B. DIE VERWIRKLICHUNG DES VERNÜNFTIGEN SELBSTBEWUSSTSEINS DURCH SICH SELBST



Das Selbstbewußtsein fand das Ding als sich und sich als Ding;
d. h. es ist für es, daß es an sich die gegenständliche Wirklichkeit ist.

Es ist nicht mehr die unmittelbare Gewißheit, alle Realität zu sein,
sondern eine solche, für welche das Unmittelbare überhaupt
die Form eines Aufgehobenen hat,
so daß seine Gegenständlichkeit nur noch als Oberfläche gilt,
deren Inneres und Wesen es selbst ist.

- Der Gegenstand, auf welchen es sich positiv bezieht,
ist daher ein Selbstbewußtsein;
er ist in der Form der Dingheit, d. h. er ist selbständig;
aber es hat die Gewißheit,
daß dieser selbständige Gegenstand kein Fremdes für es ist;
es weiß hiermit, daß es an sich von ihm anerkannt ist;
es ist der Geist, der die Gewißheit hat,
in der Verdopplung seines Selbstbewußtseins
und in der Selbständigkeit beider seine Einheit mit sich selbst zu haben.

Diese Gewißheit hat sich ihm nun zur Wahrheit zu erheben;
was ihm gilt, daß es an sich und in seiner inneren Gewißheit sei,
soll in sein Bewußtsein treten und für es werden.


Was die allgemeinen Stationen dieser Verwirklichung sein werden,
bezeichnet sich im allgemeinen schon
durch die Vergleichung mit dem bisherigen Wege.

Wie nämlich die beobachtende Vernunft in dem Elemente der Kategorie
die Bewegung des Bewußtseins, nämlich die sinnliche Gewißheit,
das Wahrnehmen und den Verstand wiederholte,
so wird diese auch die doppelte Bewegung des Selbstbewußtseins
wieder durchlaufen und aus der Selbständigkeit in seine Freiheit übergehen.

Zuerst ist diese tätige Vernunft ihrer selbst nur als eines Individuums bewußt
und muss als ein solches seine Wirklichkeit im anderen fordern und hervorbringen,
- alsdann aber, indem sich sein Bewußtsein zur Allgemeinheit erhebt,
wird es allgemeine Vernunft und ist sich seiner als Vernunft,
als an und für sich schon anerkanntes ((263)) bewußt,
welches in seinem reinen Bewußtsein alles Selbstbewußtsein vereinigt;
es ist das einfache geistige Wesen,
das, indem es zugleich zum Bewußtsein kommt, die reale Substanz ist,
worein die früheren Formen als in ihren Grund zurückgehen,
so daß sie gegen diesen nur einzelne Momente seines Werdens sind,
die sich zwar losreißen und als eigene Gestalten erscheinen,
in der Tat aber nur von ihm getragen Dasein und Wirklichkeit,
aber ihre Wahrheit nur haben, insofern sie in ihm selbst sind und bleiben.


Nehmen wir dieses Ziel, das der Begriff ist, der uns schon entstanden
- nämlich das anerkannte Selbstbewußtsein,
das in dem anderen freien Selbstbewußtsein die Gewißheit seiner selbst
und eben darin seine Wahrheit hat -,
in seiner Realität auf
oder heben wir diesen noch inneren Geist
als die schon zu ihrem Dasein gediehene Substanz heraus,
so schließt sich in diesem Begriffe das Reich der Sittlichkeit auf.

Denn diese ist nichts anderes als in der selbständigen Wirklichkeit der Individuen
die absolute geistige Einheit ihres Wesens;
ein an sich allgemeines Selbstbewußtsein,
das sich in einem anderen Bewußtsein so wirklich ist,
daß dieses vollkommene Selbständigkeit hat oder ein Ding für es,
und daß es eben darin der Einheit mit ihm sich bewußt ist
und in dieser Einheit mit diesem gegenständlichen Wesen
erst Selbstbewußtsein ist.

Diese sittliche Substanz in der Abstraktion der Allgemeinheit
ist nur das gedachte Gesetz;
aber sie ist ebensosehr unmittelbar wirkliches Selbstbewußtsein,
oder sie ist Sitte.

Das einzelne Bewußtsein ist umgekehrt nur dieses seiende Eins,
indem es des allgemeinen Bewußtseins in seiner Einzelheit
als seines Seins sich bewußt,
indem sein Tun und Dasein die allgemeine Sitte ist.


In dem Leben eines Volks
hat in der Tat der Begriff der Verwirklichung der selbstbewußten Vernunft,
in der Selbständigkeit des Anderen
die vollständige Einheit mit ihm anzuschauen
oder diese von mir vorgefundene freie Dingheit ((264)) eines Anderen,
welche das Negative meiner selbst ist,
als mein Fürmichsein zum Gegenstande zu haben,
seine vollendete Realität.

Die Vernunft ist als die flüssige allgemeine Substanz,
als die unwandelbare einfache Dingheit vorhanden,
welche ebenso in viele vollkommen selbständige Wesen
wie das Licht in Sterne als unzählige für sich leuchtende Punkte zerspringt,
die in ihrem absoluten Fürsichsein nicht nur an sich
in der einfachen selbständigen Substanz aufgelöst sind,
sondern für sich selbst;
sie sind sich bewußt, diese einzelnen selbständigen Wesen dadurch zu sein,
daß sie ihre Einzelheit aufopfern
und diese allgemeine Substanz ihre Seele und Wesen ist;
so wie dies Allgemeine wieder das Tun ihrer als Einzelner
oder das von ihnen hervorgebrachte Werk ist.


Das rein einzelne Tun und Treiben des Individuums
bezieht sich auf die Bedürfnisse, welche es als Naturwesen,
d. h. als seiende Einzelheit hat.

Daß selbst diese seine gemeinsten Funktionen nicht zunichte werden,
sondern Wirklichkeit haben,
geschieht durch das allgemeine erhaltende Medium,
durch die Macht des ganzen Volks.

- Nicht nur aber diese Form des Bestehens seines Tuns überhaupt
hat es in der allgemeinen Substanz, sondern ebensosehr seinen Inhalt;
was es tut, ist die allgemeine Geschicklichkeit und Sitte aller.

Dieser Inhalt, insofern er sich vollkommen vereinzelt,
ist in seiner Wirklichkeit in das Tun aller verschränkt.

Die Arbeit des Individuums für seine Bedürfnisse
ist ebensosehr eine Befriedigung der Bedürfnisse der anderen als seiner eigenen,
und die Befriedigung der seinigen erreicht es nur durch die Arbeit der anderen.

- Wie der Einzelne in seiner einzelnen Arbeit
schon eine allgemeine Arbeit bewußtlos vollbringt,
so vollbringt er auch wieder die allgemeine als seinen bewußten Gegenstand;
das Ganze wird als Ganzes sein Werk,
für das er sich aufopfert und eben dadurch sich selbst von ihm zurückerhält.

- Es ist hier nichts, das nicht gegenseitig wäre,
nichts, woran nicht die Selbständigkeit des Individuums
sich ((265)) in der Auflösung ihres Fürsichseins, in der Negation ihrer selbst,
ihre positive Bedeutung, für sich zu sein, gäbe.

Diese Einheit des Seins für Anderes oder des sich zum Dinge Machens
und des Fürsichseins, diese allgemeine Substanz
redet ihre allgemeine Sprache in den Sitten und Gesetzen eines Volks;
aber dies seiende unwandelbare Wesen ist nichts anderes
als der Ausdruck der ihr entgegengesetzt scheinenden
einzelnen Individualität selbst;
die Gesetze sprechen das aus, was jeder Einzelne ist und tut;
das Individuum erkennt sie nicht nur
als seine allgemeine gegenständliche Dingheit,
sondern ebensosehr sich in ihr
oder [sie] als vereinzelt in seiner eigenen Individualität
und in jedem seiner Mitbürger.

In dem allgemeinen Geiste hat daher jeder nur die Gewißheit seiner selbst,
nichts anderes in der seienden Wirklichkeit zu finden als sich selbst;
er ist der anderen so gewiß als seiner.

- Ich schaue es in allen an,
daß sie für sich selbst nur diese selbständigen Wesen sind, als ich es bin;
ich schaue die freie Einheit mit den anderen in ihnen so an,
daß sie wie durch mich, so durch die anderen selbst ist,
- sie als mich, mich als sie.


In einem freien Volke ist darum in Wahrheit die Vernunft verwirklicht;
sie ist gegenwärtiger lebendiger Geist,
worin das Individuum seine Bestimmung,
d. h. sein allgemeines und einzelnes Wesen,
nicht nur ausgesprochen und als Dingheit vorhanden findet,
sondern selbst dieses Wesen ist und seine Bestimmung auch erreicht hat.

Die weisesten Männer des Altertums haben darum den Ausspruch getan:
daß die Weisheit und die Tugend darin bestehen,
den Sitten seines Volks gemäß zu leben.


Aus diesem Glücke aber,
seine Bestimmung erreicht zu haben und in ihr zu leben,
ist das Selbstbewußtsein, welches zunächst nur unmittelbar
und dem Begriffe nach Geist ist,
herausgetreten, oder auch es hat es noch nicht erreicht;
denn beides kann auf gleiche Weise gesagt werden. ((266))


Die Vernunft muss aus diesem Glücke heraustreten;
denn nur an sich oder unmittelbar ist das Leben eines freien Volks
die reale Sittlichkeit, oder sie ist eine seiende,
und damit ist auch dieser allgemeine Geist selbst ein einzelner,
das Ganze der Sitten und Gesetze, eine bestimmte sittliche Substanz,
welche erst in dem höheren Momente, nämlich im Bewußtsein über ihr Wesen,
die Beschränkung auszieht
und nur in diesem Erkennen ihre absolute Wahrheit hat,
nicht aber unmittelbar in ihrem Sein;
in diesem ist sie teils eine beschränkte,
teils ist die absolute Beschränkung eben dies,
daß der Geist in der Form des Seins ist.


Ferner ist daher das einzelne Bewußtsein,
wie es unmittelbar seine Existenz in der realen Sittlichkeit
oder in dem Volke hat,
ein gediegenes Vertrauen,
dem sich der Geist nicht in seine abstrakten Momente aufgelöst hat
und das sich also auch nicht als reine Einzelheit für sich zu sein weiß.

Ist es aber zu diesem Gedanken gekommen, wie es muss,
so ist diese unmittelbare Einheit mit dem Geiste
oder sein Sein in ihm, sein Vertrauen verloren;
es für sich isoliert ist sich nun das Wesen, nicht mehr der allgemeine Geist.

Das Moment dieser Einzelheit des Selbstbewußtseins
ist zwar in dem allgemeinen Geiste selbst,
aber nur als eine verschwindende größe,
die, wie sie für sich auftritt, in ihm ebenso unmittelbar sich auflöst
und nur als Vertrauen zum Bewußtsein kommt.

Indem es sich so fixiert
- und jedes Moment, weil es Moment des Wesens ist,
muss selbst dazu gelangen, als Wesen sich darzustellen -,
so ist das Individuum den Gesetzen und Sitten gegenübergetreten;
sie sind nur ein Gedanke ohne absolute Wesenheit,
eine abstrakte Theorie ohne Wirklichkeit;
es aber ist als dieses Ich sich die lebendige Wahrheit.


Oder das Selbstbewußtsein hat dieses Glück noch nicht erreicht,
sittliche Substanz, der Geist eines Volks zu sein.

Denn aus der Beobachtung zurückgekehrt,
ist der Geist zuerst noch nicht als solcher durch sich selbst verwirklicht;
er ist nur als inneres Wesen oder als die Abstraktion gesetzt.

- Oder er ((267)) ist erst unmittelbar;
unmittelbar seiend aber ist er einzeln;
er ist das praktische Bewußtsein,
das in seine vorgefundene Welt mit dem Zweck einschreitet,
sich in dieser Bestimmtheit eines Einzelnen zu verdoppeln,
sich als Diesen, als sein seiendes Gegenbild zu erzeugen
und [sich] dieser Einheit seiner Wirklichkeit
mit dem gegenständlichen Wesen bewußt zu werden.

Es hat die Gewißheit dieser Einheit;
es gilt ihm, daß sie an sich oder daß diese Übereinstimmung seiner
und der Dingheit schon vorhanden ist,
nur ihm noch durch es zu werden hat,
oder daß sein Machen ebenso das Finden derselben ist.

Indem diese Einheit Glück heißt,
wird dies Individuum hiermit sein Glück zu suchen
von seinem Geiste in die Welt hinausgeschickt.


Wenn also die Wahrheit dieses vernünftigen Selbstbewußtseins
für uns die sittliche Substanz ist,
so ist hier für es der Anfang seiner sittlichen Welterfahrung.

Von der Seite, daß es noch nicht zu jener geworden,
dringt diese Bewegung auf sie,
und das, was in ihr sich aufhebt, sind die einzelnen Momente,
die ihm isoliert gelten.

Sie haben die Form eines unmittelbaren Wollens oder Naturtriebs,
der seine Befriedigung erreicht,
welche selbst der Inhalt eines neuen Triebes ist.

- Von der Seite aber, daß das Selbstbewußtsein das Glück,
in der Substanz zu sein, verloren,
sind diese Naturtriebe mit Bewußtsein ihres Zwecks
als der wahren Bestimmung und Wesenheit verbunden;
die sittliche Substanz ist zum selbstlosen Prädikate herabgesunken,
dessen lebendige Subjekte die Individuen sind,
die ihre Allgemeinheit durch sich selbst zu erfüllen
und für ihre Bestimmung aus sich zu sorgen haben.

- In jener Bedeutung also sind jene Gestalten  
das Werden der sittlichen Substanz und gehen ihr vor;
in dieser folgen sie und lösen es für das Selbstbewußtsein auf,
was seine Bestimmung sei;
nach jener Seite geht in der Bewegung,
worin erfahren wird, was ihre Wahrheit ist,
die Unmittelbarkeit oder Roheit der Triebe verloren
und der Inhalt derselben in einen höheren über,
nach dieser aber die falsche Vorstellung des Bewußtseins,
das in sie seine Bestimmung ((268)) setzt.

Nach jener ist das Ziel, das sie erreichen, die unmittelbare sittliche Substanz,
nach dieser aber das Bewußtsein derselben,
und zwar ein solches, das sie als sein eigenes Wesen weiß;
und insofern wäre diese Bewegung das Werden der Moralität,
einer höheren Gestalt als jene.

Allein diese Gestalten machen zugleich nur eine Seite ihres Werdens aus,
nämlich diejenige, welche in das Fürsichsein fällt
oder worin das Bewußtsein seine Zwecke aufhebt,
- nicht die Seite, nach welcher sie aus der Substanz selbst hervorgeht.

Da diese Momente noch nicht die Bedeutung haben können,
im Gegensatze gegen die verlorene Sittlichkeit zu Zwecken gemacht zu werden,
so gelten sie hier zwar nach ihrem unbefangenen Inhalte,
und das Ziel, nach welchem sie dringen, ist die sittliche Substanz.

Aber indem unseren Zeiten jene Form derselben näherliegt,
in welcher sie erscheinen,
nachdem das Bewußtsein sein sittliches Leben verloren
und es suchend jene Formen wiederholt,
so mögen sie mehr in dem Ausdrucke dieser Weise vorgestellt werden.

Das Selbstbewußtsein, welches nur erst der Begriff des Geistes ist,
tritt diesen Weg in der Bestimmtheit an,
sich als einzelner Geist das Wesen zu sein,
und sein Zweck ist also, sich als einzelnes die Verwirklichung zu geben
und als dieses in ihr sich zu genießen.


In der Bestimmung, sich als Fürsichseiendes das Wesen zu sein,
ist es die Negativität des Anderen;
in seinem Bewußtsein tritt daher es selbst
als das Positive einem solchen gegenüber,
das zwar ist, aber für es die Bedeutung eines Nichtansichseienden hat;
das Bewußtsein erscheint entzweit in diese vorgefundene Wirklichkeit
und in den Zweck, den es durch Aufheben derselben vollbringt
und statt jener vielmehr zur Wirklichkeit macht.

Sein erster Zweck ist aber sein unmittelbares abstraktes Fürsichsein,
oder sich als dieses Einzelne in einem Anderen
oder ein anderes Selbstbewußtsein als sich anzuschauen.

Die Erfahrung, was die Wahrheit dieses Zwecks ist,
stellt das Selbstbewußtsein höher,
und es ist sich nunmehr Zweck, insofern es zugleich allgemeines ist ((269))
und das Gesetz unmittelbar an ihm hat.

In der Vollbringung dieses Gesetzes seines Herzens erfährt es aber,
daß das einzelne Wesen hierbei sich nicht erhalten,
sondern das Gute nur durch die Aufopferung desselben
ausgeführt werden kann, und es wird zur Tugend.

Die Erfahrung, welche sie macht, kann keine andere sein,
als daß ihr Zweck an sich schon ausgeführt ist,
das Glück unmittelbar im Tun selbst sich findet
und das Tun selbst das Gute ist.

Der Begriff dieser ganzen Sphäre,
daß die Dingheit das Fürsichsein des Geistes selbst ist,
wird in ihrer Bewegung für das Selbstbewußtsein.

Indem es ihn gefunden, ist es sich also Realität
als unmittelbar sich aussprechende Individualität,
die keinen Widerstand an einer entgegengesetzten Wirklichkeit mehr findet
und der nur dies Aussprechen selbst Gegenstand und Zweck ist.





a. Die Lust und die Notwendigkeit



Das Selbstbewußtsein, welches sich überhaupt die Realität ist,
hat seinen Gegenstand an ihm selbst,
aber als einen solchen, welchen es nur erst für sich hat
und der noch nicht seiend ist;
das Sein steht ihm als eine andere Wirklichkeit, denn die seinige ist, gegenüber;
und es geht darauf, durch Vollführung seines Fürsichseins
sich als anderes selbständiges Wesen anzuschauen.

