Die Pädagogik i st die Kunst, die Menschen sittlich zu machen :
sie betrachtet den Menschen als natürlich
u nd zeigt den Weg, ihn wiederzugebären,seine erste Natur zu einer zweiten geistigen umzuwandeln,
so daß dieses Geistige in ihm zur Gewohnheit wird. PR:§ 151 Zusatz

Erziehung hat die positive Bestimmung, daß die Sittlichkeit in [den Kindern]
zur unmittelbaren, noch gegensatzlosen Empfindung gebracht [werde]
und das Gemüt darin,
in Liebe, Zutrauen und Gehorsam sein erstes Leben gelebt habe,
- dann aber [hat die Erziehung] die negative Bestimmung,
die Kinder aus der natürlichen Unmittelbarkeit,
in der sie sich ursprünglich befinden,
zur Selbständigkeit und freien Persönlichkeit
und damit zur Fähigkeit, aus der natürlichen Einheit der Familie zu treten,
zu erheben. PR § 175

Die Hauptsache ist das [in den Kindern] erwachende Gefühl,
da ß sie noch nicht sind, was sie sein sollen,
- und der lebendige Wunsch, zu werden, wie die Erwachsenen sind,
in deren Umgebung sie leben.

Daraus entsteht die Nachahmungssucht der Kinder.

Während das Gefühl der unmittelbaren Einheit mit den Eltern
die geistige Muttermilch ist, durch deren Einsaugung die Kinder gedeihen, zieht das eigene Bedürfnis der Kinder, groß zu werden, dieselben groß.

Dies eigene Streben der Kinder nach Erziehung
ist das immanente Moment aller Erziehung.

Da aber der Knabe [das Kind]
noch auf dem Standpunkt der Unmittelbarkeit steht,
erscheint ihm das Höhere [Allgemeine], zu welchem er sich erheben soll, nicht in der Form der Allgemeinheit oder der Sache,
sondern in der Gestalt einer Autorität, eines Gegebenen, eines Einzelnen.

Es ist dieser und jener Mann, welcher das Ideal bildet,
das der Knabe zu erkennen und nachzuahmen strebt;
nur in dieser konkreten Weise
schaut auf diesem Standpunkt das Kind sein eigenes Wesen an.

Was der Knabe lernen soll,
muss ihm daher auf- und mit Autorität gegeben werden;
er hat das Gefühl, daß dies Gegebene gegen ihn ein Höheres ist .

Dies Gefühl ist bei der Erziehung sorgfältig festzuhalten.

Deshalb muss man für ei ne völlige Verkehrtheit
die spielende Pädagogik erklären,
die das Ernste als Spiel an die Kinder gebracht wissen will
und an die Erzieher die Forderung macht,
sich zu dem kindischen Sinne der Schüler herunterzulassen

,
anstatt diese zum Ernste der Sache heraufzuheben .

Diese spielende Erziehung kann für das ganze Leben des Knaben
die Folge haben, daß er alles mit verächtlichem Sinne betrachtet.

Solch trauriges Resultat
kann auch durch ein von unverständigen Pädagogen empfohlenes beständiges Aufreizen der Kinder zum Räsonieren herbeigeführt werden; dadurch erhalten diese leicht etwas Naseweises.

Allerdings muss das eigene Denken der Kinder gew eckt werden;
aber man darf die Würde der Sache
ihrem unreifen, eitlen Verstande nicht preisgeben.

Was näher die eine Seite der Erziehung, die Zucht , betrifft,
so ist dem Knaben nicht zu gestatten,
daß er sich seinem eigenen Belieben hingebe;
er mu ß gehorchen, um gebieten zu lernen.

Der Gehorsam ist der Anfang aller Weisheit ;
denn durch denselben läßt der das Wahre, das Objektive
noch nicht erkennende und zu seinem Zwecke machende,
deshalb noch nicht wahrhaft selbständige und freie, vielmehr unfertige Wille den von außen an ihn kommenden vernünftigen Willen in sich gelten
und macht diesen nach und nach zu dem seinigen.

Erlaubt man dagegen den Kindern zu tun, was ihnen beliebt,
[und] begeht man noch obenein die Torheit,
ihn en Gründe für ihre Beliebigkeiten an die Hand zu geben ,
so verfällt man in die schlechteste Weise der Erziehung,
so entsteht in den Kindern ein beklagenswertes
Sicheinhausen in besonderes Belieben ,
in absonderliche Gescheitheit, in selbstsüchtiges Interesse,
- die Wurzel alles Bösen .Von Natur ist das Kind weder böse noch gut ,
da es anfänglich weder vom Guten noch vom Bösen eine Erkenntnis hat.

Diese unwissende Unschuld für ein Ideal zu halten
[z.B :“.. Kinder an die Macht - denn sie berechnen nicht, was sietun ..”]
und zu ihr sich zurückzusehnen, würde läppisch sein;
dieselbe ist ohne Wert und von kurzer Dauer.

Bald tut sich im Kinde der Eigenwille und das Böse hervor.

