die sinnliche Vorstellung der räumlichen Attraktion
läßt den Strom der attrahiertwerdenden Eins fortdauern;
an die Stelle der Atome, die in dem attrahierenden Punkte verschwinden,
tritt eine andere Menge
und, wenn man will, ins Unendliche aus dem Leeren hervor.

Wenn die Attraktion vollführt,
d. i. die Vielen auf den Punkt eines Eins gebracht vorgestellt würden,
so wäre nur ein träges Eins, kein Attrahieren mehr vorhanden.

Die in der Attraktion daseiende Idealität
hat auch noch die Bestimmung der Negation ihrer selbst,
die vielen Eins, auf die sie die Beziehung ist, an ihr,
und die Attraktion ist untrennbar von der Repulsion.


Das Attrahieren kommt zunächst
jedem der vielen als unmittelbar vorhandenen Eins auf gleiche Weise zu;
keines hat einen Vorzug vor dem anderen;
so wäre ein Gleichgewicht im Attrahieren,
eigentlich ein Gleichgewicht der Attraktion und der Repulsion selbst vorhanden
und eine träge Ruhe ohne daseiende Idealität.

Aber es kann hier nicht von einem Vorzuge
eines solchen Eins vor dem anderen,
    was einen bestimmten Unterschied zwischen ihnen voraussetzte,
die Rede sein,
vielmehr ist die Attraktion
das Setzen der vorhandenen Ununterschiedenheit [? !] der Eins.

Erst die Attraktion selbst
ist das Setzen eines von den anderen unterschiedenen Eins;
sie sind nur die unmittelbaren
durch die Repulsion sich erhalten sollenden Eins;
durch ihre gesetzte Negation aber geht das Eins der Attraktion hervor,
das daher als das Vermittelte, ((S194))
das als Eins gesetzte Eins, bestimmt ist.

Die ersten als unmittelbare kehren in ihrer Idealität nicht in sich zurück,
sondern haben dieselbe an einem anderen.


Das eine Eins aber ist die realisierte, an dem Eins gesetzte Idealität;
es ist attrahierend durch die Vermittlung der Repulsion;
es enthält diese Vermittlung in sich selbst als seine Bestimmung.

Es verschlingt so die attrahierten Eins nicht in sich als in einen Punkt,
d. h. es hebt sie nicht abstrakt auf.

Indem es die Repulsion in seiner Bestimmung enthält,
erhält diese die Eins als Viele zugleich in ihm;
es bringt sozusagen durch sein Attrahieren etwas vor sich,
gewinnt einen Umfang oder Erfüllung.

Es ist so in ihm Einheit der Repulsion und Attraktion überhaupt.




c. Die Beziehung der Repulsion und Attraktion



Der Unterschied von Einem und Vielen
hat sich zum Unterschiede ihrer Beziehung aufeinander bestimmt,
welche in zwei Beziehungen, die Repulsion und die Attraktion, zerlegt ist,
deren jede zunächst selbständig außer der anderen steht,
so daß sie jedoch wesentlich zusammenhängen.

Die noch unbestimmte Einheit derselben hat sich näher zu ergeben.


Die Repulsion als die Grundbestimmung des Eins
erscheint zuerst und als unmittelbar,
wie ihre zwar von ihr erzeugten,
jedoch zugleich als unmittelbar gesetzten Eins,
und hiermit gleichgültig gegen die Attraktion,
welche an sie als so vorausgesetzte äußerlich hinzukommt.

Dagegen wird die Attraktion nicht von der Repulsion vorausgesetzt,
so daß an deren Setzen und Sein jene keinen Anteil haben soll,
d. i. daß die Repulsion nicht an ihr schon die Negation ihrer selbst,
die Eins nicht schon an ihnen Negierte wären.

Auf solche Weise haben wir die Repulsion abstrakt für sich,
wie gleichfalls die Attraktion gegen die Eins als Seiende
die Seite eines unmittelbaren Daseins hat
und von sich aus als ein Anderes an sie kommt.