Dieser erste Zweck ist, seiner als einzelnen Wesens
in dem anderen Selbstbewußtsein bewußt zu werden
oder dies Andere zu sich selbst zu machen;
es hat die Gewißheit, daß an sich schon dies Andere es selbst ist.


- Insofern es aus der sittlichen Substanz und dem ruhigen Sein des Denkens
zu seinem Fürsichsein sich erhoben,
so hat es das Gesetz der Sitte und des Daseins,
die Kenntnisse der Beobachtung
und die Theorie als einen grauen, eben verschwindenden Schatten hinter sich;
denn dies ist vielmehr ein Wissen von einem solchen,
dessen Fürsichsein und Wirklichkeit eine andere
als die des Selbstbewußtseins ist.

Es ist in es statt des himmlisch scheinenden Geistes
der Allgemeinheit des Wissens und Tuns,
worin die Empfindung und der Genuß ((270)) der Einzelheit schweigt,
der Erdgeist gefahren,
dem das Sein nur, welches die Wirklichkeit des einzelnen Bewußtseins ist,
als die wahre Wirklichkeit gilt.

Es verachtet Verstand und Wissenschaft,
des Menschen allerhöchste Gaben -
es hat dem Teufel sich ergeben
und muss zugrunde gehn. °

Es stürzt also ins Leben und bringt die reine Individualität,
in welcher es auftritt, zur Ausführung.

Es macht sich weniger sein Glück,
als daß es dasselbige unmittelbar nimmt und genießt.

Die Schatten von Wissenschaft, Gesetzen und Grundsätzen,
die allein zwischen ihm und seiner eigenen Wirklichkeit stehen,
verschwinden als ein lebloser Nebel,
der es nicht mit der Gewißheit seiner Realität aufnehmen kann;
es nimmt sich das Leben, wie eine reife Frucht gepflückt wird,
welche ebensosehr selbst entgegenkommt, als sie genommen wird.


Sein Tun ist nur nach einem Momente ein Tun der Begierde;
es geht nicht auf die Vertilgung des ganzen gegenständlichen Wesens,
sondern nur auf die Form seines Andersseins oder seiner Selbständigkeit,
die ein wesenloser Schein ist;
denn an sich gilt es ihm für dasselbe Wesen oder als seine Selbstheit.

Das Element, worin die Begierde und ihr Gegenstand
gleichgültig gegeneinander und selbständig bestehen,
ist das lebendige Dasein;
der Genuß der Begierde hebt dies,
insofern es ihrem Gegenstande zukommt, auf.

Aber hier ist dies Element,
welches beiden die abgesonderte Wirklichkeit gibt,
vielmehr die Kategorie, ein Sein, das wesentlich ein vorgestelltes ist;
es ist daher das Bewußtsein der Selbständigkeit
- sei es nur das natürliche
oder das zu einem System von Gesetzen ausgebildete Bewußtsein -,
welches die Individuen jedes für sich erhält.

Diese Trennung ist nicht an sich für das ((271)) Selbstbewußtsein,
welches als seine eigene Selbstheit das andere weiß.

Es gelangt also zum Genusse der Lust,
zum Bewußtsein seiner Verwirklichung
in einem als selbständig erscheinenden Bewußtsein
oder zur Anschauung der Einheit beider selbständigen Selbstbewußtsein [e].

Es erreicht seinen Zweck,
erfährt aber eben darin, was die Wahrheit desselben ist.

Es begreift sich als dieses einzelne fürsichseiende Wesen,
aber die Verwirklichung dieses Zwecks
ist selbst das Aufheben desselben,
denn es wird sich nicht Gegenstand als dieses Einzelne,
sondern vielmehr als Einheit seiner selbst und des anderen Selbstbewußtseins,
hiermit als aufgehobenes Einzelnes oder als Allgemeines.


Die genossene Lust hat wohl die positive Bedeutung,
sich selbst als gegenständliches Selbstbewußtsein geworden zu sein,
aber ebensosehr die negative, sich selbst aufgehoben zu haben;
und indem es seine Verwirklichung nur in jener Bedeutung begriff,
tritt seine Erfahrung als Widerspruch in sein Bewußtsein ein,
worin die erreichte Wirklichkeit seiner Einzelheit
sich von dem negativen Wesen vernichtet werden sieht,
das wirklichkeitslos jener leer gegenübersteht
und doch die verzehrende Macht desselben ist.

Dieses Wesen ist nichts anderes als der Begriff dessen,
was diese Individualität an sich ist.

Sie ist aber noch die ärmste Gestalt des sich verwirklichenden Geistes;
denn sie ist sich erst die Abstraktion der Vernunft
oder die Unmittelbarkeit der Einheit des Fürsich- und des Ansichseins;
ihr Wesen ist also nur die abstrakte Kategorie.

Jedoch hat sie nicht mehr die Form des unmittelbaren einfachen Seins,
wie dem beobachtenden Geiste, wo sie das abstrakte Sein
oder, als Fremdes gesetzt, die Dingheit überhaupt ist.

Hier ist in diese Dingheit das Fürsichsein und die Vermittlung getreten.

Sie tritt daher als Kreis auf, dessen Inhalt
die entwickelte reine Beziehung der einfachen Wesenheiten ist.

Die erlangte Verwirklichung dieser Individualität
besteht daher in nichts anderem,
als daß sie diesen Kreis von Abstraktionen
aus der Eingeschlossenheit des einfachen Selbstbewußtseins
in das Element des ((272)) Für-es-Seins
oder der gegenständlichen Ausbreitung herausgeworfen hat.

Was dem Selbstbewußtsein also in der genießenden Lust
als sein Wesen zum Gegenstande wird
ist die Ausbreitung jener leeren Wesenheiten,
der reinen Einheit, des reinen Unterschiedes und ihrer Beziehung;
weiter hat der Gegenstand, den die Individualität als ihr Wesen erfährt,
keinen Inhalt.

Er ist das, was die Notwendigkeit genannt wird;
denn die Notwendigkeit, das Schicksal u. dgl.,
ist eben dieses, von dem man nicht zu sagen weiß, was es tue,
welches seine bestimmten Gesetze und positiver Inhalt sei,
weil es der absolute, als Sein angeschaute reine Begriff selbst ist,
die einfache und leere, aber unaufhaltsame und unstörbare Beziehung,
deren Werk nur das Nichts der Einzelheit ist.

Sie ist dieser feste Zusammenhang,
weil das Zusammenhängende die reinen Wesenheiten
oder die leeren Abstraktionen sind;
Einheit, Unterschied und Beziehung sind Kategorien,
deren jede nichts an und für sich,
nur in Beziehung auf ihr Gegenteil ist
und die daher nicht auseinanderkommen können.

Sie sind durch ihren Begriff aufeinander bezogen,
denn sie sind die reinen Begriffe selbst;
und diese absolute Beziehung und abstrakte Bewegung
macht die Notwendigkeit aus.

Die nur einzelne Individualität,
die nur erst den reinen Begriff der Vernunft zu ihrem Inhalte hat,
statt aus der toten Theorie in das Leben sich gestürzt zu haben,
hat sich also vielmehr nur in das Bewußtsein der eigenen Leblosigkeit gestürzt
und wird sich nur als die leere und fremde Notwendigkeit,
als die tote Wirklichkeit zuteil.


Der Übergang geschieht aus der Form des Eins in die der Allgemeinheit,
aus einer absoluten Abstraktion in die andere,
aus dem Zwecke des reinen Fürsichseins,
das die Gemeinschaft mit anderen abgeworfen,
in das reine Gegenteil, das dadurch ebenso abstrakte Ansichsein.

Dies erscheint hiermit so,
daß das Individuum nur zugrunde gegangen
und die absolute Sprödigkeit der Einzelheit
an der ebenso harten, aber kontinuierlichen Wirklichkeit zerstäubt ist.

- Indem es als Bewußtsein
die Einheit seiner selbst und seines ((273)) Gegenteils ist,
ist dieser Untergang noch für es, sein Zweck und seine Verwirklichung,
sowie der Widerspruch dessen,
was ihm das Wesen war und was an sich das Wesen ist;
- es erfährt den Doppelsinn, der in dem liegt, was es tat,
nämlich sein Leben sich genommen zu haben;
es nahm das Leben, aber vielmehr ergriff es damit den Tod.


Dieser Übergang seines lebendigen Seins in die leblose Notwendigkeit
erscheint ihm daher als eine Verkehrung, die durch nichts vermittelt ist.

Das Vermittelnde müßte das sein, worin beide Seiten eins wären,
das Bewußtsein also das eine Moment im anderen erkennte,
seinen Zweck und Tun in dem Schicksale
und sein Schicksal in seinem Zwecke und Tun,
sein eigenes Wesen in dieser Notwendigkeit.

Aber diese Einheit ist für dies Bewußtsein eben die Lust selbst
oder das einfache einzelne Gefühl,
und der Übergang von dem Momente dieses seines Zwecks
in das Moment seines wahren Wesens [ist] für es
ein reiner Sprung in das Entgegengesetzte;
denn diese Momente sind nicht im Gefühle enthalten und verknüpft,
sondern nur im reinen Selbst, das ein Allgemeines oder das Denken ist.

Das Bewußtsein ist sich daher durch seine Erfahrung,
worin ihm seine Wahrheit werden sollte,
vielmehr ein Rätsel geworden,
die Folgen seiner Taten sind ihm nicht seine Taten selbst;
was ihm widerfährt, [ist] für es nicht die Erfahrung dessen,
was es an sich ist;
der Übergang nicht eine bloße Formänderung desselben Inhalts und Wesens,
einmal vorgestellt als Inhalt und Wesen des Bewußtseins,
das andere Mal als Gegenstand oder angeschautes Wesen seiner selbst.

Die abstrakte Notwendigkeit gilt also
für die nur negative unbegriffene Macht der Allgemeinheit,
an welcher die Individualität zerschmettert wird.


Bis hierher geht die Erscheinung dieser Gestalt des Selbstbewußtseins;
das letzte Moment ihrer Existenz
ist der Gedanke ihres Verlustes in der Notwendigkeit
oder der Gedanke ihrer selbst als eines sich absolut fremden Wesens.

Das Selbstbewußtsein an sich hat aber diesen Verlust überlebt;
denn diese Notwendigkeit oder reine Allgemeinheit
ist sein ((274)) eigenes Wesen.

Diese Reflexion des Bewußtseins in sich, die Notwendigkeit als sich zu wissen,
ist eine neue Gestalt desselben.





b. Das Gesetz des Herzens und der Wahnsinn des Eigendünkels



Was die Notwendigkeit in Wahrheit am Selbstbewußtsein ist,
dies ist sie für seine neue Gestalt,
worin es sich selbst als das Notwendige ist;
es weiß, unmittelbar das Allgemeine oder das Gesetz in sich zu haben,
welches um dieser Bestimmung willen,
daß es unmittelbar in dem Fürsichsein des Bewußtseins ist,
das Gesetz des Herzens heißt.

Diese Gestalt ist für sich als Einzelheit Wesen wie die vorige;
aber sie ist um die Bestimmung reicher,
daß ihr dies Fürsichsein als notwendiges oder allgemeines gilt.


Das Gesetz also, das unmittelbar das eigene des Selbstbewußtseins ist,
oder ein Herz, das aber ein Gesetz an ihm hat,
ist der Zweck, den es zu verwirklichen geht.

Es ist zu sehen, ob seine Verwirklichung diesem Begriffe entsprechen
und ob es in ihr dies sein Gesetz als das Wesen erfahren wird.
 

Diesem Herzen steht eine Wirklichkeit gegenüber;
denn im Herzen ist das Gesetz nur erst für sich,
noch nicht verwirklicht und also zugleich etwas anderes, als der Begriff ist.

Dieses Andere bestimmt sich dadurch als eine Wirklichkeit,
die das Entgegengesetzte des zu Verwirklichenden,
hiermit der Widerspruch des Gesetzes und der Einzelheit ist.

Sie ist also einerseits ein Gesetz,
von dem die einzelne Individualität gedrückt wird,
eine gewalttätige Ordnung der Welt,
welche dem Gesetze des Herzens widerspricht,
- und andererseits eine unter ihr leidende Menschheit,
welche nicht dem Gesetze des Herzens folgt,
sondern einer fremden Notwendigkeit untertan ist.

- Diese Wirklichkeit,
die der jetzigen Gestalt des Bewußtseins gegenüber erscheint,
ist, wie erhellt, nichts anderes als das vorhergehende entzweite Verhältnis
der Individualität und ihrer Wahrheit,
das Verhältnis einer ((275)) grausamen Notwendigkeit,
von welcher jene erdrückt wird.

Für uns tritt die vorhergehende Bewegung darum der neuen Gestalt gegenüber,
weil diese an sich aus ihr entsprungen,
das Moment, woraus sie herkommt, also notwendig für sie ist;
ihr aber erscheint es als ein Vorgefundenes,
indem sie kein Bewußtsein über ihren Ursprung hat
und ihr das Wesen ist, vielmehr für sich selbst
oder das Negative gegen dies positive Ansich zu sein.


Diese dem Gesetze des Herzens widersprechende Notwendigkeit
sowie das durch sie vorhandene Leiden aufzuheben,
darauf ist also diese Individualität gerichtet.

Sie ist hiermit nicht mehr der Leichtsinn der vorigen Gestalt,
die nur die einzelne Lust wollte,
sondern die Ernsthaftigkeit eines hohen Zwecks,
die ihre Lust in der Darstellung ihres vortrefflichen eigenen Wesens
und in der Hervorbringung des Wohls der Menschheit sucht.

Was sie verwirklicht, ist selbst das Gesetz
und ihre Lust daher zugleich die allgemeine aller Herzen.

Beides ist ihr ungetrennt;
ihre Lust das Gesetzmäßige,
und die Verwirklichung des Gesetzes der allgemeinen Menschheit
Bereitung ihrer einzelnen Lust.

Denn innerhalb ihrer selbst ist unmittelbar
die Individualität und das Notwendige eins;
das Gesetz Gesetz des Herzens.

Die Individualität ist noch nicht aus ihrer Stelle gerückt
und die Einheit beider nicht durch die vermittelnde Bewegung derselben,
noch nicht durch die Zucht zustande gekommen.

Die Verwirklichung des unmittelbaren ungezogenen Wesens
gilt für Darstellung einer Vortrefflichkeit
und für Hervorbringung des Wohls der Menschheit.


Das Gesetz dagegen, welches dem Gesetze des Herzens gegenübersteht,
ist vom Herzen getrennt und frei für sich.

Die Menschheit, die ihm angehört,
lebt nicht in der beglückenden Einheit des Gesetzes mit dem Herzen,
sondern entweder in grausamer Trennung und Leiden
oder wenigstens in der Entbehrung des Genusses seiner selbst
bei der Befolgung des Gesetzes
und in dem Mangel des Bewußtseins der eigenen Vortrefflichkeit
bei der Überschreitung desselben.

Weil jene ((276)) gewalthabende göttliche und menschliche Ordnung
von dem Herzen getrennt ist,
ist sie diesem ein Schein,
welcher das verlieren soll, was ihm noch zugesellt ist,
nämlich die Gewalt und die Wirklichkeit.

Sie mag in ihrem Inhalte
wohl zufälligerweise mit dem Gesetze des Herzens übereinstimmen,
und dann kann sich dieses sie gefallen lassen;
aber nicht das Gesetzmäßige rein als solches ist ihm das Wesen,
sondern daß es darin das Bewußtsein seiner selbst,
daß es sich darin befriedigt habe.

Wo der Inhalt der allgemeinen Notwendigkeit
aber nicht mit dem Herzen übereinstimmt,
ist sie auch ihrem Inhalte nach nichts an sich
und muss dem Gesetze des Herzens weichen.


Das Individuum vollbringt also das Gesetz seines Herzens;
es wird allgemeine Ordnung,
und die Lust zu einer an und für sich gesetzmäßigen Wirklichkeit.

Aber in dieser Verwirklichung ist es ihm in der Tat entflohen;
es wird unmittelbar nur das Verhältnis,
welches aufgehoben werden sollte.

Das Gesetz des Herzens hört eben durch seine Verwirklichung auf,
Gesetz des Herzens zu sein.

Denn es erhält darin die Form des Seins und ist nun allgemeine Macht,
für welche dieses Herz gleichgültig ist,
so daß das Individuum seine eigene Ordnung dadurch, daß es sie aufstellt,
nicht mehr als die seinige findet.

Durch die Verwirklichung seines Gesetzes bringt es daher nicht sein Gesetz,
sondern, indem sie an sich die seinige, für es aber eine fremde ist,
nur dies hervor, in die wirkliche Ordnung sich zu verwickeln,
und zwar in sie als eine ihm nicht nur fremde, sondern feindliche Übermacht.

- Durch seine Tat setzt es sich in oder vielmehr als
das allgemeine Element der seienden Wirklichkeit,
und seine Tat soll selbst nach seinem Sinne
den Wert einer allgemeinen Ordnung haben.

Aber damit hat es sich von sich selbst freigelassen,
es wächst als Allgemeinheit für sich fort
und reinigt sich von der Einzelheit;
das Individuum, welches die Allgemeinheit
nur in der Form seines unmittelbaren Fürsichseins erkennen will,
erkennt sich also nicht in dieser freien Allgemeinheit,
während es ihr zugleich angehört, denn sie ist sein ((277)) Tun.

Dies Tun hat daher die verkehrte Bedeutung,
der allgemeinen Ordnung zu widersprechen,
denn seine Tat soll Tat seines einzelnen Herzens,
nicht freie allgemeine Wirklichkeit sein;
und zugleich hat es sie in der Tat anerkannt,
denn das Tun hat den Sinn, sein Wesen als freie Wirklichkeit zu setzen,
d. h. die Wirklichkeit als sein Wesen anzuerkennen.
 

Das Individuum hat durch den Begriff seines Tuns die nähere Weise bestimmt,
in welcher die wirkliche Allgemeinheit, der es sich angehörig gemacht,
sich gegen es kehrt.

