Dritter Teil
DIE ABSOLUTE RELIGION

Wir sind nun zum realisierten Begriff der Religion, zur vollendeten Religion,
worin der Begriff es selbst ist, der sich Gegenstand ist, gekommen.

- Wir haben die Religion näher bestimmt als Selbstbewußtsein Gottes;
das Selbstbewußtsein hat als Bewußtsein einen Gegenstand
und ist sich seiner in diesem bewußt;
dieser Gegenstand ist auch Bewußtsein,
aber Bewußtsein als Gegenstand, damit endliches Bewußtsein,
ein von Gott, vom Absoluten verschiedenes Bewußtsein;
es fällt darein die Bestimmtheit und damit die Endlichkeit;
Gott ist Selbstbewußtsein, er weiß sich in einem von ihm verschiedenen Bewußtsein,
das an sich das Bewußtsein Gottes ist,
aber auch für sich, indem es seine Identität mit Gott weiß,
eine Identität, die aber vermittelt ist durch die Negation der Endlichkeit.

- Dieser Begriff macht den Inhalt der Religion aus.

Gott ist dies: sich von sich selbst zu unterscheiden, sich Gegenstand zu sein,
aber in diesem Unterschiede schlechthin mit sich identisch zu sein
- der Geist.

Dieser Begriff ist nun realisiert, das Bewußtsein weiß diesen Inhalt,
und in diesem Inhalt weiß es sich schlechthin verflochten:
in dem Begriff, der der Prozeß Gottes ist, ist es selbst Moment.

Das endliche Bewußtsein weiß Gott nur insofern, als Gott sich in ihm weiß;
so ist Gott Geist, und zwar der Geist seiner Gemeinde, d.i. derer, die ihn verehren.

Das ist die vollendete Religion, der sich objektiv gewordene Begriff.

Hier ist es offenbar, was Gott ist;
er ist nicht mehr ein Jenseits, ein Unbekanntes,
denn er hat den Menschen kundgetan, was er ist,
und nicht bloß in einer äußerlichen Geschichte, sondern im Bewußtsein.

Wir haben also hier die Religion der Manifestation Gottes,
indem Gott sich im endlichen Geiste weiß.

Gott ist schlechthin offenbar.

Dies ist hier das Verhältnis.

Der Übergang war dieser, daß wir gesehen haben,
wie dieses Wissen Gottes als freien Geistes ((187))
dem Gehalte nach noch mit Endlichkeit und Unmittelbarkeit behaftet ist;
dies Endliche musste noch durch die Arbeit des Geistes abgetan werden;
es ist das Nichtige;
wir haben gesehen, wie diese Nichtigkeit dem Bewußtsein offenbar geworden ist.

Das Unglück, der Schmerz der Welt war die Bedingung,
die Vorbereitung der subjektiven Seite auf das Bewußtsein des freien Geistes,
als des absolut freien und damit unendlichen Geistes.

Wir bleiben zunächst bei dem Allgemeinen dieser Sphäre stehen.


+++
A Das Allgemeine dieser Religion

1. Die offenbare Religion

Die absolute Religion ist erstens die offenbare Religion.

Die Religion ist das Offenbare, ist manifestiert erst dann,
wenn der Begriff der Religion für sich selbst ist;
oder die Religion, der Begriff derselben ist sich selbst objektiv geworden,
nicht in beschränkter, endlicher Objektivität,
sondern so, daß sie nach ihrem Begriff sich objektiv ist.


Näher kann man dies so ausdrücken.

Die Religion nach dem allgemeinen Begriff
ist Bewußtsein des absoluten Wesens;
Bewußtsein ist aber unterscheidend;
so haben wir zwei: Bewußtsein und absolutes Wesen.

Diese zwei sind zunächst Entäußerung im endlichen Verhältnis,
das empirische Bewußtsein und das Wesen im anderen Sinn.

Sie sind im endlichen Verhältnis zueinander;
insofern sind beide sich selbst endlich,
so weiß das Bewußtsein vom absoluten Wesen
nur als von einem Endlichen, nicht als Wahrhaften.

Gott ist selbst Bewußtsein, Unterscheiden seiner in sich,
und als Bewußtsein ist er dies, daß er sich als Gegenstand gibt
für das, was wir die Seite des Bewußtseins nennen.


Da haben wir immer zwei im Bewußtsein,
die sich endlich, äußerlich zueinander verhalten.

Wenn nun aber jetzt die ((188)) Religion sich selbst erfaßt,
so ist der Inhalt und der Gegenstand der Religion selbst dieses Ganze,
das sich zu seinem Wesen verhaltende Bewußtsein,
das Wissen seiner als des Wesens und des Wesens als seiner selbst,
d. h. der Geist ist so Gegenstand in der Religion.

Wir haben so zwei: das Bewußtsein und das Objekt;
aber in der Religion,
die mit sich selbst erfüllt, die offenbare ist, die sich erfaßt hat,
ist die Religion, der Inhalt selbst der Gegenstand,
und dieser Gegenstand, das sich wissende Wesen, ist der Geist.

Hier ist erst der Geist als solcher Gegenstand, Inhalt der Religion,
und der Geist ist nur für den Geist.

Indem er Inhalt, Gegenstand ist, ist er als Geist das sich Wissen, Unterscheiden,
gibt er sich selbst die andere Seite des subjektiven Bewußtseins,
was als Endliches erscheint.

Es ist die Religion, die mit sich selbst erfüllt ist.

Das ist die abstrakte Bestimmung dieser Idee,
oder die Religion ist in der Tat Idee.

Denn Idee im philosophischen Sinn
ist der Begriff, der sich selbst zum Gegenstand hat,
d. h. der Dasein, Realität, Objektivität hat,
der nicht mehr das Innere oder Subjektive ist, sondern sich objektiviert,
dessen Objektivität aber zugleich seine Rückkehr in sich selbst ist
oder - insofern wir den Begriff Zweck nennen -
der erfüllte, ausgeführte Zweck, der ebenso objektiv ist.


Die Religion hat das, was sie ist, das Bewußtsein des Wesens,
selbst zu ihrem Gegenstand, sie ist darin objektiviert;
sie ist, wie sie zunächst als Begriff war und nur als der Begriff,
oder wie es zuerst unser Begriff war.

Die absolute Religion ist die offenbare,
die Religion, die sich selbst zu ihrem Inhalt, [ihrer] Erfüllung hat.


Es ist das die vollendete Religion,
die Religion, die das Sein des Geistes für sich selbst ist,
die Religion, in welcher sie selbst sich objektiv geworden ist, die christliche.

In ihr ist unzertrennlich der allgemeine und der einzelne Geist,
der unendliche und der endliche;
ihre absolute Identität ist diese Religion und der Inhalt derselben.

Die allgemeine Macht ist die Substanz,
welche, indem sie an sich ebensosehr ((189)) Subjekt ist,
dies ihr Ansichsein jetzt setzt, sich somit von sich unterscheidet,
dem Wissen, dem endlichen Geiste sich mitteilt,
aber darin, weil er ein Moment ihrer selbst ist, bei sich bleibt,
in der Teilung ihrer ungeteilt zu sich zurückkehrt.


Die Theologie hat gemeiniglich diesen Sinn, daß es darum zu tun sei,
Gott als den nur gegenständlichen zu erkennen,
der schlechterdings in der Trennung gegen das subjektive Bewußtsein bleibt,
so ein äußerlicher Gegenstand ist wie die Sonne, der Himmel usf.

Gegenstand des Bewußtseins ist,
wo der Gegenstand die bleibende Bestimmung hat,
ein Anderes, Äußerliches zu sein.

Im Gegensatz hierzu kann man den Begriff der absoluten Religion so angeben,
daß das, um was es zu tun ist, nicht dies Äußere sei,
sondern die Religion selbst,
d. h. die Einheit dieser Vorstellung, die wir Gott heißen, mit dem Subjekt.


Man kann dies auch als den Standpunkt der jetzigen Zeit ansehen,
daß es um Religion, Religiosität, Frömmigkeit zu tun ist,
wobei es auf das Objekt nicht ankomme.

Die Menschen haben verschiedene Religionen;
die Hauptsache ist, daß sie nur fromm sind.

Man kann Gott nicht wissen als Gegenstand, nicht erkennen,
nur die subjektive Weise und Stellung sei es, worum es zu tun sei,
worauf es ankomme.

Dieser Standpunkt ist in dem Gesagten zu erkennen.

Es ist der Standpunkt der Zeit, zugleich aber ein ganz wichtiger Fortschritt,
der ein unendliches Moment geltend gemacht hat;
es liegt darin, daß das Bewußtsein des Subjekts
als absolutes Moment erkannt ist.

Auf beiden Seiten ist derselbe Inhalt,
und dies an sich Identischsein beider Seiten ist die Religion.

Es ist der große Fortschritt unserer Zeit,
daß die Subjektivität als absolutes Moment erkannt wird;
dies ist so wesentlich Bestimmung.

Es kommt jedoch darauf an, wie man sie bestimmt.


Über diesen großen Fortschritt ist folgendes zu bemerken. ((190))

Die Religion ist in der Bestimmung des Bewußtseins so beschaffen,
daß der Inhalt hinüberflieht und wenigstens scheinbar ein fremder bleibt.

Die Religion mag einen Inhalt haben, welchen sie will;
ihr Inhalt, festgehalten auf dem Standpunkt des Bewußtseins,
ist ein drübenstehender,
und wenn auch die Bestimmung der Offenbarung dazu kommt,
so ist der Inhalt doch ein gegebener und äußerlicher für uns.

Es kommt bei einer solchen Vorstellung, daß der göttliche Inhalt
nur gegeben, nicht zu erkennen, nur passiv im Glauben zu behalten sei,
andererseits auch zur Subjektivität der Empfindung,
die das Ende und das Resultat des Gottesdienstes ist.

Der Standpunkt des Bewußtseins ist also nicht der einzige Standpunkt.

Der Andächtige versenkt sich mit seinem Herzen,
seiner Andacht, seinem Wollen in seinen Gegenstand;
so hat er auf dieser Spitze der Andacht die Trennung aufgehoben,
welche beim Standpunkt des Bewußtseins ist.


Es kommt beim Standpunkt des Bewußtseins auch zur Subjektivität,
dieser Nichtfremdheit, dieser Versenkung des Geistes in die Tiefe,
die keine Ferne, sondern absolute Nähe, Gegenwart ist.


Aber auch dieses Aufheben der Trennung kann dann wieder fremd
als Gnade Gottes gefaßt werden,
die der Mensch als ein Fremdes sich gefallen lassen müsse
und gegen die er sich passiv verhalte.

Gegen diese Trennung ist die Bestimmung gekehrt,
daß es um die Religion als solche zu tun sei,
d. h. um das subjektive Bewußtsein, das, was Gott will, in sich hat.

In dem Subjekt ist so die Ungetrenntheit
der Subjektivität und des Anderen, der Objektivität;
oder das Subjekt ist für den ganzen Umfang als das reale Verhältnis wesentlich.

Dieser Standpunkt erhebt also das Subjekt zu einer wesentlichen Bestimmung.

Er hängt zusammen mit der Freiheit des Geistes,
daß er sie wiederhergestellt hat,
daß kein Standpunkt ist, worin er nicht bei sich selbst sei.

Der Begriff der absoluten Religion enthält,
daß die Religion es ist, die sich objektiv ist.

Aber nur der Begriff.

Ein anderes ist dieser Begriff und ein anderes das Bewußtsein dieses Begriffs.


((191)) Es kann also auch in der absoluten Religion
der Begriff dies Ansich sein, aber das Bewußtsein ist ein Anderes.

Diese Seite ist es denn, die in der Bestimmung,
daß die Religion es sei, um die es zu tun sei,
zum Bewußtsein gekommen, hervorgetreten ist.

Der Begriff ist selbst noch einseitig, genommen als nur an sich;
ebenso ist er diese einseitige Gestalt da,
wo die Subjektivität selbst einseitig ist,
hat nur die Bestimmung des einen von beiden, ist nur unendliche Form,
das reine Selbstbewußtsein, das reine Wissen seiner selbst;
es ist an sich inhaltslos, weil die Religion als solche
nur in ihrem Ansich aufgefaßt ist,
nicht die Religion ist, die sich objektiv ist,
nur die Religion in der noch nicht
realen, sich objektivierenden, sich Inhalt gebenden Gestalt.

Nichtobjektivität ist Inhaltslosigkeit.


Das Recht der Wahrheit ist,
daß das Wissen in der Religion den absoluten Inhalt habe.

Hier aber ist er nicht wahrhaft, sondern nur verkümmert.

Also ein Inhalt muss sein;
dieser ist so zufällig, endlich, empirisch bestimmt,
und es tritt damit eine Ähnlichkeit mit dem römischen Zeitalter ein.

Die Zeit der römischen Kaiser hat viel Ähnlichkeit mit der unsrigen.

Das Subjekt, wie es besteht, ist als unendlich gefaßt,
aber als abstrakt schlägt es unmittelbar ins Gegenteil um
und ist nur endlich und beschränkt.

Die Freiheit ist damit nur eine solche, die ein Jenseits bestehen läßt,
ein Sehnen, die das Unterscheiden des Bewußtseins leugnet
und damit das wesentliche Moment des Geistes verwirft
und so geistlose Subjektivität ist.


Die Religion ist das Wissen des Geistes von sich als Geist;
als reines Wissen weiß es sich nicht als Geist
und ist somit nicht substantielles, sondern subjektives Wissen.

Aber daß es nur dieses und somit beschränktes Wissen sei,
ist für die Subjektivität nicht in der Gestalt ihrer selbst, d. h. des Wissens,
sondern ihr unmittelbares Ansich, das sie zunächst in sich findet
und somit in dem Wissen ihrer als des schlechthin Unendlichen,
(es ist) Gefühl ihrer Endlichkeit und somit zugleich
der Unendlichkeit als eines ihr jenseitigen Ansichseins ((192)) gegen ihr Fürsichsein,
das Gefühl der Sehnsucht nach dem unerklärten Jenseits.


Die absolute Religion hingegen enthält die Bestimmung
der Subjektivität oder der unendlichen Form, die der Substanz gleich ist.

Wir können es Wissen, reine Intelligenz nennen, diese Subjektivität,
diese unendliche Form, diese unendliche Elastizität der Substanz,
sich in sich zu dirimieren, sich selbst zum Gegenstand zu machen;
der Inhalt ist deshalb mit sich identischer Inhalt,
weil es die unendlich substantielle Subjektivität ist,
die sich zum Gegenstand und Inhalt macht.

In diesem Inhalte selbst wird dann wieder das endliche Subjekt
vom unendlichen Objekt unterschieden.

Gott als Geist ist,
wenn er drüben bleibt, wenn er nicht ist als lebendiger Geist seiner Gemeinde,
selbst nur in der einseitigen Bestimmung als Objekt.


Dies ist der Begriff; er ist der Begriff der Idee, der absoluten Idee.

Die Realität ist jetzt der Geist, der für den Geist ist,
der sich selbst zum Gegenstand hat,
und so ist diese Religion die offenbare Religion;
Gott offenbart sich.

Offenbaren heißt dies Urteil der unendlichen Form,
sich bestimmen, sein für ein Anderes;
dies Sichmanifestieren gehört zum Wesen des Geistes selbst.

Ein Geist, der nicht offenbar ist, ist nicht Geist.

Man sagt: Gott hat die Welt erschaffen;
so spricht man dies als einmal geschehene Tat aus, die nicht wieder geschieht,
als so eine Bestimmung, die sein kann oder nicht;
Gott hätte sich offenbaren können oder auch nicht;
es ist eine gleichsam willkürlich zufällige Bestimmung,
nicht zum Begriff Gottes gehörend.

Aber Gott ist als Geist wesentlich dies Sichoffenbaren;
er erschafft nicht einmal die Welt, sondern ist der ewige Schöpfer,
dies ewige Sichoffenbaren, dieser Aktus.