Nehmen wir demnach die bloße Repulsion so für sich,
so ((S195)) ist sie die Zerstreuung der vielen Eins in Unbestimmte,
außerhalb der Sphäre der Repulsion selbst [?];
denn sie ist dies, die Beziehung der Vielen aufeinander zu negieren;
die Beziehungslosigkeit ist ihre, sie abstrakt genommen, Bestimmung.

Die Repulsion ist aber nicht bloß das Leere;
die Eins als beziehungslos sind nicht repellierend, nicht ausschließend,
was ihre Bestimmung ausmacht.

Repulsion ist, obgleich negative, doch wesentlich Beziehung;
das gegenseitige Abhalten und Fliehen
ist nicht die Befreiung von dem, was abgehalten und geflohen,
das Ausschließende steht mit dem noch in Verbindung,
was von ihm ausgeschlossen wird.

Dies Moment der Beziehung aber ist die Attraktion,
somit in der Repulsion selbst;
sie ist das Negieren jener abstrakten Repulsion,
nach welcher die Eins nur sich auf sich beziehende Seiende,
nicht ausschließende wären.


Indem aber von der Repulsion der daseienden Eins ausgegangen worden,
hiermit auch die Attraktion als äußerlich an sie tretend gesetzt ist,
so sind bei ihrer Untrennbarkeit
beide noch als verschiedene Bestimmungen auseinandergehalten;
es hat sich jedoch ergeben,
daß nicht bloß die Repulsion von der Attraktion vorausgesetzt wird,
sondern auch ebensosehr die Rückbeziehung
der Repulsion auf die Attraktion stattfindet
und jene an dieser ebensosehr ihre Voraussetzung hat.


Nach dieser Bestimmung sind sie untrennbar
und zugleich als Sollen und Schranke jede gegen die andere bestimmt.

Ihr Sollen ist ihre abstrakte Bestimmtheit als an sich seiender,
die aber damit schlechthin über sich hinausgewiesen ist
und auf die andere sich bezieht
und so jede vermittels der anderen als anderen ist;
ihre Selbständigkeit besteht darin, daß sie in dieser Vermittlung
als ein anderes Bestimmen füreinander gesetzt sind.

- Die Repulsion als das Setzen der Vielen,
die Attraktion als das Setzen des Eins,
diese zugleich als Negation der Vielen
und jene als Negation der Idealität derselben im Eins,
- daß auch die Attraktion nur vermittels der Repulsion Attraktion,
wie die Repulsion vermittels ((S196)) der Attraktion Repulsion ist.

Daß aber darin die Vermittlung durch Anderes mit sich
in der Tat vielmehr negiert und jede dieser Bestimmungen
Vermittlung ihrer mit sich selbst ist,
dies ergibt sich aus deren näherer Betrachtung
und führt sie zu der Einheit ihres Begriffes zurück.


Zuerst daß jede sich selbst voraussetzt,
in ihrer Voraussetzung nur sich auf sich bezieht,
dies ist in dem Verhalten der
erst noch relativen Repulsion und Attraktion schon vorhanden.


Die relative Repulsion ist das gegenseitige Abhalten
der vorhandenen vielen Eins, die sich als unmittelbare vorfinden sollen.

Aber daß viele Eins seien, ist die Repulsion selbst;
die Voraussetzung, die sie hätte, ist nur ihr eigenes Setzen.

Ferner die Bestimmung des Seins,
die den Eins außerdem, daß sie gesetzte sind, zukäme
- wodurch sie voraus wären -,
gehört gleichfalls der Repulsion an.

Das Repellieren ist das,
wodurch die Eins sich als Eins manifestieren und erhalten,
wodurch sie als solche sind.

Ihr Sein ist die Repulsion selbst;
sie ist so nicht ein relatives gegen ein anderes Dasein,
sondern verhält sich durchaus nur zu sich selbst.


Die Attraktion ist das Setzen des Eins als solchen, des reellen Eins,
gegen welches die Vielen in ihrem Dasein
als nur ideell und verschwindend bestimmt werden.

So setzt sogleich die Attraktion sich voraus,
in der Bestimmung nämlich der anderen Eins, ideell zu sein,
welche sonst für sich seiende und für Andere,
also auch für irgendein Attrahierendes, repellierende sein sollen.