Seine Tat gehört als Wirklichkeit dem Allgemeinen an;
ihr Inhalt aber ist die eigene Individualität,
welche sich als diese einzelne,
dem Allgemeinen entgegengesetzte erhalten will.

Es ist nicht irgendein bestimmtes Gesetz,
von dessen Aufstellung die Rede wäre,
sondern die unmittelbare Einheit des einzelnen Herzens mit der Allgemeinheit
ist der zum Gesetze erhobene und geltensollende Gedanke,
daß in dem, was Gesetz ist, jedes Herz sich selbst erkennen muß.

Aber nur das Herz dieses Individuums
hat seine Wirklichkeit in seiner Tat,
welche ihm sein Fürsichsein oder seine Lust ausdrückt, gesetzt.

Sie soll unmittelbar als Allgemeines gelten,
d. h. sie ist in Wahrheit etwas Besonderes
und hat nur die Form der Allgemeinheit:
sein besonderer Inhalt soll als solcher für allgemein gelten.

Daher finden in diesem Inhalte die anderen nicht das Gesetz ihres Herzens,
sondern vielmehr das eines anderen vollbracht;
und eben nach dem allgemeinen Gesetze,
daß in dem, was Gesetz ist, jedes sein Herz finden soll,
kehren sie sich ebenso gegen die Wirklichkeit, welche es aufstellte,
als es sich gegen die ihrige kehrte.

Das Individuum findet also, wie zuerst nur das starre Gesetz,
jetzt die Herzen der Menschen selbst
seinen vortrefflichen Absichten entgegen und zu verabscheuen.


Weil dies Bewußtsein die Allgemeinheit nur erst als unmittelbare
und die Notwendigkeit als Notwendigkeit des Herzens kennt,
ist ihm die Natur der Verwirklichung und der Wirksamkeit unbekannt,
daß sie als das Seiende in ihrer Wahrheit
vielmehr das an sich Allgemeine ist,
worin die Einzelheit ((278)) des Bewußtseins, die sich ihr anvertraut,
um als diese unmittelbare Einzelheit zu sein, vielmehr untergeht;
statt dieses seines Seins erlangt es also in dem Sein
die Entfremdung seiner selbst.

Dasjenige, worin es sich nicht erkennt, ist aber nicht mehr die tote Notwendigkeit,
sondern die Notwendigkeit als belebt durch die allgemeine Individualität.

Es nahm diese göttliche und menschliche Ordnung, die es geltend vorfand,
für eine tote Wirklichkeit,
worin wie es selbst, das sich als dieses für sich seiende,
dem Allgemeinen entgegengesetzte Herz fixiert,
so [auch die,] die ihr angehören,
das Bewußtsein ihrer selbst nicht hätten;
es findet sie aber vielmehr von dem Bewußtsein aller belebt
und als Gesetz aller Herzen.

Es macht die Erfahrung, daß die Wirklichkeit belebte Ordnung ist,
zugleich in der Tat eben dadurch, daß es das Gesetz seines Herzens verwirklicht;
denn dies heißt nichts anderes,
als daß die Individualität sich als Allgemeines zum Gegenstande wird,
worin es sich aber nicht erkennt.


Was also dieser Gestalt des Selbstbewußtseins
aus ihrer Erfahrung als das Wahre hervorgeht,
widerspricht dem, was sie für sich ist.

Was sie aber für sich ist,
hat selbst die Form absoluter Allgemeinheit für sie,
und es ist das Gesetz des Herzens,
welches mit dem Selbstbewußtsein unmittelbar eins ist.

Zugleich ist die bestehende und lebendige Ordnung
ebenso sein eigenes Wesen und Werk,
es bringt nichts anderes hervor als sie;
sie ist in gleich unmittelbarer Einheit mit dem Selbstbewußtsein.

Dieses ist auf diese Weise,
einer gedoppelten entgegengesetzten Wesenheit angehörend,
an sich selbst widersprechend und im Innersten zerrüttet.

Das Gesetz dieses Herzens ist nur dasjenige,
worin das Selbstbewußtsein sich selbst erkennt;
aber die allgemeine gültige Ordnung
ist durch die Verwirklichung jenes Gesetzes
ebenso ihm sein eigenes Wesen und seine eigene Wirklichkeit geworden;
was in seinem Bewußtsein sich also widerspricht,
ist beides in der Form des Wesens und seiner eigenen Wirklichkeit für es.

Indem es dies Moment seines sich bewußten Unterganges
und ((279)) darin das Resultat seiner Erfahrung ausspricht,
zeigt es sich als diese innere Verkehrung seiner selbst,
als die Verrücktheit des Bewußtseins,
welchem sein Wesen unmittelbar Unwesen,
seine Wirklichkeit unmittelbar Unwirklichkeit ist.

- Die Verrücktheit kann nicht dafür gehalten werden,
daß überhaupt etwas Wesenloses für wesentlich,
etwas Nichtwirkliches für wirklich gehalten werde,
so daß das, was für den einen wesentlich oder wirklich ist,
es für einen anderen nicht wäre
und das Bewußtsein der Wirklichkeit und Nichtwirklichkeit
oder der Wesenheit und Unwesenheit auseinanderfielen.

- Wenn etwas in der Tat für das Bewußtsein überhaupt wirklich und wesentlich,
für mich aber nicht ist,
so habe ich in dem Bewußtsein seiner Nichtigkeit zugleich,
da ich Bewußtsein überhaupt bin,
das Bewußtsein seiner Wirklichkeit,
- und indem sie beide fixiert sind,
so ist dies eine Einheit, welche der Wahnsinn im allgemeinen ist.

In diesem ist aber nur ein Gegenstand für das Bewußtsein verrückt,
nicht das Bewußtsein als solches in und für sich selbst.

In dem Resultate des Erfahrens, das sich hier ergeben hat,
ist aber das Bewußtsein in seinem Gesetze
sich seiner selbst als dieses Wirklichen bewußt;
und zugleich, indem ihm ebendieselbe Wesenheit,
dieselbe Wirklichkeit entfremdet ist,
ist es als Selbstbewußtsein, als absolute Wirklichkeit
sich seiner Unwirklichkeit bewußt,
oder die beiden Seiten gelten ihm nach ihrem Widerspruche
unmittelbar als sein Wesen, das also im Innersten verrückt ist.


Das Herzklopfen für das Wohl der Menschheit
geht darum in das Toben des verrückten Eigendünkels über,
in die Wut des Bewußtseins, gegen seine Zerstörung sich zu erhalten,
und dies dadurch, daß es die Verkehrtheit, welche es selbst ist,
aus sich herauswirft und sie als ein Anderes anzusehen
und auszusprechen sich anstrengt.

Es spricht also die allgemeine Ordnung aus
als eine von fanatischen Priestern, schwelgenden Despoten
und für ihre Erniedrigung hinabwärts
durch Erniedrigen und Unterdrücken sich entschädigenden Dienern
derselben erfundene und zum namenlosen ((280))
Elende der betrogenen Menschheit gehandhabte Verkehrung
des Gesetzes des Herzens und seines Glücks.

- Das Bewußtsein spricht in dieser seiner Verrücktheit
die Individualität als das Verrückende und Verkehrte aus,
aber eine fremde und zufällige.

Aber das Herz
oder die unmittelbar allgemeinseinwollende Einzelheit des Bewußtseins
ist dies Verrückende und Verkehrte selbst
und sein Tun nur die Hervorbringung dessen,
daß dieser Widerspruch seinem Bewußtsein wird.

Denn das Wahre ist ihm das Gesetz des Herzens,
- ein bloß Gemeintes, das nicht, wie die bestehende Ordnung,
den Tag ausgehalten hat,
sondern vielmehr, wie es sich diesem zeigt, zugrunde geht.

Dies sein Gesetz sollte Wirklichkeit haben;
hierin ist ihm das Gesetz als Wirklichkeit,
als geltende Ordnung Zweck und Wesen;
aber unmittelbar ist ihm ebenso die Wirklichkeit,
eben das Gesetz als geltende Ordnung, vielmehr das Nichtige.

- Ebenso seine eigene Wirklichkeit,
es selbst als Einzelheit des Bewußtseins ist sich das Wesen;
aber es ist ihm Zweck, sie seiend zu setzen;
es ist ihm also unmittelbar vielmehr sein Selbst als Nichteinzelnes das Wesen
oder Zweck als Gesetz,
eben darin als eine Allgemeinheit, welche es für sein Bewußtsein selbst sei.

- Dieser sein Begriff wird durch sein Tun zu seinem Gegenstande;
sein Selbst erfährt es also vielmehr als das Unwirkliche
und die Unwirklichkeit als seine Wirklichkeit.

Es ist also nicht eine zufällige und fremde Individualität,
sondern eben dieses Herz nach allen Seiten in sich das Verkehrte und Verkehrende.


Indem aber die unmittelbar allgemeine Individualität
das Verkehrte und Verkehrende ist,
ist nicht weniger diese allgemeine Ordnung,
da sie das Gesetz aller Herzen, d. h. des Verkehrten ist,
selbst an sich das Verkehrte, wie die tobende Verrücktheit es aussprach.

Einmal erweist sie sich in dem Widerstande,
welchen das Gesetz eines Herzens an den anderen Einzelnen findet,
Gesetz aller Herzen zu sein.

Die bestehenden Gesetze werden gegen das Gesetz eines Individuums verteidigt,
weil sie nicht bewußtlose leere und tote ((281)) Notwendigkeit,
sondern geistige Allgemeinheit und Substanz sind,
worin diejenigen, an denen sie ihre Wirklichkeit hat,
als Individuen leben und ihrer selbst bewußt sind;
so daß, wenn sie auch über diese Ordnung,
als ob sie dem inneren Gesetze zuwiderlaufe,
klagen und die Meinungen des Herzens gegen sie halten,
[sie] in der Tat mit ihrem Herzen an ihr als ihrem Wesen hängen
und, wenn diese Ordnung ihnen genommen wird
oder sie selbst sich daraussetzen,
sie alles verlieren.

Indem hierin eben die Wirklichkeit
und Macht der öffentlichen Ordnung besteht,
erscheint also diese als das sich selbst gleiche allgemein belebte Wesen
und die Individualität als die Form derselben.

- Aber diese Ordnung ist ebenso das Verkehrte.


Denn darin, daß sie das Gesetz aller Herzen ist,
daß alle Individuen unmittelbar dieses Allgemeine sind,
ist sie eine Wirklichkeit,
welche nur die Wirklichkeit der für sich seienden Individualität
oder des Herzens ist.

Das Bewußtsein, welches das Gesetz seines Herzens aufstellt,
erfährt also Widerstand von anderen,
weil es den ebenso einzelnen Gesetzen ihres Herzens widerspricht,
und diese tun in ihrem Widerstande nichts anderes,
als ihr Gesetz aufstellen und geltend machen.

Das Allgemeine, das vorhanden ist,
ist daher nur ein allgemeiner Widerstand
und Bekämpfung aller gegeneinander,
worin jeder seine eigene Einzelheit geltend macht,
aber zugleich nicht dazu kommt,
weil sie denselben Widerstand erfährt
und durch die anderen gegenseitig aufgelöst wird.

Was öffentliche Ordnung scheint, ist also diese allgemeine Befehdung,
worin jeder an sich reißt, was er kann,
die Gerechtigkeit an der Einzelheit der anderen ausübt
und die seinige festsetzt, die ebenso durch andere verschwindet.

Sie ist der Weltlauf, der Schein eines bleibenden Ganges,
der nur eine gemeinte Allgemeinheit
und dessen Inhalt vielmehr das wesenlose Spiel
der Festsetzung der Einzelheiten und ihrer Auflösung ist.


Betrachten wir beide Seiten der allgemeinen Ordnung gegeneinander,
so hat die letztere Allgemeinheit zu ihrem Inhalte ((282)) die unruhige Individualität,
für welche die Meinung oder die Einzelheit Gesetz,
das Wirkliche unwirklich und das Unwirkliche das Wirkliche ist.

Sie ist aber zugleich die Seite der Wirklichkeit der Ordnung,
denn ihr gehört das Fürsichsein der Individualität an.

- Die andere Seite ist das Allgemeine als ruhiges Wesen,
aber eben darum nur als ein Inneres,
das nicht gar nicht, aber doch keine Wirklichkeit ist
und nur durch Aufhebung der Individualität,
welche sich die Wirklichkeit angemaßt hat,
selbst wirklich werden kann.

Diese Gestalt des Bewußtseins,
sich in dem Gesetze, in dem an sich Wahren und Guten
nicht als die Einzelheit, sondern nur als Wesen zu werden,
die Individualität aber als das Verkehrte und Verkehrende zu wissen
und daher die Einzelheit des Bewußtseins aufopfern zu müssen,
ist die Tugend.





c. Die Tugend und der Weltlauf



In der ersten Gestalt der tätigen Vernunft
war das Selbstbewußtsein sich reine Individualität,
und ihr gegenüber stand die leere Allgemeinheit.

In der zweiten hatten die beiden Teile des Gegensatzes
jeder die beiden Momente, Gesetz und Individualität, an ihnen;
der eine aber, das Herz, war ihre unmittelbare Einheit,
der andere ihre Entgegensetzung.

Hier im Verhältnisse der Tugend und des Weltlaufs
sind beide Glieder jedes Einheit und Gegensatz dieser Momente
oder eine Bewegung des Gesetzes und der Individualität gegeneinander,
aber eine entgegengesetzte.

Dem Bewußtsein der Tugend ist das Gesetz das Wesentliche
und die Individualität das Aufzuhebende,
und also sowohl an ihrem Bewußtsein selbst als an dem Weltlaufe.

An jenem ist die eigene Individualität in die Zucht unter das Allgemeine,
das an sich Wahre und Gute, zu nehmen;
es bleibt aber darin noch persönliches Bewußtsein;
die wahre Zucht ist allein die Aufopferung der ganzen Persönlichkeit
als die Bewährung, daß es in der Tat
nicht noch an Einzelheiten festgeblieben ist.

In dieser einzelnen Aufopferung
wird zugleich die Individualität ((283)) an dem Weltlaufe vertilgt,
denn sie ist auch einfaches, beiden gemeinschaftliches Moment.

- In diesem verhält sich die Individualität auf die verkehrte Weise,
als sie am tugendhaften Bewußtsein gesetzt ist,
nämlich sich zum Wesen zu machen
und dagegen das an sich Gute und Wahre sich zu unterwerfen.

- Der Weltlauf ist ferner ebenso für die Tugend
nicht nur dies durch die Individualität verkehrte Allgemeine,
sondern die absolute Ordnung ist gleichfalls gemeinschaftliches Moment,
an dem Weltlaufe nur nicht
als seiende Wirklichkeit für das Bewußtsein vorhanden,
sondern das innere Wesen desselben.

Sie ist daher nicht erst durch die Tugend eigentlich hervorzubringen,
denn das Hervorbringen ist, als Tun, Bewußtsein der Individualität,
und diese vielmehr aufzuheben;
durch dieses Aufheben aber wird dem Ansich des Weltlaufs
gleichsam nur Raum gemacht, an und für sich selbst in die Existenz zu treten.


Der allgemeine Inhalt des wirklichen Weltlaufs hat sich schon ergeben;
näher betrachtet ist er wieder nichts anderes
als die beiden vorhergehenden Bewegungen des Selbstbewußtseins.

Aus ihnen ist die Gestalt der Tugend hervorgegangen;
indem sie ihr Ursprung sind, hat sie sie vor sich;
sie geht aber darauf, ihren Ursprung aufzuheben und sich zu realisieren
oder für sich zu werden.

Der Weltlauf ist also einerseits die einzelne Individualität,
welche ihre Lust und Genuß sucht,
darin zwar ihren Untergang findet und hiermit das Allgemeine befriedigt.

Aber diese Befriedigung selbst, sowie die übrigen Momente dieses Verhältnisses,
ist eine verkehrte Gestalt und Bewegung des Allgemeinen.

Die Wirklichkeit ist nur die Einzelheit der Lust und des Genusses,
das Allgemeine aber ihr entgegengesetzt,
eine Notwendigkeit, welche nur die leere Gestalt desselben,
eine nur negative Rückwirkung und inhaltloses Tun ist.

- Das andere Moment des Weltlaufs ist die Individualität,
welche an und für sich Gesetz sein will
und in dieser Einbildung die bestehende Ordnung stört;
das allgemeine Gesetz erhält sich zwar gegen diesen Eigendünkel
und tritt nicht mehr als ein ((284))
dem Bewußtsein Entgegengesetztes und Leeres,
nicht als eine tote Notwendigkeit auf,
sondern als Notwendigkeit in dem Bewußtsein selbst.

Aber wie es als die bewußte Beziehung
der absolut widersprechenden Wirklichkeit existiert, ist es die Verrücktheit;
wie es aber als gegenständliche Wirklichkeit ist, ist es die Verkehrtheit überhaupt.

Das Allgemeine stellt sich also wohl in beiden Seiten
als die Macht ihrer Bewegung dar,
aber die Existenz dieser Macht ist nur die allgemeine Verkehrung.


Von der Tugend soll es nun seine wahrhafte Wirklichkeit erhalten
durch das Aufheben der Individualität, des Prinzips der Verkehrung;
ihr Zweck ist, hierdurch den verkehrten Weltlauf wieder zu verkehren
und sein wahres Wesen hervorzubringen.

Dies wahre Wesen ist an dem Weltlaufe nur erst als sein Ansich,
es ist noch nicht wirklich;
und die Tugend glaubt es daher nur.

Diesen Glauben geht sie zum Schauen zu erheben,
ohne aber der Früchte ihrer Arbeit und Aufopferung zu genießen.

Denn insofern sie Individualität ist, ist sie das Tun des Kampfes,
den sie mit dem Weltlaufe eingeht;
ihr Zweck und wahres Wesen aber
ist die Besiegung der Wirklichkeit des Weltlaufs;
die dadurch bewirkte Existenz des Guten
ist hiermit das Aufhören ihres Tuns oder des Bewußtseins der Individualität.