Dies ist sein Begriff, seine Bestimmung.


Die Religion, die offenbare, Geist für den Geist,
ist als solche die Religion des Geistes, nicht verschlossen für ein Anderes,
welches nur momentan ein Anderes ist.

Gott setzt das Andere und hebt es auf in seiner ewigen Bewegung.

Der Geist ist dies, sich selbst zu erscheinen,
dies ist seine ((193)) Tat und seine Lebendigkeit;
es ist seine einzige Tat, und er selbst ist nur seine Tat.

Was offenbart Gott eben, als daß er dies Offenbaren seiner ist?

Was er offenbart, ist die unendliche Form.

Die absolute Subjektivität ist das Bestimmen;
dies ist das Setzen von Unterschieden, das Setzen von Inhalt;
was er so offenbart, ist, daß er die Macht ist,
diese Unterschiede in sich zu machen.

Es ist dies sein Sein, ewig diese Unterschiede zu machen,
zurückzunehmen und dabei bei sich selbst zu sein.

Was geoffenbart wird, ist dies, daß er für ein Anderes ist.

Das ist die Bestimmung des Offenbarens.

+++
2. Die geoffenbarte, positive Religion

Diese Religion, die sich selbst offenbar ist,
ist zweitens nicht nur die offenbare,
sondern die, die auch geoffenbart genannt wird,
und darunter versteht man,
daß sie einerseits von Gott geoffenbart ist,
daß Gott sich selbst den Menschen zu wissen gegeben,
und andererseits darin, daß sie geoffenbart ist, positive Religion sei
in dem Sinne, daß sie dem Menschen von außen gekommen, gegeben worden.

Um dieser Eigentümlichkeit willen,
die man beim Positiven vor der Vorstellung hat,
ist es interessant zu sehen, was das Positive ist.


Die absolute Religion ist allerdings eine positive in dem Sinne,
wie alles, was für das Bewußtsein ist, demselben ein Gegenständliches ist.

Alles muss auf äußerliche Weise an uns kommen.

Das Sinnliche ist so ein Positives.

Zunächst gibt es nichts so Positives,
als was wir in der unmittelbaren Anschauung vor uns haben.

Alles Geistige überhaupt kommt auch so an uns,
endlich Geistiges, geschichtlich Geistiges;
diese Weise der äußerlichen Geistigkeit und der sich äußernden Geistigkeit
ist ebenso positiv.

Ein höheres, reineres Geistiges ist das Sittliche, die Gesetze der Freiheit.

Aber das ist seiner Natur nach nicht ein solch äußerlich Geistiges,
nicht ein Äußerliches, Zufälliges, sondern die Natur des reinen Geistes selbst;
aber es hat auch ((194)) die Weise, äußerlich an uns zu kommen,
zunächst im Unterricht, Erziehung, Lehre:
da wird es uns gegeben, gezeigt, daß es so gilt.


Die Gesetze, die bürgerlichen, die Gesetze des Staats sind ebenso ein Positives:
sie kommen an uns, sind für uns, gelten;
sie sind, nicht so, daß wir sie stehenlassen, an ihnen vorübergehen können,
sondern daß sie in dieser ihrer Äußerlichkeit
auch für uns, subjektiv ein Wesentliches, subjektiv Bindendes sein sollen.

Wenn wir das Gesetz fassen, erkennen,
vernünftig finden, daß das Verbrechen bestraft ist,
so ist es nicht ein Wesentliches für uns in dem Sinne,
daß es nur darum uns gelte, weil es positiv ist, weil es so ist,
sondern es gilt auch innerlich, unserer Vernunft als ein Wesentliches,
weil es auch innerlich, vernünftig ist.

Daß es positiv ist,
benimmt seinem Charakter, vernünftig, unser eigenes zu sein,
ganz und gar nichts.

Die Gesetze der Freiheit haben immer eine positive Seite,
eine Seite der Realität, Äußerlichkeit, Zufälligkeit in ihrer Erscheinung.

Gesetze müssen bestimmt werden;
schon in der Bestimmung, Qualität der Strafe tritt Äußerlichkeit ein,
noch mehr in der Quantität.

Das Positive kann bei Strafen gar nicht wegbleiben, ist ganz notwendig,
- diese letzte Bestimmung des Unmittelbaren ist ein Positives,
d. h. ist nichts Vernünftiges.

Im Strafen ist z. B. die runde Zahl das Entscheidende;
durch Vernunft ist nicht auszumachen,
was da das schlechthin Gerechte sei.

Was seiner Natur nach positiv ist, ist das Vernunftlose;
es muss bestimmt sein und wird auf eine Weise bestimmt,
die nichts Vernünftiges hat oder in sich enthält.


Notwendig ist bei der offenbaren Religion auch diese Seite:
indem da Geschichtliches, äußerlich Erscheinendes vorkommt,
ist da auch Positives, Zufälliges vorhanden, das so sein kann oder auch so.

Auch bei der Religion kommt also dies vor.

Um der Äußerlichkeit, der Erscheinung willen, die damit gesetzt ist,
ist Positives immer vorhanden.

Aber es ist zu unterscheiden:
das Positive als solches, abstrakt Positives,
und das Positive in der Form und als Gesetz ((195)) der Freiheit.

Das Gesetz der Freiheit soll nicht gelten, weil es ist,
sondern weil es die Bestimmung unserer Vernünftigkeit selbst ist;
so ist es nichts Positives, nichts bloß Geltendes,
wenn es als diese Bestimmung gewußt wird.

Auch die Religion erscheint positiv im ganzen Inhalt ihrer Lehren,
aber das soll sie nicht bleiben,
nicht Sache der bloßen Vorstellung, des bloßen Gedächtnisses sein.


Das Positive in Rücksicht der Beglaubigung der Religion ist,
daß das Äußerliche die Wahrheit einer Religion bezeugen,
als Grund der Wahrheit einer Religion angesehen werden soll.

Da hat die Beglaubigung einmal die Gestalt eines Positiven als solchen:
da sind Wunder und Zeugnisse,
die die Göttlichkeit des offenbarenden Individuums beweisen sollen
und daß das Individuum diese und jene Lehren gegeben.

Wunder sind sinnliche Veränderungen,
Veränderungen im Sinnlichen, die wahrgenommen werden,
und dies Wahrnehmen selbst ist sinnlich,
weil es sinnliche Veränderungen betrifft.

In Ansehung dieses Positiven, der Wunder, ist früher bemerkt worden,
daß dies allerdings für den sinnlichen Menschen
eine Beglaubigung hervorbringen kann;
aber es ist das nur der Anfang der Beglaubigung,
die ungeistige Beglaubigung,
durch die das Geistige nicht beglaubigt werden kann.


Das Geistige als solches
kann nicht direkt durch das Ungeistige, Sinnliche beglaubigt werden.

Die Hauptsache in dieser Seite der Wunder ist,
daß man sie in dieser Weise auf die Seite stellt.


Der Verstand kann versuchen, die Wunder natürlich zu erklären,
viel Wahrscheinliches gegen sie vorbringen,
d. h. an das Äußerliche, Geschehene als solches sich halten
und gegen dieses sich kehren.

Der Hauptstandpunkt der Vernunft in Ansehung der Wunder ist,
daß das Geistige nicht äußerlich beglaubigt werden kann;
denn das Geistige ist höher als das Äußerliche,
es kann nur durch sich und in sich beglaubigt werden,
nur durch sich und an sich selbst sich bewähren.

Das ist das, was das Zeugnis des Geistes genannt werden kann. ((196))


In der Geschichte der Religion ist dies selbst ausgesprochen:

Moses tut Wunder vor Pharao;
die ägyptischen Zauberer machen es ihm nach;
damit ist selbst gesagt, daß kein großer Wert darauf zu legen ist.

Die Hauptsache aber ist, Christus selbst sagt:

“Es werden viele kommen, die in meinem Namen Wunder tun,
- ich habe sie nicht erkannt.”

Hier verwirft er selbst die Wunder als wahrhaftes Kriterium der Wahrheit.

Das ist der Hauptgesichtspunkt, und dies ist festzuhalten:
die Beglaubigung durch Wunder wie das Angreifen derselben
ist eine Sphäre, die uns nichts angeht;
das Zeugnis des Geistes ist das wahrhafte.


Dieses kann mannigfach sein;
es kann unbestimmt, allgemeiner das sein, was dem Geist überhaupt zusagt,
was einen tieferen Anklang in ihm erregt.

In der Geschichte spricht das Edle, Hohe, Sittliche, Göttliche uns an;
ihm gibt unser Geist Zeugnis.

Dieses nun kann dieser allgemeine Anklang bleiben,
dieses Zustimmen des Inneren, diese Sympathie.

Es kann aber auch mit Einsicht, Denken verbunden werden;
diese Einsicht, insofern sie keine sinnliche ist,
gehört sogleich dem Denken an;
es seien Gründe, Unterscheidungen usw.,
es ist Tätigkeit mit und nach den Denkbestimmungen, Kategorien.

Es kann ausgebildeter oder wenig ausgebildet erscheinen;
es kann ein solches sein,
das die Voraussetzung macht seines Herzens, seines Geistes überhaupt,
Voraussetzungen von allgemeinen Grundsätzen,
die ihm gelten und die den Menschen durchs Leben begleiten.

Diese Maximen brauchen nicht bewußte zu sein,
sondern sie sind die Art und Weise, wie sein Charakter gebildet ist,
das Allgemeine, das in seinem Geist festen Fuß gefaßt;
dieses ist ein Festes in seinem Geist;
dieses regiert ihn dann.


Von solcher festen Grundlage, Voraussetzung
kann sein Räsonieren, Bestimmen anfangen.

Da sind der Bildungsstufen, Lebenswege sehr viele,
die Bedürfnisse sind sehr ((197)) verschieden.

Aber das höchste Bedürfnis des menschlichen Geistes ist das Denken,
das Zeugnis des Geistes, so, daß es nicht vorhanden nur sei
auf solche nur anklingende Weise der ersten Sympathie
noch auf die andere Weise,
daß solche feste Grundlagen und Grundsätze im Geiste sind,
auf welche Betrachtungen gebaut werden,
feste Voraussetzungen, aus denen Schlüsse, Herleitungen gemacht werden.


Das Zeugnis des Geistes in seiner höchsten Weise ist die Weise der Philosophie,
daß der Begriff rein als solcher ohne Voraussetzung
aus sich die Wahrheit entwickelt und man entwickelnd erkennt
und in und durch diese Entwicklung die Notwendigkeit derselben einsieht.


Man hat oft den Glauben dem Denken so entgegengesetzt,
daß man gesagt hat:
von Gott, von den Wahrheiten der Religion
kann man auf keine andere Weise eine wahrhafte Überzeugung haben
als auf denkende Weise;
so hat man die Beweise vom Dasein Gottes als die einzige Weise angegeben,
von der Wahrheit zu wissen und überzeugt zu sein.

Aber das Zeugnis des Geistes kann
auf mannigfache, verschiedene Weise vorhanden sein;
es ist nicht zu fordern, daß bei allen Menschen
die Wahrheit auf philosophische Weise hervorgebracht werde.

Die Bedürfnisse der Menschen sind eben
nach ihrer Bildung und freien Entwicklung verschieden,
und nach dem verschiedenen Stande der Entwicklung
ist auch die Forderung, das Vertrauen, daß auf Autorität geglaubt werde.

Auch Wunder haben da ihren Platz,
und es ist interessant zu sehen, daß sie auf dies Minimum eingeschränkt werden.


Es ist also auch in dieser Form des Zeugnisses des Geistes
noch Positives vorhanden.

Die Sympathie, diese unmittelbare Gewißheit
ist um ihrer Unmittelbarkeit willen selbst ein Positives,
und das Räsonnement, das von einem Gesetzten, Gegebenen ausgeht,
hat ebensolche Grundlage.

Nur der Mensch hat Religion, und die Religion hat ihren Sitz, Boden im Denken.

Das Herz, Gefühl ist nicht das Herz, Gefühl eines Tiers,
sondern das Herz des denkenden Menschen, ((198)) denkendes Herz, Gefühl,
und was in diesem Herzen, Gefühl von Religion ist,
ist im Denken dieses Herzens, Gefühls.

Insofern man anfängt zu schließen, zu räsonieren, Gründe anzugeben,
an Gedankenbestimmungen fortzugehen, geschieht das immer denkend.


Indem die Lehren der christlichen Religion in der Bibel vorhanden sind,
sind sie hiermit auf positive Weise gegeben,
und wenn sie subjektiv werden, wenn der Geist ihnen Zeugnis gibt,
so kann das auf ganz unmittelbare Weise sein,
daß des Menschen Innerstes, sein Geist, sein Denken,
seine Vernunft davon getroffen ist und diesem zusagt.

So ist die Bibel für den Christen diese Grundlage, die Hauptgrundlage,
die diese Wirkung auf ihn hat, in ihm anschlägt,
diese Festigkeit seinen Überzeugungen gibt.


Das Weitere ist aber, daß er, weil er denkend ist,
nicht bei diesem unmittelbaren Zusagen, Zeugnis stehenbleiben kann,
sondern sich auch ergeht in Gedanken, Betrachtungen, Nachdenken darüber.

Dies gibt dann weitere Ausbildung in der Religion,
und in der höchsten ausgebildeten Form
ist es die Theologie, die wissenschaftliche Religion,
dieser Inhalt als Zeugnis des Geistes auf wissenschaftliche Weise gewußt.


Da tritt dann dieser Gegensatz ein, daß gesagt wird,
man solle sich bloß an die Bibel halten.

Das ist einerseits ein ganz richtiger Grundsatz.

Es gibt Menschen, die sehr religiös sind, nichts tun als die Bibel lesen
und Sprüche daraus hersagen, eine hohe Frömmigkeit, Religiosität haben;
aber Theologen sind sie nicht;
da ist noch keine Wissenschaftlichkeit, Theologie.

Goeze, ° der lutherische Zelot, hatte eine berühmte Bibelsammlung;
auch der Teufel zitiert die Bibel;
aber das macht eben noch nicht den Theologen.

°Fuß
Johann Melchior Goeze, 1717-1786, genannt “Pastor Goeze,”
bekannt vor allem durch seine Kontroverse mit Lessing (Antigoeze)
EndeFuß

Sowie dies nur nicht mehr bloß ist Lesen und Wiederholen der Sprüche,
sowie das sogenannte Erklären anfängt,
das schließen, Exegesieren, was es zu bedeuten habe,
so tritt der ((199)) Mensch ins Räsonieren, Reflektieren, ins Denken hinüber,
und da kommt es darauf an, ob sein Denken richtig ist oder nicht,
- wie er sich in seinem Denken verhalte.


Es hilft nichts zu Sagen, diese Gedanken oder diese Sätze
seien auf die Bibel gegründet.

Sobald sie nicht mehr bloß die Worte der Bibel sind,
ist diesem Inhalt eine Form gegeben,
bekommt der Inhalt eine logische Form,
oder es werden bei diesem Inhalt gewisse Voraussetzungen gemacht
und mit diesen an die Erklärung gegangen;
sie sind das Bleibende für die Erklärung;
man bringt Vorstellungen mit, die das Erklären leiten.

Die Erklärung der Bibel zeigt den Inhalt der Bibel
in der Form, Denkweise jeder Zeit;
das erste Erklären war ein ganz anderes als das jetzige.


Solche Voraussetzungen sind z. B. die Vorstellung,
daß der Mensch von Natur gut ist oder daß man Gott nicht erkennen kann.

Wer solche Vorurteile im Kopfe hat, wie muss der die Bibel verdrehen!

Das bringt man hinzu, obgleich die christliche Religion gerade dies ist,
Gott zu erkennen, worin Gott sogar sich geoffenbart, gezeigt hat, was er ist.