Gegen diese Repulsionsbestimmung
erhalten sie die Idealität nicht erst durch Relation auf die Attraktion;
sondern sie ist vorausgesetzt, ist die an sich seiende Idealität der Eins,
indem sie als Eins - das als attrahierend vorgestellte mit eingeschlossen -
ununterschieden voneinander, ein und dasselbe sind.


Dieses Sich-selbst-Voraussetzen der beiden Bestimmungen, jeder für sich,
ist ferner dies, daß jede die andere als Moment in sich enthält.

Das Sichvoraussetzen überhaupt
ist in einem sich als das Negative seiner Setzen, - Repulsion;
und ((S197)) was darin vorausgesetzt wird,
ist dasselbe als das Voraussetzende, - Attraktion.

Daß jede an sich nur Moment ist,
ist das Übergehen jeder aus sich selbst in die andere,
sich an ihr selbst zu negieren
und sich als das Andere ihrer selbst zu setzen.

Indem das Eins als solches das Außersichkommen,
es selbst nur dies ist, sich als sein Anderes, als das Viele zu setzen,
und das Viele nur ebenso dies, in sich zusammenzufallen
und sich als sein Anderes, als das Eins zu setzen
und eben darin nur sich auf sich zu beziehen,
jedes in seinem Anderen sich zu kontinuieren,
- so ist hiermit schon an sich das Außersichkommen (die Repulsion)
und das Sich-als-Eines-Setzen (die Attraktion) ungetrennt vorhanden.

Gesetzt aber ist es an der relativen Repulsion und Attraktion,
d. i. welche unmittelbare, daseiende Eins voraussetzt,
daß jede diese Negation ihrer an ihr selbst
und damit auch die Kontinuität ihrer in ihre andere ist.

Die Repulsion daseiender Eins ist die Selbsterhaltung des Eins
durch die gegenseitige Abhaltung der anderen, so daß
1. die anderen Eins an ihm negiert werden
- dies ist die Seite seines Daseins oder seines Seins-für-Anderes;
diese ist aber somit Attraktion, als die Idealität der Eins -, und daß
2. das Eins an sich sei, ohne die Beziehung auf die andere;
aber nicht nur ist das Ansich überhaupt längst in das Fürsichsein übergegangen,
sondern an sich, seiner Bestimmung nach, ist das Eins jenes Werden zu Vielen.

- Die Attraktion daseiender Eins
ist die Idealität derselben und das Setzen des Eins,
worin sie somit
als Negieren und Hervorbringen des Eins sich selbst aufhebt,
als Setzen des Eins das Negative ihrer selbst an ihr, Repulsion ist.


Damit ist die Entwicklung des Fürsichseins vollendet
und zu ihrem Resultate gekommen.

Das Eins als sich unendlich, d. i. als gesetzte Negation der Negation
auf sich selbst beziehend ist die Vermittlung,
daß es sich als sein absolutes (d. i. abstraktes) Anderssein (die Vielen)
von sich abstößt und,
    indem es sich auf dies sein Nichtsein negativ, es aufhebend, bezieht,
eben darin nur die Beziehung auf sich selbst ist;
und ((S198)) Eins ist nur dieses Werden,
in welchem die Bestimmung, daß es anfängt,
    d. i. als Unmittelbares, Seiendes gesetzt [wird],
    und gleichfalls als Resultat sich zum Eins,
    d. i. zum ebenso unmittelbaren, ausschließenden Eins
    wiederhergestellt hätte,
verschwunden [ist];
der Prozeß, der es ist,
setzt und enthält es allenthalben nur als ein Aufgehobenes.

Das Aufheben, zunächst nur zu relativem Aufheben,
    der Beziehung auf anderes Daseiendes,
        die damit selbst eine differente Repulsion und Attraktion ist,
bestimmt,
erweist sich ebenso, in die unendliche Beziehung der Vermittlung
    durch die Negation der äußerlichen Beziehungen
    von Unmittelbaren und Daseienden
überzugehen
und zum Resultate eben jenes Werden zu haben,
das in der Haltungslosigkeit seiner Momente
das Zusammensinken oder vielmehr
das Mit-sich-Zusammengehen in die einfache Unmittelbarkeit ist.