- Wie dieser Kampf selbst bestanden werde, was die Tugend in ihm erfährt,
ob durch die Aufopferung, welche sie über sich nimmt,
der Weltlauf unterliege, die Tugend aber siege,
- dies muss sich aus der Natur der lebendigen Waffen entscheiden,
welche die Kämpfer führen.

Denn die Waffen sind nichts anderes als das Wesen der Kämpfer selbst,
das nur für sie beide gegenseitig hervortritt.

Ihre Waffen haben sich hiermit schon aus dem ergeben,
was an sich in diesem Kampfe vorhanden ist.


Das Allgemeine ist für das tugendhafte Bewußtsein im Glauben
oder an sich wahrhaft, noch nicht eine wirkliche, sondern eine abstrakte Allgemeinheit;
an diesem Bewußtsein selbst ist es als Zweck, an dem Weltlaufe als Inneres.

In eben dieser Bestimmung stellt das Allgemeine
sich auch an der ((285)) Tugend für den Weltlauf dar;
denn sie will das Gute erst ausführen
und gibt selbst es noch nicht für Wirklichkeit aus.

Diese Bestimmtheit kann auch so betrachtet werden,
daß das Gute, indem es in dem Kampf gegen den Weltlauf auftritt,
damit sich darstellt als seiend für ein Anderes;
als etwas, das nicht an und für sich selbst ist,
denn sonst würde es nicht durch Bezwingung seines Gegenteils
sich erst seine Wahrheit geben wollen.

Es ist nur erst für ein Anderes, heißt dasselbe,
was vorher von ihm in der entgegengesetzten Betrachtung sich zeigte,
nämlich es ist erst eine Abstraktion,
welche nur in dem Verhältnisse, nicht an und für sich, Realität hat.


Das Gute oder Allgemeine, wie es also hier auftritt,
ist dasjenige, was die Gaben, Fähigkeiten, Kräfte genannt wird.

Es ist eine Weise des Geistigen zu sein,
worin es als ein Allgemeines vorgestellt wird,
das zu seiner Belebung und Bewegung des Prinzips der Individualität bedarf
und in dieser seine Wirklichkeit hat.

Von diesem Prinzip, insofern es am Bewußtsein der Tugend ist,
wird dies Allgemeine gut angewendet,
von ihm aber, insofern es am Weltlauf ist, mißbraucht,
- ein passives Werkzeug, das von der Hand der freien Individualität regiert,
gleichgültig gegen den Gebrauch, den sie von ihm macht,
auch zur Hervorbringung einer Wirklichkeit mißbraucht werden kann,
die seine Zerstörung ist;
eine leblose, eigener Selbständigkeit entbehrende Materie,
die so oder auch anders und selbst zu ihrem Verderben geformt werden kann.


Indem dies Allgemeine dem Bewußtsein der Tugend
wie dem Weltlaufe auf gleiche Weise zu Gebote steht,
so ist nicht abzusehen, ob, so ausgerüstet,
die Tugend das Laster besiegen werde.

Die Waffen sind dieselben; sie sind diese Fähigkeiten und Kräfte.

Zwar hat die Tugend ihren Glauben an die ursprüngliche Einheit ihres Zwecks
und des Wesens des Weltlaufs in den Hinterhalt gelegt,
welche dem Feinde während des Kampfes in den Rücken fallen
und an sich ihn vollbringen soll,
so daß hierdurch in der Tat für den Ritter der Tugend
sein eigenes Tun und Kämpfen eigentlich eine ((286)) Spiegelfechterei ist,
die er nicht für Ernst nehmen kann,
weil er seine wahrhafte Stärke darein setzt,
daß das Gute an und für sich selbst sei, d. h. sich selbst vollbringe,
- eine Spiegelfechterei, die er auch nicht zum Ernste werden lassen darf.

Denn dasjenige, was er gegen den Feind kehrt und gegen sich gekehrt findet
und dessen Abnutzung und Beschädigung
er sowohl an ihm selbst als seinem Feinde daran wagt,
soll nicht das Gute selbst sein;
denn für dessen Bewahrung und Ausführung kämpft er;
sondern was daran gewagt wird,
sind nur die gleichgültigen Gaben und Fähigkeiten.

Allein diese sind in der Tat nichts anderes
als eben dasjenige individualitätslose Allgemeine selbst,
welches durch den Kampf erhalten und verwirklicht werden soll.

- Es ist aber zugleich durch den Begriff des Kampfes
selbst unmittelbar bereits verwirklicht;
es ist das Ansich, das Allgemeine,
und seine Verwirklichung heißt nur dieses,
daß es zugleich für ein Anderes sei.

Die beiden oben angegebenen Seiten,
nach deren jeder es zu einer Abstraktion wurde, sind nicht mehr getrennt,
sondern in und durch den Kampf ist das Gute
auf beide Weisen zumal gesetzt.

- Das tugendhafte Bewußtsein tritt aber in den Kampf gegen den Weltlauf
als gegen ein dem Guten Entgegengesetztes;
was er ihm hierin darbietet, ist das Allgemeine,
nicht nur als abstraktes Allgemeines,
sondern als ein von der Individualität belebtes
und für ein Anderes seiendes oder das wirkliche Gute.

Wo also die Tugend den Weltlauf anfaßt,
trifft sie immer auf solche Stellen, die die Existenz des Guten selbst sind,
das in alle Erscheinungen des Weltlaufs,
als das Ansich des Weltlaufs, unzertrennlich verschlungen ist
und in der Wirklichkeit desselben auch sein Dasein hat;
er ist also für sie unverwundbar.

Eben solche Existenzen des Guten
und hiermit unverletzliche Verhältnisse sind alle Momente,
welche von der Tugend selbst
an ihr darangesetzt und aufgeopfert werden sollten.

Das Kämpfen kann daher nur ein Schwanken
zwischen Bewahren und Aufopfern sein;
oder vielmehr kann weder Aufopferung des Eigenen
noch Verletzung des Fremden ((287)) stattfinden.

Die Tugend gleicht nicht nur jenem Streiter,
dem es im Kampfe allein darum zu tun ist, sein Schwert blank zu erhalten,
sondern sie hat auch den Streit darum begonnen, die Waffen zu bewahren;
und nicht nur kann sie die ihrigen nicht gebrauchen,
sondern muss auch die des Feindes unverletzt erhalten
und sie gegen sich selbst schützen,
denn alle sind edle Teile des Guten, für welches sie in den Kampf ging.


Diesem Feinde dagegen ist nicht das Ansich,
sondern die Individualität das Wesen;
seine Kraft also das negative Prinzip,
welchem nichts bestehend und absolut heilig ist,
sondern welches den Verlust von allem und jedem wagen und ertragen kann.

Hierdurch ist ihm der Sieg ebensosehr an ihm selbst gewiß
als durch den Widerspruch, in welchen sich sein Gegner verwickelt.

Was der Tugend an sich ist, ist dem Weltlaufe nur für ihn;
er ist frei von jedem Momente, das für sie fest und woran sie gebunden ist.

Er hat ein solches Moment dadurch, daß es für ihn nur als ein solches gilt,
das er ebensowohl aufheben als bestehen lassen kann, in seiner Gewalt
und damit auch den daran befestigten tugendhaften Ritter.

Dieser kann sich davon nicht
als von einem äußerlich umgeworfenen Mantel loswickeln
und durch Hinterlassung desselben sich frei machen;
denn es ist ihm das nicht aufzugebende Wesen.


Was endlich den Hinterhalt betrifft, aus welchem das gute Ansich
dem Weltlaufe listigerweise in den Rücken fallen soll,
so ist diese Hoffnung an sich nichtig.

Der Weltlauf ist das wache, seiner selbst gewisse Bewußtsein,
das nicht von hinten an sich kommen läßt,
sondern allenthalben die Stirne bietet;
denn er ist dieses, daß alles für ihn ist, daß alles vor ihm steht.

Das gute Ansich aber, ist es für seinen Feind, so ist es in dem Kampfe,
den wir gesehen haben;
insofern es aber nicht für ihn, sondern an sich ist,
ist es das passive Werkzeug der Gaben und Fähigkeiten,
die wirklichkeitslose Materie;
als Dasein vorgestellt, wäre es ein schlafendes
und dahinten, man weiß nicht wo, bleibendes Bewußtsein. ((288))


Die Tugend wird also von dem Weltlaufe besiegt,
weil das abstrakte unwirkliche Wesen in der Tat ihr Zweck ist
und weil in Ansehung der Wirklichkeit ihr Tun auf Unterschieden beruht,
die allein in den Worten liegen.

Sie wollte darin bestehen,
durch Aufopferung der Individualität das Gute zur Wirklichkeit zu bringen,
aber die Seite der Wirklichkeit ist selbst nichts anderes
als die Seite der Individualität.

Das Gute sollte dasjenige sein, was an sich
und dem, was ist, entgegengesetzt ist, aber das Ansich ist,
nach seiner Realität und Wahrheit genommen, vielmehr das Sein selbst.

Das Ansich ist zunächst die Abstraktion des Wesens gegen die Wirklichkeit;
aber die Abstraktion ist eben dasjenige,
was nicht wahrhaft, sondern nur für das Bewußtsein ist;
d. h. aber, es ist selbst dasjenige, was wirklich genannt wird;
denn das Wirkliche ist, was wesentlich für ein Anderes ist,
oder es ist das Sein.

Das Bewußtsein der Tugend aber beruht auf diesem Unterschiede
des Ansich und des Seins, der keine Wahrheit hat.

- Der Weltlauf sollte die Verkehrung des Guten sein,
weil er die Individualität zu seinem Prinzip hatte;
allein diese ist das Prinzip der Wirklichkeit;
denn eben sie ist das Bewußtsein,
wodurch das Ansichseiende ebensosehr für ein Anderes ist;
er verkehrt das Unwandelbare,
aber er verkehrt es in der Tat aus dem Nichts der Abstraktion
in das Sein der Realität.


Der Weltlauf siegt also über das,
was die Tugend im Gegensatze gegen ihn ausmacht;
er siegt über sie, der die wesenlose Abstraktion das Wesen ist.

Er siegt aber nicht über etwas Reales,
sondern über das Erschaffen von Unterschieden, welche keine sind,
über diese pomphaften Reden vom Besten der Menschheit
und der Unterdrückung derselben,
von der Aufopferung fürs Gute und dem Mißbrauche der Gaben;
- solcherlei ideale Wesen und Zwecke sinken als leere Worte zusammen,
welche das Herz erheben und die Vernunft leer lassen,
erbauen, aber nichts aufbauen;
Deklamationen, welche nur diesen Inhalt bestimmt aussprechen,
daß das Individuum, welches für solche edle Zwecke zu handeln vorgibt ((289))
und solche vortreffliche Redensarten führt,
sich für ein vortreffliches Wesen gilt,
- eine Aufschwellung, welche sich und anderen den Kopf groß macht,
aber groß von einer leeren Aufgeblasenheit.

- Die antike Tugend hatte ihre bestimmte sichere Bedeutung,
denn sie hatte an der Substanz des Volks ihre inhaltsvolle Grundlage
und ein wirkliches, schon existierendes Gutes zu ihrem Zwecke;
sie war daher auch nicht gegen die Wirklichkeit
als eine allgemeine Verkehrtheit und gegen einen Weltlauf gerichtet.

Die betrachtete aber ist aus der Substanz heraus, eine wesenlose Tugend,
eine Tugend nur der Vorstellung und der Worte, die jenes Inhalts entbehren.

- Diese Leerheit der mit dem Weltlaufe kämpfenden Rednerei
würde sich sogleich aufdecken,
wenn gesagt werden sollte, was ihre Redensarten bedeuten;
- sie werden daher als bekannt vorausgesetzt.

Die Forderung, dies Bekannte zu sagen,
würde entweder durch einen neuen Schwall von Redensarten erfüllt
oder ihr die Berufung auf das Herz entgegengesetzt,
welches innerhalb sage, was sie bedeuten;
d. h. die Unvermögenheit, es in der Tat zu sagen, würde eingestanden.

- Die Nichtigkeit jener Rednerei scheint auch auf eine bewußtlose Art
für die Bildung unseres Zeitalters Gewißheit erlangt zu haben,
indem aus der ganzen Masse jener Redensarten
und der Weise, sich damit aufzuspreizen,
alles Interesse verschwunden ist;
ein Verlust, der sich darin ausdrückt, daß sie nur Langeweile machen.


Das Resultat also, welches aus diesem Gegensatze hervorgeht, besteht darin,
daß das Bewußtsein die Vorstellung von einem an sich Guten,
das noch keine Wirklichkeit hätte, als einen leeren Mantel fahren läßt.

Es hat in seinem Kampfe die Erfahrung gemacht,
daß der Weltlauf so übel nicht ist, als er aussah;
denn seine Wirklichkeit ist die Wirklichkeit des Allgemeinen.

Es fällt mit dieser Erfahrung das Mittel,
durch Aufopferung der Individualität das Gute hervorzubringen, hinweg,
denn die Individualität ist gerade die Verwirklichung des Ansichseienden;
und die Verkehrung hört auf,
als eine Verkehrung des Guten angesehen zu werden,
denn sie ((290)) ist vielmehr eben die Verkehrung desselben,
als eines bloßen Zwecks, in die Wirklichkeit:
die Bewegung der Individualität ist die Realität des Allgemeinen.


In der Tat ist hiermit aber ebenso dasjenige besiegt worden und verschwunden,
was als Weltlauf dem Bewußtsein des Ansichseienden gegenüberstand.

Das Fürsichsein der Individualität
war daran dem Wesen oder Allgemeinen entgegengesetzt
und erschien als eine von dem Ansichsein getrennte Wirklichkeit.

Indem aber sich gezeigt hat,
daß die Wirklichkeit in ungetrennter Einheit mit dem Allgemeinen ist,
so erweist sich das Fürsichsein des Weltlaufs,
ebenso wie das Ansich der Tugend nur eine Ansicht ist,
auch nicht mehr zu sein.

Die Individualität des Weltlaufs mag wohl nur für sich
oder eigennützig zu handeln meinen;
sie ist besser als sie meint,
ihr Tun ist zugleich ansichseiendes, allgemeines Tun.

Wenn sie eigennützig handelt, so weiß sie nur nicht, was sie tut;
und wenn sie versichert, alle Menschen handeln eigennützig,
so behauptet sie nur, alle Menschen haben kein Bewußtsein darüber,
was das Tun ist.

- Wenn sie für sich handelt, so ist dies eben
die Hervorbringung des nur erst Ansichseienden zur Wirklichkeit;
der Zweck des Fürsichseins also,
der dem Ansich sich entgegengesetzt meint,
- seine leere Pfiffigkeit sowie seine feinen Erklärungen,
die den Eigennutz überall aufzuzeigen wissen,
sind ebenso verschwunden als der Zweck des Ansich und seine Rednerei.


Es ist also das Tun und Treiben der Individualität Zweck an sich selbst;
der Gebrauch der Kräfte, das Spiel ihrer Äußerungen ist es,
was ihnen, die sonst das tote Ansich wären, Leben gibt,
das Ansich nicht ein unausgeführtes, existenzloses und abstraktes Allgemeines,
sondern es selbst ist unmittelbar
diese Gegenwart und Wirklichkeit des Prozesses der Individualität. ((291))





C. DIE INDIVIDUALITÄT, WELCHE SICH AN UND FÜR SICH SELBST REELL IST



Das Selbstbewußtsein hat jetzt den Begriff von sich erfaßt,
der erst nur der unsrige von ihm war,
nämlich in der Gewißheit seiner selbst alle Realität zu sein,
und Zweck und Wesen ist ihm nunmehr
die sich bewegende Durchdringung des Allgemeinen
- der Gaben und Fähigkeiten -
und der Individualität.

- Die einzelnen Momente dieser Erfüllung und Durchdringung vor der Einheit,
in welche sie zusammengegangen, sind die bisher betrachteten Zwecke.

Sie sind als Abstraktionen und Chimären verschwunden,
die jenen ersten schalen Gestalten des geistigen Selbstbewußtseins angehören
und ihre Wahrheit nur in dem gemeinten Sein des Herzens,
der Einbildung und der Reden haben,
nicht in der Vernunft, die jetzt an und für sich ihrer Realität gewiß,
sich nicht mehr als Zweck
im Gegensatze gegen die unmittelbar seiende Wirklichkeit
erst hervorzubringen sucht,
sondern zum Gegenstande ihres Bewußtseins die Kategorie als solche hat.

- Es ist nämlich die Bestimmung des für sich seienden
oder negativen Selbstbewußtseins,
in welcher die Vernunft auftrat, aufgehoben;
es fand eine Wirklichkeit vor, die das Negative seiner wäre
und durch deren Aufheben es erst sich seinen Zweck verwirklichte.

Indem aber Zweck und Ansichsein als dasselbe sich ergeben hat,
was das Sein für Anderes und die vorgefundene Wirklichkeit ist,
trennt sich die Wahrheit nicht mehr von der Gewißheit
- es werde nun der gesetzte Zweck für die Gewißheit seiner selbst
und die Verwirklichung desselben für die Wahrheit
oder aber der Zweck für die Wahrheit
und die Wirklichkeit für die Gewißheit genommen -,
sondern das Wesen und der Zweck an und für sich selbst
ist die Gewißheit der unmittelbaren Realität selbst,
die Durchdringung des Ansich- und Fürsichseins,
des Allgemeinen und der Individualität;
das Tun ist an ihm selbst seine Wahrheit und Wirklichkeit,
und die Darstellung ((292)) oder das Aussprechen der Individualität
ist ihm Zweck an und für sich selbst.


Mit diesem Begriffe ist also das Selbstbewußtsein
aus den entgegengesetzten Bestimmungen, welche die Kategorie für es
und sein Verhalten zu ihr als beobachtendes und dann als tätiges hatte,
in sich zurückgegangen.