Da kann nun eben wieder das Positive in anderer Weise eintreten.

Da kommt es gar sehr darauf an,
ob dieser Inhalt, diese Vorstellungen, Sätze wahrhafte sind.

Das ist nicht mehr die Bibel,
das sind die Worte, die der Geist innerlich auffaßt.

Spricht der Geist sie aus, so ist das schon eine Form,
die der Geist gegeben, Form des Denkens.

Diese Form, die man jenem Inhalt gibt, ist zu untersuchen.

Da kommt das Positive wieder herein.

Es hat hier den Sinn,
daß z. B. die formelle Logik des Schließens vorausgesetzt worden,
Gedankenverhältnisse des Endlichen.

Da kann nach dem gewöhnlichen Verhältnis des Schließens
nur Endliches gefaßt, erkannt werden, nur Verständiges;
göttlichem Inhalt ist es nicht adäquat.

Dieser Inhalt wird so von Grund aus verdorben.


Die Theologie, sowie sie nicht ein Hersagen der Bibel ist
und über die Worte der Bibel hinausgeht,
es darauf ankommen läßt, was für Gefühle im Innern sind,
gebraucht Formen des Denkens, tritt ins Denken.

Gebraucht sie diese ((200)) Formen nun nach Zufall,
so daß sie Voraussetzungen hat, Vorurteile,
so ist dies etwas Zufälliges, Willkürliches,
und die Untersuchung dieser Denkformen ist allein die Philosophie.

Die Theologie gegen die Philosophie sich kehrend
ist entweder bewußtlos darüber, daß sie solche Formen braucht,
daß sie selbst denkt und es darauf ankommt, nach dem Denken fortzugehen,
oder es ist nicht Ernst damit, sondern bloß Täuschung:
sie will das beliebige, zufällige Denken, das hier das Positive ist, sich vorbehalten.

Diesem willkürlichen Denken
tut das Erkennen der wahrhaften Natur des Denkens Eintrag.

Dieses zufällige, beliebige Denken ist das Positive, das hereinkommt.

Nur der Begriff für sich befreit sich wahrhaft durch und durch
von jenem Positiven;
denn in der Philosophie und Religion ist diese höchste Freiheit,
die das Denken selbst als solches ist.


Die Lehre, der Inhalt erhält auch die Form des Positiven;
er ist ein Gültiges, gilt in der Gesellschaft.

Alles Gesetz, alles Vernünftige, überhaupt was gilt,
hat diese Form, daß es ein Seiendes ist
und als solches für jeden das Wesentliche, ein Geltendes.

Das ist aber nur die Form des Positiven;
der Inhalt muss der wahrhafte Geist sein.


Die Bibel ist diese Form des Positiven;
aber es ist selbst einer ihrer Sprüche:

“Der Buchstabe tötet, der Geist macht lebendig.”

Da kommt es darauf an, welchen Geist man herbeibringt,
welcher Geist das Wort belebt.

Man muss wissen, daß man einen konkreten Geist mitbringt,
einen denkenden oder reflektierenden oder empfindenden Geist,
und muss Bewußtsein haben über diesen Geist, der tätig ist,
diesen Inhalt auffaßt.


Das Fassen ist nicht ein passives Aufnehmen,
sondern indem der Geist auffaßt, ist dies Fassen zugleich seine Tätigkeit;
nur beim Mechanischen verhält sich die eine Seite im Aufnehmen passiv.

Der Geist also kommt daran hin;
dieser Geist hat seine Vorstellungen, Begriffe, ist ein logisches Wesen,
ist ((201)) denkende Tätigkeit;
diese Tätigkeit muss der Geist kennen.

Dies Denken kann aber auch
in diesen und jenen Kategorien der Endlichkeit so hingehen.

Es ist der Geist, der auf solche Weise anfängt vom Positiven,
aber wesentlich dabei ist:
er soll sein der wahrhafte, rechte, der heilige Geist,
der das Göttliche und diesen Inhalt als göttlich auffaßt und weiß.

Das ist das Zeugnis des Geistes, das mehr oder weniger entwickelt sein kann.


Das ist also in Hinsicht des Positiven die Hauptsache,
daß der Geist sich denkend verhält, Tätigkeit ist in den Kategorien, Denkbestimmungen,
daß der Geist da tätig ist, sei er empfindend, räsonierend usf.

Dies wissen einige nicht,
haben kein Bewußtsein über das Aufnehmen, daß sie dabei tätig sind.

Viele Theologen, indem sie sich exegetisch verhalten
und, wie sie meinen, recht rein aufnehmend,
wissen dies nicht, daß sie dabei tätig sind, reflektieren.

Ist dies Denken so ein zufälliges,
so überläßt es sich den Kategorien der Endlichkeit
und ist damit unfähig, das Göttliche im Inhalt aufzufassen;
es ist nicht der göttliche, sondern der endliche Geist,
der in solchen Kategorien sich fortbewegt.


Durch solch endliches Erfassen des Göttlichen,
dessen, was an und für sich ist,
durch dies endliche Denken des absoluten Inhalts ist es geschehen,
daß die Grundlehren des Christentums
größtenteils aus der Dogmatik verschwunden sind.

Nicht allein, aber vornehmlich ist die Philosophie jetzt wesentlich orthodox;
die Sätze, die immer gegolten, die Grundwahrheiten des Christentums
werden von ihr erhalten und aufbewahrt.


Indem wir diese Religion betrachten, gehen wir nicht historisch zu Werke
nach der Weise des Geistes, der vom Äußerlichen anfängt,
sondern wir gehen vom Begriff aus.

Jene Tätigkeit, die vom Äußerlichen anfängt, erscheint
nur nach einer Seite als auffassend, nach der andern ist sie Tätigkeit.

Hier verhalten wir uns wesentlich als solche Tätigkeit,
und zwar mit Bewußtsein des Denkens über sich,
über den Gang der Denkbestimmungen,
- eines Denkens, das sich geprüft, ((202)) erkannt hat, das weiß, wie es denkt,
und weiß, was die endlichen und was die wahrhaften Denkbestimmungen sind.

Daß wir auf der andern Seite vom Positiven anfingen,
ist in der Erziehung geschehen und notwendig,
hier aber auf der Seite zu lassen, insofern wir wissenschaftlich verfahren.

+++
3. Die Religion der Wahrheit und Freiheit

Die absolute Religion ist so die Religion der Wahrheit und Freiheit.

Denn die Wahrheit ist,
sich im Gegenständlichen nicht verhalten als zu einem Fremden.

Die Freiheit drückt dasselbe, was die Wahrheit ist,
mit einer Bestimmung der Negation aus.

Der Geist ist für den Geist: dies ist er;
er ist also seine Voraussetzung;
wir fangen mit dem Geist als Subjekt an.

Er ist identisch mit sich, ist ewige Anschauung seiner selbst;
er ist so zugleich nur als Resultat, als Ende gefaßt.

Er ist das Sichvoraussetzen und ebenso das Resultat und ist nur als Ende.

Dies ist die Wahrheit, dies Adäquatsein, dies Objekt- und Subjektsein.

Daß er sich selbst der Gegenstand ist,
ist die Realität, Begriff, Idee, und dies ist die Wahrheit.


Ebenso ist sie die Religion der Freiheit.

Freiheit ist abstrakt das Verhalten zu einem Gegenständlichen
als nicht zu einem Fremden;
es ist dieselbe Bestimmung wie die der Wahrheit,
nur ist bei der Freiheit noch die Negation
des Unterschiedes des Andersseins herausgehoben;
so erscheint sie in der Form der Versöhnung.

Diese fängt damit an, daß Unterschiedene gegeneinander sind:

Gott, der eine ihm entfremdete Welt gegenüber hat,
- eine Welt, die ihrem Wesen entfremdet ist.

Die Versöhnung ist die Negation dieser Trennung, dieser Scheidung,
sich ineinander zu erkennen, sich und sein Wesen zu finden.

Die Versöhnung ist so die Freiheit,
ist nicht ein Ruhendes oder Seiendes, sondern Tätigkeit.

Alles dies, Versöhnung, Wahrheit, Freiheit ist allgemeiner Prozeß
und daher nicht in einem einfachen Satz auszusprechen ohne Einseitigkeit.

Die Hauptvorstellung ist ((203)) die von der Einheit
der göttlichen und menschlichen Natur:
Gott ist Mensch geworden.

Diese Einheit ist zunächst nur das Ansich,
aber als dies, ewig hervorgebracht zu werden,
und dies Hervorbringen ist die Befreiung, Versöhnung,
die eben nur möglich ist durch das Ansich;
die mit sich identische Substanz ist diese Einheit,
die als solche die Grundlage ist,
aber als Subjektivität ist sie das, was sich ewig hervorbringt.


Daß nur diese Idee die absolute Wahrheit ist,
das ist Resultat der ganzen Philosophie;
in seiner reinen Form ist es das Logische,
aber ebenso Resultat der Betrachtung der konkreten Welt.

Dies ist die Wahrheit, daß die Natur, das Leben, der Geist
durch und durch organisch ist,
daß jedes Unterschiedene nur ist der Spiegel dieser Idee,
so daß sie sich an ihm als Vereinzeltem darstellt, als Prozeß an ihm,
so daß es diese Einheit an ihm selbst manifestiert,


Die Naturreligion ist die Religion auf dem Standpunkt nur des Bewußtseins;
in der absoluten Religion ist auch dieser Standpunkt,
aber nur innerhalb, als transitorisches Moment.

In der Naturreligion ist Gott als Anderes vorgestellt, in natürlicher Gestaltung,
oder die Religion hat nur die Form des Bewußtseins.

Die zweite Form war die der geistigen Religion,
des Geistes, der endlich bestimmt bleibt;
es ist insofern die Religion des Selbstbewußtseins,
nämlich der absoluten Macht, der Notwendigkeit, die wir gesehen haben.

Der Eine, die Macht ist das Mangelhafte,
weil es nur die abstrakte Macht ist,
seinem Inhalte nach nicht absolute Subjektivität ist,
nur abstrakte Notwendigkeit, abstrakt einfaches Beisichselbstsein.


Die Abstraktion, in der die Macht und die Notwendigkeit
noch auf jener Stufe gefaßt worden, macht die Endlichkeit aus,
und die besonderen Mächte, Götter, bestimmt nach geistigem Inhalt,
machen erst die Totalität,
indem sie zu jener Abstraktion den realen Inhalt hinzubringen.

Endlich die dritte ist nun die Religion der Freiheit, des Selbstbewußtseins,
das aber zugleich Bewußtsein der umfassenden ((204)) Realität [ist],
die die Bestimmtheit der ewigen Idee Gottes selbst bildet
und in dieser Gegenständlichkeit bei sich selbst ist.

Freiheit ist die Bestimmung des Selbstbewußtseins.

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B Der metaphysische Begriff der Idee Gottes

Der metaphysische Begriff Gottes ist hier,
daß wir nur vom reinen Begriff zu sprechen haben,
der durch sich selbst real ist.

Die Bestimmung Gottes ist also hier,
daß er die absolute Idee ist, d. h. daß er der Geist ist.

Aber der Geist, die absolute Idee ist dies,
nur als Einheit des Begriffs und der Realität zu sein,
und [zwar] so, daß der Begriff an ihm selbst
als die Totalität ist und ebenso die Realität.

Diese Realität aber ist die Offenbarung,
die für sich seiende Manifestation.

Indem die Manifestation auch das Moment des Unterschiedes in sich hat,
so liegt darin auch die Bestimmung des endlichen Geistes,
der menschlichen Natur, die als endlich jenem Begriff gegenüber ist;
indem wir aber den absoluten Begriff die göttliche Natur nennen,
so ist die Idee des Geistes,
die Einheit der göttlichen und menschlichen Natur zu sein.

Aber die göttliche Natur ist selbst nur dies, der absolute Geist zu sein;
also eben die Einheit der göttlichen und menschlichen Natur
ist selbst der absolute Geist.

Aber in einem Satze läßt sich die Wahrheit nicht aussprechen.

Beide sind verschieden, der absolute Begriff
und die Idee als die absolute Einheit von ihrer Realität.

Der Geist ist daher der lebendige Prozeß,
daß die an sich seiende Einheit der göttlichen und menschlichen Natur
für sich und hervorgebracht werde.


Die abstrakte Bestimmung nun dieser Idee
ist die Einheit des Begriffes mit der Realität.

In der Form des Beweises vom Dasein Gottes
ist ein Beweis dieser Übergang, diese Vermittlung,
daß aus dem Begriff Gottes das Sein folgt.

Zu bemerken ist, daß wir bei den übrigen Beweisen
ausgegangen ((205)) sind vom endlichen Sein, welches das Unmittelbare war
und von dem auf das Unendliche,
auf das wahrhafte Sein geschlossen wurde,
das in der Form von Unendlichkeit, Notwendigkeit, absoluter Macht,
die zugleich Weisheit ist, die Zwecke in sich selbst hat, erschien.

Hier wird dagegen vom Begriff ausgegangen und übergegangen zum Sein.

Beides ist notwendig, und diese Einheit aufzuzeigen, ist notwendig,
indem man sowohl vom einen ausgeht als auch vom andern,
denn die Identität beider ist das Wahrhafte.

Sowohl der Begriff als auch das Sein, die Welt, das Endliche,
beides sind einseitige Bestimmungen, deren jede in die andere umschlägt
und sich zeigt, einmal unselbständiges Moment zu sein
und zweitens die andere Bestimmung, welche sie in sich trägt, zu produzieren.

Nur in der Idee ist ihre Wahrheit, d. h. beide sind als Gesetzte;
keines von beiden muss nur die Bestimmung haben,
ein Anfangendes, Ursprüngliches zu bleiben,
sondern muss sich darstellen als übergehend ins andere,
d. h. muss als Gesetztes sein.

Dieser Übergang hat eine entgegengesetzte Bedeutung;
jedes wird als Moment dargestellt,
d. h. es ist ein Übergehendes vom Unmittelbaren zum Anderen,
so daß jedes ein Gesetztes ist;
andererseits hat es aber auch die Bedeutung,
daß es ein das Andere Hervorbringendes sei wie das Andere Setzendes.

Es ist so die eine Seite die Bewegung und ebenso auch die andere.


Wenn nun in dem Begriff der Übergang in das Sein aufgezeigt werden soll,
so muss man zunächst sagen, daß die Bestimmung Sein ganz arm ist;
es ist die abstrakte Gleichheit mit sich selbst,
diese Affirmation, aber in ihrer letzten Abstraktion,
die ganz bestimmungslose Unmittelbarkeit.

Wenn im Begriff weiter nichts wäre,
so muss ihm doch wenigstens diese letzte Abstraktion zukommen;
der Begriff ist nämlich.

Selbst nur als Unendlichkeit bestimmt
oder, in konkreterer Bedeutung, die Einheit vom Allgemeinen und Besonderen,
die Allgemeinheit, die sich besondert und so in sich zurückkehrt,
ist diese Negation des Negativen, diese Beziehung auf sich selbst,
das Sein ganz abstrakt genommen.

Diese Identität ((206)) mit sich,
diese Bestimmung ist sogleich im Begriff wesentlich enthalten.


Doch muss auch gesagt werden,
der Übergang vom Begriff zum Sein ist sehr viel und reich
und enthält das tiefste Interesse der Vernunft.

Dies Verhältnis zu fassen vom Begriff zum Sein
ist besonders auch das Interesse unserer Zeit.

Es ist näher die Ursache anzugeben,
warum dieser Übergang solch ein Interesse hat.

Die Erscheinung dieses Gegensatzes ist ein Zeichen,
daß die Subjektivität die Spitze ihres Fürsichseins erreicht hat,
zur Totalität gekommen ist,
sich in sich selbst als unendlich und absolut zu wissen.

Die wesentliche Bestimmung der offenbaren Religion ist die Form,
wodurch die Substanz Geist ist.