Dieses Sein nach der Bestimmung, die es nunmehr erhalten,
ist die Quantität.


Übersehen wir kurz die Momente dieses Überganges
der Qualität in die Quantität,
so hat das Qualitative zu seiner Grundbestimmung
das Sein und die Unmittelbarkeit,
in welcher die Grenze und die Bestimmtheit
mit dem Sein des Etwas so identisch ist,
daß das Etwas mit ihrer Veränderung selbst verschwindet;
so gesetzt, ist es als Endliches bestimmt.


Um der Unmittelbarkeit dieser Einheit willen,
worin der Unterschied verschwunden ist,
der aber an sich darin, in der Einheit des Seins und Nichts, vorhanden ist,
fällt er als Anderssein überhaupt außer jener Einheit.

Diese Beziehung auf Anderes widerspricht der Unmittelbarkeit,
in der die qualitative Bestimmtheit Beziehung auf sich ist.

Dies Anderssein hebt sich in der Unendlichkeit des Fürsichseins auf,
welches den Unterschied,
den es in der Negation der Negation an und in ihm selbst hat,
zum Eins und Vielen und zu deren Beziehungen realisiert
und das Qualitative zur wahrhaften,
d. i. nicht mehr unmittelbaren,
sondern als übereinstimmend mit sich gesetzten Einheit erhoben hat. ((S199))


Diese Einheit ist somit
a) Sein, nur als affirmatives,
d. i. durch die Negation der Negation mit sich vermittelte Unmittelbarkeit;
das Sein ist gesetzt als die durch seine Bestimmtheiten, Grenze usf.
hindurch gehende Einheit, die in ihm als aufgehobene gesetzt sind;
- ß) Dasein;
es ist nach solcher Bestimmung
die Negation oder Bestimmtheit als Moment des affirmativen Seins;
doch ist sie nicht mehr die unmittelbare, sondern die in sich reflektierte,
sich nicht auf Anderes, sondern auf sich beziehende;
das Schlechthin-, das An-sich-Bestimmtsein, - das Eins;
das Anderssein als solches ist selbst Fürsichsein;
- y) Fürsichsein,
als jenes durch die Bestimmtheit hindurch sich kontinuierende Sein,
in welchem das Eins und An-sich-Bestimmtsein selbst
als Aufgehobenes gesetzt ist.

Das Eins ist zugleich als über sich hinausgegangen und als Einheit bestimmt,
das Eins damit, die schlechthin bestimmte Grenze,
als die Grenze, die keine ist,
die am Sein aber ihm gleichgültig ist, gesetzt.



Anmerkung:
Die Kantische Konstruktion der Materie
aus Attraktiv- und Repulsivkraft


Attraktion und Repulsion pflegen bekanntlich als Kräfte angesehen zu werden.

Diese ihre Bestimmung und die damit zusammenhängenden Verhältnisse
sind mit den Begriffen, die sich für sie ergeben haben, zu vergleichen.

- In jener Vorstellung werden sie als selbständig betrachtet,
so daß sie sich nicht durch ihre Natur aufeinander beziehen, d. h.
daß nicht jede nur ein in ihre entgegengesetzte übergehendes Moment sein,
sondern fest der anderen gegenüber beharren soll.

Sie werden ferner vorgestellt als in einem Dritten, der Materie, zusammenkommend,
so jedoch, daß dies In-Eins-Werden nicht als ihre Wahrheit gilt,
sondern jede vielmehr ein Erstes und An-und-für-sich-Seiendes,
die Materie aber oder Bestimmungen derselben
durch sie gesetzt und hervorgebracht seien.

Wenn gesagt wird, daß die Materie die Kräfte in sich habe,
so ist unter dieser ihrer Einheit eine Verknüpfung verstanden,
wobei sie zugleich als in sich seiende frei voneinander vorausgesetzt werden. ((S200))


Kant hat bekanntlich die Materie aus der Repulsiv- und Attraktivkraft konstruiert
oder wenigstens, wie er sich ausdrückt,
die metaphysischen Elemente dieser Konstruktion aufgestellt.

- Es wird nicht ohne Interesse sein, diese Konstruktion näher zu beleuchten.