Es hat die reine Kategorie selbst zu seinem Gegenstande,
oder es ist die Kategorie, welche ihrer selbst bewußt geworden.

Die Rechnung ist dadurch mit seinen vorherigen Gestalten abgeschlossen;
sie liegen hinter ihm in Vergessenheit,
treten nicht als seine vorgefundene Welt gegenüber,
sondern entwickeln sich nur innerhalb seiner selbst als durchsichtige Momente.

Doch treten sie noch in seinem Bewußtsein
als eine Bewegung unterschiedener Momente auseinander,
die sich noch nicht in ihre substantielle Einheit zusammengefaßt hat.

Aber in allen hält es die einfache Einheit des Seins und des Selbsts fest,
die ihre Gattung ist.


Das Bewußtsein hat hiermit allen Gegensatz
und alle Bedingung seines Tuns abgeworfen;
es geht frisch von sich aus, und nicht auf ein Anderes, sondern auf sich selbst.

Indem die Individualität die Wirklichkeit an ihr selbst ist,
ist der Stoff des Wirkens und der Zweck des Tuns an dem Tun selbst.

Das Tun hat daher das Ansehen der Bewegung eines Kreises,
welcher frei im Leeren sich in sich selbst bewegt,
ungehindert bald sich erweitert, bald verengert
und vollkommen zufrieden nur in und mit sich selbst spielt.

Das Element, worin die Individualität ihre Gestalt darstellt,
hat die Bedeutung eines reinen Aufnehmens dieser Gestalt;
es ist der Tag überhaupt, dem das Bewußtsein sich zeigen will.

Das Tun verändert nichts und geht gegen nichts;
es ist die reine Form des Übersetzens
aus dem Nichtgesehenwerden in das Gesehenwerden,
und der Inhalt, der zutage ausgebracht wird und sich darstellt,
nichts anderes, als was dieses Tun schon an sich ist.

Es ist an sich: dies ist seine Form als gedachte Einheit;
und es ist wirklich: dies ist seine Form als seiende Einheit;
es selbst ist Inhalt nur in dieser Bestimmung ((293)) der Einfachheit
gegen die Bestimmung seines Übergehens und seiner Bewegung.





a. Das geistige Tierreich und der Betrug oder die Sache selbst



Diese an sich reale Individualität ist zuerst wieder eine einzelne und bestimmte;
die absolute Realität, als welche sie sich weiß, ist daher,
wie sie derselben sich bewußt wird, die abstrakte allgemeine,
welche ohne Erfüllung und Inhalt,
nur der leere Gedanke dieser Kategorie ist.

- Es ist zu sehen, wie dieser Begriff der an sich selbst realen Individualität
in seinen Momenten sich bestimmt
und wie ihr ihr Begriff von ihr selbst in das Bewußtsein tritt.


Der Begriff dieser Individualität,
wie sie als solche für sich selbst alle Realität ist, ist zunächst Resultat;
sie hat ihre Bewegung und Realität noch nicht dargestellt
und ist hier unmittelbar als einfaches Ansichsein gesetzt.

Die Negativität aber, welche dasselbe ist, was als Bewegung erscheint,
ist an dem einfachen Ansich als Bestimmtheit;
und das Sein oder das einfache Ansich wird ein bestimmter Umfang.

Die Individualität tritt daher als ursprüngliche bestimmte Natur auf:
als ursprüngliche Natur, denn sie ist an sich,
- als ursprünglich bestimmte, denn das Negative ist am Ansich,
und dieses ist dadurch eine Qualität.

Diese Beschränkung des Seins jedoch kann das Tun des Bewußtseins
nicht beschränken,
denn dieses ist hier ein vollendetes Sich-auf-sich-selbst-Beziehen;
die Beziehung auf Anderes ist aufgehoben,
welche die Beschränkung desselben wäre.

Die ursprüngliche Bestimmtheit der Natur ist daher nur einfaches Prinzip,
- ein durchsichtiges allgemeines Element,
worin die Individualität ebenso frei und sich selbst gleich bleibt,
als sie darin ungehindert ihre Unterschiede entfaltet
und reine Wechselwirkung mit sich in ihrer Verwirklichung ist.

Wie das unbestimmte Tierleben etwa dem Elemente des Wassers,
der Luft oder der Erde und innerhalb dieser wieder bestimmteren ((294))
Prinzipien seinen Odem einbläst,
alle seine Momente in sie eintaucht,
aber sie jener Beschränkung des Elements ungeachtet
in seiner Macht und sich in seinem Eins erhält
und als diese besondere Organisation dasselbe allgemeine Tierleben bleibt.


Diese bestimmte ursprüngliche Natur des in ihr frei
und ganz bleibenden Bewußtseins
erscheint als der unmittelbare und einzige eigentliche Inhalt dessen,
was dem Individuum Zweck ist;
er ist zwar bestimmter Inhalt, aber er ist überhaupt Inhalt nur,
insofern wir das Ansichsein isoliert betrachten;
in Wahrheit aber ist er die von der Individualität durchdrungene Realität,
die Wirklichkeit, wie sie das Bewußtsein als einzelnes an ihm selbst hat
und zunächst als seiend, noch nicht als tuend gesetzt ist.

Für das Tun aber ist einesteils jene Bestimmtheit darum nicht Beschränkung,
über welche es hinauswollte,
weil sie als seiende Qualität betrachtet die einfache Farbe des Elements ist,
worin es sich bewegt;
andernteils aber ist die Negativität Bestimmtheit nur am Sein;
aber das Tun ist selbst nichts anderes als die Negativität;
an der tuenden Individualität ist also die Bestimmtheit aufgelöst
in Negativität überhaupt oder den Inbegriff aller Bestimmtheit.


Die einfache ursprüngliche Natur nun tritt in dem Tun
und dem Bewußtsein des Tuns in den Unterschied,
welcher diesem zukommt.

Es ist zuerst als Gegenstand,
und zwar als Gegenstand, wie er noch dem Bewußtsein angehört,
als Zweck vorhanden und somit entgegengesetzt einer vorhandenen Wirklichkeit.

Das andere Moment ist die Bewegung des als ruhend vorgestellten Zwecks,
die Verwirklichung, als die Beziehung des Zwecks
auf die ganz formelle Wirklichkeit,
hiermit die Vorstellung des Überganges selbst oder das Mittel.

Das dritte ist endlich der Gegenstand, wie er nicht mehr Zweck,
dessen das Tuende unmittelbar als des seinigen sich bewußt ist,
sondern wie er aus ihm heraus und für es als ein Anderes ist.

- Diese verschiedenen Seiten sind nun aber
nach dem Begriffe dieser Sphäre so festzuhalten,
daß der Inhalt ((295)) in ihnen derselbe bleibt
und kein Unterschied hereinkommt,
weder der Individualität und des Seins überhaupt,
noch des Zwecks gegen die Individualität als ursprüngliche Natur,
noch gegen die vorhandene Wirklichkeit,
ebenso nicht des Mittels gegen sie als absoluten Zweck,
noch der bewirkten Wirklichkeit gegen den Zweck
oder die ursprüngliche Natur oder das Mittel.


Fürs erste also ist die ursprünglich bestimmte Natur der Individualität,
ihr unmittelbares Wesen noch nicht als tuend gesetzt
und heißt so besondere Fähigkeit, Talent, Charakter usf.

Diese eigentümliche Tinktur des Geistes ist
als der einzige Inhalt des Zwecks selbst
und ganz allein als die Realität zu betrachten.

Stellte man sich das Bewußtsein vor als darüber hinausgehend
und einen anderen Inhalt zur Wirklichkeit bringen wollend,
so stellte man es sich vor als ein Nichts in das Nichts hinarbeitend.

- Dies ursprüngliche Wesen ist ferner nicht nur Inhalt des Zwecks,
sondern an sich auch die Wirklichkeit,
welche sonst als gegebener Stoff des Tuns,
als vorgefundene und im Tun zu bildende Wirklichkeit erscheint.
 
Das Tun ist nämlich nur reines Übersetzen
aus der Form des noch nicht dargestellten in die des dargestellten Seins;
das Ansichsein jener dem Bewußtsein entgegengesetzten Wirklichkeit
ist zum bloßen leeren Scheine herabgesunken.

Dies Bewußtsein, indem es sich zum Handeln bestimmt,
läßt sich also durch den Schein der vorhandenen Wirklichkeit nicht irremachen,
und ebenso hat es sich aus dem Herumtreiben in leeren Gedanken und Zwecken
auf den ursprünglichen Inhalt seines Wesens zusammenzuhalten.

- Dieser ursprüngliche Inhalt ist zwar erst für das Bewußtsein,
indem es ihn verwirklicht hat;
der Unterschied aber eines solchen,
das für das Bewußtsein nur innerhalb seiner [ist],
und einer außer ihm an sich seienden Wirklichkeit ist hinweggefallen. °

- Nur daß für es sei, was es an sich ist, muss es handeln,
oder das Handeln ist eben das Werden des Geistes als Bewußtsein. ((296))

Was es an sich ist, weiß es also aus seiner Wirklichkeit.

Das Individuum kann daher nicht wissen, was es ist,
ehe es sich durch das Tun zur Wirklichkeit gebracht hat.

- Es scheint aber hiermit den Zweck seines Tuns nicht bestimmen zu können,
ehe es getan hat;
aber zugleich muss es, indem es Bewußtsein ist,
die Handlung vorher als die ganz seinige, d. h. als Zweck vor sich haben.

Das ans Handeln gehende Individuum
scheint sich also in einem Kreise zu befinden,
worin jedes Moment das andere schon voraussetzt,
und hiermit keinen Anfang finden zu können,
weil es sein ursprüngliches Wesen, das sein Zweck sein muss,
erst aus der Tat kennenlernt,
aber, um zu tun, vorher den Zweck haben muß.

Ebendarum aber hat es unmittelbar anzufangen und,
unter welchen Umständen es sei, ohne weiteres Bedenken
um Anfang, Mittel und Ende zur Tätigkeit zu schreiten;
denn sein Wesen und ansichseiende Natur ist alles in einem,
Anfang, Mittel und Ende.

Als Anfang ist sie in den Umständen des Handelns vorhanden,
und das Interesse, welches das Individuum an etwas findet,
ist die schon gegebene Antwort auf die Frage: ob und was hier zu tun ist.

Denn was eine vorgefundene Wirklichkeit zu sein scheint,
ist an sich seine ursprüngliche Natur,
welche nur den Schein eines Seins hat
- einen Schein, der in dem Begriffe des sich entzweienden Tuns liegt,
aber als seine ursprüngliche Natur sich in dem Interesse,
das es an ihr findet, ausspricht.

- Ebenso ist das Wie oder die Mittel an und für sich bestimmt.

Das Talent ist gleichfalls nichts anderes
als die bestimmte ursprüngliche Individualität,
betrachtet als inneres Mittel oder Übergang des Zwecks zur Wirklichkeit.

Das wirkliche Mittel aber und der reale Übergang
ist die Einheit des Talents und der im Interesse vorhandenen Natur der Sache;
jenes stellt am Mittel die Seite des Tuns, dieses die Seite des Inhalts vor,
beide sind die Individualität selbst,
als Durchdringung des Seins und des Tuns.

Was also vorhanden ist, sind vorgefundene Umstände,
die an sich die ursprüngliche Natur des Individuums sind;
alsdann das Interesse,
welches sie eben als das ((297)) seinige oder als Zweck setzt;
endlich die Verknüpfung und Aufhebung dieses Gegensatzes im Mittel.

Diese Verknüpfung fällt selbst noch innerhalb des Bewußtseins,
und das soeben betrachtete Ganze ist die eine Seite eines Gegensatzes.

Dieser noch übrige Schein von Entgegensetzung
wird durch den Übergang selbst oder das Mittel aufgehoben,
- denn es ist Einheit des äußeren und Inneren,
das Gegenteil der Bestimmtheit, welche es als inneres Mittel hat;
es hebt sie also auf und setzt sich,
diese Einheit des Tuns und des Seins ebenso als Äußeres,
als die wirklich gewordene Individualität selbst,
d. i. die für sie selbst als das Seiende gesetzt ist.

Die ganze Handlung tritt auf diese Weise weder als die Umstände,
noch als Zweck noch Mittel, noch als Werk aus sich heraus.


Mit dem Werke aber scheint der Unterschied
der ursprünglichen Naturen einzutreten;
das Werk ist wie die ursprüngliche Natur, welche es ausdrückt, ein Bestimmtes;
denn vom Tun frei entlassen als seiende Wirklichkeit,
ist die Negativität als Qualität an ihm.

Das Bewußtsein aber bestimmt sich ihm gegenüber als dasjenige,
welches die Bestimmtheit als Negativität überhaupt, als Tun, an ihm hat;
es ist also das Allgemeine gegen jene Bestimmtheit des Werks,
kann es also mit anderen vergleichen
und hieraus die Individualitäten selbst als verschiedene fassen;
das in seinem Werke weiter übergreifende Individuum
entweder als stärkere Energie des Willens oder als reichere Natur,
d. h. eine solche, deren ursprüngliche Bestimmtheit weniger beschränkt ist,
- eine andere hingegen als eine schwächere und dürftigere Natur.

Gegen diesen unwesentlichen Unterschied der Größe
würde das Gute und Schlechte einen absoluten Unterschied ausdrücken;
aber hier findet dieser nicht statt.

Was auf die eine oder andere Weise genommen würde,
ist auf gleiche Weise ein Tun und Treiben,
ein sich Darstellen und Aussprechen einer Individualität,
und darum alles gut;
und es wäre eigentlich nicht zu sagen, was das Schlechte sein sollte.

Was ein schlechtes Werk genannt würde,
ist das individuelle Leben ((298)) einer bestimmten Natur,
die sich darin verwirklicht;
zu einem schlechten Werke würde es nur
durch den vergleichenden Gedanken verdorben,
der aber etwas Leeres ist, da er über das Wesen des Werks,
ein Sich-Aussprechen der Individualität zu sein, hinausgeht
und sonst, man weiß nicht was, daran sucht und fordert.

- Er könnte nur den vorhin angeführten Unterschied betreffen;
dieser ist aber an sich, als Größenunterschied, ein unwesentlicher,
und hier bestimmt darum,
weil es verschiedene Werke oder Individualitäten wären,
die miteinander verglichen würden;
aber diese gehen einander nichts an;
jedes bezieht sich nur auf sich selbst.

Die ursprüngliche Natur ist allein das Ansich
oder das, was als Maßstab der Beurteilung des Werks
und umgekehrt zugrunde gelegt werden könnte;
beides aber entspricht sich einander,
es ist nichts für die Individualität, was nicht durch sie,
oder es gibt keine Wirklichkeit, die nicht ihre Natur und ihr Tun,
und kein Tun noch Ansich derselben, das nicht wirklich ist,
und nur diese Momente sind zu vergleichen.


Es findet daher überhaupt weder Erhebung, noch Klage, noch Reue statt;
denn dergleichen alles kommt aus dem Gedanken her,
der sich einen anderen Inhalt und ein anderes Ansich einbildet,
als die ursprüngliche Natur des Individuums
und ihre in der Wirklichkeit vorhandene Ausführung ist.

Was es sei, das es tut und ihm widerfährt, dies hat es getan und ist es selbst;
es kann nur das Bewußtsein des reinen Übersetzens seiner selbst
aus der Nacht der Möglichkeit in den Tag der Gegenwart,
des abstrakten Ansich in die Bedeutung des wirklichen Seins
und die Gewißheit haben, daß, was in diesem ihm vorkommt,
nichts anderes ist, als was in jener schlief.

Das Bewußtsein dieser Einheit ist zwar ebenfalls eine Vergleichung,
aber was verglichen wird, hat eben nur den Schein des Gegensatzes;
ein Schein der Form, der für das Selbstbewußtsein der Vernunft,
daß die Individualität an ihr selbst die Wirklichkeit ist,
nichts mehr als Schein ist.

Das Individuum kann also, da es weiß,
daß es in seiner Wirklichkeit nichts anderes finden kann
als ihre Einheit mit ((299)) ihm
oder nur die Gewißheit seiner selbst in ihrer Wahrheit,
und daß es also immer seinen Zweck erreicht, nur Freude an sich erleben.

Dies ist der Begriff, welchen das Bewußtsein,
das sich seiner als absoluter Durchdringung der Individualität
und des Seins gewiß ist, von sich macht;
sehen wir, ob er sich ihm durch die Erfahrung bestätigt
und seine Realität damit übereinstimmt.

Das Werk ist die Realität, welche das Bewußtsein sich gibt;
es ist dasjenige, worin das Individuum das für es ist, was es an sich ist,
und so, daß das Bewußtsein, für welches es in dem Werke wird,
nicht das besondere, sondern das allgemeine Bewußtsein ist;
es hat sich im Werke überhaupt in das Element der Allgemeinheit,
in den bestimmtheitslosen Raum des Seins hinausgestellt.

Das von seinem Werke zurücktretende Bewußtsein
ist in der Tat das allgemeine
- weil es die absolute Negativität oder das Tun in diesem Gegensatze wird -
gegen sein Werk, welches das bestimmte ist;
es geht also über sich als Werk hinaus
und ist selbst der bestimmtheitslose Raum,
der sich von seinem Werke nicht erfüllt findet.

Wenn vorhin im Begriffe sich doch ihre Einheit erhielt,
so geschah dies eben dadurch,
daß das Werk als seiendes Werk aufgehoben wurde.

Aber es soll sein, und es ist zu sehen,
wie in seinem Sein die Individualität seine Allgemeinheit erhalten
und sich zu befriedigen wissen wird.

- Zunächst ist das gewordene Werk für sich zu betrachten.

Es hat die ganze Natur der Individualität mitempfangen;
sein Sein ist daher selbst ein Tun,
worin sich alle Unterschiede durchdringen und auflösen;
das Werk ist also in ein Bestehen hinausgeworfen,
worin die Bestimmtheit der ursprünglichen Natur
in der Tat gegen andere bestimmte Naturen sich herauskehrt,
in sie eingreift wie diese anderen in sie und sich
als verschwindendes Moment in dieser allgemeinen Bewegung verliert.