Die eine Seite im Gegensatze ist das Subjekt wieder selbst;
das ist die Realisation der Idee in ihrer konkreten Bedeutung.

Daß nun dieser Gegensatz als so schwierig, unendlich erscheint,
hat seinen Grund darin, daß diese eine Seite der Realität,
die Seite der Subjektivität, der endliche Geist in sich
zu diesem Erfassen seiner Unendlichkeit gekommen ist.

Erst wenn das Subjekt die Totalität ist, diese Freiheit in sich erreicht hat,
ist es Sein;
dann ist es aber auch der Fall,
daß diesem Subjekt dies Sein gleichgültig ist, das Subjekt für sich ist
und das Sein als ein gleichgültiges Anderes drüben steht.

Dies macht den näheren Grund aus,
daß der Gegensatz als ein unendlicher erscheinen kann,
und deshalb und zugleich ist der Trieb in der Lebendigkeit vorhanden,
den Gegensatz aufzulösen.

In seiner Totalität liegt zugleich die Forderung, diesen Gegensatz aufzulösen;
aber das Aufheben ist dadurch unendlich schwierig geworden,
weil der Gegensatz so unendlich ist, das Andere so ganz frei ist,
als ein Drüben, ein Jenseits.


Die größe des Standpunkts der modernen Welt
ist also diese Vertiefung des Subjekts in sich,
daß das Endliche sich selbst als Unendliches weiß
und dennoch mit dem Gegensatz behaftet ist, den es getrieben ist, aufzulösen.

Denn so steht dem Unendlichen ein Unendliches entgegen,
und es setzt sich das Unendliche selbst so als ein Endliches,
so daß das Subjekt ((207)) seiner Unendlichkeit wegen gedrungen ist,
diesen Gegensatz, der selbst zu seiner Unendlichkeit sich vertieft hat,
aufzuheben.

Der Gegensatz ist: ich bin Subjekt, frei, bin Person für mich,
darum entlasse ich auch das Andere frei, welches drüben ist und so bleibt.

Die Alten sind nicht zum Bewußtsein dieses Gegensatzes gekommen,
nicht zu dieser Entzweiung, die nur der für sich seiende Geist ertragen kann.

Geist ist nur dies, selbst im Gegensatz unendlich sich zu erfassen.

Wie wir den Standpunkt hier haben, so ist er der,
daß wir einerseits den Begriff Gottes
und andererseits das Sein dem Begriff gegenüber haben;
die Forderung ist dann die Vermittlung beider,
so daß der Begriff sich selbst zum Sein entschließe
oder das Sein aus dem Begriff begriffen werde,
daß das Andere, der Gegensatz, aus dem Begriff hervorgehe.

Die Art und Weise, wie dies geschieht, ist, so wie die Verstandesform,
kurz zu exponieren.


Die Gestalt, welche diese Vermittlung hat,
ist die des ontologischen Beweises vom Dasein Gottes,
wobei vom Begriff angefangen wird.

Was ist nun der Begriff Gottes?

Er ist das Allerrealste.

Er ist nur affirmativ zu fassen, ist bestimmt in sich;
der Inhalt hat keine Beschränkung er ist alle Realität
und nur als Realität ohne Schranke;
damit bleibt eigentlich nur das tote Abstraktum übrig,
dies ist schon früher bemerkt.

Von diesem Begriff wird die Möglichkeit,
d. h. seine widerspruchslose Identität aufgezeigt in der Form des Verstandes.

Das zweite ist, es wird gesagt:
Sein ist eine Realität, Nichtsein ist Negation, ein Mangel, schlechthin dagegen.

Das dritte ist der Schluß:
Sein ist also Realität, welche zum Begriff Gottes gehört.


Was Kant dagegen vorgebracht hat, ist eine Zernichtung des Beweises
und ist das Vorurteil der Welt geworden.

Kant sagt aus dem Begriff Gottes kann man das Sein nicht herausklauben;
denn das Sein ist ein Anderes als der Begriff.

Man unterscheidet beide, sie sind einander entgegengesetzt;
der Begriff kann also nicht das Sein enthalten;
dieses steht drüben.

Er sagt ferner: das Sein ist keine ((208)) Realität;
Gott kommt alle Realität zu, folglich ist es nicht im Begriff Gottes enthalten,
nämlich so, daß das Sein keine Inhaltsbestimmung sei, sondern die reine Form.

Wenn ich mir hundert Taler vorstelle oder sie besitze,
so werden sie dadurch nicht verändert;
es ist dann der eine und selbe Inhalt, ob ich sie habe oder nicht.

Kant nimmt so den Inhalt für das, was den Begriff ausmacht:
er sei dies nicht, was im Begriff enthalten sei. °
[Lasson: “Der Inhalt sei dies, was im Begriff enthalten sei”]

Man kann dies allerdings sagen,
nämlich wenn man unter Begriff die Inhaltsbestimmung versteht
und von dem Inhalt die Form unterscheidet,
die den Gedanken enthält und andererseits das Sein;
aller Inhalt ist so auf der Seite des Begriffs,
und der andern Seite bleibt nur die Bestimmung des Seins.

Mit kurzen Worten ist dies also folgendes.

Der Begriff ist nicht das Sein;
beide sind unterschieden.

Wir können von Gott nichts erkennen, nichts wissen;
wir können uns zwar Begriffe von Gott machen,
aber damit ist noch nicht gesagt, daß sie auch so sind.

Dies wissen wir freilich, daß man sich Luftschlösser bauen kann,
die deshalb noch nicht sind.

Es ist so an etwas Populäres appelliert,
und dadurch hat Kant eine Vernichtung im allgemeinen Urteil hervorgebracht
und den großen Haufen für sich gewonnen.


Anselm von Canterbury, ein gründlich gelehrter Theologe,
hat den Beweis so vorgetragen.

Gott ist das Vollkommenste, der Inbegriff aller Realität.

Ist nun Gott bloß Vorstellung, subjektive Vorstellung,
so ist er nicht das Vollkommenste;
denn wir achten nur das für vollkommen,
was nicht bloß vorgestellt ist, sondern auch Sein hat.

Dies ist ganz richtig und eine Voraussetzung, die jeder Mensch in sich enthält,
nämlich daß das nur Vorgestellte unvollkommen ist
und vollkommen nur das, was auch Realität hat,
Wahrheit nur sei, was ebenso sei als gedacht sei.

Gott ist nun das Vollkommenste;
also muss er auch ebenso real, seiend sein, als er auch Begriff ist.

Man hat ferner auch in seiner Vorstellung,
daß ((209)) die Vorstellung und der Begriff verschieden sind,
ebenso auch die Vorstellung, daß das bloß Vorgestellte unvollkommen,
Gott aber ferner das Vollkommenste ist.

Die Verschiedenheit von Begriff und Sein beweist Kant nicht;
sie ist populärerweise angenommen;
man läßt es gelten, hat aber im gesunden Menschensinn
nur von den unvollkommenen Dingen eine Vorstellung.


Der Anselmische Beweis sowie die Form,
die ihm in dem ontologischen Beweis gegeben wird, enthält,
daß Gott der Inbegriff aller Realität ist;
folglich enthält er auch das Sein.

Dies ist ganz richtig.

Sein ist eine so arme Bestimmung, daß sie dem Begriff unmittelbar zukommt.

Das andere ist, daß auch Sein und Begriff voneinander unterschieden sind;
Sein und Denken, Idealität und Realität, beides ist unterschieden und entgegengesetzt;
der wahrhafte Unterschied ist auch Entgegensetzung,
und dieser Gegensatz soll aufgehoben werden,
und die Einheit beider Bestimmungen ist so aufzuzeigen,
daß sie das Resultat aus der Negation des Gegensatzes ist.

“In dem Begriff ist das Sein enthalten.”

Diese Realität unbeschränkt gibt nur leere Worte, leere Abstraktionen.

Also die Bestimmung vom Sein ist als affirmativ enthalten im Begriff aufzuzeigen;
dies ist dann die Einheit vom Begriff und Sein.


Es sind aber auch Unterschiedene,
und so ist ihre Einheit die negative Einheit beider,
und um das Aufheben des Unterschiedes ist es zu tun.

Der Unterschied muss zur Sprache kommen
und die Einheit hergestellt, aufgezeigt werden nach diesem Unterschied.

Dies aufzuzeigen, gehört der Logik an.

Daß der Begriff diese Bewegung ist, sich zum Sein zu bestimmen,
diese Dialektik, diese Bewegung,
sich zum Sein, zum Gegenteil seiner selbst zu bestimmen,
dies Logische ist eine weitere Entwicklung,
die dann in dem ontologischen Beweise nicht gegeben ist,
und dies ist das Mangelhafte daran.


Was die Form des Gedankens von Anselm betrifft, so ist bemerkt worden,
daß der Inhalt dahin geht,
daß der Begriff ((210)) Gottes vorausgesetzt habe die Realität,
weil Gott das Vollkommenste sei.

Es kommt darauf an, daß der Begriff sich für sich objektiviert.


Gott ist so das Vollkommenste, nur in der Vorstellung gesetzt;
an dem Vollkommensten gemessen ist es,
daß der bloße Begriff Gottes als mangelhaft erscheint.

Der Begriff der Vollkommenheit ist der Maßstab,
und da ist denn Gott als bloßer Begriff, Gedanke diesem Maßstabe unangemessen.

Die Vollkommenheit ist nur eine unbestimmte Vorstellung.

Was ist denn vollkommen?

Die Bestimmung des Vollkommenen sehen wir unmittelbar
an dem, was dem, auf was sie hier angewendet wird, entgegengesetzt ist;
nämlich die Unvollkommenheit ist nur der Gedanke Gottes,
und so ist das Vollkommene
die Einheit des Gedankens, des Begriffs mit der Realität;
diese Einheit wird also hier vorausgesetzt.

Indem Gott gesetzt ist als das Vollkommenste,
so hat er hier keine weitere Bestimmung;
er ist nur das Vollkommene, er ist nur als solches,
und dies ist seine Bestimmtheit.

Es erhellt daraus, daß es sich eigentlich
nur um diese Einheit des Begriffs und der Realität handelt.

Diese Einheit ist die Bestimmung der Vollkommenheit
und zugleich die der Gottheit selbst;
dies ist auch in der Tat die Bestimmung der Idee.

Es gehört aber freilich noch mehr zur Bestimmung Gottes.


Bei der Anselmischen Weise des Begriffs
ist die Voraussetzung in der Tat die Einheit des Begriffs und der Realität;
dies ist es denn, was diesem Beweis
die Befriedigung nicht gewährt für die Vernunft,
weil die Voraussetzung das ist, um was es sich handelt.

Daß aber der Begriff sich an sich bestimme, sich objektiviere,
sich selbst realisiere, ist eine weitere Einsicht,
die erst aus der Natur des Begriffs hervorgekommen ist
und nicht sein konnte.

Dies ist die Einsicht, inwiefern der Begriff selbst seine Einseitigkeit aufhebt.


Wenn wir dies mit der Ansicht unserer Zeit vergleichen,
die besonders von Kant ausgegangen ist, so heißt es hier:
der Mensch denkt, schaut an, will, und sein Wollen ist neben dem Denken;
er denkt auch, begreift auch, ist ein sinnlich ((211)) Konkretes
und auch Vernünftiges.

Der Begriff Gottes, die Idee, das Unendliche, Unbegrenzte
ist ferner nach dieser Ansicht nur ein Begriff, den wir uns machen;
aber wir dürfen nicht vergessen,
daß es nur ein Begriff ist, der in unserem Kopfe ist.

Warum sagt man: es ist nur ein Begriff?

Der Begriff ist etwas Unvollkommenes,
indem das Denken nur eine Qualität,
eine Tätigkeit ist neben anderem im Menschen;
d. h. wir messen den Begriff an der Realität, die wir vor uns haben,
am konkreten Menschen.

Der Mensch ist freilich nicht bloß denkend, er ist auch sinnlich
und kann sogar auch im Denken sinnliche Gegenstände haben.

Dies ist in der Tat nur das Subjektive des Begriffs.

Wir finden ihn seines Maßstabes wegen unvollkommen,
weil dieser der konkrete Mensch ist.

Man könnte sagen, man erklärt den Begriff nur für einen Begriff
und das Sinnliche für Realität,
- was man sieht, fühlt, empfindet, sei Realität.

Man könnte dies behaupten, und es machen es viele so,
die nichts als Wirklichkeit erkennen, als was sie empfinden, schmecken;
allein so schlimm wird es nicht sein, daß Menschen sind,
die Wirklichkeit nur dem Sinnlichen zuschreiben, nicht dem Geistigen.

Es ist die konkrete, totale Subjektivität des Menschen,
die als Maßstab vorschwebt,
an dem gemessen das Begreifen nur ein Begreifen ist.


Wenn wir nun beides vergleichen,
des Anselmus Gedanken und den Gedanken der modernen Zeit,
so ist gemeinsam, daß sie beide Voraussetzungen machen,
Anselm die unbestimmte Vollkommenheit,
die moderne Ansicht die konkrete Subjektivität des Menschen überhaupt.

Gegen jene Vollkommenheit und andererseits gegen dies empirisch Konkrete
erscheint der Begriff als etwas Einseitiges, nicht Befriedigendes.

Im Gedanken Anselms hat die Bestimmung von Vollkommenheit
in der Tat auch den Sinn, daß sie sei die Einheit des Begriffs und der Realität.

Auch bei Descartes und Spinoza ist Gott das Erste,
die absolute Einheit des Denkens und des Seins,
cogito, ergo sum, die absolute Substanz, ebenso auch bei Leibniz.

Was wir so auf einer Seite haben,
ist eine Voraussetzung, ((212)) die das Konkrete in der Tat ist,
Einheit des Subjekts und Objekts,
und an diesem gemessen erscheint der Begriff mangelhaft.

Die moderne Ansicht sagt dabei müssen wir stehenbleiben,
daß der Begriff nur der Begriff ist, nicht entspricht dem Konkreten.

Anselm dagegen sagt:
wir müssen es aufgeben, den subjektiven Begriff
als fest und selbständig bestehen lassen zu wollen;
wir müssen im Gegenteil von seiner Einseitigkeit abgehen.

Beide Ansichten haben das Gemeinschaftliche,
daß sie Voraussetzungen haben.

Das Verschiedene ist, daß die moderne Welt das Konkrete zugrunde legt;
die Anselmische Ansicht, die metaphysische, dagegen
legt den absoluten Gedanken, die absolute Idee,
die die Einheit des Begriffs und der Realität ist, zugrunde.


Diese alte Ansicht steht insofern höher,
daß sie das Konkrete nicht als empirischen Menschen,
als empirische Wirklichkeit nimmt, sondern als Gedanken;
auch darin steht sie hoher, daß sie nicht am Unvollkommenen festhält.

In der modernen Ansicht ist der Widerspruch
des Konkreten und des “nur Begriffs” nicht aufgelöst;
der subjektive Begriff ist, gilt, muss als subjektiv behalten werden,
ist das Wirkliche.

Die ältere Seite steht so bei weitem im Vorteil,
weil sie den Grundton auf die Idee legt;
die moderne Ansicht steht in einer Bestimmung weiter als sie,
indem sie das Konkrete als Einheit des Begriffs und der Realität setzt,
wogegen die ältere Ansicht bei einem Abstraktum von Vollkommenheit stehenblieb.

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C Einteilung

Die absolute, ewige Idee ist
I. an und für sich Gott in seiner Ewigkeit,
vor Erschaffung der Welt, außerhalb der Welt;
II. Erschaffung der Welt.

Dieses Erschaffene, dieses Anderssein
spaltet sich an ihm selbst in diese zwei Seiten:
die ((213)) physische Natur und den endlichen Geist.

Dieses so Geschaffene ist so ein Anderes, zunächst gesetzt außer Gott.