Diese metaphysische Darstellung eines Gegenstandes, der nicht nur selbst,
sondern in seinen Bestimmungen nur der Erfahrung anzugehören schien,
ist einesteils dadurch merkwürdig, daß sie als ein Versuch des Begriffs
wenigstens den Anstoß zur neueren Naturphilosophie gegeben hat
- der Philosophie,
welche die Natur nicht als ein der Wahrnehmung sinnlich Gegebenes
zum Grunde der Wissenschaft macht,
sondern ihre Bestimmungen aus dem absoluten Begriffe erkennt;
andernteils auch,
weil bei jener Kantischen Konstruktion noch häufig stehengeblieben
und sie für einen philosophischen Anfang
und Grundlage der Physik gehalten wird.


Eine solche Existenz wie die sinnliche Materie
ist zwar nicht ein Gegenstand der Logik,
ebensowenig als der Raum und Raumbestimmungen.

Aber auch der Attraktiv- und Repulsivkraft,
sofern sie als Kräfte der sinnlichen Materie angesehen werden,
liegen die hier betrachteten reinen Bestimmungen
vom Eins und Vielen und deren Beziehungen aufeinander,
die ich Repulsion und Attraktion, weil diese Namen am nächsten liegen,
genannt habe, zugrunde.


Kants Verfahren in der Deduktion der Materie aus diesen Kräften,
das er eine Konstruktion nennt,
verdient, näher betrachtet, diesen Namen nicht,
wenn nicht anders jede Art von Reflexion, selbst die analysierende,
eine Konstruktion genannt wird,
wie denn freilich spätere Naturphilosophen
auch das flachste Räsonnement und das grundloseste Gebräue
einer willkürlichen Einbildungskraft und gedankenlosen Reflexion
- das besonders die sogenannten Faktoren
der Attraktivkraft und Repulsivkraft gebrauchte und allenthalben vorbrachte -
ein Konstruieren genannt haben.


Kants Verfahren ist nämlich im Grunde analytisch, nicht konstruierend.

Er setzt die Vorstellung der Materie voraus ((S201))
und fragt nun, welche Kräfte dazu gehören,
um ihre vorausgesetzten Bestimmungen zu erhalten.

So fordert er also einesteils die Attraktivkraft darum,
weil durch die Repulsion allein, ohne Attraktion,
eigentlich keine Materie dasein könnte.

(Anfangsgründe der Naturwissenschaft [A] S. 53 ff.)

Die Repulsion andernteils leitet er gleichfalls aus der Materie ab
und gibt als Grund derselben an,
weil wir uns die Materie undurchdringlich vorstellen,
indem diese nämlich dem Sinne des Gefühls, durch den sie sich uns offenbare,
sich unter dieser Bestimmung präsentiert.

Die Repulsion werde daher ferner sogleich im Begriffe der Materie gedacht,
weil sie damit unmittelbar gegeben sei;
die Attraktion dagegen werde derselben durch Schlüsse beigefügt.

Auch diesen Schlüssen aber liegt das soeben Gesagte zugrunde,
daß eine Materie, die bloß Repulsivkraft hätte,
das, was wir uns unter Materie vorstellen, nicht erschöpfte.

- Dies ist, wie erhellt,
das Verfahren des über die Erfahrung reflektierenden Erkennens,
das zuerst in der Erscheinung Bestimmungen wahrnimmt,
diese nun zugrunde legt und für das sogenannte Erklären derselben
entsprechende Grundstoffe oder Kräfte annimmt,
welche jene Bestimmungen der Erscheinung hervorbringen sollen.


In Ansehung des angeführten Unterschieds,
wie die Repulsivkraft und wie die Attraktivkraft
von dem Erkennen in der Materie gefunden werde, bemerkt Kant weiter,
daß die Attraktivkraft zwar ebensowohl zum Begriffe der Materie gehöre,
ob sie gleich nicht darin enthalten sei.

Kant zeichnet diesen letzteren Ausdruck aus.

Es ist aber nicht abzusehen, welcher Unterschied darin liegen soll;
denn eine Bestimmung, die zum Begriffe einer Sache gehört,
muss wahrhaftig darin enthalten sein.