Wenn innerhalb des Begriffs der an und für sich selbst realen Individualität
alle Momente, Umstände, Zweck, Mittel, und die Verwirklichung
einander gleich sind
und die ursprüngliche bestimmte Natur
nur als ((300)) allgemeines Element gilt,
so kommt dagegen, indem dies Element gegenständliches Sein wird,
seine Bestimmtheit als solche in dem Werke an den Tag
und erhält ihre Wahrheit in ihrer Auflösung.

Näher stellt diese Auflösung sich so dar, daß in dieser Bestimmtheit
das Individuum als dieses sich wirklich geworden ist;
aber sie ist nicht nur Inhalt der Wirklichkeit,
sondern ebenso Form derselben,
oder die Wirklichkeit als solche überhaupt ist eben diese Bestimmtheit,
dem Selbstbewußtsein entgegengesetzt zu sein.

Von dieser Seite zeigt sie sich als die aus dem Begriffe verschwundene,
nur vorgefundene fremde Wirklichkeit.

Das Werk ist, d. h. es ist für andere Individualitäten,
und für sie eine fremde Wirklichkeit,
an deren Stelle sie die ihrige setzen müssen,
um durch ihr Tun sich das Bewußtsein ihrer Einheit
mit der Wirklichkeit zu geben;
oder ihr durch ihre ursprüngliche Natur gesetztes Interesse an jenem Werke
ist ein anderes als das eigentümliche Interesse dieses Werks,
welches hierdurch zu etwas anderem gemacht ist.

Das Werk ist also überhaupt etwas Vergängliches,
das durch das Widerspiel anderer Kräfte und Interessen ausgelöscht wird
und viel mehr die Realität der Individualität als verschwindend
denn als vollbracht darstellt.


Es entsteht dem Bewußtsein also in seinem Werke
der Gegensatz des Tuns und des Seins,
welcher in den früheren Gestalten des Bewußtseins
zugleich der Anfang des Tuns war, hier nur Resultat ist.

Er hat aber in der Tat gleichfalls zugrunde gelegen,
indem das Bewußtsein als an sich reale Individualität ans Handeln ging;
denn dem Handeln war die bestimmte ursprüngliche Natur
als das Ansich vorausgesetzt,
und das reine Vollbringen um des Vollbringens willen hatte sie zum Inhalte.

Das reine Tun ist aber die sich selbst gleiche Form,
welcher hiermit die Bestimmtheit der ursprünglichen Natur ungleich ist.

Es ist hier wie sonst gleichgültig,
welches von beiden Begriff und welches Realität genannt wird;
die ursprüngliche Natur ist das Gedachte oder das Ansich gegen das Tun,
worin sie erst ihre Realität ((301)) hat;
oder die ursprüngliche Natur ist das Sein
ebensowohl der Individualität als solcher wie ihrer als Werk,
das Tun aber ist der ursprüngliche Begriff als absoluter Übergang
oder als das Werden.

Diese Unangemessenheit des Begriffs und der Realität,
die in seinem Wesen liegt, erfährt das Bewußtsein in seinem Werke;
in diesem wird es sich also, wie es in Wahrheit ist,
und sein leerer Begriff von sich selbst verschwindet.


In diesem Grundwiderspruche des Werks,
das die Wahrheit dieser sich an sich realen Individualität ist,
treten somit wieder alle Seiten derselben als widersprechend auf;
oder das Werk, als der Inhalt der ganzen Individualität
aus dem Tun, welches die negative Einheit ist
und alle Momente gefangen hält, in das Sein herausgestellt,
läßt sie nun frei;
und im Elemente des Bestehens werden sie gleichgültig gegeneinander.

Begriff und Realität trennen sich also als Zweck
und als dasjenige, was die ursprüngliche Wesenheit ist.

Es ist zufällig, daß der Zweck wahrhaftes Wesen habe
oder daß das Ansich zum Zwecke gemacht werde.

Ebenso treten wieder Begriff und Realität als Übergang in die Wirklichkeit
und als Zweck auseinander;
oder es ist zufällig, daß das den Zweck ausdrückende Mittel gewählt werde.

Und endlich diese inneren Momente zusammen,
sie mögen in sich eine Einheit haben oder nicht,
- das Tun des Individuums ist wieder zufällig gegen die Wirklichkeit überhaupt;
das Glück entscheidet ebensowohl für einen schlecht bestimmten Zweck
und schlechtgewählte Mittel als gegen sie.


Wenn nun hiermit dem Bewußtsein an seinem Werke
der Gegensatz des Wollens und Vollbringens, des Zwecks und der Mittel
und wieder dieses Innerlichen zusammen und der Wirklichkeit selbst wird,
was überhaupt die Zufälligkeit seines Tuns in sich befaßt,
so ist aber ebenso auch die Einheit und die Notwendigkeit desselben vorhanden;
diese Seite greift über jene über,
und die Erfahrung von der Zufälligkeit des Tuns
ist selbst nur eine zufällige Erfahrung.

Die Notwendigkeit des Tuns besteht darin,
daß Zweck schlechthin ((302)) auf die Wirklichkeit bezogen ist,
und diese Einheit ist der Begriff des Tuns;
es wird gehandelt,
weil das Tun an und für sich selbst das Wesen der Wirklichkeit ist.

In dem Werke ergibt sich zwar die Zufälligkeit,
welche das Vollbrachtsein gegen das Wollen und Vollbringen hat;
und diese Erfahrung, welche als die Wahrheit gelten zu müssen scheint,
widerspricht jenem Begriffe der Handlung.

Betrachten wir jedoch den Inhalt dieser Erfahrung in seiner Vollständigkeit,
so ist er das verschwindende Werk;
was sich erhält, ist nicht das Verschwinden,
sondern das Verschwinden ist selbst wirklich und an das Werk geknüpft
und verschwindet selbst mit diesem;
das Negative geht mit dem Positiven, dessen Negation es ist, selbst zugrunde.


Dies Verschwinden des Verschwindens liegt
in dem Begriffe der an sich realen Individualität selbst;
denn dasjenige, worin das Werk oder was an ihm verschwindet
und was demjenigen, was Erfahrung genannt worden,
seine Übermacht über den Begriff, den die Individualität von sich selbst hat,
geben sollte, ist die gegenständliche Wirklichkeit;
sie aber ist ein Moment, welches auch in diesem Bewußtsein
selbst keine Wahrheit mehr für sich hat;
diese besteht nur in der Einheit desselben mit dem Tun,
und das wahre Werk ist nur jene Einheit des Tuns und des Seins,
des Wollens und Vollbringens.

Dem Bewußtsein ist also um der seinem Handeln zugrunde liegenden Gewißheit [willen ]
die ihr entgegengesetzte Wirklichkeit selbst ein solches,
welches nur für es ist;
ihm als in sich zurückgekehrtem Selbstbewußtsein,
dem aller Gegensatz verschwunden ist,
kann er nicht mehr in dieser Form seines Fürsichseins
gegen die Wirklichkeit werden;
sondern der Gegensatz und die Negativität,
die an dem Werke zum Vorschein kommt,
trifft hiermit nicht nur den Inhalt des Werks oder auch des Bewußtseins,
sondern die Wirklichkeit als solche
und damit den nur durch sie und an ihr vorhandenen Gegensatz
und das Verschwinden des Werks.

Auf diese Weise reflektiert sich also das Bewußtsein in sich
aus seinem vergänglichen Werke
und behauptet seinen ((303)) Begriff und Gewißheit als das Seiende
und Bleibende gegen die Erfahrung von der Zufälligkeit des Tuns;
es erfährt in der Tat seinen Begriff,
in welchem die Wirklichkeit nur ein Moment, etwas für es,
nicht das Anundfürsich ist;
es erfährt sie als verschwindendes Moment,
und sie gilt ihm daher nur als Sein überhaupt,
dessen Allgemeinheit mit dem Tun dasselbe ist.

Diese Einheit ist das wahre Werk;
es ist die Sache selbst,
welche sich schlechthin behauptet und als das Bleibende erfahren wird,
unabhängig von der Sache,
welche die Zufälligkeit des individuellen Tuns als eines solchen,
der Umstände, Mittel und der Wirklichkeit ist.


Die Sache selbst ist diesen Momenten nur insofern entgegengesetzt,
als sie isoliert gelten sollen,
ist aber wesentlich als Durchdringung der Wirklichkeit und der Individualität
die Einheit derselben;
ebensowohl ein Tun und als Tun reines Tun überhaupt,
damit ebensosehr Tun dieses Individuums,
und dies Tun als ihm noch angehörig im Gegensatze gegen die Wirklichkeit,
als Zweck;
ebenso ist sie der Übergang aus dieser Bestimmtheit in die entgegengesetzte,
und endlich eine Wirklichkeit, welche für das Bewußtsein vorhanden ist.

Die Sache selbst drückt hiermit die geistige Wesenheit aus,
worin alle diese Momente aufgehoben sind als für sich geltende,
also nur als allgemeine gelten, und worin dem Bewußtsein
seine Gewißheit von sich selbst gegenständliches Wesen, eine Sache, ist;
der aus dem Selbstbewußtsein als der seinige herausgeborene Gegenstand,
ohne aufzuhören, freier eigentlicher Gegenstand zu sein.

- Das Ding der sinnlichen Gewißheit und des Wahrnehmens
hat nun für das Selbstbewußtsein allein seine Bedeutung durch es;
hierauf beruht der Unterschied eines Dings und einer Sache.

- Es wird eine der sinnlichen Gewißheit und Wahrnehmung
entsprechende Bewegung daran durchlaufen.


In der Sache selbst also, als der gegenständlich gewordenen Durchdringung
der Individualität und der Gegenständlichkeit selbst,
ist dem Selbstbewußtsein sein wahrer Begriff von sich geworden,
oder es ist zum Bewußtsein seiner Substanz ((304)) gekommen.

Es ist zugleich, wie es hier ist, ein soeben gewordenes
und daher unmittelbares Bewußtsein derselben,
und dies ist die bestimmte Weise, in welcher das geistige Wesen hier vorhanden
und noch nicht zur wahrhaft realen Substanz gediehen ist.

Die Sache selbst hat in diesem unmittelbaren Bewußtsein derselben
die Form des einfachen Wesens,
welches als Allgemeines alle seine verschiedenen Momente in sich enthält
und ihnen zukommt, aber auch wieder gleichgültig gegen sie
als bestimmte Momente und frei für sich ist
und als diese freie einfache, abstrakte Sache selbst, als das Wesen gilt.

Die verschiedenen Momente der ursprünglichen Bestimmtheit
oder der Sache dieses Individuums, seines Zwecks, der Mittel,
des Tuns selbst und der Wirklichkeit,
sind für dieses Bewußtsein einerseits einzelne Momente,
welche es gegen die Sache selbst verlassen und aufgeben kann;
andererseits aber haben sie alle die Sache selbst nur so zum Wesen,
daß sie als das abstrakte Allgemeine derselben
an jedem dieser verschiedenen Momente sich findet
und Prädikat derselben sein kann.

Sie selbst ist noch nicht das Subjekt,
sondern dafür gelten jene Momente,
weil sie auf die Seite der Einzelheit überhaupt fallen,
die Sache selbst aber nur erst das einfach Allgemeine ist.

Sie ist die Gattung, welche sich in allen diesen Momenten
als ihren Arten findet und ebenso frei davon ist.


Das Bewußtsein heißt ehrlich,
welches einesteils zu diesem Idealismus gekommen,
den die Sache selbst ausdrückt,
und andernteils an ihr als dieser formalen Allgemeinheit das Wahre hat;
dem es immer nur um sie zu tun ist,
das sich daher in ihren verschiedenen Momenten oder Arten herumtreibt
und, indem es sie in einem derselben oder in einer Bedeutung nicht erreicht,
eben dadurch in dem anderen ihrer habhaft wird,
somit die Befriedigung in der Tat immer gewinnt,
welche diesem Bewußtsein seinem Begriffe nach zuteil werden sollte.

Es mag gehen, wie es will, so hat es die Sache selbst vollbracht und erreicht,
denn sie ist als diese allgemeine Gattung jener Momente Prädikat aller.((305))


Bringt es einen Zweck nicht zur Wirklichkeit, so hat es ihn doch gewollt,
d. h. es macht den Zweck als Zweck, das reine Tun, welches nichts tut,
zur Sache selbst und kann sich daher so ausdrücken und trösten,
daß doch immer etwas getan und getrieben worden ist.

Da das Allgemeine selbst das Negative
oder das Verschwinden unter sich enthält,
so ist auch dies, daß das Werk sich vernichtet, selbst sein Tun;
es hat die anderen dazu gereizt
und findet in dem Verschwinden seiner Wirklichkeit noch die Befriedigung,
wie böse Jungen in der Ohrfeige, die sie erhalten, sich selbst genießen,
nämlich als Ursache derselben.

Oder es hat die Sache selbst auszuführen auch nicht einmal versucht
und gar nichts getan, so hat es nicht gemocht;
die Sache selbst ist ihm eben Einheit seines Entschlusses und der Realität;
es behauptet, daß die Wirklichkeit nichts anderes wäre als sein Mögen.

- Es ist endlich etwas ihm Interessantes überhaupt ohne sein Zutun geworden,
so ist ihm diese Wirklichkeit die Sache selbst eben in dem Interesse,
das es daran findet, ob sie gleich nicht von ihm hervorgebracht worden ist;
ist es ein Glück, das ihm persönlich widerfahren,
so hält es darauf als auf seine Tat und Verdienst;
ist es sonst eine Weltbegebenheit, die es weiter nichts angeht,
so macht es sie ebenso zu der seinigen,
und tatloses Interesse gilt ihm für Partei,
die es dafür oder dawider genommen und bekämpft oder gehalten hat.


Die Ehrlichkeit dieses Bewußtseins
sowie die Befriedigung, die es allenthalben erlebt,
besteht, wie erhellt, in der Tat darin,
daß es seine Gedanken, die es von der Sache selbst hat, nicht zusammenbringt.

Die Sache selbst ist ihm ebensowohl seine Sache wie gar kein Werk,
oder das reine Tun und der leere Zweck, oder auch eine tatlose Wirklichkeit;
es macht eine Bedeutung nach der anderen zum Subjekte dieses Prädikats
und vergißt die eine nach der anderen.

Jetzt im bloßen Gewollt- oder auch im Nichtgemochthaben
hat die Sache selbst die Bedeutung des leeren Zwecks
und der gedachten Einheit des Wollens und Vollbringens.

Der Trost ((306)) über die Vernichtung des Zwecks,
doch gewollt oder doch rein getan,
sowie die Befriedigung, den anderen etwas zu tun gegeben zu haben,
macht das reine Tun oder das ganz schlechte Werk zum Wesen;
denn dasjenige ist ein schlechtes zu nennen, welches gar keines ist.

Endlich beim Glücksfall, die Wirklichkeit vorzufinden,
wird dieses Sein ohne Tat zur Sache selbst.


Die Wahrheit dieser Ehrlichkeit aber ist, nicht so ehrlich zu sein, als sie aussieht.

Denn sie kann nicht so gedankenlos sein,
diese verschiedenen Momente in der Tat so auseinanderfallen zu lassen,
sondern sie muss das unmittelbare Bewußtsein über ihren Gegensatz haben,
weil sie sich schlechthin aufeinander beziehen.

Das reine Tun ist wesentlich Tun dieses Individuums,
und dieses Tun ist ebenso wesentlich eine Wirklichkeit oder eine Sache.

Umgekehrt ist die Wirklichkeit wesentlich nur als sein Tun
sowie als Tun überhaupt;
und sein Tun ist zugleich nur wie Tun überhaupt, so auch Wirklichkeit.

Indem es ihm also nur um die Sache selbst
als abstrakte Wirklichkeit zu tun scheint,
ist auch dies vorhanden, daß es ihm um sie als sein Tun zu tun ist.

Aber ebenso, indem es ihm nur ums Tun und Treiben zu tun ist,
ist es ihm damit nicht Ernst,  
sondern es ist ihm um eine Sache zu tun
und um die Sache als die seinige.

Indem es endlich nur seine Sache und sein Tun zu wollen scheint,
ist es wieder um die Sache überhaupt
oder die an und für sich bleibende Wirklichkeit zu tun.


Wie die Sache selbst und ihre Momente hier als Inhalt erscheinen,
ebenso notwendig sind sie auch als Formen an dem Bewußtsein.

Sie treten als Inhalt nur auf, um zu verschwinden,
und jedes macht dem anderen Platz.

Sie müssen daher in der Bestimmtheit, als aufgehobene, vorhanden sein;
so aber sind sie Seiten des Bewußtseins selbst.

Die Sache selbst ist als das Ansich oder seine Reflexion in sich vorhanden;
die Verdrängung der Momente aber durch einander
drückt sich an ihm so aus, daß sie nicht an sich,
sondern nur für ein Anderes an ihm gesetzt sind.

Das eine der Momente des Inhalts ((307)) wird von ihm dem Tage ausgesetzt
und für andere vorgestellt;
das Bewußtsein ist aber zugleich daraus in sich reflektiert
und das Entgegengesetzte ebenso in ihm vorhanden;
es behält es für sich als das seinige.

Es ist zugleich auch nicht irgendeines derselben,
welches allein nur hinausgestellt,
und ein anderes, das nur im Innern behalten würde,
sondern das Bewußtsein wechselt mit ihnen ab;
denn es muss das eine wie das andere zum Wesentlichen für sich
und für die anderen machen.

Das Ganze ist die sich bewegende Durchdringung
der Individualität und des Allgemeinen;
weil aber dies Ganze für dies Bewußtsein nur als das einfache Wesen
und damit als die Abstraktion der Sache selbst vorhanden ist,
fallen seine Momente als getrennte außer ihr und auseinander;
und als Ganzes wird es nur durch die trennende Abwechslung
des Ausstellens und des Fürsichbehaltens erschöpft und dargestellt.