Gott ist aber wesentlich, dies Fremde, dies Besondere, von ihm getrennt Gesetzte
sich zu versöhnen [und],
so wie die Idee sich dirimiert hat, abgefallen ist von sich selbst,
diesen Abfall zu seiner Wahrheit zurückzubringen.


III. Das ist der Weg, der Prozeß der Versöhnung,
wodurch der Geist
[das], was er von sich unterschieden [hat] in seiner Diremtion, seinem Urteil,
mit sich geeinigt hat
und so der heilige Geist ist, der Geist in seiner Gemeinde.


Das sind also nicht Unterschiede nach äußerlicher Weise, die wir machen,
sondern das Tun, die entwickelte Lebendigkeit des absoluten Geistes selbst;
das ist selbst [s]ein ewiges Leben,
das eine Entwicklung und Zurückführung dieser Entwicklung in sich selbst ist.


Die nähere Explikation dieser Idee ist nun,
daß der allgemeine Geist das Ganze, was er ist,
sich selbst in seine drei Bestimmungen setzt, sich entwickelt, realisiert,
und daß erst am Ende vollendet ist, was zugleich seine Voraussetzung ist.

Er ist im Ersten als Ganzes, setzt sich voraus
und ist ebenso nur am Ende.

Der Geist ist so in den drei Formen, den drei Elementen zu betrachten,
in die er sich setzt.


Diese drei angegebenen Formen sind:
das ewige In- und Beisichsein, die Form der Allgemeinheit;
die Form der Erscheinung, die der Partikularisation, das Sein für Anderes;
die Form der Rückkehr aus der Erscheinung in sich selbst, die absolute Einzelheit.

In diesen drei Formen expliziert sich die göttliche Idee.

Geist ist die göttliche Geschichte,
der Prozeß des Sichunterscheidens, Dirimierens
und dies Insichzurücknehmens;
er ist die göttliche Geschichte,
und diese Geschichte ist in jeder der drei Formen zu betrachten.


Sie sind in Rücksicht auf das subjektive Bewußtsein auch so zu bestimmen.

Die erste Form als das Element des Gedankens.

Gott ist im reinen Gedanken, wie er an und für sich ist,
offenbar ist, aber noch nicht zur Erscheinung gekommen ist,
- Gott in seinem ewigen Wesen bei sich selbst, aber ((214)) offenbar.

Die zweite Form ist, daß er im Element der Vorstellung ist,
im Element der Partikularisation,
daß das Bewußtsein befangen ist in Beziehung auf Anderes,
- dies ist die Erscheinung.

Das dritte Element ist das der Subjektivität als solcher.

Diese Subjektivität ist teils die unmittelbare als Gemüt, Vorstellung, Empfindung,
teils aber auch Subjektivität, die der Begriff ist, denkende Vernunft,
Denken des freien Geistes, der erst durch die Rückkehr frei in sich ist.


In Beziehung auf Ort, Raum sind die drei Formen so zu erklären,
indem sie als Entwicklung und Geschichte
gleichsam an verschiedenen Orten vorgehen.

So ist die erste göttliche Geschichte außer der Welt, raumlos, außer der Endlichkeit,
Gott, wie er an und für sich ist.

Das zweite ist die göttliche Geschichte als real in der Welt,
Gott im vollkommenen Dasein.

Das dritte ist der innere Ort, die Gemeinde, zunächst in der Welt,
aber zugleich sich zum Himmel erhebend,
als Kirche ihn auf Erden schon in sich habend,
voll Gnade, in der Welt wirksam, präsent.


Man kann auch nach der Zeit die drei Elemente unterschieden bestimmen.

Im ersten Elemente ist Gott außer der Zeit,
als ewige Idee, in dem Element der Ewigkeit,
der Ewigkeit, insofern sie der Zeit gegenübergestellt wird.

So expliziert sich diese an und für sich seiende Zeit
und legt sich auseinander in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.

So ist die göttliche Geschichte zweitens als Erscheinung, ist als Vergangenheit;
sie ist, hat Sein, aber ein Sein, das zum Schein herabgesetzt ist.

Als Erscheinung ist sie unmittelbares Dasein, das auch zugleich negiert ist;
dies ist Vergangenheit.

Die göttliche Geschichte ist so als Vergangenheit,
als das eigentlich Geschichtliche.

Das dritte Element ist die Gegenwart, aber nur die beschränkte Gegenwart,
nicht die ewige Gegenwart,
sondern die, die Vergangenheit und Zukunft von sich unterscheidet,
die das Element des Gemüts ist,
der unmittelbaren Subjektivität geistiges Jetztsein.

Aber die Gegenwart soll auch das dritte sein;
die Gemeinde erhebt sich auch in den Himmel.

So ist es auch eine Gegenwart, ((215)) die sich erhebt, wesentlich versöhnt,
vollendet durch die Negation ihrer Unmittelbarkeit zur Allgemeinheit,
eine Vollendung, die aber noch nicht ist
und die so als Zukunft zu fassen ist,
- ein Jetzt der Gegenwart, das die Vollendung vor sich hat;
aber diese ist unterschieden von diesem Jetzt, das noch Unmittelbarkeit ist,
und ist als Zukunft gesetzt.


Wir haben überhaupt die Idee zu betrachten als göttliche Selbstoffenbarung,
und diese Offenbarung ist in den drei angegebenen Bestimmungen zu nehmen.


Nach der ersten ist Gott für den endlichen Geist rein nur als Denken:
dies ist das theoretische Bewußtsein,
worin das denkende Subjekt sich ganz ruhig verhält,
noch nicht in dies Verhältnis selbst, in den Prozeß gesetzt ist,
sondern in der ganz unbewegten Stille des denkenden Geistes sich verhält;
da ist Gott gedacht für ihn, und dieser ist so in dem einfachen Schlusse,
daß er sich durch seinen Unterschied,
der aber hier nur noch in der reinen Idealität ist
und nicht zur Äußerlichkeit kommt,
mit sich selbst zusammenschließt, unmittelbar bei sich selbst ist.

Dies ist das erste Verhältnis, das nur für das denkende Subjekt ist,
welches von dem reinen Inhalt allein eingenommen ist.

Dies ist das Reich des Vaters.


Die zweite Bestimmung ist das Reich des Sohnes,
worin Gott für die Vorstellung im Elemente des Vorstellens überhaupt ist
- das Moment der Besonderung überhaupt.

In diesem zweiten Standpunkt erhält jetzt das,
was im ersten das Andere Gottes war, ohne aber diese Bestimmung zu haben,
die Bestimmung des Anderen.

Dort auf dem ersten Standpunkt
ist Gott als der Sohn nicht unterschieden vom Vater,
aber nur in der Weise der Empfindung ausgesprochen;
im zweiten Elemente erhält aber der Sohn die Bestimmung als Anderes,
und aus der reinen Idealität des Denkens
wird so in die Vorstellung hinübergetreten.

Wenn nach der ersten Bestimmung Gott nur einen Sohn erzeugt,
so bringt er hier die Natur hervor.

Hier ist das Andere die Natur;
der ((216)) Unterschied kommt so zu seinem Rechte:
das Unterschiedene ist die Natur, die Welt überhaupt,
und der Geist, der sich darauf bezieht, der natürliche Geist.

Hier tritt das, was wir vorhin Subjekt geheißen haben,
selbst als Inhalt ein:
der Mensch ist hier verflochten mit dem Inhalt.

Indem der Mensch sich hier auf die Natur bezieht
und selbst natürlich ist,
so ist er dies nur innerhalb der Religion;
es ist somit die religiöse Betrachtung der Natur und des Menschen.

Der Sohn tritt in die Welt, dies ist der Beginn des Glaubens;
es ist schon im Sinne des Glaubens gesagt,
wenn wir vom Hereintreten des Sohnes sprechen.

Für den endlichen Geist als solchen kann Gott eigentlich nicht sein,
denn insofern er für ihn ist, so liegt unmittelbar darin,
daß der endliche Geist seine Endlichkeit nicht als ein Seiendes festhalte,
sondern daß er im Verhältnis zum Geist ist, sich mit Gott versöhne.

Als endlicher Geist ist er gestellt als Abfallen, als Trennung gegen Gott;
so ist er in Widerspruch gegen dies sein Objekt, seinen Inhalt,
und dieser Widerspruch ist zunächst das Bedürfnis seiner Aufhebung.

Dies Bedürfnis ist der Anfang,
und das Weitere ist, daß Gott für den Geist werde,
daß sich der göttliche Inhalt ihm vorstelle,
aber dann zugleich der Geist in empirisch endlicher Weise ist;
so erscheint es ihm in empirischer Weise, was Gott ist.

Aber indem das Göttliche in dieser Geschichte für ihn hervortritt,
so verliert sie den Charakter, äußerliche Geschichte zu sein;
sie wird göttliche Geschichte, die Geschichte der Manifestation Gottes selbst.


Dies macht den Übergang zum Reiche des Geistes,
welches das Bewußtsein enthält,
daß der Mensch an sich mit Gott versöhnt ist
und daß die Versöhnung für den Menschen ist;
der Prozeß der Versöhnung selbst ist im Kultus enthalten.


Zu bemerken ist noch, daß wir nicht wie früher
die Unterschiede gemacht haben von Begriff, Gestalt und Kultus;
in der Abhandlung selbst wird sich das Verhältnis zeigen,
wie der Kultus unmittelbar überall eingreift.

Im allgemeinen kann hier folgendes bemerkt werden.

Das Element, indem wir sind, ist der Geist;
der Geist ist Sichmanifestieren, ((217)) ist schlechthin für sich;
wie er gefaßt ist, ist er nie allein,
sondern immer mit der Bestimmung, offenbar zu sein,
für ein Anderes, für sein Anderes,
d. h. für die Seite, die der endliche Geist ist,
und der Kultus ist das Verhältnis des endlichen Geistes zum absoluten.

Deshalb haben wir die Seite des Kultus in jedem dieser Elemente vor uns.


Wir haben dabei den Unterschied zu machen,
wie die Idee in den verschiedenen Elementen für den Begriff ist,
und wie dies zur Vorstellung kommt.

Die Religion ist allgemein,
nicht nur für den ausgebildeten, begreifenden Gedanken,
für das philosophische Bewußtsein,
sondern die Wahrheit der Idee Gottes ist offenbar
auch für das vorstellende Bewußtsein
und hat die notwendigen Bestimmungen,
die von der Vorstellung unzertrennlich sind.




I Gott in seiner ewigen Idee an und für sich :

Das Reich des Vaters

So betrachtet im Element des Gedankens ist Gott sozusagen
vor oder außer Erschaffung der Welt.

Insofern er so in sich ist, ist dies die ewige Idee,
die noch nicht in ihrer Realität gesetzt ist,
selbst noch nur die abstrakte Idee.

Gott in seiner ewigen Idee ist so noch
im abstrakten Element des Denkens, nicht des Begreifens.

Diese reine Idee ist es, was wir schon kennen.

Es ist dies das Element des Gedankens, die Idee in ihrer ewigen Gegenwart,
wie sie für den freien Gedanken ist, der dies zur Grundbestimmung hat,
ungetrübtes Licht, Identität mit sich zu sein:
ein Element, das noch nicht mit dem Anderssein behaftet ist.




1. Bestimmung des Elementes

In diesem Elemente ist erstens Bestimmung notwendig,
insofern das Denken überhaupt verschieden ist
vom begreifenden ((218) Denken.

Die ewige Idee ist an und für sich im Gedanken, Idee in ihrer absoluten Wahrheit.

Die Religion hat also Inhalt, und der Inhalt ist Gegenstand.

Die Religion ist Religion der Menschen,
und der Mensch ist denkendes Bewußtsein unter anderem auch,
also muss die Idee auch für das denkende Bewußtsein sein.

Aber der Mensch ist nicht nur auch so, sondern im Denken erst ist er wahrhaft;
nur dem Denken ist der allgemeine Gegenstand, ist das Wesen des Gegenstandes,
und da in der Religion Gott der Gegenstand ist,
so ist er wesentlich dem Denken der Gegenstand.

Er ist Gegenstand, wie der Geist Bewußtsein ist,
und für das Denken ist er, weil es Gott ist, der der Gegenstand ist.


Sinnlich reflektierendes Bewußtsein ist nicht das,
für welches Gott als Gott sein kann,
d. h. nach seiner ewig an und für sich seienden Wesenheit.

Seine Erscheinung ist etwas anderes;
diese ist für sinnliches Bewußtsein.

Wäre Gott nur in der Empfindung,
so stünden die Menschen nicht höher als die Tiere;
er ist zwar auch für das Gefühl, aber nur in der Erscheinung.

Er ist auch nicht für das räsonierende Bewußtsein;
das Reflektieren ist wohl auch Denken, aber auch Zufälligkeit,
für welche der Inhalt dieser und jener beliebige und beschränkte ist;
solcher Inhalt ist Gott auch nicht.

Er ist also wesentlich für den Gedanken.

Dies müssen wir sagen, wenn wir vom Subjektiven, vom Menschen ausgehen.

Aber eben dahin gelangen wir auch, wenn wir von Gott anfangen.

Der Geist ist nur als sich offenbarend,
sich unterscheidend für den Geist, für den er ist;
dies ist die ewige Idee, der denkende Geist,
Geist im Elemente seiner Freiheit.

In diesem Felde ist Gott das Sichoffenbaren, weil er Geist ist;
er ist aber noch nicht das Erscheinen.

Es ist also wesentlich, daß Gott für den Geist ist.


Der Geist ist der denkende.

In diesem reinen Denken ist das Verhältnis unmittelbar,
und ist kein Unterschied, der sie schiede;
es ist nichts zwischen ihnen.

Denken ist die reine Einheit mit sich selbst,
wo alles Finstere, alles Dunkle verschwindet.

Dies Denken kann auch reine Anschauung genannt ((219)) werden,
als diese einfache Tätigkeit des Denkens,
so daß zwischen dem Subjekt und Objekt nichts ist,
beide eigentlich noch nicht vorhanden sind.

Dies Denken hat keine Beschränkung, ist diese allgemeine Tätigkeit;
der Inhalt ist nur das Allgemeine selbst;
es ist das reine Pulsieren in sich selbst.



  1. Absolute Diremtion [Das Wort]

    Es kommt aber auch zweitens zur absoluten Diremtion.

    Wie findet diese Unterscheidung statt?

    Actu ist das Denken unbeschränkt.

    Der nächste Unterschied ist, daß die zwei Seiten, die wir gesehen haben
    als die zweierlei Weisen des Prinzips,
    nach den Ausgangspunkten unterschieden sind.

    Die eine Seite, das subjektive Denken, ist die Bewegung des Denkens,
    insofern es ausgeht vom unmittelbaren, einzelnen Sein,
    sich darin erhebt zu dem Allgemeinen, Unendlichen,
    wie dies bei den ersten Beweisen vom Dasein Gottes ist.

    Insofern es bei dem Allgemeinen angekommen ist, ist das Denken unbeschränkt;
    sein Ende ist unendlich reines Denken,
    so daß aller Nebel der Endlichkeit verschwunden ist.

    Da denkt es Gott;
    alle Besonderung ist verschwunden,
    und so fängt die Religion, das Denken Gottes an.

    Die zweite Seite ist die, die den anderen Ausgangspunkt hat,
    die von dem Allgemeinen, von dem Resultat jener ersten Bewegung,
    vom Denken, vom Begriff ausgeht.

    Das Allgemeine ist aber auch wieder in sich selbst Bewegung;
    und es ist dies, sich in sich zu unterscheiden,
    den Unterschied in sich zu halten aber so,
    daß er die Allgemeinheit nicht trübe.

    Hier ist die Allgemeinheit einen Unterschied in sich habend
    und mit sich zusammengehend.

    Dies ist der abstrakte Inhalt des Denkens,
    welches abstraktes Denken das Resultat ist, das sich ergeben hat.

