Die Hauptepochen der Geschichte der Philosophie
Was die
Geschichte der Philosophie
uns darstellt,
ist die Reihe der edlen Geister,
die
Galerie der Heroen der denkenden Vernunft
,
welche in Kraft dieser Vernunft
in das Wesen der Dinge, der Natur und des Geistes,
in das Wesen Gottes eingedrungen sind,
und uns den höchsten Schatz,
den
Schatz der Vernunfterkenntnis
, erarbeitet haben.
VP
..
Die Geschichte der Philosophie
zeigt an den verschieden erscheinenden Philosophien
nur
eine
Philosophie
auf verschiedenen Ausbildungsstufen
auf,
[so] daß die besonderen Prinzipien [der verschiedenen Philosophien],
nur Zweige eines und desselben Ganzen sind.
Die der Zeit nach
letzte
Philosophie
ist
das Resultat aller vorhergehenden Philosophien
und
muss daher die
Prinzipien aller enthalten
;
sie ist darum die
entfaltetste, reichste und konkreteste
.
Enz Einl.
..
Im allgemeinen haben wir eigentlich nur
zwei Epochen
der Geschichte der Philosophie zu unterscheiden,
die
griechische
und
germanische
Philosophie
, wie antike und moderne Kunst.
Die germanische Philosophie ist die Philosophie innerhalb des Christentums,
insofern es den germanischen Nationen angehört.
Die
christlich-europäischen
Völker haben,
insofern sie der Welt der Wissenschaft angehören,
in ihrer Gesamtheit germanische Bildung;
denn Italien, Spanien, Frankreich, England usw.
haben durch die germanischen Nationen eine neue Gestalt erhalten.
Das
Griechentum
reicht auch in die
römische Welt
hinein,
und wir haben von der Philosophie
auf dem Boden der römischen Welt zu sprechen;
aber die Römer haben keine eigentümliche Philosophie hervorgebracht,
sowenig als sie eigentümliche Dichter haben.
..
Um die Hauptepochen der ganzen Geschichte der Philosophie zu übersehen,
die
notwendige Stufenfolge der Hauptmomente
zusa mmenzufassen,
so ist, nach orientalischem Taumel der Subjektivität,
die zu keinem Verstand - damit Bestand - kommt,
das Licht des Gedankens in den
Griechen
aufgegangen.
Die Stufen sind die Ideen.
Die Philosophie der Alten
hat die absolute Idee gedacht,
und die Realisierung oder die Realität derselben hat darin bestanden,
die vorhandene
gegenwärtige Welt zu begreifen
und sie zu betrachten,
wie sie an und für sich ist
.
1.
Diese Philosophie ging nicht von der Idee selbst aus,
sondern vom Gegenständlichen als einem Gegebenen,
und verwandelt dasselbe in die Idee; -
das Sein
.
2.
Der abstrakte Gedanke, der nous,
ist als allgemeines Wesen sich bekannt worden,
der Gedanke nicht als subjektives Denken; -
Platons
Allgemeine.
3.
In
Aristoteles
tritt der
Begriff
auf, frei, unbefangen,
begreifendes Denken, alle Gestaltungen des Universums durchlaufend, vergeistigend.
4.
Der
Begriff als Subjekt
, sein Fürsichwerden, Insichsein,
die abstrakte Trennung sind die
Stoiker, Epikureer, der Skeptizismus
:
nicht freie konkrete Form, sondern abstrakte, in sich formelle Allgemeinheit.
5.
Der Gedanke der Totalität, die intelligible Welt, die Welt als Gedankenwelt,
ist die
konkrete Idee
, wie wir sie bei den
Neuplatonikern
gesehen haben.
Dies Prinzip ist die Idealität überhaupt in aller Realität,
die Idee als Totalität, aber nicht sich wissende Idee,
- bis das Prinzip der Subjektivität, Individualität in sie einschlug,
Gott als Geist sich wirklich im Selbstbewußtsein wurde.
6.
Aber das
Werk der modernen Zeit
ist,
diese Idee zu fassen als Geist, als die
sich wissende Idee
.
Um dazu fortzugehen, von der wissenden Idee zum Sichwissen der Idee,
gehört der unendliche Gegensatz,
daß die Idee zum Bewußtsein ihrer absoluten Entzweiung gekommen ist.
Die Philosophie vollendete so,
indem der Geist das gegenständliche Wesen dachte,
die Intellektualität der Welt
und erzeugte diese geistige Welt
als einen jenseits der Gegenwart und Wirklichkeit vorhandenen Gegenstand,
wie eine Natur, - die erste Schöpfung des Geistes.
Die Arbeit des Geistes bestand nun darin,
dies Jenseits zurück zur Wirklichkeit und ins Selbstbewußtsein zu führen.