Indem in dieser Abwechslung das Bewußtsein ein Moment für sich
und als wesentliches in seiner Reflexion,
ein anderes aber nur äußerlich an ihm oder für die anderen hat,
tritt damit ein Spiel der Individualitäten miteinander ein,
worin sie sowohl sich selbst als sich gegenseitig
sowohl betrügen als betrogen finden.


Eine Individualität geht also, etwas auszuführen;
sie scheint damit etwas zur Sache gemacht zu haben;
sie handelt, wird darin für andere,
und es scheint ihr um die Wirklichkeit zu tun zu sein.

Die anderen nehmen also das Tun derselben
für ein Interesse an der Sache als solcher
und für den Zweck, daß die Sache an sich ausgeführt sei,
gleichgültig, ob von der ersten Individualität oder von ihnen.

Indem sie hiernach diese Sache schon von ihnen zustande gebracht aufzeigen
oder, wo nicht, ihre Hilfe anbieten und leisten,
so ist jenes Bewußtsein vielmehr da heraus, wo sie meinen, daß es sei;
es ist sein Tun und Treiben, was es bei der Sache interessiert,
und indem sie innewerden, daß dies die Sache selbst war,
finden sie sich also getäuscht.

- Aber in der Tat war ihr Herbeieilen, um zu helfen,
selbst nichts anderes, als daß sie ihr Tun, nicht die Sache selbst,
sehen und zeigen wollten; ((308))
d. h. sie wollten die anderen auf eben die Weise betrügen,
als sie sich betrogen worden zu sein beschweren.

- Indem es nun jetzt herausgekehrt ist,
daß das eigene Tun und Treiben, das Spiel seiner Kräfte,
für die Sache selbst gilt,
so scheint das Bewußtsein sein Wesen für sich, nicht für die anderen,
zu treiben und, nur bekümmert um das Tun als das seinige,
nicht um es als ein Tun der anderen,
hiermit die anderen ebenso in ihrer Sache gewähren zu lassen.

Allein sie irren sich wieder;
es ist schon da heraus, wo sie es zu sein meinten.

Es ist ihm nicht um die Sache als diese seine einzelne zu tun,
sondern um sie als Sache, als Allgemeines, das für alle ist.

Es mischt sich also in ihr Tun und Werk,
und wenn es ihnen dasselbe nicht mehr aus der Hand nehmen kann,
interessiert es sich wenigstens dadurch dabei,
daß es sich durch Urteilen zu tun macht;
drückt es ihm den Stempel seiner Billigung und seines Lobes auf,
so ist dies so gemeint, daß es am Werke nicht nur das Werk selbst lobt,
sondern zugleich seine eigene Großmut und Mäßigung,
das Werk nicht als Werk und auch nicht durch seinen Tadel verdorben zu haben.

Indem es ein Interesse am Werke zeigt, genießt es sich selbst darin;
ebenso ist ihm das Werk, das von ihm getadelt wird, willkommen
für eben diesen Genuß seines eigenen Tuns,
der ihm dadurch verschafft wird.

Die aber sich durch diese Einmischung für betrogen halten oder ausgeben,
wollten vielmehr selbst auf gleiche Weise betrügen.

Sie geben ihr Tun und Treiben für etwas aus, das nur für sie selbst ist,
worin sie nur sich und ihr eigenes Wesen bezweckten.

Allein indem sie etwas tun und hiermit sich darstellen und dem Tage zeigen,
widersprechen sie unmittelbar durch die Tat ihrem Vorgeben,
den Tag selbst, das allgemeine Bewußtsein
und die Teilnahme aller ausschließen zu wollen;
die Verwirklichung ist vielmehr eine Ausstellung des Seinigen
in das allgemeine Element, wodurch es zur Sache aller wird und werden soll.


Es ist also ebenso Betrug seiner selbst und der anderen,
wenn ((309)) es nur um die reine Sache zu tun sein soll;
ein Bewußtsein, das eine Sache auftut, macht vielmehr die Erfahrung,
daß die anderen, wie die Fliegen zu frisch aufgestellter Milch, herbeieilen
und sich dabei geschäftig wissen wollen,
- und sie an ihm, daß es ihm ebenso nicht um die Sache als Gegenstand,
sondern als um die seinige zu tun ist.

Hingegen, wenn nur das Tun selbst, der Gebrauch der Kräfte und Fähigkeiten
oder das Aussprechen dieser Individualität das Wesentliche sein soll,
so wird ebenso gegenseitig die Erfahrung gemacht,
daß alle sich rühren und für eingeladen halten
und statt eines reinen Tuns oder eines einzelnen eigentümlichen Tuns
vielmehr etwas, das ebensowohl für andere ist,
oder eine Sache selbst aufgetan wurde.

Es geschieht in beiden Fällen dasselbe
und hat nur einen verschiedenen Sinn gegen denjenigen,
der dabei angenommen wurde und gelten sollte.

Das Bewußtsein erfährt beide Seiten als gleich wesentliche Momente
und hierin, was die Natur der Sache selbst ist,
nämlich weder nur Sache, welche dem Tun überhaupt
und dem einzelnen Tun,
noch Tun, welches dem Bestehen entgegengesetzt
und die von diesen Momenten als ihren Arten freie Gattung wäre,
sondern ein Wesen,
dessen Sein das Tun des einzelnen Individuums und aller Individuen,
und dessen Tun unmittelbar für andere oder eine Sache ist
und nur Sache ist als Tun Aller und Jeder;
das Wesen, welches das Wesen aller Wesen, das geistige Wesen ist.

Das Bewußtsein erfährt, daß keins jener Momente Subjekt ist,
sondern sich vielmehr in der allgemeinen Sache selbst auflöst;
die Momente der Individualität,
welche der Gedankenlosigkeit dieses Bewußtseins
nacheinander als Subjekt galten,
nehmen sich in die einfache Individualität zusammen,
die als diese ebenso unmittelbar allgemein ist.

Die Sache selbst verliert dadurch das Verhältnis des Prädikats
und die Bestimmtheit lebloser abstrakter Allgemeinheit,
sie ist vielmehr die von der Individualität durchdrungene Substanz;
das Subjekt, worin die Individualität ebenso als sie selbst
oder als diese wie als alle Individuen ist,
und das Allgemeine,
das nur als ((310)) dies Tun Aller und Jeder ein Sein ist,
eine Wirklichkeit darin, daß dieses Bewußtsein sie
als seine einzelne Wirklichkeit und als Wirklichkeit Aller weiß.

Die reine Sache selbst ist das, was sich oben als die Kategorie bestimmte:
das Sein, das Ich, oder Ich, das Sein ist, aber als Denken,
welches vom wirklichen Selbstbewußtsein sich noch unterscheidet;
hier aber sind die Momente des wirklichen Selbstbewußtseins,
insofern wir sie seinen Inhalt, Zweck, Tun und Wirklichkeit,
wie insofern wir sie seine Form nennen, Fürsichsein und Sein für Anderes,
mit der einfachen Kategorie selbst als eins gesetzt,
und sie ist dadurch zugleich aller Inhalt.





b. Die gesetzgebende Vernunft



Das geistige Wesen ist in seinem einfachen Sein
reines Bewußtsein und dieses Selbstbewußtsein.

Die ursprüngliche bestimmte Natur des Individuums hat ihre positive Bedeutung,
an sich das Element und der Zweck seiner Tätigkeit zu sein, verloren;
sie ist nur aufgehobenes Moment
und das Individuum ein Selbst, als allgemeines Selbst.

Umgekehrt hat die formale Sache selbst ihre Erfüllung
an der tuenden, sich in sich unterscheidenden Individualität;
denn die Unterschiede dieser machen den Inhalt jenes Allgemeinen aus.

Die Kategorie ist an sich, als das Allgemeine des reinen Bewußtseins;
sie ist ebenso für sich, denn das Selbst des Bewußtseins ist ebenso ihr Moment.

Sie ist absolutes Sein, denn jene Allgemeinheit
ist die einfache Sichselbstgleichheit des Seins.


Was also dem Bewußtsein der Gegenstand ist,
hat die Bedeutung, das Wahre zu sein;
es ist und gilt in dem Sinne, an und für sich selbst zu sein und zu gelten;
es ist die absolute Sache,
welche nicht mehr von dem Gegensatze der Gewißheit und ihrer Wahrheit,
des Allgemeinen und des Einzelnen, des Zwecks und seiner Realität leidet,
sondern deren Dasein die Wirklichkeit
und das Tun des Selbstbewußtseins ist;
diese Sache ist daher die sittliche Substanz;
das Bewußtsein derselben sittliches Bewußtsein.

Sein Gegenstand gilt ihm ebenso ((311)) als das Wahre,
denn es vereinigt Selbstbewußtsein und Sein in einer Einheit;
es gilt als das Absolute,
denn das Selbstbewußtsein kann und will nicht mehr
über diesen Gegenstand hinausgehen, denn es ist darin bei sich selbst:
es kann nicht, denn er ist alles Sein und Macht,
- es will nicht, denn er ist das Selbst oder der Willen dieses Selbsts.

Er ist der reale Gegenstand an ihm selbst als Gegenstand,
denn er hat den Unterschied des Bewußtseins an ihm;
er teilt sich in Massen,
welche die bestimmten Gesetze des absoluten Wesens sind.

Diese Massen aber trüben den Begriff nicht,
denn in ihm bleiben die Momente des Seins und reinen Bewußtseins
und des Selbsts eingeschlossen,
- eine Einheit, welche das Wesen dieser Massen ausmacht
und in diesem Unterschiede
diese Momente nicht mehr auseinandertreten läßt.


Diese Gesetze oder Massen der sittlichen Substanz sind unmittelbar anerkannt;
es kann nicht nach ihrem Ursprunge und Berechtigung gefragt
und nach einem Anderen gesucht werden,
denn ein Anderes als das an und für sich seiende Wesen
wäre nur das Selbstbewußtsein selbst;
aber es ist nichts anderes als dies Wesen,
denn es selbst ist das Fürsichsein dieses Wesens,
welches eben darum die Wahrheit ist,
weil es ebensosehr das Selbst des Bewußtseins
als sein Ansich oder reines Bewußtsein ist.


Indem das Selbstbewußtsein
sich als Moment des Fürsichseins dieser Substanz weiß,
so drückt es also das Dasein des Gesetzes in ihm so aus,
daß die gesunde Vernunft unmittelbar weiß, was recht und gut ist.

So unmittelbar sie es weiß, so unmittelbar gilt es ihr auch,
und sie sagt unmittelbar: dies ist recht und gut.

Und zwar dies;
es sind bestimmte Gesetze, es ist erfüllte inhaltsvolle Sache selbst.


Was sich so unmittelbar gibt,
muss ebenso unmittelbar aufgenommen und betrachtet werden;
wie von dem, was die sinnliche Gewißheit unmittelbar als seiend ausspricht,
ist auch von dem Sein, welches diese sittliche unmittelbare Gewißheit ausspricht,
oder von den unmittelbar seienden Massen des sittlichen Wesens zu sehen,
wie sie beschaffen sind. ((312))
 
Die Beispiele einiger solcher Gesetze werden dies zeigen,
und indem wir sie in der Form von Aussprüchen
der wissenden gesunden Vernunft nehmen,
haben wir nicht erst das Moment herbeizubringen,
welches an ihnen, sie als unmittelbare sittliche ° Gesetze betrachtet,
geltend zu machen ist.


»Jeder soll die Wahrheit sprechen.«

- Bei dieser als unbedingt ausgesprochenen Pflicht
wird sogleich die Bedingung zugegeben werden:
wenn er die Wahrheit weiß.

Das Gebot wird hiermit jetzt so lauten:
jeder soll die Wahrheit reden,
jedesmal nach seiner Kenntnis und Überzeugung davon.

Die gesunde Vernunft, eben dies sittliche Bewußtsein,
welches unmittelbar weiß, was recht und gut ist,
wird auch erklären, daß diese Bedingung
mit seinem allgemeinen Ausspruche schon so verbunden gewesen sei,
daß sie jenes Gebot so gemeint habe.

Damit gibt sie aber in der Tat zu, daß sie vielmehr schon
unmittelbar im Aussprechen desselben dasselbe verletzte;
sie sprach: jeder soll die Wahrheit sprechen;
sie meinte aber, er solle sie sprechen
nach seiner Kenntnis und Überzeugung davon;
d. h. sie sprach anders als sie meinte;
und anders sprechen, als man meint, heißt die Wahrheit nicht sprechen.

Die verbesserte Unwahrheit oder Ungeschicklichkeit
drückt sich nun so aus:
jeder solle die Wahrheit nach seiner jedesmaligen Kenntnis
und Überzeugung davon sprechen.

- Damit aber hat sich das allgemein Notwendige, an sich Geltende,
welches der Satz aussprechen wollte,
vielmehr in eine vollkommene Zufälligkeit verkehrt.

Denn daß die Wahrheit gesprochen wird, ist dem Zufalle,
ob ich sie kenne und mich davon überzeugen kann, anheimgestellt;
und es ist weiter nichts gesagt,
als daß Wahres und Falsches durcheinander, wie es kommt,
daß es einer kennt, meint und begreift, gesprochen werden solle.

Diese Zufälligkeit des Inhalts hat die Allgemeinheit
nur an der Form eines Satzes, in der sie ausgedrückt ist;
aber als sittlicher Satz verspricht er einen allgemeinen und notwendigen Inhalt
und widerspricht ((313)) so durch die Zufälligkeit desselben sich selbst.

- Wird endlich der Satz so verbessert,
daß die Zufälligkeit der Kenntnis und Überzeugung von der Wahrheit wegfallen
und die Wahrheit auch gewußt werden solle,
so wäre dies ein Gebot,
welches dem geradezu widerspricht, wovon ausgegangen wurde.

Die gesunde Vernunft sollte zuerst unmittelbar die Fähigkeit haben,
die Wahrheit auszusprechen;
jetzt aber ist gesagt, daß sie sie wissen sollte,
d. h. sie nicht unmittelbar auszusprechen wisse.

- Von Seite des Inhalts betrachtet,
so ist er in der Forderung, man solle die Wahrheit wissen, hinweggefallen;
denn sie bezieht sich auf das Wissen überhaupt: man soll wissen;
was gefordert ist, ist also vielmehr das von allem bestimmten Inhalte Freie.

Aber hier war von einem bestimmten Inhalt,
von einem Unterschiede an der sittlichen Substanz die Rede.

Allein diese unmittelbare Bestimmung derselben ist ein solcher Inhalt,
der sich vielmehr als eine vollkommene Zufälligkeit zeigte
und, in die Allgemeinheit und Notwendigkeit erhoben,
so daß das Wissen als das Gesetz ausgesprochen wird,
vielmehr verschwindet.


Ein anderes berühmtes Gebot ist:
Liebe deinen Nächsten als dich selbst.

Es ist an den Einzelnen im Verhältnisse zu den ° Einzelnen gerichtet
und behauptet es als ein Verhältnis des Einzelnen zum Einzelnen
oder als Verhältnis der Empfindung.

Die tätige Liebe
- denn eine untätige hat kein Sein und ist darum wohl nicht gemeint -
geht darauf, Übel von einem Menschen abzusondern und ihm Gutes zuzufügen.

Zu diesem Behuf muss unterschieden werden, was an ihm das Übel,
was gegen dies Übel das zweckmäßige Gute
und was überhaupt sein Wohl ist;
d. h. ich muss ihn mit Verstand lieben;
unverständige Liebe wird ihm schaden, vielleicht mehr als Haß.

Das verständige wesentliche Wohltun ist aber
in seiner reichsten und wichtigsten Gestalt
das verständige allgemeine Tun des Staats
- ein Tun, mit welchem verglichen ((314))
das Tun des Einzelnen als eines Einzelnen
etwas überhaupt so Geringfügiges wird,
daß es fast nicht der Mühe wert ist, davon zu sprechen.

Jenes Tun ist dabei von so großer Macht, daß,
wenn das einzelne Tun sich ihm entgegensetzen
und entweder geradezu für sich Verbrechen sein
oder einem anderen zuliebe das Allgemeine
um das Recht und den Anteil, welchen es an ihm hat, betrügen wollte,
es überhaupt unnütz sein und unwiderstehlich zerstört werden würde.

Es bleibt dem Wohltun, welches Empfindung ist,
nur die Bedeutung eines ganz einzelnen Tuns,
einer Nothilfe, die ebenso zufällig als augenblicklich ist.

Der Zufall bestimmt nicht nur seine Gelegenheit,
sondern auch dies, ob es überhaupt ein Werk ist,
ob es nicht sogleich wieder aufgelöst
und selbst vielmehr in Übel verkehrt wird.

Dieses Handeln also zum Wohl anderer,
das als notwendig ausgesprochen wird,
ist so beschaffen, daß es vielleicht existieren kann, vielleicht auch nicht;
daß, wenn der Fall zufälligerweise sich darbietet,
es vielleicht ein Werk, vielleicht gut ist, vielleicht auch nicht.

Dies Gesetz hat hiermit ebensowenig einen allgemeinen Inhalt
als das erste, das betrachtet wurde,
und drückt nicht, wie es als absolutes Sittengesetz sollte,
etwas aus, das an und für sich ist.

Oder solche Gesetze bleiben nur beim Sollen stehen,
haben aber keine Wirklichkeit;
sie sind nicht Gesetze, sondern nur Gebote.


Es erhellt aber in der Tat aus der Natur der Sache selbst,
daß auf einen allgemeinen absoluten Inhalt Verzicht getan werden muss;
denn der einfachen Substanz - und ihr Wesen ist dies, einfache zu sein -
ist jede Bestimmtheit, die an ihr gesetzt wird, ungemäß.

Das Gebot in seiner einfachen Absolutheit
spricht selbst unmittelbares sittliches Sein aus;
der Unterschied, der an ihm erscheint, ist eine Bestimmtheit
und also ein Inhalt, der unter der absoluten Allgemeinheit
dieses einfachen Seins steht.