    Beide Seiten stellen sich so einander gegenüber.

    Das subjektive Denken, das Denken des endlichen Geistes
    ist auch Prozeß, Vermittlung in sich,
    aber dieser Prozeß fällt außer ihm, hinter ihm;
    erst insofern es sich erhoben hat, fängt die ((220)) Religion an.

    Es ist so in der Religion reines, bewegungsloses, abstraktes Denken;
    das Konkrete fällt hingegen in seinen Gegenstand,
    denn dies ist das Denken, das vom Allgemeinen anfängt,
    sich unterscheidet und damit zusammengeht;
    dies Konkrete ist der Gegenstand für das Denken als Denken überhaupt.

    Dies Denken ist so das abstrakte Denken und darum das endliche.

    Denn das Abstrakte ist endlich;
    das Konkrete ist die Wahrheit, ist der unendliche Gegenstand.




3. Dreieinigkeit

Gott ist der Geist;
er ist in abstrakter Bestimmung so bestimmt
als der allgemeine Geist, der sich besondert;
dies ist die absolute Wahrheit,
und die Religion ist die wahre, die diesen Inhalt hat.


Der Geist ist dieser Prozeß, ist Bewegung, Leben;
dies ist, sich zu unterscheiden, zu bestimmen,
und die erste Unterscheidung ist, daß er ist als diese allgemeine Idee selbst.

Dies Allgemeine enthält die ganze Idee,
aber enthält sie auch nur, ist nur Idee an sich.

In dem Urteil ist das Andere, das dem Allgemeinen Gegenüberstehende,
das Besondere, Gott als das von ihm Unterschiedene,
aber so, daß dieses Unterschiedene seine ganze Idee ist an und für sich,
so daß diese zwei Bestimmungen auch füreinander dasselbe,
diese Identität, das Eine sind,
daß dieser Unterschied nicht nur an sich aufgehoben ist,
daß nicht nur wir dies wissen,
sondern daß es gesetzt ist, daß sie dasselbe sind,
daß diese Unterschiede sich insofern aufheben,
als dieses Unterscheiden ebenso ist, den Unterschied als keinen zu setzen,
und so das eine in dem andern bei sich selbst ist.


Dies, daß es so ist, ist nun der Geist selbst
oder, nach Weise der Empfindung ausgedrückt, die ewige Liebe.

Der heilige Geist ist die ewige Liebe.

Wenn man sagt: “Gott ist die Liebe,” so ist es sehr groß, wahrhaft gesagt;
aber es wäre sinnlos, dies nur so einfach als einfache Bestimmung aufzufassen,
ohne es zu analysieren, was die Liebe ist.

Denn die ((221)) Liebe ist ein Unterscheiden zweier,
die doch füreinander schlechthin nicht unterschieden sind.

Das Gefühl und Bewußtsein dieser Identität ist die Liebe,
dieses, außer mir zu sein:
ich habe mein Selbstbewußtsein nicht in mir,
sondern im Anderen, aber dieses Andere, in dem nur ich befriedigt bin,
meinen Frieden mit mir habe
- und ich bin nur, indem ich Frieden in mir habe;
habe ich diesen nicht, so bin ich der Widerspruch, der auseinandergeht -,
dieses Andere, indem es ebenso außer sich ist,
hat sein Selbstbewußtsein nur in mir,
und beide sind nur dieses Bewußtsein ihres Außersichseins und ihrer Identität.

Dies Anschauen, dies Fühlen, dies Wissen der Einheit, - das ist die Liebe.


Gott ist die Liebe,
d.i. dies Unterscheiden und die Nichtigkeit dieses Unterschieds,
ein Spiel dieses Unterscheidens, mit dem es kein Ernst ist,
das ebenso als aufgehoben gesetzt ist, d. h. die ewige, einfache Idee.

Diese ewige Idee ist denn in der christlichen Religion ausgesprochen
als das, was die heilige Dreieinigkeit heißt;
das ist Gott selbst, der ewig dreieinige.


Gott ist hier nur für den denkenden Menschen, der sich still für sich zurückhält.

Die Alten haben das Enthusiasmus geheißen;
es ist die rein theoretische Betrachtung, die höchste Ruhe des Denkens,
aber zugleich die höchste Tätigkeit, die reine Idee Gottes zu fassen
und sich derselben bewußt zu werden.

- Das Mysterium des Dogmas von dem, was Gott ist,
wird den Menschen mitgeteilt,
sie glauben daran und werden schon der höchsten Wahrheit gewürdigt,
wenn sie es nur in ihre Vorstellung aufnehmen,
ohne daß sie sich der Notwendigkeit dieser Wahrheit bewußt sind,
ohne daß sie dieselbe begreifen.

Die Wahrheit ist die Enthüllung dessen, was der Geist an und für sich ist;
der Mensch ist selbst Geist, also ist für ihn die Wahrheit;
aber zunächst hat die Wahrheit, die an ihn kommt,
noch nicht die Form der Freiheit für ihn,
und sie ist nur ein Gegebenes und Empfangenes für ihn, ((222))
das er aber nur empfangen kann, weil er der Geist ist.

Diese Wahrheit, diese Idee ist das Dogma der Dreieinigkeit genannt worden
- Gott ist der Geist, die Tätigkeit des reinen Wissens,
die bei sich selbst seiende Tätigkeit.

Aristoteles vornehmlich hat Gott
in der abstrakten Bestimmung der Tätigkeit aufgefaßt.

Die reine Tätigkeit ist Wissen (in der scholastischen Zeit: actus purus);
um aber als Tätigkeit gesetzt zu sein,
muss sie in ihren Momenten gesetzt sein:
zum Wissen gehört ein Anderes, das gewußt wird,
und indem das Wissen es weiß, so ist es ihm angeeignet.

Hierin liegt, daß Gott, das ewig an und für sich Seiende,
sich ewig erzeugt als seinen Sohn, sich von sich unterscheidet,
- das absolute Urteil.

Was er aber so von sich unterscheidet, hat nicht die Gestalt eines Andersseins,
sondern das Unterschiedene ist unmittelbar nur das,
von dem es geschieden worden.

Gott ist Geist;
keine Dunkelheit, keine Färbung oder Mischung tritt in dies reine Licht.

Das Verhältnis von Vater und Sohn ist aus dem organischen Leben genommen
und ist vorstellungsweise gebraucht:
dies natürliche Verhältnis ist nur bildlich
und daher nie ganz dem entsprechend, was ausgedrückt werden soll.

Wir sagen:
Gott erzeugt ewig seinen Sohn, Gott unterscheidet sich von sich;
so fangen wir von Gott zu sprechen an:
er tut dies und ist in dem gesetzten Anderen schlechthin bei sich selbst
(die Form der Liebe).

Aber wir müssen wohl wissen, daß Gott dies ganze Tun selbst ist.

Gott ist der Anfang, er tut dies,
aber er ist ebenso auch nur das Ende, die Totalität:
so als Totalität ist Gott der Geist.

Gott als bloß der Vater ist noch nicht das Wahre
(so ohne den Sohn ist er in der jüdischen Religion gewußt),
er ist vielmehr Anfang und Ende;
er ist seine Voraussetzung, macht sich selbst zur Voraussetzung
(dies ist nur eine andere Form des Unterscheidens),
er ist der ewige Prozeß.

- Es hat etwa die Form eines Gegebenen,
daß dies die Wahrheit und die absolute Wahrheit ist;
daß es aber als das an und für sich Wahre gewußt wird,
das ist das Tun der Philosophie und der ganze Inhalt derselben.

In ihr zeigt sich’s, daß aller ((223)) Inhalt der Natur, des Geistes
sich dialektisch in diesen Mittelpunkt als seine absolute Wahrheit drängt.

Hier ist es nicht mehr darum zu tun, zu beweisen,
daß das Dogma, dies stille Mysterium, die ewige Wahrheit ist:
dies geschieht, wie gesagt, in der ganzen Philosophie.


Zur näheren Erläuterung dieser Bestimmungen kann noch folgendes bemerkt werden.


a) Wenn von Gott ausgesagt wird, was er ist,
so werden zunächst die Eigenschaften angegeben: das ist Gott;
er wird durch Prädikate bestimmt;
dies ist die Weise der Vorstellung, des Verstandes.

Prädikate sind Bestimmtheiten, Besonderungen: Güte, Allmacht usf.

Die Prädikate sind zwar nicht natürliche Unmittelbarkeit,
aber durch die Reflexion sind sie stehend gemacht,
und dadurch ist der bestimmte Inhalt ebenso unbeweglich fest für sich geworden,
als es der natürliche Inhalt ist,
unter dem Gott in der Naturreligion vorgestellt wurde.

Die natürlichen Gegenstände, wie die Sonne, Meer usw., sind;
die Reflexionsbestimmungen sind aber ebenso identisch mit sich
als die natürliche Unmittelbarkeit.

Indem die Morgenländer das Gefühl haben,
daß dies nicht die wahrhafte Weise sei, die Natur Gottes auszusprechen,
so sagen sie, er sei #polyönymos#, lasse sich nicht erschöpfen durch Prädikate,
- denn Namen sind in diesem Sinn dasselbe wie Prädikate.


Das eigentlich Mangelhafte dieser Weise, Gott durch Prädikate zu bestimmen,
besteht darin, wodurch eben diese unendliche Menge von Prädikaten kommt,
daß diese Prädikate nur besondere Bestimmungen sind
und viele solche besondere Bestimmungen,
deren Träger das in sich selbst unterschiedslose Subjekt ist.

Indem es besondere Bestimmungen sind
und man diese Besonderheiten nach ihrer Bestimmtheit betrachtet,
man sie denkt, kommen sie in Entgegensetzung, Widerspruch,
und diese Widersprüche sind dann nicht aufgelöst.


Dies erscheint auch so,
daß diese Prädikate ausdrücken sollen Beziehung Gottes auf die Welt;
die Welt ist ein anderes als ((224)) Gott.

Als Besonderheiten sind sie seiner Natur nicht angemessen;
darin liegt die andere Weise,
sie zu betrachten als Beziehungen Gottes auf die Welt:
Allgegenwart, Allweisheit Gottes in der Welt.

Sie enthalten nicht die wahrhafte Beziehung Gottes auf sich selbst,
sondern auf Anderes, die Welt.

So sind sie beschränkt;
dadurch kommen sie in Widerspruch.

Wir haben das Bewußtsein, daß Gott so nicht lebendig dargestellt ist,
wenn so viele Besonderheiten nacheinander aufgezählt werden.

Ihr Widerspruch wird auch nicht wahrhaft aufgelöst
durch die Abstraktion ihrer Bestimmtheit,
wenn der Verstand fordert, man solle sie nur sensu eminentiori nehmen.

Die wahre Auflösung des Widerspruchs ist in der Idee enthalten,
die das Sichbestimmen Gottes zum Unterschiedenen seiner von sich selbst,
aber das ewige Aufheben des Unterschiedes ist.

Der belassene Unterschied wäre Widerspruch:
wenn der Unterschied fest bliebe, so entstünde die Endlichkeit.

Beide sind selbständig gegeneinander und auch in Beziehung.

Die Idee ist nicht, den Unterschied zu belassen,
sondern ihn ebenso aufzulösen;
Gott setzt sich in diesen Unterschied und hebt ihn ebenso auch auf.


Wenn wir nun von Gott Prädikate angeben, so daß sie besondere sind,
so sind wir zunächst bemüht, diesen Widerspruch aufzulösen.

Das ist ein äußerliches Tun, unsere Reflexion,
und damit, daß es äußerlich ist, in uns fällt, nicht Inhalt der göttlichen Idee ist,
so ist darin enthalten, daß die Widersprüche nicht aufgelöst werden können.

Die Idee ist selbst dies, den Widerspruch aufzuheben;
das ist ihr eigener Inhalt, Bestimmung, diesen Unterschied zu setzen
und absolut aufzuheben,
und das ist die Lebendigkeit der Idee selbst.


b) In den metaphysischen Beweisen vom Dasein Gottes
sehen wir den Gang, vom Begriff zum Sein zu kommen,
daß der Begriff nicht nur Begriff ist, sondern auch ist, Realität hat.

Auf dem Standpunkt, den wir jetzt haben,
entsteht das Interesse, vom Begriff zum Sein überzugehen.


Der göttliche Begriff ist der reine Begriff,
der Begriff ohne ((225)) alle Beschränkung.

Die Idee enthält, daß der Begriff sich bestimmt,
damit als das Unterschiedene seiner sich setzt;
das ist Moment der göttlichen Idee selbst,
und weil der denkende, reflektierende Geist diesen Inhalt vor sich hat,
so liegt darin das Bedürfnis dieses Übergangs, dieser Fortbewegung.


Das Logische des Übergangs ist in jenen sogenannten Beweisen enthalten:
es soll am Begriff selbst, vom Begriff aus,
und zwar durch den Begriff zur Objektivität, zum Sein übergegangen werden
im Element des Denkens.

Dies, was als subjektives Bedürfnis erscheint, ist Inhalt,
ist das eine Moment der göttlichen Idee selbst.


Wenn wir sagen: Gott hat eine Welt erschaffen,
so ist das auch ein Übergang vom Begriff zur Objektivität;
allein die Welt ist da bestimmt als das wesentlich Andere Gottes,
die Negation von Gott, außer, ohne Gott, gottlos seiend.

Insofern die Welt als dies Andere bestimmt ist,
haben wir nicht vor uns den Unterschied als
am Begriff selbst, im Begriff gehalten;
d. h. das Sein, die Objektivität soll am Begriff aufgezeigt
werden als Tätigkeit, Folge, Bestimmen des Begriffs selbst.


Es ist damit also aufgezeigt, daß dies derselbe Inhalt an sich ist,
der Bedürfnis ist in der Form jenes Beweises vom Dasein Gottes.

In der absoluten Idee, im Element des Denkens
ist Gott dies schlechthin konkrete Allgemeine,
d.i. sich als Anderes zu setzen, so aber,
daß dies Andere unmittelbar sogleich bestimmt ist als Gott selbst,
daß der Unterschied nur ideell, unmittelbar aufgehoben ist,
nicht die Gestalt der Äußerlichkeit gewinne, und das heißt eben,
daß das Unterschiedene an und im Begriff aufgezeigt werden soll.


Es ist das Logische, in welchem es sich zeigt,
daß aller bestimmte Begriff dies ist, sich selbst aufzuheben,
als der Widerspruch seiner zu sein,
damit das Unterschiedene seiner zu werden und sich als solches zu setzen,
und so ist der Begriff selbst noch
mit dieser Einseitigkeit, Endlichkeit ((226)) behaftet,
daß er ein Subjektives ist,
die Bestimmungen des Begriffs,
die Unterschiede nur als ideell, nicht in der Tat als Unterschiede gesetzt sind.

Das ist der Begriff, der sich objektiviert.


Wenn wir sagen “Gott,” so haben wir nur sein Abstraktum gesagt;
oder “Gott der Vater,” das Allgemeine,
so haben wir ihn nur nach der Endlichkeit gesagt.

Seine Unendlichkeit ist eben dies,
daß er diese Form der abstrakten Allgemeinheit, der Unmittelbarkeit aufhebt,
wodurch der Unterschied gesetzt ist;
aber er ist ebenso, diesen Unterschied aufzuheben.

Damit ist er erst wahrhafte Wirklichkeit, Wahrheit, Unendlichkeit.


Diese Idee ist die spekulative Idee,
d. h. das Vernünftige, insofern es gedacht wird, das Denken des Vernünftigen.

Das nicht spekulative, das verständige Denken
ist das, in welchem stehengeblieben wird beim Unterschied als Unterschied,
so [beim Unterschied] Endliches und Unendliches.

Es wird den beiden Absolutheit zugeschrieben,
doch auch Beziehung aufeinander, insofern Einheit, damit Widerspruch.


c) Diese spekulative Idee ist dem Sinnlichen entgegengesetzt, auch dem Verstande;
sie ist daher ein Geheimnis
für die sinnliche Betrachtungsweise und auch für den Verstand.