Was die Schwierigkeit macht und diese leere Ausflucht herbeiführt,
besteht darin, daß Kant zum Begriffe der Materie von vornherein
einseitig nur die Bestimmung der Undurchdringlichkeit rechnet,
die wir durch das Gefühl wahrnehmen sollen,
weswegen die Repulsivkraft,
als das Abhalten eines ((S202)) Anderen von sich,
unmittelbar gegeben sei.

Wenn aber ferner die Materie ohne Attraktion nicht soll dasein können,
so liegt für diese Behauptung
eine aus der Wahrnehmung genommene Vorstellung der Materie zugrunde;
die Bestimmung der Attraktion muss also gleichfalls
in der Wahrnehmung anzutreffen sein.

Es ist auch wohl wahrzunehmen, daß die Materie außer ihrem Fürsichsein,
welches das Sein-für-Anderes aufhebt (den Widerstand leistet),
auch eine Beziehung des Fürsichseienden aufeinander,
räumliche Ausdehnung und Zusammenhalt,
und in Starrheit, Festigkeit einen sehr festen Zusammenhalt hat.

Die erklärende Physik erfordert zum Zerreißen usf. eines Körpers eine Kraft,
welche stärker sei als die Attraktion der Teile desselben gegeneinander.

Aus dieser Wahrnehmung kann die Reflexion
ebenso unmittelbar die Attraktivkraft ableiten oder sie als gegeben annehmen,
als sie es mit der Repulsivkraft tat.

In der Tat, wenn die Kantischen Schlüsse,
aus denen die Attraktivkraft abgeleitet werden soll,
betrachtet werden (der Beweis des Lehrsatzes, daß die Möglichkeit der Materie
eine Anziehungskraft als zweite Grundkraft erfordere, a. a. 0.),
so enthalten sie nichts, als daß durch die bloße Repulsion
die Materie nicht räumlich sein würde.

Indem die Materie als Raum erfüllend vorausgesetzt ist,
ist ihr die Kontinuität zugeschrieben,
als deren Grund die Anziehungskraft angenommen wird.


Wenn nun solche sogenannte Konstruktion der Materie
höchstens ein analytisches Verdienst hätte,
das noch durch die unreine Darstellung geschmälert würde,
so ist der Grundgedanke immer sehr zu schätzen,
die Materie aus diesen zwei entgegengesetzten Bestimmungen
als ihren Grundkräften zu erkennen.

Es ist Kant vornehmlich um die Verbannung
der gemein-mechanischen Vorstellungsweise zu tun,
die bei der einen Bestimmung, der Undurchdringlichkeit, ((S203))
der für-sich-seienden Funktualität, stehenbleibt
und die entgegengesetzte Bestimmung,
die Beziehung der Materie in sich oder mehrerer Materien,
die wieder als besondere Eins angesehen werden,
aufeinander zu etwas Äußerlichem macht,
- die Vorstellungsweise, welche, wie Kant sagt,
sonst keine bewegenden Kräfte als nur durch Druck und Stoß,
also nur durch Einwirkung von außen einräumen will.

Diese Äußerlichkeit des Erkennens setzt die Bewegung
immer schon als [an] der Materie äußerlich vorhanden voraus
und denkt nicht daran, sie als etwas Innerliches zu fassen
und sie selbst in der Materie zu begreifen,
welche eben damit
für sich als bewegungslos und als träge angenommen wird.

Dieser Standpunkt hat nur die gemeine Mechanik,
nicht die immanente und freie Bewegung vor sich.

- Indem Kant jene Äußerlichkeit zwar insofern aufhebt,
als er die Attraktion, die Beziehung der Materien aufeinander,
    insofern diese als voneinander getrennt angenommen werden,
    oder der Materie überhaupt in ihrem Außersichsein
zu einer Kraft der Materie selbst macht,
so bleiben jedoch auf der andern Seite seine beiden Grundkräfte,
innerhalb der Materie, äußerliche und für sich selbständige gegeneinander.