Indem hiermit auf einen absoluten Inhalt Verzicht getan werden muss,
kann ihm nur die formale Allgemeinheit
oder dies, daß es sich nicht widerspreche, zukommen;
denn die inhaltslose Allgemeinheit ist ((315)) die formale,
und absoluter Inhalt heißt selbst soviel als ein Unterschied, der keiner ist,
oder als Inhaltslosigkeit.


Was dem Gesetzgeben übrigbleibt, ist also die reine Form der Allgemeinheit
oder in der Tat die Tautologie des Bewußtseins,
welche dem Inhalt gegenübertritt
und ein Wissen nicht von dem seienden oder eigentlichen Inhalte,
sondern von dem Wesen oder der Sichselbstgleichheit desselben ist.


Das sittliche Wesen ist hiermit nicht unmittelbar selbst ein Inhalt,
sondern nur ein Maßstab, ob ein Inhalt fähig sei, Gesetz zu sein oder nicht,
indem er sich nicht selbst widerspricht.

Die gesetzgebende Vernunft ist zu einer nur prüfenden Vernunft herabgesetzt.





c. Gesetzprüfende Vernunft



Ein Unterschied an der einfachen sittlichen Substanz
ist eine Zufälligkeit für sie, welche wir an dem bestimmten Gebote
als Zufälligkeit des Wissens, der Wirklichkeit ° und des Tuns
hervortreten sahen.

Die Vergleichung jenes einfachen Seins
und der ihm nicht entsprechenden Bestimmtheit fiel in uns;
und die einfache Substanz hat sich darin formale Allgemeinheit
oder reines Bewußtsein zu sein gezeigt,
das frei von dem Inhalte ihm gegenübertritt
und ein Wissen von ihm als dem bestimmten ist.

Diese Allgemeinheit bleibt auf diese Weise dasselbe,
was die Sache selbst war.

Aber sie ist im Bewußtsein ein Anderes;
sie ist nämlich nicht mehr die gedankenlose träge Gattung,
sondern bezogen auf das Besondere
und geltend für dessen Macht und Wahrheit.

- Dies Bewußtsein scheint zunächst dasselbe Prüfen,
welches wir vorhin waren,
und sein Tun nichts anderes sein zu können, als schon geschehen ist,
eine Vergleichung des Allgemeinen mit dem Bestimmten,
woraus sich ihre Unangemessenheit wie vorhin ergäbe.

Aber das Verhältnis des Inhalts zum Allgemeinen ist hier ein anderes,
indem dieses eine andere Bedeutung ((316)) gewonnen hat;
es ist formale Allgemeinheit, deren der bestimmte Inhalt fähig ist,
denn in ihr wird er nur in Beziehung auf sich selbst betrachtet.

Bei unserem Prüfen
stand die allgemeine gediegene Substanz der Bestimmtheit gegenüber,
welche sich als Zufälligkeit des Bewußtseins, worein die Substanz eintrat,
entwickelte.

Hier ist das eine Glied der Vergleichung verschwunden;
das Allgemeine ist nicht mehr die seiende und geltende Substanz
oder das an und für sich Rechte, sondern einfaches Wissen
oder Form, welche einen Inhalt nur mit sich selbst vergleicht
und ihn betrachtet, ob er eine Tautologie ist.

Es werden Gesetze nicht mehr gegeben, sondern geprüft;
und die Gesetze sind für das prüfende Bewußtsein schon gegeben;
es nimmt ihren Inhalt auf, wie er einfach ist,
ohne in die Betrachtung der seiner Wirklichkeit anklebenden Einzelheit
und Zufälligkeit einzugehen, wie wir taten,
sondern bleibt bei dem Gebote als Gebote stehen
und verhält sich ebenso einfach gegen es, als es sein Maßstab ist.


Dies Prüfen reicht aber aus diesem Grunde nicht weit;
eben indem der Maßstab die Tautologie
und gleichgültig gegen den Inhalt ist,
nimmt er ebensogut diesen als den entgegengesetzten in sich auf.

- Es ist die Frage, soll es an und für sich Gesetz sein, daß Eigentum sei:
an und für sich, nicht aus Nützlichkeit für andere Zwecke;
die sittliche Wesenheit besteht eben darin,
daß das Gesetz nur sich selbst gleiche
und durch diese Gleichheit mit sich,
also in seinem eigenen Wesen gegründet, nicht ein bedingtes sei.

Das Eigentum an und für sich widerspricht sich nicht;
es ist eine isolierte oder nur sich selbst gleich gesetzte Bestimmtheit.

Nichteigentum, Herrenlosigkeit der Dinge oder Gütergemeinschaft
widerspricht sich gerade ebensowenig.

Daß etwas niemand gehört oder dem nächsten Besten, der sich in Besitz setzt,
oder allen zusammen und jedem nach seinem Bedürfnisse
oder zu gleichen Teilen,
ist eine einfache Bestimmtheit, ein formaler Gedanke,
wie sein Gegenteil, das Eigentum.

- Wenn das herrenlose Ding freilich betrachtet wird
als ein notwendiger Gegenstand ((317)) des Bedürfnisses,
so ist es notwendig, daß es der Besitz irgendeines Einzelnen werde;
und es wäre widersprechend,
vielmehr die Freiheit des Dinges zum Gesetze zu machen.

Unter der Herrenlosigkeit des Dinges
ist aber auch nicht eine absolute Herrenlosigkeit gemeint,
sondern es soll in Besitz kommen nach dem Bedürfnisse des Einzelnen,
und zwar nicht um aufbewahrt,
sondern um unmittelbar gebraucht zu werden.

Aber so ganz nur nach der Zufälligkeit für das Bedürfnis zu sorgen,
ist der Natur des bewußten Wesens, von dem allein die Rede ist, widersprechend;
denn es muss sich sein Bedürfnis in der Form der Allgemeinheit vorstellen,
für seine ganze Existenz sorgen und sich ein bleibendes Gut erwerben.

So stimmte also der Gedanke,
daß ein Ding dem nächsten selbstbewußten Leben
nach seinem Bedürfnisse zufälligerweise zuteil werde,
nicht mit sich selbst überein.

- In der Gütergemeinschaft,
worin auf eine allgemeine und bleibende Weise dafür gesorgt wäre,
wird jedem entweder soviel zuteil, als er braucht;
so widerspricht diese Ungleichheit und das Wesen des Bewußtseins,
dem die Gleichheit der Einzelnen Prinzip ist, einander.

Oder es wird nach dem letzteren Prinzip gleich ausgeteilt;
so hat der Anteil nicht die Beziehung auf das Bedürfnis,
welche doch allein sein Begriff ist.


Allein wenn auf diese Weise das Nichteigentum widersprechend erscheint,
so geschieht es nur darum,
weil es nicht als einfache Bestimmtheit gelassen worden ist.

Dem Eigentum geht es ebenso, wenn es in Momente aufgelöst wird.

Das einzelne Ding, das mein Eigentum ist,
gilt damit für ein Allgemeines, Befestigtes, Bleibendes;
dies widerspricht aber seiner Natur,
die darin besteht, gebraucht zu werden und zu verschwinden.

Es gilt zugleich für das Meinige, das alle anderen anerkennen
und sich davon ausschließen.

Aber darin, daß ich anerkannt bin, liegt vielmehr meine Gleichheit mit allen,
das Gegenteil der Ausschließung.

- Was ich besitze, ist ein Ding, d. h. ein Sein für Andere überhaupt,
ganz allgemein und unbestimmt nur für mich zu sein;
daß Ich es ((318)) besitze, widerspricht seiner allgemeinen Dingheit.

Eigentum widerspricht sich daher nach allen Seiten
ebensosehr als Nichteigentum;
jedes hat diese beiden entgegengesetzten,
sich widersprechenden Momente der Einzelheit und Allgemeinheit an ihm.

- Aber jede dieser Bestimmtheiten einfach vorgestellt,
als Eigentum oder Nichteigentum, ohne weitere Entwicklung,
ist eine so einfach als die andere, d. h. sich nicht widersprechend.

- Der Maßstab des Gesetzes, den die Vernunft an ihr selbst hat,
paßt daher allem gleich gut und ist hiermit in der Tat kein Maßstab.

- Es müßte auch sonderbar zugehen, wenn die Tautologie,
der Satz des Widerspruchs, der für die Erkenntnis theoretischer Wahrheit
nur als ein formelles Kriterium zugestanden wird,
d. h. als etwas, das gegen Wahrheit und Unwahrheit ganz gleichgültig sei,
für die Erkenntnis praktischer Wahrheit mehr sein sollte.


In den beiden soeben betrachteten Momenten
der Erfüllung des vorher leeren geistigen Wesens
hat sich das Setzen von unmittelbaren Bestimmtheiten an der sittlichen Substanz
und dann das Wissen von ihnen, ob sie Gesetze sind, aufgehoben.

Das Resultat scheint hiermit dieses zu sein,
daß weder bestimmte Gesetze noch ein Wissen derselben stattfinden könne.

Allein die Substanz ist das Bewußtsein von sich als der absoluten Wesenheit,
welches hiermit weder den Unterschied an ihr
noch das Wissen von ihm aufgeben kann.

Daß das Gesetzgeben und Gesetzprüfen sich als nichtig erwies,
hat diese Bedeutung, daß beides, einzeln und isoliert genommen,
nur haltungslose Momente des sittlichen Bewußtseins sind;
und die Bewegung, in welcher sie auftreten, hat den formalen Sinn,
daß die sittliche Substanz sich dadurch als Bewußtsein darstellt.


Insofern diese beiden Momente
nähere Bestimmungen des Bewußtseins der Sache selbst sind,
können sie als Formen der Ehrlichkeit angesehen werden,
die, wie sonst mit ihren formalen Momenten,
sich jetzt mit einem seinsollenden Inhalt des Guten und Rechten
und einem Prüfen solcher festen Wahrheit herumtreibt
und in der gesunden Vernunft ((319)) und verständigen Einsicht
die Kraft und Gültigkeit der Gebote zu haben meint.


Ohne diese Ehrlichkeit aber gelten die Gesetze nicht als Wesen des Bewußtseins
und das Prüfen ebenso nicht als Tun innerhalb desselben;
sondern diese Momente drücken,
wie sie jedes für sich unmittelbar als eine Wirklichkeit auftreten,
das eine ein ungültiges Aufstellen und Sein wirklicher Gesetze
und das andere eine ebenso ungültige Befreiung von denselben aus.

Das Gesetz hat als bestimmtes Gesetz einen zufälligen Inhalt,
- dies hat hier die Bedeutung, daß es Gesetz eines einzelnen Bewußtseins
von einem willkürlichen Inhalt ist.

Jenes unmittelbare Gesetzgeben ist also der tyrannische Frevel,
der die Willkür zum Gesetze macht
und die Sittlichkeit zu einem Gehorsam gegen sie,
- gegen Gesetze, die nur Gesetze, nicht zugleich Gebote sind.

So wie das zweite Moment, insofern es isoliert ist, das Prüfen der Gesetze,
das Bewegen des Unbewegbaren und den Frevel des Wissens bedeutet,
der sich von den absoluten Gesetzen frei räsoniert
und sie für eine ihm fremde Willkür nimmt.


In beiden Formen sind diese Momente ein negatives Verhältnis
zur Substanz oder dem realen geistigen Wesen;
oder in ihnen hat die Substanz noch nicht ihre Realität,
sondern das Bewußtsein enthält sie noch in der Form seiner eigenen Unmittelbarkeit,
und sie ist nur erst ein Wollen ° und Wissen dieses Individuums
oder das Sollen eines unwirklichen Gebots
und ein Wissen der formalen Allgemeinheit.

Aber indem diese Weisen sich aufhoben,
ist das Bewußtsein in das Allgemeine zurückgegangen,
und jene Gegensätze sind verschwunden.

Das geistige Wesen ist dadurch wirkliche Substanz,
daß diese Weisen nicht einzeln gelten, sondern nur als aufgehobene;
und die Einheit, worin sie nur Momente sind, ist das Selbst des Bewußtseins,
welches nunmehr, in dem geistigen Wesen gesetzt,
dasselbe zum wirklichen, erfüllten und selbstbewußten macht. ((320))


Das geistige Wesen ist hiermit
fürs erste für das Selbstbewußtsein als an sich seiendes Gesetz;
die Allgemeinheit des Prüfens,
welche die formale, nicht an sich seiende war, ist aufgehoben.

Es ist ebenso ein ewiges Gesetz,
welches nicht in dem Willen dieses Individuums seinen Grund hat,
sondern es ist an und für sich, der absolute reine Willen Aller,
der die Form des unmittelbaren Seins hat.

Er ist auch nicht ein Gebot, das nur sein soll, sondern er ist und gilt;
es ist das allgemeine Ich der Kategorie,
das unmittelbar die Wirklichkeit ist,
und die Welt ist nur diese Wirklichkeit.

Indem aber dieses seiende Gesetz schlechthin gilt,
so ist der Gehorsam des Selbstbewußtseins
nicht der Dienst gegen einen Herrn,
dessen Befehle eine Willkür wären und worin es sich nicht erkennte.

Sondern die Gesetze sind Gedanken seines eigenen absoluten Bewußtseins,
welche es selbst unmittelbar hat.

Es glaubt auch nicht an sie,
denn der Glaube schaut wohl auch das Wesen, aber ein fremdes an.

Das sittliche Selbstbewußtsein ist durch die Allgemeinheit seines Selbsts
unmittelbar mit dem Wesen eins;
der Glaube hingegen fängt von dem einzelnen Bewußtsein an,
er ist die Bewegung desselben, immer dieser Einheit zuzugehen,
ohne die Gegenwart seines Wesens zu erreichen.

- Jenes Bewußtsein hingegen hat sich als einzelnes aufgehoben,
diese Vermittlung ist vollbracht, und nur dadurch, daß sie vollbracht ist,
ist es unmittelbares Selbstbewußtsein der sittlichen Substanz.


Der Unterschied des Selbstbewußtseins von dem Wesen
ist also vollkommen durchsichtig.

Dadurch sind die Unterschiede an dem Wesen selbst nicht zufällige Bestimmtheiten,
sondern um der Einheit des Wesens und des Selbstbewußtseins willen,
von welchem allein die Ungleichheit kommen könnte,
sind sie die Massen ihrer von ihrem Leben durchdrungenen Gliederung,
sich selbst klare, unentzweite Geister, makellose himmlische Gestalten,
die in ihren Unterschieden die unentweihte Unschuld
und Einmütigkeit ihres Wesens erhalten.

- Das Selbstbewußtsein ist ebenso einfaches, klares Verhältnis zu ihnen.

Sie sind, und weiter nichts,
- macht ((321)) das Bewußtsein seines Verhältnisses aus.

So gelten sie der Antigone des Sophokles °
als der Götter ungeschriebenes und untrügliches Recht:

nicht etwa jetzt und gestern, sondern immerdar lebt es,
und keiner weiß, von wannen es erschien.

Sie sind.

Wenn ich nach ihrer Entstehung frage
und sie auf den Punkt ihres Ursprungs einenge,
so bin ich darüber hinausgegangen;
denn ich bin nunmehr das Allgemeine, sie aber das Bedingte und Beschränkte.

Wenn sie sich meiner Einsicht legitimieren sollen,
so habe ich schon ihr unwankendes Ansichsein bewegt
und betrachte sie als etwas,
das vielleicht wahr, vielleicht auch nicht wahr für mich sei.

Die sittliche Gesinnung besteht eben darin,
unverrückt in dem fest zu beharren, was das Rechte ist,
und sich alles Bewegens, Rüttelns und Zurückführens desselben zu enthalten.

- Es wird ein Depositum bei mir gemacht,
es ist das Eigentum eines anderen, und ich anerkenne es, weil es so ist,
und erhalte mich unwankend in diesem Verhältnisse.

Behalte ich für mich das Depositum,
so begehe ich nach dem Prinzipe meines Prüfens, der Tautologie,
ganz und gar keinen Widerspruch;
denn alsdann sehe ich es nicht mehr für das Eigentum eines anderen an;
etwas behalten, das ich nicht für das Eigentum eines anderen ansehe,
ist vollkommen konsequent.

Die Änderung der Ansicht ist kein Widerspruch,
denn es ist nicht um sie als Ansicht,
sondern um den Gegenstand und Inhalt zu tun,
der sich nicht widersprechen soll.

Sosehr ich - wie ich tue, wenn ich etwas wegschenke -
die Ansicht, daß etwas mein Eigentum ist,
in die Ansicht, daß es das Eigentum eines anderen ist, verändern kann,
ohne dadurch eines Widerspruches schuldig zu werden,
ebensosehr kann ich den umgekehrten Weg gehen.

- Nicht darum also, weil ich etwas sich nicht widersprechend finde,
ist es Recht;
sondern weil es das Rechte ist, ist es Recht.

Daß etwas das Eigentum des anderen ist, dies liegt zum Grunde;
darüber habe ich nicht zu räsonieren,
noch mancherlei Gedanken, Zusammenhänge, ((322)) Rücksichten
aufzusuchen oder mir einfallen zu lassen,
weder ans Gesetzgeben noch ans Prüfen zu denken;
durch solcherlei Bewegungen meines Gedankens verrückte ich jenes Verhältnis,
indem ich in der Tat nach Belieben
meinem unbestimmten tautologischen Wissen
das Gegenteil ebensowohl gemäß und es also zum Gesetze machen könnte.

Sondern ob diese oder die entgegengesetzte Bestimmung das Rechte sei,
ist an und für sich bestimmt;
ich für mich könnte, welche ich wollte,
und ebensogut keine zum Gesetze machen
und bin, indem ich zu prüfen anfange, schon auf unsittlichem Wege.

Daß das Rechte mir an und für sich ist,
dadurch bin ich in der sittlichen Substanz;
so ist sie das Wesen des Selbstbewußtseins;
dieses aber ist ihre Wirklichkeit und Dasein, ihr Selbst und Willen. ((323))