Für beide ist sie ein #mystëroin#,
d. h. in Absicht auf das, was das Vernünftige darin ist.

Ein Geheimnis im gewöhnlichen Sinn ist die Natur Gottes nicht,
in der christlichen Religion am wenigsten;
da hat sich Gott zu erkennen gegeben, gezeigt, was er ist, da ist er offenbar.

Aber ein Geheimnis ist es für das sinnliche Wahrnehmen, Vorstellen,
für die sinnliche Betrachtungsweise und für den Verstand.


Das Sinnliche überhaupt hat zu seiner Grundbestimmung
die Äußerlichkeit, das Außereinander;
im Raum sind die Unterschiede neben-, in der Zeit nacheinander:
Raum und Zeit ist die Äußerlichkeit, in der sie sind.

Die sinnliche Betrachtungsweise ist gewohnt,
so Verschiedenes vor sich zu haben, das außereinander ist.

Da liegt zugrunde,
daß die Unterschiede ((227)) so für sich, außereinander bleiben.

Für sie ist so das, was in der Idee ist, ein Geheimnis;
denn da ist eine ganz andere Weise, Verhältnis, Kategorie,
als die Sinnlichkeit hat.

Die Idee ist dies Unterscheiden, das ebenso kein Unterschied ist,
das nicht beharrt bei diesem Unterschied.

Gott schaut in dem Unterschiedenen sich an,
ist in seinem Anderen nur mit sich selbst verbunden,
ist darin nur bei sich selbst, nur mit sich zusammengeschlossen,
er schaut sich in seinem Anderen an.

Das ist dem Sinnlichen ganz zuwider;
im Sinnlichen ist eines hier und das andere da.

Jedes gilt als ein Selbständiges;
es gilt dafür, nicht so zu sein,
daß es ist, indem es sich selbst in einem Anderen hat.

Im Sinnlichen können nicht zwei Dinge an einem und demselben Orte sein;
sie schließen sich aus.


In der Idee sind die Unterschiede nicht sich ausschließend gesetzt,
sondern so, daß sie nur sind
in diesem Sichzusammenschließen des einen mit dem anderen.

Das ist das wahrhaft Übersinnliche,
nicht das gewöhnliche Übersinnliche, das droben sein soll;
denn das ist ebenso ein Sinnliches, d. h. außereinander und gleichgültig.

Sofern Gott als Geist bestimmt ist, so ist die Äußerlichkeit aufgehoben;
darum ist das ein Mysterium für die Sinne.


Ebenso ist diese Idee über dem Verstand, ein Geheimnis für ihn;
denn der Verstand ist dies Festhalten, Perennieren
bei den Denkbestimmungen als schlechthin außereinander,
verschieden, selbständig gegeneinander bleibender, feststehender.

Das Positive ist nicht, was das Negative, Ursache [nicht] Wirkung.

Aber ebenso wahr ist es auch für den Begriff,
daß diese Unterschiede sich aufheben.

Weil sie Unterschiedene sind, bleiben sie endlich,
und der Verstand ist, beim Endlichen zu beharren,
und beim Unendlichen selbst hat er
auf der einen Seite das Unendliche und auf der anderen das Endliche.


Das Wahre ist,
daß das Endliche und das Unendliche, das dem Endlichen gegenübersteht,
keine Wahrheit haben, sondern selbst nur Vorübergehende sind.

Insofern ist dies ein ((228)) Geheimnis
für die sinnliche Vorstellung und für den Verstand,
und sie sträuben sich gegen das Vernünftige der Idee.

Die Gegner der Dreieinigkeitslehre sind nur die sinnlichen und die Verstandesmenschen.


Der Verstand kann ebensowenig irgend etwas anderes,
die Wahrheit von irgend etwas fassen.

Das Tierisch-Lebendige existiert auch als Idee,
als Einheit des Begriffs, der Seele und der Leiblichkeit.

Für den Verstand ist jedes für sich;
allerdings sind sie unterschieden, aber ebenso dies, den Unterschied aufzuheben;
die Lebendigkeit ist nur dieser perennierende Prozeß.

Das Lebendige ist, hat Triebe, Bedürfnis;
damit hat es den Unterschied in ihm selbst, daß er in ihm entsteht.

So ist es ein Widerspruch, und der Verstand
faßt solche Unterschiede so auf:
der Widerspruch löse sich nicht auf;
wenn sie in Beziehung gebracht werden,
so sei eben nur der Widerspruch, der nicht zu lösen sei.


Das ist so;
er kann nicht aufhören, wenn die Unterschiedenen festgehalten werden
als perennierend Unterschiedene,
eben weil bei diesen Unterschieden beharrt wird.

Das Lebendige hat Bedürfnisse und ist so Widerspruch,
aber die Befriedigung ist Aufheben des Widerspruchs.

Im Trieb, Bedürfnis bin ich in mir selbst von mir unterschieden.

Aber das Leben ist dies, den Widerspruch, das Bedürfnis zu befriedigen,
zum Frieden zu bringen, aber so, daß der Widerspruch auch wieder entsteht:
es ist die Abwechslung des Unterscheidens,
des Widerspruchs und des Aufhebens des Widerspruchs.

Beides ist der Zeit nach verschieden;
das Nacheinander ist da vorhanden, es ist deshalb endlich.

Aber für sich Trieb und Befriedigung betrachtend,
faßt der Verstand auch dies nicht,
daß im Affirmativen, im Selbstgefühl selbst
zugleich die Negation des Selbstgefühls, die Schranke, der Mangel ist;
ich aber als Selbstgefühl greife zugleich über diesen Mangel über.


Das ist die bestimmte Vorstellung von #mystëroin#.

Mysterium heißt man auch das Unbegreifliche;
was unbegreiflich heißt, ist eben der Begriff selbst, das Spekulative,
daß das ((229)) Vernünftige gedacht wird.

Durchs Denken ist es eben, daß der Unterschied bestimmt auseinandertritt.


Das Denken des Triebs ist nur die Analyse dessen, was der Trieb ist:
die Affirmation und darin die Negation,
das Selbstgefühl, die Befriedigung und der Trieb.

Ihn denken heißt das Unterschiedene erkennen, was darin ist.

Ist nun der Verstand dazu gekommen, so sagt er:
dies ist ein Widerspruch, und er bleibt dabei, bleibt bei ihm stehen
gegen die Erfahrung, daß das Leben selbst es ist, den Widerspruch aufzuheben.

Wenn nun der Trieb analysiert wird, erscheint der Widerspruch,
und da kann man sagen: der Trieb ist etwas Unbegreifliches.


Die Natur Gottes ist ebenso das Unbegreifliche.

Dies Unbegreifliche ist eben nichts anderes als der Begriff selbst,
der dies in sich enthält, zu unterscheiden,
und der Verstand bleibt bei diesem Unterschied stehen.

So sagt er: das ist nicht zu fassen.

Denn das Prinzip des Verstandes ist die abstrakte Identität mit sich,
nicht die konkrete, daß diese Unterschiede in einem sind.

Für den Verstand ist Gott das Eine, das Wesen der Wesen.

Diese unterschiedslose, leere Identität ist das falsche Gebilde des Verstandes
und der modernen Theologie.

Gott ist Geist, das sich Gegenständlichmachende
und sich darin selbst wissend, d.i. die konkrete Identität,
und so ist die Idee auch ein wesentliches Moment.

Aber nach der abstrakten Identität
sind das eine und das andere selbständig für sich,
und ebenso beziehen sie sich aufeinander: also ist der Widerspruch da.


Das heißt nun das Unbegreifliche.

Das Auflösen des Widerspruchs ist der Begriff;
zur Auflösung des Widerspruchs kommt der Verstand nicht,
weil er von seiner Voraussetzung ausgeht:
sie sind und bleiben schlechthin selbständig gegeneinander.


Dazu, daß man sagt, die göttliche Idee sei unbegreiflich, trägt bei,
daß, indem die Religion die Wahrheit für alle Menschen ist,
der Inhalt der Idee erscheint in sinnlicher Form oder in Form des Verständigen.

In sinnlicher Form ((230)) - so haben wir die Ausdrücke Vater und Sohn,
ein Verhältnis, das im Lebendigen stattfindet,
eine Bezeichnung, die vom Sinnlich-Lebendigen hergenommen ist.


Es ist in der Religion die Wahrheit dem Inhalt nach geoffenbart;
aber ein anderes ist, daß er in Form des Begriffs, des Denkens,
der Begriff in spekulativer Form ist.

Wie glücklich daher jene dem Glauben gegebenen naiven Formen seien
- wie Erzeugen, Sohn usf. -:
wenn sich der Verstand daran macht und seine Kategorien hineinbringt,
so werden sie sogleich verkehrt,
und wenn er Lust hat, braucht er gar nicht aufzuhören,
Widersprüche darin aufzuzeigen.

Dazu hat er die Macht und das Recht
durch die Unterscheidung und die Reflexion derselben in sich.

Aber Gott, der Geist, ist es eben selbst auch, der diese Widersprüche aufhebt.

Er hat nicht erst auf diesen Verstand gewartet,
diese Bestimmungen, welche den Widerspruch enthalten, wegzubringen.

Der Geist ist eben dies, sie wegzubringen.

Aber ebenso dies, diese Bestimmungen zu setzen,
in sich zu unterscheiden, diese Diremtion.


Eine weitere Form der Verständigkeit ist, daß, wenn wir sagen:

“Gott in seiner ewigen Allgemeinheit ist dies,
sich zu unterscheiden, zu bestimmen, ein Anderes seiner zu setzen
und den Unterschied ebenso aufzuheben, darin bei sich zu sein,
und nur durch dies Hervorgebrachtsein ist der Geist,”
- da kommt der Verstand hinzu, bringt seine Kategorien der Endlichkeit dazu,
zählt eins, zwei, drei, mischt die unglückliche Form der Zahl hinein.

Von der Zahl ist aber hier nicht die Rede;
das Zählen ist das Gedankenloseste.

Bringt man also diese Form hinein, so bringt man die Begrifflosigkeit hinein.


Man kann mit der Vernunft alle Verstandesverhältnisse gebrauchen,
aber sie vernichtet sie auch, - so auch hier.

Aber das ist hart für den Verstand;
denn er meint, damit, daß man sie gebraucht, ein Recht gewonnen zu haben.

Aber man mißbraucht sie, wenn man sie so wie hier gebraucht,
indem man sagt: drei ist eins.

Widersprüche sind daher ((231)) leicht in solchen Ideen aufzuzeigen,
Unterschiede, die bis zum Entgegengesetzten gehen,
und der kahle Verstand weiß sich groß damit, dergleichen zu häufen.

Alles Konkrete, alles Lebendige ist, wie gezeigt, dieser Widerspruch in sich;
nur der tote Verstand ist identisch in sich.

Aber in der Idee ist der Widerspruch auch aufgelöst,
und die Auflösung erst ist die geistige Einheit selbst.


Die Momente der Idee zu zählen, drei Eins,
scheint etwas ganz Unbefangenes, Natürliches,
sich von selbst Verstehendes zu sein.

Allein ist nach der Weise der Zahl, die hier eingemischt wird,
jede Bestimmung als Eins fixiert und drei Eins als nur ein Eins zu fassen,
so scheint das die härteste, wie man etwa sagt,
unvernünftigste Forderung zu sein.

Allein dem Verstande schwebt nur
jene absolute Selbständigkeit des Eins vor,
die absolute Trennung und Zersplitterung.

Die logische Betrachtung zeigt hingegen
das Eins als in sich dialektisch und nicht wahrhaft selbständig zu sein.

Man brauchte sich nur an die Materie zu erinnern,
die das wirkliche Eins ist, das Widerstand leistet,
- aber schwer ist, d.h. das Streben zeigt, nicht als Eins zu sein,
sondern ebenso sein Fürsichsein aufzuheben,
es als ein Nichtiges so selbst bekennt;
freilich, weil sie nur Materie, diese äußerste Äußerlichkeit bleibt,
bleibt es ebenso nur beim Sollen;
die Materie ist noch die schlechteste, äußerste, ungeistigste Weise des Daseins;
aber die Schwere, dies Aufheben des Eins,
macht die Grundbestimmung der Materie aus.


Eins ist zunächst ganz abstrakt;
diese Eins werden noch vertiefter auf geistige Weise ausgesprochen,
indem sie als Personen bestimmt werden.

Die Persönlichkeit ist dies, was sich auf die Freiheit gründet,
die erste, tiefste, innerste Freiheit, aber auch die abstrakteste Weise,
wie die Freiheit sich im Subjekt kundtut;
daß es weiß: ich bin Person, ich bin für mich, das ist das schlechthin Spröde.


Indem also diese Unterschiede so bestimmt sind,
jedes als Eins oder gar als Person,
durch diese unendliche Form, daß jedes Moment als Subjekt sei,
scheint noch unüberwindlicher ((232)) gemacht zu sein,
was die Idee fordert:
diese Unterschiede zu betrachten als solche,
die nicht unterschieden, sondern schlechthin eins sind,
das Aufheben dieses Unterschieds.

Zwei können nicht eins sein;
jede Person ist ein starres, sprödes, selbständiges Fürsichsein.

Von der Kategorie des Eins zeigt die Logik,
daß sie eine schlechte Kategorie ist - ganz abstraktes Eins.

Was aber die Persönlichkeit betrifft,
so scheint damit der Widerspruch so weit getrieben,
daß er keiner Auflösung fähig ist;
aber sie ist doch darin, daß es nur Einer ist, diese dreifache Persönlichkeit.

Diese somit nur als verschwindendes Moment gesetzte Persönlichkeit
spricht aus, daß der Gegensatz absolut,
nicht als niedriger Gegensatz zu nehmen sei,
und gerade auf dieser Spitze hebt er sich selbst auf.

Es ist der Charakter der Person, des Subjekts vielmehr,
seine Isolierung, Abgesondertheit aufzuheben.


Die Sittlichkeit, Liebe ist, seine Besonderheit, besondere Persönlichkeit aufzugeben,
zur Allgemeinheit zu erweitern, ebenso Familie, Freundschaft;
da ist diese Identität eines mit dem anderen vorhanden.

Indem ich recht handle gegen den anderen,
betrachte ich ihn als identisch mit mir.

In der Freundschaft, Liebe gebe ich meine abstrakte Persönlichkeit auf
und gewinne sie dadurch als konkrete.

Das Wahre der Persönlichkeit ist also eben dies,
sie durch dies Versenken, Versenktsein in das Andere zu gewinnen.

Solche Formen des Verstandes zeigen sich unmittelbar in der Erfahrung
als solche, die sich selbst aufheben.


In der Liebe, in der Freundschaft ist es die Person, die sich erhält
und durch ihre Liebe ihre Subjektivität hat, die ihre Persönlichkeit ist.

Wenn man hier in der Religion die Persönlichkeit abstrakt festhält,
so hat man drei Götter,
und da ist die unendliche Form, die absolute Negativität vergessen;
oder wenn die Persönlichkeit als unaufgelöst ist,
so hat man das Böse, denn die Persönlichkeit,
die sich nicht in der göttlichen Idee aufgibt, ist das Böse.

In der göttlichen ((233)) Einheit ist die Persönlichkeit als aufgelöst gesetzt;
nur in der Erscheinung ist die Negativität der Persönlichkeit
unterschieden von dem, wodurch sie aufgehoben wird.


Die Dreieinigkeit ist in das Verhältnis
vom Vater, Sohn und Geist gebracht worden;
es ist dies ein kindliches Verhältnis, eine kindliche, natürliche Form.

Der Verstand hat keine solche Kategorie, kein solches Verhältnis,
das hiermit in Rücksicht auf das Passende zu vergleichen wäre.