Dieser Eigenwille muss durch die Zucht gebrochen ,
- dieser Keim des Bösen durch dieselbe vernichtet werden.  PG § 396 Zusatz

Die Kinder sind an sich Freie ,
sie gehören daher weder anderen noch den Eltern als Sachen an . PR § 175

  Die Dienste , die von den Kindern gefordert werden dürfen ,
können daher nur den Zweck der Erziehung haben
und sich auf dieselbe beziehen:
sie müssen nicht für sich etwas sein wollen,
denn das unsittlichste Verhältnis überhaupt
ist das Sklavenverhältnis der Kinder. PR § 174 ZusatzD ie Kinder sind [aber nur] an sich Freie,was nur erst nach seinem Begriffe ist, was an sich bloß ist,
ist nur unmittelbar, nur natürlich .

Dies ist uns auch in der Vorstellung bekannt.

Da s Kind is t an sich Mensch, hat erst an sich Vernunft,
ist erst Möglichkeit der Vernunft und der Freiheit
und ist nur so dem Begriff nach frei.

Was nun so erst an sich ist, ist nicht in seiner Wirklichkeit .

Der Mensch, der an sich vernünftig ist,
muss sich durch die Produktion seiner selbst
durcharbeiten durch das Hinausgehen aus sich,
aber ebenso durch das Hineinbilden in sich,
daß er es auch für sich werde. PR § 10 Zusatz

Was der Mensch sein soll, hat er nicht aus Instinkt,
sondern er hat es sich erst zu erwerben.

Darauf begründet sich das Recht des Kindes, erzogen zu werden .

Ebenso bestimmt sich das Recht der Eltern
über die Willkür der Kinder durch den Zweck,
sie in Zucht zu halten und zu erziehen .Ein Hauptmoment der Erziehung ist die Zucht,
welche den Sinn hat, den Eigenwillen des Kindes zu brechen,
damit das bloß Sinnliche und Natürliche ausgereutet werde.

Hier muss man nicht meinen, bloß mit Güte auszukommen ;
denn gerade der unmittelbare Wille
handelt nach unmittelbaren Einfällen und Gelüsten,
nicht nach Gründen und Vorstellungen.

Legt man den Kindern Gründe vor,
so überläßt man es denselben, ob sie diese wollen gelten lassen,
und stellt daher alles in ihr Belieben.

Daran, daß die Eltern das Allgemeine und Wesentliche ausmachen,
schließt sich das Bedürfnis des Gehorsams der Kinder an.Wenn das Gefühl der Unterordnung bei den Kindern,
das die Sehnsucht, groß zu werden , hervorbringt, nicht genährt wird,
so entsteht vorlautes Wesen und Naseweisheit. PR § 174 u. Zusatz

Die spielende Pädagogik
nimmt das Kindische schon selbst als etwas, das an sich gelte,
gibt es den Kindern so und setzt ihnen das Ernsthafte und sich selbst
in kindische, von den Kindern selbst gering geachtete Form herab.

Indem sie so dieselben in der Unfertigkeit, in der sie sich fühlen,
vielmehr als fertig vorzustellen und darin befriedigt zu machen bestrebt ist, stört und verunreinigt sie deren wahres eigenes besseres Bedürfnis
und bewirkt teils die Interesselosigkeit und Stumpfheit
für die substantiellen Verhältnisse der geistigen Welt,
teils die Verachtung der Menschen, da sich ihnen als Kindern
dieselben selbst kindisch und verächtlich vorgestellt haben,
und dann die sich an der eigenen Vortrefflichkeit weidende
Eitelkeit und Eigendünkel. PR § 175 Anm.Pädagogischer Zwang ,
oder Zwang gegen Wildheit und Rohheit ausgeübt,
erscheint zwar als erster,
nicht auf Vorangehung eines ersten erfolgend.

Aber der nur natürliche Willeist an sich Gewalt gegen die an sich seiende Idee der Freiheit,
welche gegen solchen ungebildeten Willen in Schutz zu nehmen
und in ihm zur Geltung zu bringen ist. PR § 93 AnmDer Zweck von Bestrafungen ist nicht die Gerechtigkeit als solche [wie bei Erwachsenen],
sondern subjektiver, moralischer Natur,
Abschreckung der noch in Natur befangenen Freiheit
und Erhebung des Allgemeinen in ihr Bewußtsein und ihren Willen . PR § 174

Die pädagogischen Versuche,
den Menschen dem allgemeinen Leben der Gegenwart zu entziehen
und auf dem Lande heraufzubilden ( Rousseau im Emile ),
sind vergeblich gewesen, weil es nicht gelingen kann,
den Menschen den Gesetzen der Welt zu entfremden.

Wenn auch die Bildung der Jugend in Einsamkeit geschehen muss,
so darf man ja nicht glauben,
daß der Duft der Geisterwelt nicht endlich durch diese Einsamkeit wehe
und daß die Gewalt des Weltgeistes zu schwach sei,
um sich dieser entlegenen Teile zu bemächtigen.

Darin, daß es Bürger eines guten Staates ist,
kommt erst das Individuum zu seinem Recht.PR

Auf die Frage eines Vaters
nach der besten Weise, seinen Sohn sittlich zu erziehen,
gab ein Pythagoreer (auch anderen ° wird sie in den Mund gelegt)
die Antwort:
wenn du ihn zum Bürger eines Staats von guten Gesetzen m achst.
PR § 153 Anm u. Zusatz