Dies ist darin geleistet, daß das Selbstbewußtsein sich selbst denkt
und das absolute Wesen als das sich selbst denkende Selbstbewußtsein erkennt.
- Über diese Entzweiung hat das reine Denken in
Cartesius
sich aufgetan.
Das
Selbstbewußtsein
denkt sich
erstens
als Bewußtsein
;
darin ist alle gegenständliche Wirklichkeit enthalten
und die positive, anschauende Beziehung seiner Wirklichkeit auf die andere.
Denken und Sein sind entgegengesetzt und identisch bei
Spinoza;
er hat die substantielle Anschauung, das Erkennen ist äußerlich.
Es ist das Prinzip der Versöhnung, vom Denken als solchem angefangen,
und das Aufheben der Subjektivität des Denkens:
so in
Leibnizens
vorstellender Monade.
7.
Zweitens
denkt das
Selbstbewußtsein,
daß es Selbstbewußtsein ist,
darin es
für sich
, aber noch für sich in negativer Beziehung auf Anderes ist.
Das ist die
Fichtesche
Subjektivität,a) als Kritik des Denkens,
[Kant]
ß) als Trieb zum Konkreten.
[Fichte]
Die absolut reine unendliche Form ist ausgesprochen;
- Selbstbewußtsein, Ich.
8.
Dieser Blitz schlägt in die geistige Substanz ein,
und so ist
absoluter Inhalt und absolute Form identisch
,
- die Substanz identisch in sich mit dem Erkennen.
Das Selbstbewußtsein erkennt
drittens
seine positive Beziehung als seine negative
und seine negative als seine positive
- oder diese entgegengesetzten Tätigkeiten als dieselbe,
d. h. das reine Denken oder Sein als die Sichselbstgleichheit
und diese als die Entzweiung.
Dies ist die
intellektuelle Anschauung
von [Schelling];
aber daß sie in Wahrheit intellektuell sei, [dazu] wird erfordert,
daß sie nicht unmittelbar sei
jenes Anschauen des Ewigen und Göttlichen, wie man sagt,
sondern absolut erkennend.
Dies nicht sich selbst erkennende Anschauen ist der Anfang,
wovon als einem absolut Vorausgesetzten ausgegangen wird;
es selbst ist so nur anschauend, als unmittelbares Erkennen,
nicht Selbsterkennen;
oder es erkennt nichts, und sein Angeschautes ist nicht ein Erkanntes,
- sondern, wenns hoch kommt, schöne Gedanken, aber keine Erkenntnisse.
[9.]
Und
erkannt ist die intellektuelleAnschauung
,
a)
indem die Entgegengesetzten, alle äußere Wirklichkeit als die innere,
jedes getrennt von dem anderen erkannt wird.
[Hegel]
Wird es seinem Wesen nach, wie es ist, erkannt, so zeigt es sich als nicht bestehend,
sondern daß sein Wesen die Bewegung des Übergehens ist.
Dies Heraklitische oder Skeptische, daß nichts ruhend ist,
dies muss von jedem aufgezeigt werden;
und so in diesem Bewußtsein
- daß das Wesen jedes Bestimmtheit ist, sein Gegenteil ist -
geht die
begriffene Einheit
mit seinem Gegenteile hervor.
ß)
Ebenso ist diese Einheit selbst in ihrem Wesen zu erkennen;
ihr Wesen als diese Identität ist ebenso, in ihr Gegenteil überzugehen
oder sich zu realisieren, sich anders zu werden;
und so tritt ihr
Gegensatz durch sie selbst
hervor.
y)
Wieder ist von dem Gegensatz zu sagen, er ist im Absoluten nicht;
dies Absolute ist das Wesen, das Ewige usf.
Aber dies ist selbst eine Abstraktion, oder es ist nur auf einer Seite,
und der Gegensatz ist das Ideelle;
er ist die Form, er ist das wesentliche Moment seiner Bewegung.
Jenes ist nicht ruhend, dies nicht der rastlose Begriff,
sondern ruhend, in sich befriedigt, in seiner Rastlosigkeit.
- Das reine Denken ist fortgegangen zum Gegensatz des
Subjektiven
und
Objektiven;
und die
wahrhafte Versöhnung des Gegensatzes
ist die Einsicht,
daß dieser Gegensatz, auf seine absolute Spitze getrieben, sich selbst auflöst,
an sich, wie Schelling sagt, die Entgegengesetzten identisch s ind,
und nicht nur an sich, sondern daß das ewige Leben dieses ist,
den Gegensatz ewig zu produzieren und ewig zu versöhnen.
-
In der Einheit den Gegensatz,und in dem Gegensatz die Einheit zu wissen
,
dies ist
das absolute Wissen
;
und die
Wissenschaft
[Hegels System] ist dies,
diese Einheit in ihrer
ganzen Entwicklung
durch sich selbst zu wissen.
VP