Es muss aber dabei gewußt werden, daß es nur bildlich ist;
der Geist tritt nicht deutlich in dies Verhältnis ein.

Liebe wäre noch passender, der Geist ist aber das Wahrhafte.


Der abstrakte Gott, der Vater, ist das Allgemeine,
die ewige, umfangende, totale Besonderheit.

Wir sind auf der Stufe des Geistes;
das Allgemeine schließt hier alles in sich.

Das Andere, der Sohn, ist die unendliche Besonderheit, die Erscheinung;

das Dritte, der Geist, ist die Einzelheit als solche,
aber das Allgemeine als Totalität ist selbst Geist,
- alle drei sind der Geist.

Im dritten, sagen wir, ist Gott der Geist;
aber dieser ist auch voraussetzend: das Dritte ist auch das Erste.

Dies ist wesentlich festzuhalten.

Nämlich indem wir sagen:
Gott an sich nach seinem Begriff
ist die unmittelbare, sich dirimierende und in sich zurückkehrende Macht,
so ist er dies nur als die sich unmittelbar auf sich selbst beziehende Negativität,
d.i. die absolute Reflexion-in-sich,
was schon die Bestimmung des Geistes ist.

Indem wir daher von Gott
als in seiner ersten Bestimmung sprechen wollen, nach seinem Begriff,
und von da zu den anderen Bestimmungen kommen wollen,
so sprechen wir hier schon von der dritten: das Letzte ist das Erste.

Indem wir, um dies, wenn man abstrakt anfängt, zu vermeiden,
oder indem die Unvollkommenheit des Begriffs veranlaßt,
von dem Ersten nur nach seiner Bestimmung zu sprechen,
so ist es das Allgemeine,
und jene Tätigkeit, Erzeugen, Schaffen,
ist schon ein vom abstrakt Allgemeinen verschiedenes Prinzip,
das als zweites Prinzip so erscheint
und erscheinen kann als das Manifestierende, sich Äußernde (Logos, Sophia),
wie das erste als Abgrund. ((234))

Es erläutert sich dies durch die Natur des Begriffs.

Bei jedem Zweck und bei jeder Lebendigkeit kommt es vor.

Das Leben erhält sich;
sich erhalten heißt in den Unterschied gehen,
in den Kampf mit der Besonderheit,
sich unterschieden finden gegen eine unorganische Natur.

Das Leben ist so nur Resultat, indem es sich erzeugt hat, ist Produkt,
das zweitens wieder produziert;
dies Produzierte ist das Lebendige selbst,
d.h. es ist die Voraussetzung seiner,
es geht durch seinen Prozeß hindurch,
und aus diesem kommt nicht Neues hervor:
das Hervorgebrachte ist schon von Anfang.

Ebenso ist es in der Liebe und Gegenliebe;
insofern die Liebe ist, so ist der Anfang
und alle Handlung nur Bestätigung ihrer,
wodurch sie zugleich hervorgebracht und unterhalten wird.

Aber das Hervorgebrachte ist schon;
es ist eine Bestätigung, wobei nichts herauskommt, als was schon ist.

Ebenso setzt sich auch der Geist voraus, ist das Anfangende.


Der Unterschied, durch den das göttliche Leben hindurchgeht,
ist nicht ein äußerlicher,
sondern muss nur als innerlich bestimmt werden,
so daß das Erste, der Vater, wie das Letzte zu fassen ist.

Der Prozeß ist so nichts als ein Spiel der Selbsterhaltung,
der Vergewisserung seiner selbst.


Diese Bestimmung ist in der Rücksicht wichtig,
weil sie das Kriterium ausmacht, viele Vorstellungen Gottes zu beurteilen
und das Mangelhafte darin zu beurteilen und zu erkennen,
und es kommt besonders davon her,
daß oft diese Bestimmung übersehen oder verkannt wird.


Wir betrachten die Idee in ihrer Allgemeinheit,
wie sie im reinen Denken, durch das reine Denken bestimmt ist.

Diese Idee ist alle Wahrheit und die eine Wahrheit;
eben damit muss alles Besondere, was als Wahrhaftes aufgefaßt wird,
nach der Form dieser Idee aufgefaßt werden.

Die Natur und der endliche Geist ist Produkt Gottes,
es ist also Vernünftigkeit in ihnen;
daß es von Gott gemacht ist, enthält,
daß es in sich Wahrheit, die göttliche Wahrheit überhaupt,
d.i. die Bestimmung dieser Idee überhaupt hat.

Die Form ((235)) dieser Idee ist nur in Gott als Geist;
ist die göttliche Idee in Formen der Endlichkeit,
so ist sie nicht gesetzt, wie sie an und für sich ist
- nur im Geist ist sie so gesetzt -,
sie existiert da auf endliche Weise.

Aber die Welt ist ein von Gott Hervorgebrachtes,
also macht die göttliche Idee immer die Grundlage aus
dessen, was sie überhaupt ist.

Die Wahrheit von etwas erkennen heißt,
es nach der Form dieser Idee überhaupt erkennen, bestimmen.


In früheren Religionen haben wir Anklänge an diese Dreieinigkeit
als die wahrhafte Bestimmung,
besonders in der indischen Religion.

Es ist zwar zum Bewußtsein gekommen diese Dreiheit,
daß das Eine nicht als Eines bleiben kann,
nicht ist, wie es Wahrhaftes sein soll,
daß das Eine nicht das Wahrhafte ist,
sondern als diese Bewegung, dies Unterscheiden überhaupt
und die Beziehung aufeinander.

Trimurti ist die wildeste Weise dieser Bestimmung.

Das Dritte ist aber da nicht der Geist, nicht wahrhafte Versöhnung,
sondern Entstehen und Vergehen, die Veränderung,
- eine Kategorie, die Einheit dieser Unterschiede ist,
aber eine sehr untergeordnete Vereinigung.

Nicht in der unmittelbaren Erscheinung,
sondern erst, indem der Geist eingekehrt ist in die Gemeinde,
der Geist, der unmittelbarer, glaubender Geist ist, sich zum Denken erhebt,
ist die Idee vollkommen.

Es hat Interesse, die Gärungen dieser Idee zu betrachten
und in den wunderbaren Erscheinungen, die vorkommen,
ihren Grund erkennen zu lernen.


Die Bestimmung Gottes als des Dreieinigen
ist der Philosophie nachgerade ganz ausgegangen;
in der Theologie ist es kein Ernst mehr damit.

Man hat vielmehr dort und hier
die christliche Religion deshalb verkleinern wollen,
daß diese ihre Bestimmung schon älter sei
und sie dieselbe da oder dort hergenommen habe.

Allein zunächst dies Geschichtliche
entschiede ohnehin gar nichts über die innere Wahrheit.

Man muss aber auch einsehen, daß jene Älteren, Völker und Einzelne,
selbst nicht gewußt haben, was sie daran haben, nicht erkannt haben,
daß sie das absolute ((236)) Bewußtsein der Wahrheit enthalte;
sie haben sie nur so unter anderen Bestimmungen und als Anderes.

Aber ein Hauptgesichtspunkt ist,
ob eine solche Bestimmung die erste, absolute Bestimmung ist,
die allen anderen zugrunde liegt,
oder ob sie nur so unter anderen auch eine Form ist, die vorkommt,
wie auch Brahma der Eine ist, aber nicht einmal Gegenstand des Kultus.

In der Religion der Schönheit und äußeren Zweckmäßigkeit
kann diese Form freilich am wenigsten erscheinen;
das beschränkende, in sich zurückkehrende Maß
ist in dieser Vielheit und Partikularisation nicht anzutreffen.

Aber sie ist nicht ohne Spuren jener Einheit.

Aristoteles, indem er von den pythagoreischen Zahlen, der Trias, spricht,
sagt: Wir glauben die Götter erst ganz angerufen zu haben,
wenn wir sie dreimal angerufen haben. [De coelo, 268 a]

- Bei den Pythagoreern und Platon
findet sich die abstrakte Grundlage der Idee;
aber die Bestimmungen sind ganz in dieser Abstraktion geblieben,
teils in der Abstraktion von eins, zwei, drei,
bei Platon etwas konkreter:
die Natur des Einen und des Anderen, das in sich Verschiedene, #thateron#,
und das Dritte, das die Einheit von beiden ist.

Es ist hier nicht in der Weise der Phantasie der Inder,
sondern in der bloßen Abstraktion.

Das sind Gedankenbestimmungen,
besser als Zahlen, als die Kategorie der Zahl,
aber noch ganz abstrakte Gedankenbestimmungen.


Vornehmlich aber zu den Zeiten um Christi Geburt
und mehrere Jahrhunderte nachher
sehen wir eine philosophische Vorstellung entstehen,
der die Vorstellung vom Verhältnis der Dreieinigkeit zugrunde liegt.

Es sind dies teils philosophische Systeme für sich, wie das des Philon,
der sich in pythagoreische und platonische Philosophie einstudiert hatte,
dann die späteren Alexandriner;
besonders aber sind es Vermischungen der christlichen Religion
mit solchen philosophischen Vorstellungen,
Vermischungen, die einen großen Teil der Ketzereien,
besonders der gnostischen ausmachen. ((237))

Im allgemeinen sehen wir in diesen Versuchen,
die Idee des Dreieinigen zu fassen,
die abendländische Wirklichkeit durch den orientalischen Idealismus
zu einer Gedankenwelt verflüchtigt.

Es sind freilich nur erst Versuche,
die es nur zu trüben, phantastischen Vorstellungen gebracht haben.

Man sieht aber darin wenigstens das Ringen des Geistes nach der Wahrheit,
und dieses verdient Anerkennung.


Da kann eine ganz unzählbare Menge von Formen bemerklich gemacht werden:
das Erste ist der Vater, das #On#, was als Abgrund, Tiefe,
d.i. eben das noch Leere, das Unfaßbare, Unbegreifliche ausgesagt worden,
das über alle Begriffe ist.

Denn allerdings das Leere, Unbestimmte ist das Unbegreifliche,
ist das Negative des Begriffs,
und es ist seine Begriffsbestimmung, dies Negative zu sein,
da es nur die einseitige Abstraktion ist,
nur ein Moment des Begriffes ausmacht.

Das Eine für sich ist noch nicht der Begriff, das Wahre.


Wenn man das Erste als das nur Allgemeine bestimmt
und die Bestimmungen auf das Allgemeine,
auf das #On# nur nachfolgen läßt,
so ist dies freilich das Unbegreifliche, denn es ist ohne Inhalt;
das Begreifliche ist konkret
und nur zu begreifen, indem es als Moment bestimmt wird.

Hier ist denn der Mangel, daß das Erste nicht selbst als Totalität gefaßt wird.


Eine andere Vorstellung ist die,
daß das Erste der #bythos#, der Abgrund, die Tiefe ist,
#aiön#, der Ewige, dessen Wohnung in unaussprechlicher Höhe ist,
der über alle Berührung mit den endlichen Dingen erhaben,
aus dem nichts entwickelt ist,
das Prinzip, der Vater alles Daseins,
Propator, nur in der Vermittlung Vater,
#proarchë#, vor dem Anfang.

Das Offenbaren von diesem Abgrund, diesem verborgenen Gott,
wird als Selbstbetrachtung bestimmt,
die Reflexion in sich, konkrete Bestimmung überhaupt;
die Selbstbetrachtung erzeugt, ist das Erzeugen selbst des Eingeborenen;
dies ist das Begreiflichwerden des Ewigen,
weil es da auf die Bestimmung ankommt. ((238))


Dieses Zweite, das Anderssein, Bestimmen,
überhaupt die Tätigkeit, sich zu bestimmen,
ist die allgemeinste Bestimmung als #logos#,
die vernünftig bestimmende Tätigkeit, auch das Wort.

Das Wort ist dies einfache Sichvernehmenlassen,
das keinen festen Unterschied macht, kein fester Unterschied wird,
sondern unmittelbar vernommen ist,
das, so unmittelbar es ist, ebenso in die Innerlichkeit aufgenommen,
zu seinem Ursprung zurückgegangen ist;
dann als #sophia#, die Weisheit,
der ursprüngliche, ganz reine Mensch,
ein Existierendes, Anderes als jene erste Allgemeinheit,
ein Besonderes, Bestimmtes.

Gott ist Schöpfer, und zwar in der Bestimmung des Logos,
als das sich äußernde, aussprechende Wort,
als die #orasis#, das Sehen Gottes.


Damit ist es bestimmt worden als Urbild des Menschen,
Adam Kadmon, der Eingeborene.

Das ist nicht ein Zufälliges, sondern ewige Tätigkeit, nicht zu einer Zeit bloß;
in Gott ist nur eine Geburt, die Tätigkeit als ewige Tätigkeit,
eine Bestimmung, die zum Allgemeinen wesentlich selbst gehört.

Da ist wahrhafte Unterscheidung, die die Qualität beider betrifft;
aber diese ist nur eine und dieselbe Substanz,
und der Unterschied ist daher da noch nur oberflächlich,
selbst als Person bestimmt.

Das Wesentliche ist, daß diese #sophia#, der Eingeborene,
ebenso im Schoße Gottes bleibt, der Unterschied keiner ist.


In solchen Formen hat die Idee gegärt.

Der Hauptgesichtspunkt muss sein,
diese Erscheinungen, so wild sie sind, als vernünftig zu wissen,
um zu sehen, wie sie in der Vernunft ihren Grund haben
und welche Vernunft darin ist;
aber man muss zugleich zu unterscheiden wissen die Form der Vernünftigkeit,
die vorhanden und noch nicht adäquat ist dem Inhalt.

Diese Idee ist häufig jenseits des Menschen,
des Gedankens, der Vernunft gestellt worden, so ihr gegenüber,
daß diese Bestimmung, welche alle Wahrheit und allein die Wahrheit ist,
betrachtet worden ist als etwas nur Gott Eigentümliches, jenseits Stehenbleibendes,
das nicht sich reflektiert im Anderen,
das als Welt, Natur, Mensch erscheint. ((239))

Insofern ist diese Grundidee nicht betrachtet worden als allgemeine Idee.


Dem Jakob Böhme ist dies Geheimnis der Dreifaltigkeit
auf eine andere Weise aufgegangen.

Die Weise seines Vorstellens, seines Denkens
ist allerdings mehr phantastisch und wild;
er hat sich nicht erhoben in reine Formen des Denkens,
aber dies ist die herrschende Gründlichkeit seines Gärens und Kämpfens gewesen,
die Dreieinigkeit in allem, überall zu erkennen,
z. B. “sie muss im Herzen des Menschen geboren werden.”

Sie ist die allgemeine Grundlage von allem,
was nach der Wahrheit betrachtet wird,
zwar als Endliches, aber in seiner Endlichkeit
als die Wahrheit, die in ihm ist.

So hat Jakob Böhme die Natur und das Herz, den Geist des Menschen
in dieser Bestimmung sich vorstellig zu machen versucht.


In neuerer Zeit ist durch die Kantische Philosophie
die Dreiheit als Typus äußerlicherweise, gleichsam als Schema
wieder in Anregung gebracht worden,
schon in sehr bestimmten Gedankenformen.

Das Weitere ist, daß, indem dies
als die wesentliche und eine Natur Gottes gewußt wird,
es nicht drüben gehalten,
diese Idee nicht als ein Jenseits genommen werden muss,
sondern daß es das Ziel des Erkennens ist,
die Wahrheit auch im Besonderen zu erkennen
und wird diese erkannt, so enthält alles,
was im Besonderen das Wahre ist, diese Bestimmung.

Erkennen heißt, in seiner Bestimmtheit etwas wissen;
seine Natur ist aber die Natur der Bestimmtheit selbst,
und sie ist in der Idee exponiert worden.

Daß diese Idee das Wahre ist überhaupt,
alle Gedankenbestimmungen diese Bewegung des Bestimmens sind,
ist die logische Exposition und Notwendigkeit. ((240))



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