So nichtig der selbständige Unterschied dieser beiden Kräfte,
der ihnen vom Standpunkte jenes Erkennens beigelegt wird, war,
ebenso nichtig muss sich jeder andere Unterschied,
der in Ansehung ihrer Inhaltsbestimmung
als etwas Festsein-Sollendes gemacht wird, zeigen,
weil sie, wie sie oben in ihrer Wahrheit betrachtet wurden,
nur Momente sind, die ineinander übergehen.

- Ich betrachte diese ferneren Unterschiedsbestimmungen,
wie sie Kant angibt.


Er bestimmt nämlich die Attraktivkraft als eine durchdringende Kraft,
wodurch eine Materie auf die Teile der anderen
auch über die Fläche der Berührung hinaus unmittelbar wirken könne,
die Repulsivkraft dagegen als eine Flächenkraft,
dadurch Materien nur in der gemeinschaftlichen Fläche der Berührung
aufeinander wirken können.

Der Grund, der angeführt wird,
daß die letztere nur  eine ((S204)) Flächenkraft sein soll, ist folgender:

»Die einander berührenden Teile
begrenzen einer den Wirkungsraum des anderen,
und die repulsive Kraft kann keinen entfernteren Teil bewegen
ohne vermittels der dazwischenliegenden,
und eine quer durch diese gehende unmittelbare Wirkung
einer Materie auf eine andere durch Ausdehnungskräfte (das heißt hier Repulsivkräfte)
ist unmöglich« (s. ebenda, Erklärung u. Zusatz S. 67).


Es ist sogleich zu erinnern, daß,
indem nähere oder entferntere Teile der Materie angenommen werden,
in Rücksicht auf die Attraktion gleichfalls der Unterschied entstünde,
daß ein Atom zwar auf ein anderes einwirkte,
aber ein drittes, entfernteres,
zwischen welchem und dem ersten Attrahierenden das andere sich befände,
zunächst in die Anziehungssphäre
des dazwischenliegenden ihm näheren träte,
das erste also nicht eine unmittelbare einfache Wirkung
auf das Dritte ausüben würde;
woraus sich ebenso ein vermitteltes Wirken
für die Attraktivkraft als für die Repulsivkraft ergäbe;
ferner müßte das wahre Durchdringen der Attraktivkraft allein darin bestehen,
daß alle Teile der Materie an und für sich attrahierend wären,
nicht aber eine gewisse Menge passiv
und nur ein Atom aktiv sich verhielte.

- Unmittelbar oder in Rücksicht auf die Repulsivkraft selbst aber
ist zu bemerken, daß in der angeführten Stelle sich berührende Teile,
also eine Gediegenheit und Kontinuität einer fertigen Materie vorkommt,
welche durch sich hindurch ein Repellieren nicht gestatte.

Diese Gediegenheit der Materie aber, in welcher Teile sich berühren,
nicht mehr durch das Leere getrennt sind,
setzt das Aufgehobensein der Repulsivkraft bereits voraus;
sich berührende Teile sind
nach der hier herrschenden sinnlichen Vorstellung der Repulsion
als solche zu nehmen, die sich nicht repellieren.

Es folgt also ganz tautologisch,
daß da, wo das Nichtsein der Repulsion angenommen ist,
keine Repulsion stattfinden kann.
 
Daraus aber folgt nichts weiter für eine Bestimmung der Repulsivkraft.

- Wird aber darauf reflektiert, daß berührende ((S205)) Teile
sich nur insofern berühren, als sie sich noch außereinander halten,
so ist eben damit die Repulsivkraft nicht bloß auf der Oberfläche der Materie,
sondern innerhalb der Sphäre, welche nur Sphäre der Attraktion sein sollte.


Weiter nimmt Kant die Bestimmung an,
daß durch die Anziehungskraft die Materie einen Raum nur einnehme,
ohne ihn zu erfüllen (ebenda);
weil die Materie durch die Anziehungskraft den Raum nicht erfülle,
so könne diese durch den leeren Raum wirken,
indem ihr keine Materie, die dazwischenläge, Grenzen setze.

- Jener Unterschied ist ungefähr wie der obige beschaffen,
wo eine Bestimmung zum Begriffe einer Sache gehören,
aber nicht darin enthalten sein sollte;
so soll hier die Materie einen Raum nur einnehmen, ihn aber nicht erfüllen.

Alsdann ist es die Repulsion, wenn wir bei ihrer ersten Bestimmung stehenbleiben,
durch welche sich die Eins abstoßen
und nur negativ, das heißt hier durch den leeren Raum, sich aufeinander beziehen.

Hier aber ist es die Attraktivkraft, welche den Raum leer erhält;
sie erfüllt den Raum durch ihre Beziehung der Atome nicht,
d. h. sie erhält die Atome in einer negativen Beziehung aufeinander.

- Wir sehen, daß hier Kant bewußtlos das begegnet,
was in der Natur der Sache liegt,
daß er der Attraktivkraft gerade das zuschreibt,
was er, der ersten Bestimmung nach, der entgegengesetzten Kraft zuschrieb.

Unter dem Geschäfte der Festsetzung des Unterschiedes beider Kräfte
war es geschehen, daß eine in die andere übergegangen war.

- So soll dagegen durch die Repulsion die Materie einen Raum erfüllen,
somit durch sie der leere Raum, den die Attraktivkraft läßt, verschwinden.

In der Tat hebt sie somit, indem sie den leeren Raum aufhebt,
die negative Beziehung der Atome oder Eins,
d. h. die Repulsion derselben auf;
d. i. die Repulsion ist als das Gegenteil ihrer selbst bestimmt.


Zu dieser Verwischung der Unterschiede kommt noch die Verwirrung hinzu,
daß, wie anfangs bemerkt worden,
die ((S206)) Kantische Darstellung der entgegengesetzten Kräfte
analytisch ist und in dem ganzen Vortrage die Materie,
die erst aus ihren Elementen hergeleitet werden soll,
bereits als fertig und konstituiert vorkommt.

In der Definition der Flächen- und der durchdringenden Kraft
werden beide als bewegende Kräfte angenommen,
dadurch Materien auf die eine oder die andere Weise sollen wirken können.

- Sie sind also hier als Kräfte dargestellt,
nicht durch welche die Materie erst zustande käme,
sondern wodurch sie, schon fertig, nur bewegt würde.

Insofern aber von Kräften die Rede ist,
wodurch verschiedene Materien aufeinander einwirken und sich bewegen,
so ist dies etwas ganz anderes als die Bestimmung und Beziehung,
die sie als die Momente der Materie haben sollten.


Denselben Gegensatz, als Attraktiv- und Repulsivkraft,
machen in weiterer Bestimmung Zentripetal- und Zentrifugalkraft.

Diese scheinen einen wesentlichen Unterschied zu gewähren,
indem in ihrer Sphäre ein Eins, ein Zentrum, feststeht,
gegen das sich die anderen Eins als nicht fürsichseiende verhalten,
der Unterschied der Kräfte daher an diesen vorausgesetzten Unterschied
eines zentralen Eins und der anderen als gegen dasselbe nicht feststehend
angeknüpft werden kann.

Insofern sie aber zur Erklärung gebraucht werden
- zu welchem Behuf man sie, wie auch sonst die Repulsiv- und Attraktivkraft,
in entgegengesetztem quantitativen Verhältnis annimmt,
so daß die eine zunehme wie die andere abnehme -,
so soll die Erscheinung der Bewegung,
für deren Erklärung sie angenommen sind,
und deren Ungleichheit erst aus ihnen resultieren.

Man braucht aber nur die nächste beste Darstellung einer Erscheinung,
z. B. die ungleiche Geschwindigkeit,
die ein Planet in seiner Bahn um seinen Zentralkörper hat,
aus dem Gegensatze jener Kräfte vor sich [zu] nehmen,
so erkennt man bald die Verwirrung, die darin herrscht,
und die Unmöglichkeit, die Größen derselben auseinanderzubringen,
so daß immer ebenso diejenige als zunehmend anzunehmen ist,
welche in der Erklärung als ((S207)) abnehmend angenommen wird,
und umgekehrt;
was, um anschaulich gemacht zu werden,
einer weitläufigeren Exposition bedürfte, als hier gegeben werden könnte;
aber das Nötige kommt späterhin beim umgekehrten Verhältnis vor. ((S208))